BFG RV/7100361/2014

BFGRV/7100361/201419.4.2016

Unzuständigkeit des BFG wegen Nichterlassung einer BVE

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BFG:2016:RV.7100361.2014

 

Entscheidungstext

 

BESCHLUSS

 

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag.a RICP über die Beschwerde der Bf., W., vertreten durch Edward W. Daigneault, Lerchenfelder Gürtel 45/11, 1160 Wien, gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 2/20/21/22 vom 17. Juli 2013 betreffend Abweisung eines Antrages auf Ausgleichszahlung (Familienbeihilfe) für das Kind K, geb. Datum, für den Zeitraum Jänner bis Dezember 2012, beschlossen:

 

1. Es wird die Unzuständigkeit des Bundesfinanzgerichtes festgestellt.

Das Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht wird eingestellt.

 

2. Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

 

Entscheidungsgründe

 

Der am 17. Juli 2013 vom Finanzamt (FA) Wien 2/20/21/22 erlassene Abweisungsbescheid betreffend Ausgleichszahlung (bzw. Differenzzahlung) für das Kind K, geb. Datum, Zeitraum Jänner - Dezember 2012, wurde von der Beschwerdeführerin (Bf.) mit Beschwerde vom 29.07.2013 bekämpft. 

Die belangte Behörde legte die Beschwerde am 10.02.2014 dem Bundesfinanzgericht zur Bearbeitung vor. In der Beschwerde wurde weder ein Antrag auf Unterlassung einer Beschwerdevorentscheidung gestellt, noch wurde lediglich die Gesetzwidrigkeit von Verordnungen, die Verfassungswidrigkeit von Gesetzen oder die Rechtswidrigkeit von Staatsverträgen behauptet.

Der angefochtene Bescheid wurde nicht vom Bundesminister für Finanzen erlassen.

Das FA hat eine Beschwerdevorentscheidung nicht erlassen. In Ermangelung einer solchen konnte hinsichtlich dieses Bescheides auch kein rechtwirksamer Vorlageantrag seitens der beschwerdeführenden Partei gestellt werden.

Diese Feststellungen beruhen auf der dem Bundesfinanzgericht übermittelten Aktenlage.

Gemäß Art 131 Abs 3 B-VG iVm § 1 BFGG obliegen dem Bundesfinanzgericht ua Entscheidungen über Beschwerden gemäß Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG in Rechtssachen in Angelegenheiten der öffentlichen Abgaben (mit Ausnahme der Verwaltungsabgaben des Bundes, der Länder und Gemeinden) und des Finanzstrafrechtes sowie in sonstigen gesetzlich festgelegten Angelegenheiten, soweit die genannten Angelegenheiten unmittelbar von den Abgaben- oder Finanzstrafbehörden des Bundes besorgt werden.

Gemäß § 262 Abs 1 BAO ist über Bescheidbeschwerden nach Durchführung der etwa noch erforderlichen Ermittlungen von der Abgabenbehörde, die den angefochtenen Bescheid erlassen hat, mit als Beschwerdevorentscheidung zu bezeichnendem Bescheid abzusprechen.

Die Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung hat gemäß § 262 BAO zu unterbleiben,
- wenn dies in der Bescheidbeschwerde beantragt wird und die Abgabenbehörde die Bescheidbeschwerde innerhalb von drei Monaten ab ihrem Einlangen dem Verwaltungsgericht vorlegt (Abs 2),
- wenn in der Bescheidbeschwerde lediglich die Gesetzwidrigkeit von Verordnungen, die Verfassungswidrigkeit von Gesetzen oder die Rechtswidrigkeit von Staatsverträgen behauptet wird (Abs 3) und schließlich,
- wenn der Bundesminister für Finanzen den angefochtenen Bescheid erlassen hat (Abs 4).

Gegen eine Beschwerdevorentscheidung kann gemäß § 264 Abs 1 BAO innerhalb eines Monats ab Bekanntgabe (§ 97 BAO) der Antrag auf Entscheidung über die Bescheidbeschwerde durch das Verwaltungsgericht gestellt werden (Vorlageantrag).

Gemäß § 265 Abs 1 BAO hat die Abgabenbehörde die Bescheidbeschwerde, über die keine Beschwerdevorentscheidung zu erlassen ist oder über die infolge eines Vorlageantrages vom Verwaltungsgericht zu entscheiden ist, nach Durchführung der etwa noch erforderlichen Ermittlungen ohne unnötigen Aufschub dem Verwaltungsgericht vorzulegen.

Gemäß § 265 Abs 2 BAO hat die Vorlage der Bescheidbeschwerde jedenfalls auch die Vorlage von Ablichtungen (Ausdrucken) des angefochtenen Bescheides, der Beschwerdevorentscheidung, des Vorlageantrages und von Beitrittserklärungen zu umfassen.

Im Erkenntnis vom 29.1.2015, Ro 2015/15/0001 hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass (unter Hinweis auf § 291 Abs 1 BAO) der Entscheidungspflicht des Bundesfinanzgerichtes die von der Abgabenbehörde dem Bundesfinanzgericht vorgelegte Bescheidbeschwerde unterliegt. Zuständig zu einer Entscheidung (in der Sache) sei das Bundesfinanzgericht freilich im Regelfall nur dann, wenn zuvor bereits die Abgabenbehörde mit Beschwerdevorentscheidung entschieden hat und dagegen ein Vorlageantrag erhoben wurde.

Vor diesem Hintergrund kommt im vorliegenden Fall eine Entscheidung in der Sache durch das Bundesfinanzgericht mangels Vorliegen eines entsprechenden (fakultativen) Vorlageantrages als Reaktion auf eine zuvor erlassene Beschwerdevorentscheidung, nicht in Betracht.

Eine Zurückweisung der Beschwerde wegen Unzuständigkeit durch das Bundesfinanzgericht kommt ebenfalls nicht in Betracht. Dies würde für die beschwerdeführende Partei den Rechtsnachteil der ungewollten Verfahrensbeendigung bewirken, wofür keine sachliche Rechtfertigung erkennbar ist.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Die belangte Behörde hat im fortzusetzenden Verfahren ihre Entscheidungspflicht gemäß § 262 Abs 1 BAO durch Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung wahrzunehmen und im Falle des Einlangens eines Vorlageantrages durch die beschwerdeführende Partei, die Beschwerde samt Akten dem Gericht gemäß § 265 f BAO erneut vorzulegen.

 

Zulässigkeit einer Revision

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der Beschluss von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da sich die Verpflichtung der belangten Behörde zur Beschwerdevorentscheidung unmittelbar aus dem Gesetz (§ 262 Abs 1 BAO) ergibt, das Nichtvorliegen eines der in § 262 Abs 2 bis 4 BAO normierten Ausnahmetatbestandes eine reine Sachverhaltsfrage darstellt und schließlich die nicht vorhandene Zuständigkeit zur Entscheidung in der Sache dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. Jänner 2015, Ro 2015/15/0001 entspricht, war die Revision nicht zuzulassen.

 

 

Klagenfurt am Wörthersee, am 19. April 2016

 

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer

betroffene Normen:

Art. 131 Abs. 3 B-VG, Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930
§ 262 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 265 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 265 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 264 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961

Verweise:

VwGH 29.01.2015, Ro 2015/15/0001

Stichworte