Fliesenleger - hier: kein Dienstverhältnis
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BFG:2019:RV.7105730.2018
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Elisabeth Traxler über die Beschwerde der Bf., vertreten durch Mag. Gernot Johannes Steier, Rathausplatz 108, 3040 Neulengbach, vom 14. Oktober 2013, gegen die Bescheide des Finanzamtes Wien 8/16/17 vom 20. September 2013, betreffend Haftung zur Einbehaltung und Abfuhr der Lohnsteuer, Festsetzung des Dienstgeberbeitrages zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen und des Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen für die Kalenderjahre 2010, 2011 und 2012 zu Recht erkannt:
Der Beschwerde wird Folge gegeben.
Die angefochtenen Bescheide werden (ersatzlos) aufgehoben.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof (Art. 133 Abs. 4 B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Im Erkenntnis vom 14. März 2018, GZ. RV/7101388/2015, ist das Bundesfinanzgericht zu dem Ergebnis gelangt, dass Herr XY2, der für die Beschwerdeführerin (in der Folge: Bf.) Fliesenlegearbeiten durchgeführt hat, diese Tätigkeit im Rahmen eines Dienstverhältnisses (§ 47 Abs. 2 EStG 1988) ausgeübt hat (zur näheren Begründung wird auf die Ausführungen in diesem Erkenntnis verwiesen).
Dagegen hat die Bf. am 2. Mai 2018 eine (außerordentliche) Revision beim Verwaltungsgerichtshof eingebracht in der sie - soweit dies für das gegenständliche Verfahren (noch) von Bedeutung ist - Folgendes ausgeführt hat: " ... Soweit das Bundesfinanzgericht ausführt, dass der Umstand, dass Herr XY2a sich dann, wenn er etwas benötigt hat oder Fragen gehabt habe, an Herrn XY1a wenden konnte, für eine Eingliederung in den Betrieb der Revisionswerberin spreche, ist dem entgegenzuhalten, dass es sich dabei um Sachfragen bzw. technische Fragen im Zusammenhang mit der Erfüllung des Werkes handelt, ... . ... Das Bundesfinanzgericht stützt seine unrichtige Rechtsmeinung auch darauf, dass sämtliche Rechnungen des Herrn XY2a zeitraumbezogen, nämlich für einen oder mehrere Monate, erstellt worden seien und sich kein Werk im Sinne eines konkreten Leistungsgegenstandes darauf finde. Dies ist schlicht unrichtig. Die von Herrn XY2a gelegten Rechnungen enthalten ... im Betreff jeweils die Baustelle - also das Werk - und in weiterer Folge den Leistungszeitraum - das Monat in dem die Leistung erbracht wurde. ... "
Der auf der Aussage des Herrn XY2 beruhenden Feststellung des Bundesfinanzgerichtes im angefochtenen Erkenntnis, dass b ei umfangreicheren Arbeiten Herr XY1 Herrn XY2 einen Mitarbeiter der Bf. geschickt oder selbst mitgearbeitet hat, ist die Bf. in ihrer Revision nicht entgegen getreten.
Mit Erkenntnis vom 21. November 2018, Ra 2018/13/0045, hat der Verwaltungsgerichtshof die Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben, womit die Beschwerde wiederum als unerledigt gilt.
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Gemäß § 47 Abs. 2 Einkommensteuergesetz (EStG) 1988 liegt ein Dienstverhältnis vor, wenn der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft schuldet. Dies ist der Fall, wenn die tätige Person in der Betätigung ihres geschäftlichen Willens unter der Leitung des Arbeitgebers steht oder im geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers dessen Weisungen zu folgen verpflichtet ist.
Gemäß § 41 Abs. 1 Familienlastenausgleichsgesetz (FLAG) 1967 haben den Dienstgeberbeitrag alle Dienstgeber zu leisten, die im Bundesgebiet Dienstnehmer beschäftigen. Dienstnehmer sind ua. auch Personen, die in einem Dienstverhältnis im Sinne des § 47 Abs. 2 EStG 1988 stehen (Abs. 2 leg. cit.).
Die Pflicht zur Entrichtung eines Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag gründet sich auf § 122 Abs. 7 und Abs. 8 des Wirtschaftskammergesetzes (WKG) 1998.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist das Vorliegen eines Dienstverhältnisses nach § 47 Abs. 2 EStG 1988 anhand zweier Kriterien, nämlich der Weisungsgebundenheit gegenüber dem Arbeitgeber und der Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers zu beurteilen (VwGH vom 21. Oktober 2010, Zl. 2009/15/0001; vom 28. Oktober 2010, Zl. 2007/15/0177; vom 29. April 2010, Zl. 2008/15/0103; vom 22. März 2010, Zl. 2009/15/0200; vom 2. Februar 2010, Zl. 2009/15/0191; vom 28. Mai 2009, Zl. 2007/15/0163; vom 19. September 2007, Zl. 2007/13/0071). In Fällen, in denen beide Kriterien noch keine klare Abgrenzung zwischen einer selbständig und einer nichtselbständig ausgeübten Tätigkeit ermöglichen, ist auf weitere Abgrenzungskriterien (wie etwa auf das Fehlen eines Unternehmerrisikos, oder die Befugnis, sich vertreten zu lassen) Bedacht zu nehmen (VwGH vom 21. November 2018, Ra 2018/13/0045).
