Betriebsaufgabezeitpunkt bei einem Handelsvertreter; Ausgleichsanspruch eines Handelsvertreters ist im Zeitpunkt der Übergangsgewinnermittlung noch nicht als Forderung entstanden
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BFG:2019:RV.3100533.2017
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. A in der Beschwerdesache VN B, Str 4/1, PlZl Scheffau am Wilden Kaiser, vertreten durch D Steuerberatung GmbH, Str1, PlZl. E, über die Beschwerde vom 18.08.2016 gegen den Bescheid des Finanzamtes Kufstein Schwaz betreffend Einkommensteuer 2014 mit Ausfertigungsdatum 19.07.2016 nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung
zu Recht erkannt:
1. Der angefochtene Bescheid wird gemäß § 279 BAO abgeändert.
Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem beigeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen. Sie bilden einen Bestandteil des Spruchs.
2. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
1. Der Beschwerdeführer (kurz: Bf.) übte den Beruf eines Handelsvertreters aus. In seiner am 1.10.2015 elektronisch eingereichten Einkommensteuererklärung 2014 gab der Bf. die Betriebsaufgabe zum 31.5.2014 bekannt und erklärte neben dem laufenden Gewinn einen Übergangsgewinn aufgrund des Wechsels der Gewinnermittlungsart (§ 4 Abs. 10 EStG 1988) in Höhe von € 26.801,25 (KZ 9010) und einen Veräußerungsgewinn im Betrag von € 102.001,72 (KZ 9020), für den der Hälftesteuersatz (KZ 423) beantragt wurde.
2. Nach dem am 21.10.2015 zunächst erklärungsgemäß ergangenen Einkommensteuerbescheid 2014 verfügte die Abgabenbehörde, dem Prüfungsergebnis einer Außenprüfung gem. § 150 BAO folgend, mit Bescheid vom 19.7.2016 die Wiederaufnahme des Verfahrens gem. § 303 Abs. 1 BAO und fertigte gleichzeitig einen neuen Sachbescheid aus. Begründend wurde auf die aufgenommene Niederschrift und das Vorhalteverfahren verwiesen.
In Bericht vom 2.6.2016, ABNr. 121015/16, wurde unter Tz. 2 "Kundenstockablöse" Folgendes ausgeführt:
"Herr B war seit 2001 für die Firma "F Sportartikelerzeugungs- und Handelsges.m.b.H. als selbständiger Handelsvertreter tätig. Im Jahr 2008 wurde sein HV-Vertrag von der F GmbH (im Folgenden "Unternehmen") in vollem Umfang übernommen. Festgehalten wird, dass das Handelsvertreterverhältnis mit Ablauf der Wintersaison 2013/14 zwischen Herrn B und der Firma F einvernehmlich zum 15.4.2014 aufgelöst wurde (gemäß Schreiben der Firma F vom 30.10.2013 an Herrn B). Der Pensionsantritt und die Zurücklegung der Gewerbeberechtigung von Herrn B erfolgten mit 31.5.2014.
Im Zuge der Betriebsaufgabe wurde von Herrn B eine Rechnung (ReNr. 0814 am 31.5.2014) an das Unternehmen über eine Ablöse des entstandenen Kundenstocks in Höhe von € 93.869,52 netto - (dieser Betrag beinhaltete € 18.000,00 Provisionserlöse) - ausgestellt. Dieser Betrag wurde bei Erstellung der Einkommensteuererklärung 2014 dem gem. § 37 Abs. 5 Z 3 EStG 1988 begünstigten Aufgabegewinn zugerechnet." ...
"Laut ständiger Rechtsprechung handelt es sich bei der Ausgleichszahlung nicht um die Aufdeckung stiller Reserven eines Wirtschaftsgutes und daher nicht um einen Teil des Aufgabegewinns, sondern um laufenden Gewinn des Jahres der Betriebsaufgabe (vgl. Erkenntnisse des VwGH: GZ 97/13/0195 - 04.06.2003; GZ 2006/15/0297 - 29.3.2007; GZ 2010/15/0207 - 25.04.2013 u.a.)."
Da der Ausgleichsanspruch nach Beendigung der Tätigkeit entstehe, sei auch dessen Erfassung als Forderung im Übergangsgewinn unzulässig.
Demzufolge sei der erklärte laufende Gewinn von € 20.451,20 um die Ablöse Kundenstock € 75.869,52 auf € 96.320,72 zu erhöhen, der erklärte Übergangsgewinn von € 26.801,25 unverändert zu belassen und der erklärte Aufgabegewinn von € 102.001,72 um € 93.869,52 auf € 8.132,20 zu kürzen. Die Differenz von € 18.000,00 betreffe Provisionserlöse, deren Doppelerfassung zur Korrektur des Aufgabegewinnes führe, da diese bereits im laufenden Gewinn beinhaltet gewesen seien.
3. In der gegen den Einkommensteuerbescheid 2014 (der Bescheid über die Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich der Einkommensteuer 2014 erwuchs in Rechtskraft) erhobenen Beschwerde vom 18.8.2016 wurde beantragt, den Betrag von € 75.869,52 aus dem laufenden Gewinn auszuscheiden und mit dem Hälftesteuersatz gemäß § 37 Abs. 5 EStG 1988 als "Übergangsgewinn" zu versteuern. Der steuerliche Vertreter brachte sachverhaltsmäßig vor, dass die selbständige Tätigkeit des Bf. mit Zurücklegung der Gewerbeberechtigung am 31.5.2014 und der anschließenden Pensionierung ab 1.6.2014 geendet habe. Mit der Firma F GmbH sei vereinbart worden, dass der Bf. letztmalig die Wintersaison 2013/14 betreue und noch Vororderaufträge für die nächste Wintersaison 2014/15 erledige, die erfahrungsgemäß im März und April vor der nächsten Wintersaison geschrieben werden. Die Beendigung des Handelsvertretervertrages aus Altersgründen sei von der Firma F mit Schreiben vom 30.10.2013 mit 15.4.2014 bestätigt worden. In der Einkommensteuererklärung 2014 sei ursprünglich die begünstigte Besteuerung des Ausgleichsanspruchs beantragt worden. Die Außenprüfung habe unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes festgestellt, dass die Ausgleichszahlung nicht zur Aufdeckung stiller Reserven eines Wirtschaftsgutes führe und dem laufenden Gewinn zuzurechnen sei.
Weiters wurde - wörtlich wiedergegeben - Folgendes ausgeführt:
"Da jedoch die Bezahlung der gemäß § 24 HVertrG 1993 zustehenden Ausgleichszahlung in Raten erfolgt, wurde im Zuge der Außenprüfung beantragt, jene Zahlungen, die von der Firma F erst nach der Betriebsaufgabe am 31.5.2016 (richtig 2014) geleistet wurden (in Summe € 75.869,52, siehe die Darstellung im Mail vom 11.6.2016 (richtig 11.7.2016) = Beilage 2 in der die beiden ersten Teilzahlungen von jeweils € 6.000,00 dem Monat Mai und Juni zugeordnet wurden, was falsch ist, da diese Zahlungen in den Monaten April und Mai geleistet wurden, daher die händische Korrektur in Beilage 2) mit dem Hälftesteuersatz zu versteuern, da diese Zahlungen im Zuge der Betriebsaufgabe durch den gesetzlich zwingend vorgesehenen Übergang der Gewinnermittlung von § 4 Abs. 3 EStG (Einnahmen/Ausgabenrechnung) auf den Bestandsvergleich im Übergangsgewinn zu erfassen sind, für den gemäß § 37 Abs. 5 EStG der Hälftesteuersatz zusteht."
Nach Beendigung des Vertragsverhältnisses gebühre dem Bf. ein angemessener Ausgleichsanspruch. Dieser Rechtsanspruch sei am 15.4.2014 begründet worden. Die Auffassung der Außenprüfung, dass der Ausgleichsanspruch erst mit der Pensionierung, somit erst mit Ablauf des 31.5.2014 zustehe, treffe nicht zu, da die Firma F im Monat der Beendigung Teilzahlungen tätigte, die sich aus der Ausgleichszahlung und den noch offenen Provisionen zusammensetzte.
Die Zahlungen an den Bf. ab dem 1.6.2014 seien zwingend als Forderung im Zuge des Wechsels der Gewinnermittlungsart zu erfassen und ergeben einen Übergangsgewinn. Es spiele keine Rolle, ob die Komponenten des Übergangsgewinnes aus noch zustehenden Provisionen oder der Ausgleichszahlung bestehen.
Unter dem Punkt steuerliche Würdigung wurde vorgebracht, dass der Handelsvertretervertrag am 15.4.2014, geendet habe. Daraufhin habe die Firma F im April und Mai 2014 zwei Teilzahlungen für die gesamte Herrn VN B zustehende Ausgleichszahlung von jeweils 6.000,00 geleistet. Der Bf. habe durch die Zurücklegung der Gewerbeberechtigung zum 31.5.2014 und den Pensionsantritt mit 1.6.2014 eine Betriebsaufgabe bewirkt.
4. Die Abgabenbehörde wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom 10.2.2017 als unbegründet ab. Sie verwies in der Begründung auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH vom 25.4.2013, 2010/15/0207), wonach Erlöse aus dem Ausgleichsanspruch iSd § 24 HVertrG 1993 nicht dem Veräußerungs- bzw. Aufgabegewinnes zuzurechnen seien, weil es sich nicht um die Übertragung von Wirtschaftsgütern handle. Der Übergangsgewinn gehe der Betriebsaufgabe gedanklich voran. Da das Entstehen des Ausgleichsanspruches erst dann verwirklicht werde, wenn der Betrieb veräußert oder aufgegeben wird, habe die Forderung zum Stichtag der Übergangsgewinnermittlung noch nicht bestanden (VwGH vom 29.3.2007, 2006/15/0297). Der Betrag von € 75.869,52 sei im laufenden Gewinn zu belassen.
5. Am 16.2.2017 stellte der Bf. auf elektronischem Wege den Antrag, die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorzulegen und eine mündliche Verhandlung abzuhalten.
6. Die Beschwerde wurde dem Bundesfinanzgericht mit Vorlagebericht am 19.7.2017 zur Entscheidung vorgelegt.
II. Sachverhalt
Auszugehen ist von folgendem Sachverhalt:
1. Der Beschwerdeführer war seit Jahren als selbständiger Handelsvertreter für die Unternehmerin F GmbH (vormals F Sportartikelerzeugungs- und Handelsges.m.b.H.) mit Sitz in Deutschland tätig. Der Beschwerdeführer war mit der Alleinvertretung der Artikel "F Ski, -Bindungen, -Platten, -Accessoires, F-Snowboards, -Bindungen, -Schuhe, -Accessoires" im Vertretungsgebiet Tirol, Vorarlberg, Osttirol, Bezirk Zell am See betraut. Die Alleinvertretung umfasste alle im vorgenannten Gebiet befindlichen Kunden (Vertrag vom 11.3.2006 § 1). Der Beschwerdeführer war nicht ermächtigt, im Namen und auf Rechnung der Unternehmerin Verträge abzuschließen, sondern nur beauftragt, den Abschluss eines Geschäftes zu vermitteln (§ 13 des Vertrages).
2. Außer Streit steht, dass der Handelsvertretervertrag zum 15.4.2014 aufgrund des Schreibens vom 30.10.2013 der F GmbH an den Beschwerdeführer einvernehmlich aus Altersgründen unter Zusicherung einer zeitnahen Berechnung der Abfindung beendet wurde.
3. Der Beschwerdeführer erklärte in der bei der Abgabenbehörde am 1.10.2015 elektronisch eingereichten Einkommensteuererklärung 2014 das Ende des Wirtschaftsjahres (Betriebsaufgabe) zum 31.5.2014.
4. Die Zurücklegung der Gewerbeberechtigung erfolgte zum 31.5.2014.
5. Der Beschwerdeführer machte den Ausgleichsanspruch im Betrag von € 93.869,52 zuzüglich 20 % MwSt € 18.773,90, gesamt brutto € 112.643,42 gegenüber der Unternehmerin mit Rechnung vom 31.5.2014 geltend. Außer Streit steht, dass dieser Betrag einen bereits bei den Provisionserlösen erfassten Betrag von € 18.000,00 enthielt.
6. Die F GmbH bestätigte dem Bf. mit Schreiben vom 21.6.2016 die Provisionsberechnung zur Abfindung wegen Ruhestand über einen Abfindungsanspruch von € 75.869,52.
7. Der (um € 18.000,00 korrigierte) Ausgleichsanspruch in Höhe von € 75.869,52 und die dem Beschwerdeführer ersetzte Umsatzsteuer im Betrag von € 18.773,90 (in Summe € 94.643,42) wurden in Raten - im Zeitraum von August 2014 bis August 2015 - beglichen.
8. Von dem Gesamtbetrag von € 94.643,42 floss dem Bf. ein Teilbetrag von € 70.000,00 im Jahr 2015 (lt. Beilage 6 zum Schreiben vom 10.10.2018) zu.
9. Die Auflösung des Handelsvertretervertrages zum 15.4.2014 stellte auch den Zeitpunkt der Betriebsaufgabe dar.
III. Beweiswürdigung
Die Feststellungen zu den Punkten II. 1. bis 6. ergeben sich aus den angezogenen Urkunden, die Feststellung zum Punkt II. 7. bis 9. hingegen aus den dargelegten Überlegungen (§ 167 Abs. 2 BAO).
In Streit steht die steuerliche Behandlung des dem Beschwerdeführer gebührenden Ausgleichsanspruches - entsprechend dem österreichischen Handelsvertretergesetz - aufgrund der Beendigung des Handelsvertretervertrages mit 15.4.2014.
Während der Beschwerdeführer dessen Erfassung als Forderung im begünstigten Übergangsgewinnes zum 31.5.2014 begehrte, vertrat die Abgabenbehörde den Standpunkt, dass der gesamte Ausgleichsanspruch im laufenden Gewinn zu erfassen sei.
1. Der am 11.3.2006 zwischen der F Sportartikelerzeugungs- und Handelsges.m.b.H. (Unternehmerin) und dem Beschwerdeführer (HV) abgeschlossene Handelsvertretungsvertrag beinhaltete folgende - auszugsweise wiedergegebene - Vereinbarungen:
Die Unternehmerin betraut den HV (§ 1 des Vertrages) mit der Alleinvertretung der Artikel "F Ski, -Bindungen, -Platten, -Accessoires und F-Snowboards, -Bindungen, -Schuhe, -Accessoires". Das Vertretungsgebiet umfasst Tirol, Vorarlberg, Osttirol, Bezirk Zell am See und die Alleinvertretung umfasst alle im vorgenannten Gebiet befindlichen Kunden.
Die Unternehmerin stellt alle erforderlichen Unterlagen kostenlos zur Verfügung (§ 2). Die Gegenstände bleiben, soweit sie nicht zum Verbrauch bestimmt sind in ihrem Eigentum und werden auf ihren Wunsch vom HV zurückgegeben. Die Unternehmerin wird einmal im Monat dem HV sämtliche Korrespondenz mit den Kunden im Vertretungsgebiet übersenden und ihm über die Annahme oder Ablehnung oder Nichtausführung eines Auftrages in angemessener Zeit informieren.
Der HV hat sein Vertretungsgebiet intensiv zu bearbeiten (§ 3), zeitgerechte Bemusterung durchzuführen, Stamm- sowie Nachaufträge einzuholen, Verkaufsförderungsaktionen durchzuführen, das Verkaufspersonal zu schulen und Werbematerial im Kundengeschäft zu platzieren.
Der HV erhält für sämtliche Geschäfte, die mit Kunden seines Vertretungsgebietes abgeschlossen werden, Provisionen (§ 7). Über die entstandenen Provisionen rechnet die Unternehmerin monatlich am Ende des Kalendermonats, der auf die Bezahlung durch den Kunden folgt, ab. Eventuell vorausbezahlte Provisionsbeträge - Akontozahlungen - werden gegengerechnet. Der Provisionsabrechnung sind ein ordnungsgemäßer Buchauszug des Kunden und die betreffenden Rechnungen beizufügen.
Die Unternehmerin übergibt dem HV (§ 8) jeweils zu Saisonbeginn die erforderlichen Musterkollektionen, die in das Eigentum des HV übergehen und die dem HV zum exw-Preis berechnet und 365 Tage valutiert werden. Er kann gegen Gutschrift Teile davon zurückgeben und haftet für deren Schäden bei Überschreitung einer normalen Abnutzung.
Die Unternehmerin übergibt ein Testskikontingent, das ebenfalls in Rechnung gestellt und 365 Tage valutiert wird. Bei Zurückgabe erfolgt eine Gutschrift, für den Verlust haftet der HV. Zielsetzung muss der Weiterverkauf der Testski durch den HV an Sportfachhändler sein.
Dieser Vertrag beginnt am 1.1.2001 und wird auf unbestimmte Zeit abgeschlossen (§ 10). Die Kündigung beträgt nach dem sechsten angefangenen Geschäftsjahr mindestens sechs Monate.
"Der HV ist verpflichtet, unverzüglich nach Beendigung des Vertragsverhältnisses außer der Musterkollektion auch sämtliche Werbemittel, Verkaufsunterlagen und ihm überlassenes Informationsmaterial an F zurückzugeben."
Dem österreichischen Handelsvertretergesetz entsprechend (§ 11 Ausgleichsanspruch), gebührt dem HV nach Beendigung des Vertragsverhältnisses - bei Vorliegen von diesen Anspruch begründenden Umständen - ein angemessener Ausgleich in Höhe einer Jahresvergütung (Durchschnitt der letzten 5 Jahre).
Änderungen des Vertrages und Zusatzvereinbarungen bedürfen der Schriftform (§ 13). Der HV ist nicht ermächtigt, im Namen und auf Rechnung der Unternehmerin Verträge abzuschließen, sondern nur beauftragt, den Abschluss eines Geschäftes zu vermitteln.
2. Dieser Handelsvertretervertrag wurde mit Vertragsergänzung vom 13.5.2009 von der Firma F GmbH mit Sitz in Deutschland unter Wahrung der vom Handelsvertreter bisher erworbenen Ansprüche per 1.9.2008 übernommen.
3. Mit Schreiben vom 30.10.2013 (Kündigungsfrist laut Vertrag 6 Monate) bestätigte die F GmbH die Beendigung des Handelsvertretervertrages mit dem Bf. zum 15.4.2014.
4. Der Bf. legte am 31.5.2014 an die F GmbH die Rechnung Nummer 0614 über die Provisionsendabrechnung von € 30.000,00 netto und die Rechnung Nummer 0814 betreffend die "Ablöse seines Kundenstockes" über € 93.869,52 zuzüglich 20 % MwSt € 18.773,90 in Summe brutto € 112.643,42.
5. Die Aufgabe des Betriebes liegt vor, wenn alle wesentlichen Betriebsgrundlagen in einem einheitlichen Vorgang in einem Zuge mit der Aufgabe der betrieblichen Tätigkeit an verschiedene Erwerber entgeltlich oder unentgeltlich übertragen oder in das Privatvermögen des bisherigen Betriebsinhabers übertragen werden. Liegt kein wesentliches Betriebsvermögen vor, stellt die Beendigung der Tätigkeit eine Betriebsaufgabe dar (vgl. VwGH 27.11.2014, 2011/15/0101; vgl. Jakom/Kanduth-Kristen § 24 Tz 32).
Das Wesen eines Betriebes ist nach § 28 BAO in einer Betätigung zu sehen, die bestimmte Kriterien (Selbständigkeit, Nachhaltigkeit, Gewinnabsicht, Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr) erfüllen muss, um als betrieblich zu gelten.
Die Frage, welche Wirtschaftsgüter die wesentlichen Betriebsgrundlagen des Unternehmens bilden, ist in funktionaler Betrachtungsweise nach dem jeweiligen Betriebstypus zu beantworten (vgl. VwGH 22.11.2001, 95/15/0063).
Die wesentlichen Betriebsgrundlagen bei einem Handelsvertreter sind im bestehenden Handelsvertretervertrag und den damit eingeräumten Befugnissen zu erblicken. Die Tätigkeit des Handelsvertreters ist eine kundengebundene Tätigkeit, die auf Basis des Handelsvertretervertrages ausgeübt wird. Sie umfasst die Betreuung des Kundenstocks in den jeweiligen vertraglich vereinbarten Einsatzgebieten. Der Handelsvertreter pflegt für das (auftraggebende) Unternehmen die festen Geschäftsverbindungen, übt die vertraglich festgelegte Vertretungsbefugnis seitens der Erzeugerfirma - im gegenständlichen Fall die Alleinvertretung für die Artikel "F Ski, -Bindungen, -Platten, -Accessoires und F-Snowboards, -Bindungen, -Schuhe und -Accessoires" aus und tritt sohin auch für das Unternehmen in dessen Firmennamen ("F ...") auf.
Nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes entfiel für den Beschwerdeführer mit Auflösung des Vertragsverhältnisses zum 15.4.2014, aufgrund des Schreibens der Unternehmerin vom 30.10.2013, die Rechtsgrundlage für die Berechtigung zur Kundenbetreuung und Kundenakquisition, sowie die damit verbundenen Befugnisse Verkaufsförderungen und Mitarbeiterschulungen durchzuführen sowie Werbematerial in Kundengeschäften zu platzieren. Mit der Vertragsbeendigung war dem Betrieb des Handelsvertreters sohin automatisch die Betriebsgrundlage zur Gänze entzogen. Mit der Vertragsbeendigung war auch die Verpflichtung zur unverzüglichen Rückstellung der Musterkollektionen, Werbemittel, Verkaufsunterlagen sowie von Informationsmaterial verbunden (§ 10 des HV-Vertrages).
Laut dem Beschwerdevorbringen sei mit der Unternehmerin vereinbart gewesen, letztmalig die Wintersaison 2013/2014 zu betreuen und noch die Vororderaufträge für die nächste Wintersaison 2014/2015 zu erledigen, die erfahrungsgemäß im März und April vor der nächsten Wintersaison geschrieben werden. Diese Aussage bestätigt, dass mit Beendigung des Auftragsverhältnisses im April 2014 auch die damit in Zusammenhang stehende betriebliche Tätigkeit endete.
Dass der Auflösungszeitpunkt des Handelsvertretervertrages einvernehmlich auf einen späteren Termin oder auf den 31.5.2014 verlegt worden und eine andere Form der Rückübertragung der zur Verfügung gestellten Betriebsmittel erfolgt wäre oder der Bf. als Handelsvertreter nach dem 15.4.2014 für einen anderen Auftraggeber noch tätig gewesen wäre, ist nicht aktenkundig und wurde auch nicht behauptet. Im Gegenteil, der Bf. betonte im Beschwerdeverfahren wiederholt, dass seine Vertretertätigkeit am 15.4.2014 beendet worden sei.
6. Der Bf. zeigte in der Beschwerde nicht auf, worin im Konkreten die von ihm mit 31.5.2014 angenommene Betriebsaufgabe bestanden habe. Die Begründung hierfür sah der Bf. nach seinem Beschwerdevorbringen lediglich in der Zurücklegung der Gewerbeberechtigung zum 31.5.2014 und seinem Pensionsantritt am 1.6.2014. Die Zurücklegung der Gewerbeberechtigung und der Pensionsantritt können Indizien für eine Betriebsaufgabe darstellen, sind aber nicht notwendige Voraussetzungen dafür.
Dass der Bf. die Gewerbeberechtigung erst zum 31.5.2014 zurücklegte, sagt im gegenständlichen Fall nichts über den tatsächlichen Betriebsaufgabezeitpunkt aus.
7. In der Beschwerde wurde der Standpunkt vertreten, dass mit Beendigung der Vertretertätigkeit am 15.4.2014 der "Rechtsanspruch" auf Ausgleichszahlung entstanden sei und dass die Firma F im April 2014 mit einer Teilauszahlung der Ausgleichszahlung und den noch offenen Provisionen begonnen habe, weshalb die Ausgleichszahlung zwingend als Forderung im zum 31.5.2014 zu ermittelnden Übergangsgewinn zu erfassen sei.
Außer Streit steht, dass dem Bf. mit Beendigung des Handelsvertretervertrages gemäß § 24 HVertG ein angemessener Ausgleichsanspruch zusteht. Allerdings muss dieser Anspruch gegenüber dem Unternehmer innerhalb eines Jahres bei sonstigem Verlust dieses Rechtsanspruches geltend gemacht werden. Der Bf. hat seinen Ausgleichsanspruch mit der Rechnungslegung vom 31.5.2014 (Rechnung Nummer 0814) gegenüber der Unternehmerin geltend gemacht.
Wie bereits dargelegt, ging im gegenständlichen Beschwerdefall mit der Vertragsauflösung gleichzeitig die Betriebsaufgabe einher. Erst infolge der Vertragsbeendigung entstand für den Bf. die Berechtigung auf Geltendmachung des Ausgleichsanspruches.
Ist der Tatbestand, der das Entstehen der Forderung auslöst, erst dann verwirklicht, wenn der Betrieb veräußert oder aufgegeben wird, hat die Forderung zum Stichtag der Übergangsgewinnermittlung noch nicht bestanden (vgl. VwGH 29.3.2007, 2006/15/0297).
Der Bf. konnte mit der willkürlichen Festlegung des Betriebsaufgabezeitpunktes auf den 31.5.2014 und der Behauptung, die Unternehmerin habe bereits für April und Mai 2014 jeweils eine Rate des Ausgleichsanspruches entrichtet, ein Entstehen der Forderung des Ausgleichsanspruches vor beziehungsweise zum Übergangsgewinnermittlungszeitpunkt (15.4.2014) nicht bewirken. Die angesprochenen Ratenzahlungen für April und Mai 2014 waren entgegen diesem Beschwerdevorbringen Akontozahlungen für die Provisionen, wie aus den nachfolgend dargelegten Unterlagen ersichtlich ist.
8. Die Abgabenbehörde hat - ohne den Betriebsaufgabezeitpunkt zu hinterfragen - den Ausgleichsanspruch zu Recht nicht in den zum 31.5.2014 ermittelten Übergangsgewinn einbezogen. Allerdings hat die Abgabenbehörde die Tatsache der Ratenzahlung des Ausgleichsanspruches außer Betracht gelassen. Im Beschwerdejahr war sohin nur der tatsächlich zugekommene Betrag aus dem Ausgleichsanspruch zu erfassen, dessen Ermittlung sich aus den nachfolgenden Punkten (III. 9. bis 16.) ergibt.
9. Die Unternehmerin bestätigte am 21.6.2016 eine "Provisionsabrechnung zur Abfindung wg. Ruhestand" über einen "Abfindungsanspruch" von € 75.869,52, der auf Basis der Summe der Provisionszahlung der letzten fünf Jahre errechnet wurde
- 1.4.2010 - 31.3.2011 € 89.378,93;
- 1.4.2011 - 31.3.2012 € 86.000,53;
- 1.4.2012 - 31.4.(wohl 3.)2013 € 71.011,58 und
- 1.4.2013 - 30.4.2014 € 78.198,32;
Umsatz Snowboard und Ski/Rest € 54.758,24
Summe Provisionszahlungen der letzten 5 Jahre € 379.347,66).
Die jeweilige Jahresaufstellung endete jeweils mit Ende der Schisaison im März, im Beschwerdejahr mit April 2014 und nicht mit Ende Mai 2014.
10. Wie aus der dargestellten Beilage 6 zum Antwortschreiben des Bf. vom 10.10.2018 hervorgeht, wurden die Forderung an Provisionen und der Ausgleichsanspruch durch Abschlagszahlungen - in monatlichen Raten - beglichen. Allerdings sei nach Aussage des Bf. mit der Firma F lediglich eine mündliche Vereinbarung über die Ratenzahlung der nach Betriebsaufgabe noch fällig werdenden Provisionen und des Abfindungsbetrages getroffen worden.
Die in der folgenden Darstellung als 0714 bezeichnete Rechnung lautet richtig auf 0614.
11. Die mit Vorhalten des Bundesfinanzgerichtes vom 31.7.2018 und 18.10.2018 angeforderten Belege über die geleisteten Abschlagszahlungen im Betrag von € 142.643,42 (€ 112.643,42 und € 30.000,00) wurden lediglich für die Monate Juni bis Dezember 2014 übermittelt. Diese Kontoauszüge belegen die monatlichen Abschlagszahlungen von Juni bis Dezember 2014 laut obiger Aufstellung.
12. Aus dem im Zuge der abgabenbehördlichen Prüfung vorgelegten Journal ist ersichtlich, dass der Bf. die monatlichen Überweisungen vom Jänner bis Mai 2014 der Firma F GmbH als Provisionserlöse auf dem Konto 8202 eingebucht hat.
13. Die dem Schreiben vom 10.10.2018 beigeschlossenen Bankkontoauszüge enthielten Vermerke zum Verwendungszweck. Der Kontobeleg 6/2014 führte unter Verwendungszweck "Akonto-Zahlung 06.2014" an, der Bankauszug für Juli enthielt unter Verwendungszweck "Acto. Zahlung 07.2014", der Bankauszug für August führte unter Verwendungszweck "Abschlag 08.2014 Provisionsendabr." an.
Damit steht für das Bundesfinanzgericht fest, dass der bei Berechnung des Übergangsgewinnes in Ansatz gebrachte Zuschlag aus Provisionsforderungen von € 36.000,00, der um die Teilzahlung Mai von € 6.000,00 zu erhöhen ist (siehe Beilage 6 zum Schreiben vom 10.10.2018), im August 2014 zur Gänze beglichen war.
Die nachfolgenden monatlichen Überweisungen der Firma F GmbH betrafen ausschließlich den Ausgleichsanspruch und den Einmalbetrag für die aus der Rechnung 0814 übernommene Umsatzsteuer. Die Bankauszüge 9/2014 - 11/2014 nahmen Bezug auf die Rechnung 0814. Obwohl der Beleg 12/2014 "Abschlagzhlg." anführte, ist ebenso von der ratenmäßigen Begleichung des Ausgleichsanspruches auszugehen.
Die Kontobelege über die im Jahr 2015 von der Firma F GmbH geleisteten Zahlungen wurden nicht vorgelegt.
14. Nach der obigen Tabelle waren die Teilzahlungen im April und Mai 2014 zweifelsfrei Provisionsabgeltungsbeträge, die auch auf den Bankkontoauszügen als "aconto" bezeichnet und im Journal auf dem Kono 8202 Provisionserlöse verbucht wurden. Damit dokumentierte sowohl die Unternehmerin als auch der Beschwerdeführer, dass die jeweilige Ratenzahlung im Mai und April 2014 die laufende Provisionsabgeltung und nicht einen noch nicht geltend gemachten Ausgleichsanspruch betrafen.
15. Ausgehend vom Betriebsaufgabezeitpunkt zum 15.4.2014 ist im Übergangsgewinn eine Forderung an Provisionen im Betrag von € 42.000,00 zu erfassen. Dem stimmt auch der Bf. im Schreiben vom 10.11.2018 zu, wenngleich er den Ansatz des Betriebsaufgabezeitpunktes mit 15.4.2014 als Fehlbeurteilung ansieht.
Dieser Forderungsbetrag wurde nach der Auswertung der beigebrachten Unterlagen (Beilagen 6 und 7, Kontoauszüge von Juni bis Dezember 2014 sowie Journal 2014 Konto 8202) mit der im August getätigten Zahlung zur Gänze getilgt (Mai € 6.000,00, Juni und Juli je € 6.000,00 und im August € 24.000,00 = € 42.000,00). Dass mit August sämtliche Provisionen abgerechnet waren, bestätigte auch die Unternehmerin indem auf dem Kontoauszug als "Verwendungszweck Provisionsendabr." angegeben wurde.
16. Der Zufluss an den Beträgen von € 643,42 (August 2014) und je € 6.000,00 von September bis Dezember 2014 in Summe € 24.643,42 sind im Jahr 2014 zu erfassen, die restlichen Zahlungen von € 70.000,00 stellen nachträgliche Betriebseinnahmen im Jahr 2015 dar. Der ab August 2014 bis August 2015 in Raten zu leistende Gesamtbetrag von € 94.643,42 umfasste sohin den Ausgleichsanspruch von € 75.869,52 und die Umsatzsteuer von € 18.773,90, die die Unternehmerin ebenfalls zur Zahlung übernahm (Schreiben vom 10.10.2018 Punkt 1.1.).
17. Die sich aus den vorliegenden Unterlagen nachvollziehbar ergebende Zuordnung der Tilgung zu der Provisionsforderung zum einen und zum Ausgleichsanspruch sowie zur übernommenen Umsatzsteuer zum anderen (Punkte 15. und 16.) brachte das Bundesfinanzgericht dem Bf. mit Vorhalt vom 18.10.2018 zur Kenntnis. Dazu teilte der Bf. im Wesentlichen mit Antwortschreiben vom 10.11.2018 lediglich mit, dass die zugekommenen Zahlungen nicht eindeutig zuordenbar seien und eine aliquote Zurechnung zu erfolgen habe. Dieses unbestimmt gehaltene Vorbringen vermag die aufgezeigte nachvollziehbare Zuordnung der Ratenbeträge nicht zu widerlegen.
18. In der am 15.1.2019 in Abwesenheit des Bf. durchgeführten mündlichen Verhandlung verwies der Vertreter der Abgabenbehörde auf deren bisher im Beschwerdeverfahren erstatteten Schriftsätze. Die Verhandlung endete mit der Beschlussfassung, dass die Entscheidung über die Beschwerde der schriftlichen Ausfertigung vorbehalten bleibe (§ 277 Abs. 4 BAO).
IV. Rechtslage
1. § 37 Abs. 1 und Abs. 5 des EStG 1988 idF BGBl. I Nr. 111/2010 lauten auszugsweise:
"(1) Der Steuersatz ermäßigt sich für
- außerordentliche Einkünfte (Abs. 5)
- Einkünfte aus besonderen Waldnutzungen (Abs. 6), soweit diese vorrangig den Verlust aus anderen Holznutzungen und sodann einen weiteren Verlust aus demselben forstwirtschaftlichen Betriebszweig, in dem die Einkünfte aus besonderer Waldnutzung angefallen sind, übersteigen
- Einkünfte aus der Verwertung patentrechtlich geschützter Erfindungen (§ 38)
auf die Hälfte des auf das gesamte Einkommen entfallenden Durchschnittssteuersatzes."
"(5) Außerordentliche Einkünfte sind Veräußerungs- und Übergangsgewinne, wenn die Betriebsveräußerung oder -aufgabe aus folgenden Gründen erfolgt:
1. Der Steuerpflichtige ist gestorben und es wird dadurch eine Betriebsveräußerung oder Betriebsaufgabe veranlasst.
2. Der Steuerpflichtige ist wegen körperlicher oder geistiger Behinderung in einem Ausmaß erwerbsunfähig, dass er nicht in der Lage ist, seinen Betrieb fortzuführen oder die mit seiner Stellung als Mitunternehmer verbundenen Aufgaben oder Verpflichtungen zu erfüllen. Das Vorliegen dieser Voraussetzung ist auf Grundlage eines vom Steuerpflichtigen beigebrachten medizinischen Gutachtens eines allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen zu beurteilen, es sei denn, es liegt eine medizinische Beurteilung durch den für den Steuerpflichtigen zuständigen Sozialversicherungsträger vor.
3. Der Steuerpflichtige hat das 60. Lebensjahr vollendet und stellt seine Erwerbstätigkeit ein. Eine Erwerbstätigkeit liegt nicht vor, wenn der Gesamtumsatz aus den ausgeübten Tätigkeiten 22.000 Euro und die gesamten Einkünfte aus den ausgeübten Tätigkeiten 730 Euro im Kalenderjahr nicht übersteigen.
Für Veräußerungs- und Übergangsgewinne steht der ermäßigte Steuersatz nur über Antrag und nur dann zu, wenn seit der Eröffnung oder dem letzten entgeltlichen Erwerbsvorgang sieben Jahre verstrichen sind."
2. Gemäß § 24 Abs. 1 Z 2 EStG 1988 sind Veräußerungsgewinne Gewinne, die erzielt werden bei der Aufgabe des Betriebes oder Teilbetriebes.
3. Nach § 4 Abs. 10 EStG 1988 gilt beim Wechsel der Gewinnermittlungsart - im gegenständlichen Fall von § 4 Abs. 3 EStG 1988 auf § 4 Abs. 1 leg. cit. - Folgendes:
"1.: Es ist durch Zu- und Abschläge auszuschließen, daß Veränderungen des Betriebsvermögens (Betriebseinnahmen, Betriebsausgaben) nicht oder doppelt berücksichtigt werden. Ergeben die Zu- und Abschläge einen Überschuß (Übergangsgewinn), so ist dieser beim Gewinn des ersten Gewinnermittlungszeitraumes nach dem Wechsel zu berücksichtigen. Ergeben die Zu- und Abschläge einen Verlust (Übergangsverlust), so ist dieser, beginnend mit dem ersten Gewinnermittlungszeitraum nach dem Wechsel, zu je einem Siebentel in den nächsten sieben Gewinnermittlungszeiträumen zu berücksichtigen. Bei Veräußerung oder Aufgabe des ganzen Betriebes, eines Teilbetriebes oder eines Mitunternehmeranteiles sind Übergangsgewinne oder (restliche) Übergangsverluste beim Gewinn des letzten Gewinnermittlungszeitraumes vor Veräußerung oder Aufgabe zu berücksichtigen.
2. Darüber hinaus ist durch Zu- oder Abschläge und durch entsprechende Bilanzansätze sicherzustellen, daß sonstige Änderungen der Gewinnermittlungsgrundsätze (zB hinsichtlich der unternehmensrechtlichen Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung beim Übergang von der Gewinnermittlung gemäß § 4 Abs. 1 oder 3 auf § 5 oder hinsichtlich der Berücksichtigung von Wertminderungen des Betriebsvermögens beim Übergang auf Buchführung) mit dem Wechsel der Gewinnermittlungsart berücksichtigt werden."
4. § 24 Handelsvertretergesetz - HVertrG 1993 (BGBl. Nr. 88/1993) - lautet:
"§ 24. (1) Nach Beendigung des Vertragsverhältnisses gebührt dem Handelsvertreter ein angemessener Ausgleichsanspruch, wenn und soweit
1. er dem Unternehmer neue Kunden zugeführt oder bereits bestehende Geschäftsverbindungen wesentlich erweitert hat,
2. zu erwarten ist, daß der Unternehmer oder dessen Rechtsnachfolger aus diesen Geschäftsverbindungen auch noch nach Auflösung des Vertragsverhältnisses erhebliche Vorteile ziehen kann, und
3. die Zahlung eines Ausgleichs unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere der dem Handelsvertreter aus Geschäften mit den betreffenden Kunden entgehenden Provisionen, der Billigkeit entspricht.
(2) Der Ausgleichsanspruch besteht auch dann, wenn das Vertragsverhältnis durch Tod des Handelsvertreters endet und die in Abs. 1 genannten Voraussetzungen vorliegen.
(3) Der Anspruch besteht nicht, wenn
1. der Handelsvertreter das Vertragsverhältnis gekündigt oder vorzeitig aufgelöst hat, es sei denn, daß dem Unternehmer zurechenbare Umstände, auch wenn sie keinen wichtigen Grund nach § 22 darstellen, hiezu begründeten Anlaß gegeben haben oder dem Handelsvertreter eine Fortsetzung seiner Tätigkeit wegen seines Alters oder wegen Krankheit oder Gebrechen nicht zugemutet werden kann, oder
2. der Unternehmer das Vertragsverhältnis wegen eines schuldhaften, einen wichtigen Grund nach § 22 darstellenden Verhaltens des Handelsvertreters gekündigt oder vorzeitig aufgelöst hat oder
3. der Handelsvertreter gemäß einer aus Anlaß der Beendigung des Vertragsverhältnisses getroffenen Vereinbarung mit dem Unternehmer, die Rechte und Pflichten, die er nach dem Vertrag hat, einem Dritten überbindet.
(4) Der Ausgleichsanspruch beträgt mangels einer für den Handelsvertreter günstigeren Vereinbarung höchstens eine Jahresvergütung, die aus dem Durchschnitt der letzten fünf Jahre errechnet wird. Hat das Vertragsverhältnis weniger als fünf Jahre gedauert, so ist der Durchschnitt der gesamten Vertragsdauer maßgeblich.
(5) Der Handelsvertreter verliert den Ausgleichsanspruch, wenn er dem Unternehmer nicht innerhalb eines Jahres nach Beendigung des Vertragsverhältnisses mitgeteilt hat, daß er seine Rechte geltend macht."
5. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist der Erlös aus dem Ausgleichsanspruch im Sinne des § 24 HVertrG 1993 nicht dem Veräußerungs- bzw. Aufgabegewinn des Handelsvertreters zuzurechnen, weil er nicht für die Übertragung eines Wirtschaftsgutes (Kundenstock) geleistet wird (vgl. VwGH 25.4.2013, 2010/15/0207; vgl. VwGH 23.2.2017, Ra 2015/15/0015). Die Ausgleichszahlung nach § 24 HandelsvertreterG 1993 wird nicht für die Aufgabe eines Betriebes, sondern infolge Auflösung des Vertragsverhältnisses gezahlt (vgl. VwGH 18.12.1997, 96/15/0140).
6. Das Entstehen des Ausgleichsanspruches iSd § 24 HVertrG 1993 ist erst die Folge der Beendigung des Vertragsverhältnisses. Zahlungen, die im Aufgabezeitpunkt noch nicht als Forderungen bestehen, zählen nicht zum Übergangsgewinn. Ist der Tatbestand der das Entstehen einer Forderung auslöst, erst dann verwirklicht, wenn der Betrieb veräußert oder aufgegeben wird, hat die Forderung zum Stichtag der Übergangsgewinnermittlung noch nicht bestanden (vgl. VwGH 29.3.2007, 2006/15/0297).
7. Nach herrschender Auffassung liegt die Aufgabe eines Betriebes dann vor, wenn der bisherige Betriebsinhaber im Rahmen eines einheitlichen wirtschaftlichen Vorganges sich in einem Zuge mit der Aufgabe der betrieblichen Tätigkeit aller Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens entweder begibt, oder sie in sein Privatvermögen überführt, wobei die Besteuerung des Aufgabegewinnes zeitpunktbezogen in dem Jahr zu erfolgen hat, in welches der Zeitpunkt fällt, zu dem die Aufgabehandlung bereits so weit fortgeschritten ist, dass dem Betrieb die wesentlichen Grundlagen entzogen sind. Bei Wirtschaftsgütern, die zwar betrieblich genützt wurden, aber nicht im Eigentum des Betriebsinhabers standen, genügt es, dass der Betriebsinhaber sich dieser Rechte begibt (vgl. VwGH 20.10.1993, 91/13/0168; VwGH 19.9.1995, 91/14/0222; VwGH 12.10.2004, 2001/15/0215).
8. Gemäß § 32 Abs. 1 Z 2 EStG 1988 gehören zu den Einkünften im Sinne des § 2 Abs. 3 unter anderem auch Einkünfte aus einer ehemaligen betrieblichen Tätigkeit im Sinne des § 2 Abs. 3 Z 1 bis 3 (zB Gewinne aus dem Eingang abgeschriebener Forderungen oder Verluste aus dem Ausfall von Forderungen).
V. Erwägungen
1. Beim Wechsel der Gewinnermittlungsart ist durch Zu- und Abschläge auszuschließen, dass Veränderungen des Betriebsvermögens (Betriebseinnahmen, Betriebsausgaben) nicht oder doppelt berücksichtigt werden. Aus den Zu- und Abschlägen ergibt sich ein Übergangsgewinn, der die Besonderheit der einzelnen Gewinnermittlungsarten ausgleichen soll. Bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG 1988 gegenüber § 4 Abs. 1 leg. cit. ergeben sich Unterschiede aus dem Zu- und Abflussprinzip insbesondere beim Umlaufvermögen. So ist für gekaufte Waren (Betriebsausgabe) dann eine Aktivierung vorzunehmen und muss insoweit Gewinnzuschlag erfolgen, um eine Doppelberücksichtigung der Betriebsausgabe bei Ermittlung des Wareneinsatzes zu vermeiden. Hingegen ist einer nicht bezahlten Miete mit einem Gewinnabschlag zu begegnen. Bargeld, Bankguthaben, Darlehensforderungen und -schulden wie auch Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens bleiben unberücksichtigt. Liefer(waren)Verbindlichkeiten führen zu einem Abschlag. Für noch unbezahlte Lieferforderungen aufgrund vom Unternehmer erbrachten Leistungen ist ein Zuschlag anzusetzen, weil die Gewinnrealisierung bereits vor dem Übergabestichtag eingetreten ist (vgl. Zorn in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG19, § 4 Tz 396 ff).
2. Die im Zuge des Wechsels der Gewinnermittlungsart von § 4 Abs. 3 EStG 1988 auf § 4 Abs. 1 leg. cit. im Übergangsgewinn bisher angesetzte Forderung aus Provisionen in Höhe von € 36.000,00 war ausgehend von einem festgestellten Betriebsaufgabezeitpunkt zum 15.4.2014 (Punkt II. 9.) um € 6.000,00 (betreffend TZ Mai 2014, vgl. Beilage 6 und 7 zum Schreiben vom 10.10.2018) auf € 42.000,00 zu erhöhen.
Die Begleichung der durch Zuschlag berücksichtigten Provisionsforderung hat keine ertragsteuerlichen Auswirkungen, sondern stellt eine Vermögensumschichtung dar.
3. Der Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters nach § 24 HVertrG stellt kein Entgelt für die Übertragung eines Kundenstocks oder anderer Wirtschaftsgüter, sondern soll in erster Linie künftig entgehende Provisionen des Handelsvertreters abgelten. Der dem Handelsvertreter zugekommene Betrag ist daher der laufenden Tätigkeit zuzurechnen (vgl. Jakom/Kanduth-Kristen, EStG2018, § 24 Tz 97). Der Anspruch des Handelsvertreters auf Erhalt der Ablösezahlung entsteht noch nicht während der laufenden Vertretertätigkeit, sondern erst im Zeitpunkt der Beendigung des Handelsvertreterauftragsverhältnisses.
Wie sachverhaltsmäßig festgestellt, endete der Handelsvertretervertrag mit 15.4.2014, womit gleichzeitig die Betriebsaufgabe verbunden war (Punkt II. 9). Dem Bf. floss aufgrund der ratenweisen Entrichtung des Ausgleichsanspruches definitiv ein Betrag von € 70.000,00 (Punkt III. 10., 15., 16.) nicht im Beschwerdejahr, sondern im Folgejahr 2015 zu. Vorgänge, die nach Beendigung der betrieblichen Tätigkeit stattfinden beziehungsweise Einkünfte, die erst nach Beendigung der Tätigkeit anfallen, sind in den Bestimmungen des § 32 Abs. 1 Z 2 EStG 1988 erfasst.
4. Die Beschwerde war dem Grunde nach abzuweisen, allerdings waren die Bemessungsgrundlage die Höhe der Abgabenfestsetzung zu ändern.
VI. Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Dass der Ausgleichsanspruch erst die Folge der Beendigung des Handelsvertretervertrages ist und eine nach Betriebsaufgabe entstehende Forderung nicht im Übergangsgewinnermittlungszeitpunkt zu erfassen ist, entspricht der ständigen Rechtsprechung des VwGH (siehe Punkte III. und IV.). Die Feststellung des Betriebsaufgabezeitpunktes ist die Beantwortung einer Tatfrage (Punkt III.). Die ordentliche Revision ist demzufolge nicht zulässig.
Innsbruck, am 18. Jänner 2019
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer |
betroffene Normen: | § 37 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Verweise: | VwGH 27.11.2014, 2011/15/0101 |