Das Bundesfinanzgericht hat in seinem Erkenntnis vom 14. März 2018, Zl. RV/7101388/2015, die Weisungsgebundenheit und die betriebliche Eingliederung aus folgenden Gründen bejaht: Die Bf. habe Herrn XY2 mit der Durchführung solcher Arbeiten beauftragt, die erforderlich waren, damit die Bf. ihrerseits die übernommenen Aufträge zum vertraglich vereinbarten Termin abschließen konnte. Wenn Herr XY2 etwas benötigt hat oder Fragen gehabt hat, dann hat er Herrn XY1 kontaktiert. Bei umfangreichen Arbeiten ist Herr XY2 von weiteren Dienstnehmern der Bf. oder von Herrn XY1 unterstützt worden. Herrn XY2 seien die Arbeitsmittel (Fliesen, Silikon, Kleber udgl.) zur Verfügung gestellt worden.
Der Verwaltungsgerichtshof ist diesen Ausführungen in seiner Entscheidung vom 21. November 2018, Ra 2018/13/0045, wie folgt entgegen getreten: Bei den Fragen, mit denen sich Herr XY2 an Herrn XY1 gewandt hat, habe es sich (zweifellos) um solche "sachlicher" und nicht um solche "persönlicher" Natur gehandelt. Herr XY2 habe die ihm übertragenen Arbeiten zur Gänze allein erbracht. Die Arbeitsmittel seien bereits von den Auftraggebern der Bf. beigebracht worden, sodass dieser Umstand für die Eingliederung des Herrn XY2 nicht aussagekräftig sei.
Dem Umstand, dass die Bf. Herrn XY2 mit der Durchführung solcher Arbeiten beauftragt hat, die erforderlich waren, damit die Bf. ihrerseits die übernommenen Aufträge zum vertraglich vereinbarten Termin abschließen konnte und dass Herr XY2 Herrn XY1 auch dann kontaktiert hat, wenn er etwas benötigt hat, hat der Verwaltungsgerichtshof keine Bedeutung beigemessen.
Mit diesen Ausführungen hat der Verwaltungsgerichtshof im Ergebnis die Weisungsgebundenheit und die betriebliche Eingliederung - und damit auch: das Vorliegen eines Dienstverhältnisses iSd § 47 Abs. 2 EStG 1988 - verneint. Gegen das Vorliegen eines Dienstverhältnisses hat der Verwaltungsgerichtshof weiters noch ins Treffen geführt, dass der Umstand, dass es keine Beanstandungen gegeben hat, die Erfolgsabhängigkeit der Entlohnung indiziere, dass die Vereinbarung eines Pauschalentgelts ein Unternehmerwagnis begründe und dass die Anführung einer Anschrift (= Adresse der jeweiligen Baustellen) auf den Rechnungen darauf hindeute, dass ein "Werk" erbracht worden ist.
Vor dem Hintergrund der dargelegten Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes wurde der Beschwerde Folge gegeben.
Gemäß § 201 Abs. 1 BAO erfolgt eine bescheidmäßige Festsetzung von Selbstberechnungsabgaben unter den dort genannten Voraussetzungen ua. nur dann, wenn sich die bekanntgegebene Selbstberechnung als nicht richtig erweist. Gleiches gilt, wenn die Selbstberechnung einer Abgabe einem abgaberechtlich Haftungspflichtigen obliegt (§ 202 Abs. 1 BAO).
Für die Kalenderjahre 2010, 2011 und 2012 wurden (nur) deshalb Haftungs- bzw. Abgabenbescheide (LSt, DB, DZ) erlassen, weil das Finanzamt zu dem Ergebnis gelangt ist, dass Herr XY2 seine Tätigkeit für die Bf. im Rahmen eines Dienstverhältnisses (§ 47 Abs. 2 EStG 1988) ausgeübt hat. Diese Beurteilung erweist sich den oa. Ausführungen zufolge als nicht zutreffend, sodass für eine Bescheiderlassung nach §§ 201, 202 BAO kein Raum verbleibt. Die angefochtenen Bescheide waren daher (ersatzlos) aufzuheben.
Zur Revision (Art. 133 Abs. 4 B-VG):
Eine Revision ist dann zulässig, wenn zu einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet worden ist oder wenn das Verwaltungsgericht in seinem Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht.
Bei den vom Verwaltungsgerichtshof gegen das Vorliegen einer Weisungsgebundenheit und einer betrieblichen Eingliederung (§ 47 Abs. 2 EStG 1988) ins Treffen geführten Gründen (ob Fragen "sachlicher" oder "persönlicher" Natur waren; ob Herr XY2 die ihm übertragenen Arbeiten zur Gänze allein erbracht hat) handelt es sich um keine Rechtsfragen. Ist aber bei der Beurteilung der Dienstnehmereigenschaft das Vorliegen von Weisungsgebundenheit und betrieblicher Eingliederung zu verneinen, ist auf weitere Kriterien (wie beispielsweise das Unternehmerrisiko) nicht mehr einzugehen, sodass mit diesen Kriterien in Zusammenhang stehende Rechtsfragen nicht (mehr) als grundsätzlich iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen sind.
Die Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist daher nicht zulässig.
Es war somit wie im Spruch zu entscheiden.
Wien, am 14. Jänner 2019
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer, FLAG |
betroffene Normen: | § 47 Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |