Zinshausbewertung - fiktive Anschaffungskosten, Nutzungsvereinbarungen
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BFG:2014:RV.7100746.2012
Beachte:
Revision eingebracht. Beim VwGH anhängig zur Zl. Ra 2014/13/0020. Zurückweisung mit Beschluss vom 24.11.2016.
Entscheidungstext
Hintere Zollamtsstraße 2b
1030 Wien
DVR: 2108837
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch Senat_X in der Beschwerdesache Bf, vertreten durch Dr. Wolfgang Halm, Berggasse 10/14, 1090 Wien,
A) über die Beschwerde vom 2.7.2010 gegen den Bescheid des Finanzamtes FA vom 28.6.2010 und über den Vorlageantrag vom 2.7.2010 gegen die Berufungsvorentscheidung des Finanzamtes FA vom 5.5.2011 betreffend Feststellung von Einkünften 2008,
B) über die Beschwerde vom 16.5.2011 gegen den Bescheid des Finanzamtes FA vom 5.5.2011 betreffend Feststellung von Einkünften 2009
C) und über die Beschwerde vom 29.11.2011 gegen den Bescheid des Finanzamtes FA vom 24.11.2011 betreffend Feststellung von Einkünften 2010
in der Sitzung am 4.6.2014 nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:
I. Der Beschwerde wird teilweise Folge gegeben. Die angefochtenen Bescheide werden wie folgt abgeändert:
A) Feststellung der Einkünfte gemäß § 188 BAO für 2008:
Die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung betragen -621,40 Euro. Davon entfallen
1. auf Bet_A, ein Anteil von 2.192,91 Euro,
2. auf Bet_B, ein Anteil von -1.436,60 Euro und
3. auf Bet_C, ein Anteil von -1.377,71 Euro.
B) Feststellung der Einkünfte gemäß § 188 BAO für 2009:
Die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung betragen 29.153,94 Euro. Davon entfallen
1. auf Bet_B, ein Anteil von 12.044,95 Euro und
2. auf Bet_C, ein Anteil von 17.108,99 Euro.
C) Feststellung der Einkünfte gemäß § 188 BAO für 2010:
Die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung betragen 41.172,87 Euro. Davon entfallen
1. auf Bet_B, ein Anteil von 16.008,47 Euro und
2. auf Bet_C, ein Anteil von 25.164,40 Euro.
II. Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) unzulässig.
Entscheidungsgründe
Streitgegenstand ist ein Zinshaus in Wien, dessen einer Hälfteeigentümer (in der Folge L genannt) im Zuge des unentgeltlichen Erwerbes seines Miteigentumsanteils von seiner Mutter (in der Folge M genannt) fiktive Anschaffungskosten der AfA-Bemessung zugrunde gelegt hat. Im Zuge einer bei der Miteigentümergemeinschaft durchgeführten Außenprüfung blieb strittig, wie die fiktiven Anschaffungskosten zu ermitteln sind.
Zum ersten bestand eine Nutzungsvereinbarung zwischen der M und der anderen Hälfteeigentümerin (in der Folge W genannt), wonach über das Hälfteeigentum hinaus einige Wohnungen der M bzw. nunmehr dem L zur alleinigen Nutzung zustünden, wofür ein Nutzungsentgelt vereinbart sei. Insbesondere habe M auf eigene Kosten den Dachboden ausgebaut. Die Abgabenbehörde hat die Nutzungsvereinbarung als nicht fremdübliche Miete zwischen den Miteigentümern gewertet und die Berechnung der Anschaffungskosten für den Miteigentumsanteil nur aus der Summe der Mieterträge der fremdvermieteten Wohnungen abgeleitet. Die Einkünfte betreffend die nicht gemeinschaftlich vermieteten Wohnungen könnten nicht im Zuge der Miteigentümergemeinschaft einheitlich und gesondert festgestellt werden, sondern müssten von den jeweils Nutzungsberechtigten im Wege der Veranlagung zur Einkommensteuer erfolgen. Dagegen geht der gegen den Feststellungsbescheid beschwerdeführende L davon aus, dass im Sinne einer wirtschaftlichen Betrachtung die fiktiven Anschaffungskosten von allen durch ihn (teils alleine, teils ideell anteilig) zur Vermietung genutzten Wohnungen zu berechnen seien. Schließlich würde die Wertsteigerung beiden Miteigentümern zugute kommen, was im Kaufpreis eines künftigen Erwerbers seinen Niederschlag fände.
Zum zweiten ist Streitpunkt, ob das Finanzamt zurecht vom Kategoriemietzins ausgehen durfte, den es nach dem Berechnungsformular der MA 25 der Gemeinde Wien unter Verwendung von Zu- und Abschlägen ermittelt hat, oder ob es bei jenen (Dachgeschoss-)Wohnungen, die nicht dem Richtwertsystem unterliegen, von einer höheren Miete auszugehen habe.
Dritter Streitpunkt sind die von der Abgabenbehörde angesetzten Erhaltungsaufwendungen. Laut Beschwerdeführer seien diese deutlich zu hoch angesetzt, vor allem in Hinblick auf den zehn Jahre vor Erwerb erfolgten Dachbodenausbau, durch den in den Folgejahren nur mit geringem Erhaltungsaufwand zu rechnen sei. Die Abgabenbehörde hält dem entgegen, ihre Annahme von zehn Euro pro Quadratmeter sei ein Durchschnittswert, der überdies mit den Ausgaben der konkreten Liegenschaft im Einklang stehe.
Zum vierten ist die Höhe des Diskontierungszinssatzes strittig. Das Finanzamt wendet für eine Liegenschaft in sehr guter Lage 3,5 Prozent an. Der Bf wendet dagegen ein, die Wertsicherung der Mieterträge sei durch einen Abschlag von 1,5 Prozentpunkten zu berücksichtigen.
Zuletzt wendet sich die Beschwerde gegen den Ansatz eines zwanzigprozentigen Grundanteils. Es sei lediglich ein Wert von zehn Prozent gerechtfertigt.
In der mündlichen Verhandlung wird vom Bf ergänzend vorgebracht, die Berechnung der belangten Behörde sei fehlerhaft, weil ihr nur 1.020 m² zugrunde lägen, das Haus aber 1.790,75 m² Mietfläche habe. Aus dem von der belangten Behörde angesetzten Wert von 1,7 Mio Euro ergebe sich ein völlig unrealistischer Quadratmeterwert von rund 950 Euro.
Die belangte Behörde führt ergänzend aus, der beschwerdeführende Hälfteeigentümer habe die ihm exklusiv zur Nutzung überlassenen Wohnungen auch in seiner Einkommensteuererklärung bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung erfasst und dort dafür AfA für fiktive Anschaffungskosten in Höhe von 33.000 Euro geltend gemacht. Eine zusätzliche Berücksichtigung im Feststellungsverfahren führte zu einer Verdoppelung der AfA.
Befragt über den von der Behörde angewendeten Diskontierungszinssatz von 3,5 % gibt der Bf an, dass der ursprünglich angenommene Wert von 3 % angemessener erscheine, aber auch 2,5 % sachgerecht wären.
Über die Beschwerde wurde erwogen:
L ist Hälfteeigentümer eines Zinshauses in guter Wiener Lage (Adresse). Diesen Hälfteanteil hat er mit Schenkungsvertrag vom 11.7.2008 von seiner Mutter M übertragen bekommen. Gemäß § 16 Abs 1 Z 8 lit b EStG idF vor BGBl I 2008/85 hat L in der Folge die fiktiven Anschaffungskosten der AfA-Bemessung zugrunde gelegt. Das Haus steht nunmehr je zur Hälfte im Eigentum des L und der W. Von den 19 Wohneinheiten sind je vier an L bzw. W vermietet. Die von W gemieteten Wohnungen machen 23,82 % der Nutzfläche aus, die von L gemieteten 19,19 %. W wohnt in einer Wohnung (Top 16) selbst und vermietet den Rest weiter, L vermietet sämtliche Wohnungen weiter. Die Wohnung Top 16 wurde von W im Zuge eines von ihr selbst getragenen Dachbodenausbaus errichtet, die Wohnungen Top 17 und 18 wurden von M ebenfalls im Rahmen eines von ihr selbst getragenen Dachbodenausbaus errichtet.
Beide Maßnahmen gehen auf eine Vereinbarung aus dem Jahr 1991 zurück (AS 134 des Bp-Arbeitsbogens), der den Titel „Mietvertrag und Benützungsübereinkommen“ trägt und folgenden Inhalt hat: „Miete“ der Wohnungen Top 12 und Top 16 durch W von der Hausgemeinschaft; Ausbau des Rohdachbodens auf eigene Kosten der W; Mietoption für M betreffend den restlichen Rohdachboden zum Ausbau auf eigene Rechnung unter Beteiligung an den Errichtungskosten des Stiegenaufganges zum Dachgeschoß, den W bereits errichtet hat; Mietoption der M für Top 14 und Weitergaberecht für Top 4 an L; Höhe des Mietzinses und Betriebskostenanteils für die von der Hausgemeinschaft an W bzw. M vermieteten Räumlichkeiten.
Während der Mietzins pro Quadratmeter bei den fremd vermieteten Wohnungen zwischen 1,05 Euro und 5,7 Euro beträgt (abhängig vom Datum des Vertragsabschlusses), erfolgt die Vermietung an die Hälfteeigentümer um 0,08 bis 0,10 Euro bei Wohnungen und um 0,45 Euro beim Dachboden. Lediglich Top 13 wird an W um 3,80 Euro/m² vermietet.
Gemäß § 188 Abs 1 lit d BAO werden die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung unbeweglichen Vermögens einheitlich und gesondert festgestellt, wenn an den Einkünften mehrere Personen beteiligt sind.
Nach herrschender Meinung des Schrifttums und ständiger Rechtsprechung sind Vereinbarungen zwischen den Miteigentümern im Zweifel nicht als Mietverträge, sondern als bloße Benützungsvereinbarungen anzusehen (VwGH 30.6.2010, 2005/13/0057 mwN). Das vorliegende Dokument „Mietvertrag und Benützungsübereinkommen“ ist seiner gesamten Ausgestaltung nach eine bloße Benützungsvereinbarung, welche die exklusive Nutzung einzelner Gebäudeteile durch die Miteigentümer regelt. Dies ergibt sich schon aus der wechselseitigen Abhängigkeit der ausbedungenen Nutzungsrechte.
Bloße Benützungsvereinbarungen und die alleinige Nutzungsmöglichkeit eines Miteigentümers führen dazu, dass die entsprechenden Wohnungen nicht der gemeinschaftlichen Einkünfteerzielung dienen. Sie sind daher auch nicht bei der einheitlichen und gesonderten Feststellung zu berücksichtigen.
Doch selbst bei Annahme von Mietverhältnissen würden diese aufgrund der geringen Mieten einem Fremdvergleich nicht standhalten. Wird eine Wohnung an einen Miteigentümer zu nicht fremdüblichen Konditionen vermietet, ist das Vertragsverhältnis steuerlich nicht anzuerkennen und die entsprechende Wohnung aus der einheitlichen und gesonderten Feststellung auszuscheiden (vgl. auch hierzu VwGH 30.6.2010, 2005/13/0057).
Verfügungsberechtigt über die Einkunftsquelle der den Miteigentümern jeweils exklusiv zur Nutzung vorbehaltenen Wohnungen ist der einzelne Miteigentümer. Nur er hat es in der Hand, wie er diese Wohnungen bewirtschaftet. Mangels Zurechenbarkeit zur gemeinschaftlichen Einkünfteerzielung ist auch das Vorbringen, diese Wohnungen seien quasi als Sonderbetriebsvermögen in der einheitlichen Feststellung zu berücksichtigen, verfehlt.
Für die strittigen Punkte bedeutet dies folgendes:
(1) Im Rahmen der einheitlichen und gesonderten Feststellung hat die Ermittlung der AfA-Basis für jeden Miteigentümer nach seinen Verhältnissen zu erfolgen (VwGH 19.5.1993, 89/13/0151). Die fiktiven Anschaffungskosten sind bezogen auf den Miteigentumsanteil zu ermitteln, wobei jedoch ertragsteuerlich nur jene Gebäudeteile relevant sein können, die der gemeinschaftlichen Einkünfteerzielung dienen. Damit sind die im Rahmen der Benützungsvereinbarung den Miteigentümern jeweils exklusiv zur Nutzung zugewiesenen Wohnungen aus der Bemessung der fiktiven Anschaffungskosten auszuscheiden. Soweit diese Wohnungen der Einkünfteerzielung des einzelnen Miteigentümers dienen, sind sie bei dessen Einkommensteuerverfahren zu berücksichtigen, was bisher auch erfolgt ist.
Der Einwand des Bf, der von ihm allein getragene Dachbodenausbau komme im Wege eines späteren höheren Verkaufspreises der gesamten Eigentümergemeinschaft zugute, lässt für die Ermittlung der gemeinschaftlichen Vermietungseinkünfte nichts gewinnen, weil die Mieterträge jenes Dachbodenausbaus – wie die übrigen von L selbst vermieteten Wohnungen – nicht der Gemeinschaft zugute kommen. Eine Veräußerung wäre außerdem nicht im Rahmen des § 188 zu erfassen, sondern bei jedem Miteigentümer nach §§ 30 ff EStG zu versteuern.
(2) Sämtliche gemeinschaftlich vermietete Wohnungen unterliegen dem Richtwertsystem. Bei Errechnung des Ertragswertes war es daher zulässig und richtig, dass die belangte Behörde von jenen Werten ausgegangen ist, die im Rahmen des Richtwertsystems der Mietenberechnung zugrunde gelegt werden dürfen.
(3) In den Jahren 2007 bis 2009 sind Instandhaltungsaufwendungen von rund 25.600, 32.900 und 7.400 Euro angefallen (vgl. AS 116 ff des Bp-Arbeitsbogens). Im Durchschnitt sind dies ca. 22.000 Euro jährlich und auf den gemeinschaftlich vermieteten Gebäudeteil von 56,99 % bezogen ca. 12.500 Euro jährlich. Die von der belangten Behörde angenommenen Instandhaltungsaufwendungen von jährlich 10.206 Euro erscheinen somit angemessen. Wie der vor einigen Jahren erfolgte Dachausbau sich mindernd auf die künftig angenommenen Erhaltungsaufwendungen auswirken könnte, vermag die Beschwerde nicht schlüssig darzulegen.
(4) Aus der Lage der Liegenschaft (zentrumsnahe, gute Anbindung an den öffentlichen Verkehr, Naherholungsgebiete, Infrastruktur, erhöhtes Verkehrsaufkommen) ergibt sich – wie die belangte Behörde zutreffend festgestellt hat – eine sehr gute Lage. Dies rechtfertigt nach der einschlägigen Fachliteratur grundsätzlich einen Diskontierungszinssatz (Liegenschaftszinssatz) in einer Bandbreite von 2,5 bis 4,5 %. Der ursprünglich vom Bf angesetzte Zinssatz von 3 % bewegt sich in dieser Bandbreite. Besondere Gründe, davon um einen halben Prozentpunkt abzuweichen, wie es die belangte Behörde getan hat, sind nicht ersichtlich.
Zusätzlich begehrt der Bf einen Inflationsabschlag von 1,5 % mit dem Hinweis auf einschlägige Fachliteratur. Nach Ansicht des erkennenden Senates ist ein derartiger Abschlag bei Immobilienbewertungen grundsätzlich fehl am Platz. Die in der neueren Literatur ersichtlichen Tendenzen zur Berücksichtigung eines Inflationsabschlages werden vom Senat abgelehnt, weil damit für die Immobilienbewertung unzutreffende Bewertungsmethoden aus der Unternehmensbewertung übernommen werden.
In der Unternehmensbewertung werden typischerweise zwei Prognosezeiträume unterschieden: Im ersten Zeitraum, meist drei bis fünf Jahre, wird von der Planungsrechnung des Unternehmens ausgegangen und die erwarteten Zukunftserträge mit dem Diskontierungszinssatz auf den Bewertungsstichtag abgezinst. Der zweite Zeitraum schließt an den ersten an, wobei für jenen Zeitraum eine ewige Rente berechnet wird. Da die Faktoren der Geldentwertung und der möglichen Weitergabe von Preissteigerungen durch das bewertete Unternehmen in diesem Zeitraum keine Berücksichtigung im zugrundegelegten Jahresertrag finden, müssen diese Parameter im Diskontierungszinssatz berücksichtigt werden. In diesem Ausmaß erfolgt daher für die zweite Planungsphase ein Abschlag vom Diskontierungszinssatz. Der Diskontierungszinssatz wird für Zwecke der Unternehmensbewertung vom Kapitalmarkt hergeleitet, wobei eine risikoarme Alternativanlage bzw. ein ausgewogenes Portfolio die Basis bilden, die durch Zu- und Abschläge auf das zu bewertende Unternehmen angepasst wird.
Gänzlich anders stellt sich die Systematik der Immobilienbewertung dar: Während die Bewertung von Unternehmen als äußerst dynamischen Einheiten unterschiedlichster Ausrichtung von hohen Unsicherheiten geprägt ist und sich Renditeerwartungen nur im Vergleich zu anderen Marktteilnehmern anhand von Kapitalmarktdaten erfassen lassen, haben sich in der Immobilienbewertung solide Faktoren etabliert, die durch langjährige Beobachtung des Marktgeschehens verifizierbar sind (zur Kritik an der fehlenden Überprüfung der Annahmen der Unternehmensbewertung siehe Haeseler/Hörmann, Unternehmensbewertung auf dem Prüfstand, Lexisnexis 2008, insb. Kapitel 6).
Die Rendite einer Immobilie hängt in höchstem Ausmaß von ihrer Lage ab, weshalb bei der Ertragsbewertung von Immobilien der Liegenschaftszinssatz für die erwarteten Erträge großteils an Lagekriterien anknüpft. Die daraus gewonnenen Bandbreiten sind in den letzten Jahren weitgehend unverändert geblieben. Eine Indexanpassung von Mieten ist seit jeher gelebte Praxis, weshalb davon auszugehen ist, dass die Faktoren der Geldentwertung und der Weitergabe von Preissteigerungen bereits in den bestehenden Bandbreiten berücksichtigt sind. Wird nun zusätzlich aus der Unternehmensbewertung ein Inflationsabschlag entlehnt, führt das zu einer Herabsetzung des Zinssatzes, der es an einer sachlichen Rechtfertigung gänzlich fehlt. Die Immobilie wird dadurch mit einem unzulässig hohen Wert bewertet. Die enormen Preissteigerungen der letzten Jahre auf dem Immobiliensektor können bei einer Stichtagsbewertung aus dem Jahr 2008, die mit dem Wissen des Jahres 2008 stattzufinden hat, ebenfalls nicht berücksichtigt werden.
Bei Anwendung des klassischen Ertragswertverfahrens wird von der begründeten Annahme ausgegangen, dass der auf die baulichen Anlagen entfallende und nachhaltig erzielbare Reinertrag während der Restnutzungsdauer unverändert bleibt (vgl. Kranewitter, Liegenschaftsbewertung (1998), 91). Dieser - während der Restnutzungsdauer unveränderte und nachhaltig erzielbare - Reinertrag wird mit dem von den Berechnungsparametern Liegenschaftszinssatz und Restnutzungsdauer abhängigen Vervielfältiger auf einen Ertragswert kapitalisiert. Da der Liegenschaftszinssatz aus tatsächlich erzielten Kaufpreisen durch Umkehrung des Ertragswertmodells errechnet wird, unterliegt auch dieser Berechnungsparameter der Inflationsneutralität (vgl. Sommer/Kröll, Lehrbuch zur Immobilienbewertung (2011), 239). Es steht im Widerspruch zum aktuellen Stand der Immobilienbewertungswissenschaft, bei Anwendung des klassischen Ertragswertverfahrens vom Liegenschaftszinssatz (=Kapitalisierungszinssatz) einen Inflationsabschlag vorzunehmen.
Reinerträge dürfen nur mit den zugehörigen Zinssätzen zu einem Barwert diskontiert werden. Nur eine Diskontierung der nominalen Erträge mit dem Nominalzinssatz, der realen Erträge mit dem Realzinssatz und der nachhaltigen Erträge mit dem Liegenschaftszinssatz (=Kapitalisierungszinssatz) führen zum selben Ergebnis (vgl. Seiser/Kainz, Der Wert von Immobilien (2010), 631).
Im gegenständlichen Fall erfolgte keine – in der Literatur zu Recht umstrittene – Ableitung des Kapitalisierungszinssatzes aus dem Kapitalmarktzinssatz, sodass für einen eventuellen Geldwertanpassungsabschlag kein Raum bleibt.
Aus all diesen Überlegungen ergibt sich ein Diskontierungszinssatz von 3 %.
(5) Für das Ausscheiden eines lediglich zehnprozentigen Grundanteils führt der Bf keinerlei Argumente ins Treffen. Der von der belangten Behörde angenommene Grundanteil von 20 % erscheint dem Senat angemessen, zumal der Bf selbst in seiner ursprünglichen Berechnung (AS 65 des Bp-Arbeitsbogens) von diesem Wert ausgegangen ist.
Aus diesen Erwägungen ist ausgehend von dem durch die belangte Behörde errechneten Jahresertrag von 68.312 Euro folgende Adaptierung vorzunehmen: Der Diskontierungszinssatz von 3 % führt zu einem Faktor von 25,73 und damit zu einem Ertragswert von 1.757.652 Euro. Zuzüglich Anschaffungsnebenkosten von 4,5 % ergibt dies 1.836.746 Euro, abzüglich 20 % Grundanteil folgt daraus eine AfA-Basis von 1.469.397 Euro bzw. auf den Hälfteanteil des L bezogen 734.698 Euro. Die Jahres-AfA hiervon beträgt 14.693,96 Euro, die Halbjahres-AfA 7.346,98 Euro.
Durch die gegenüber der Berechnung der belangten Behörde höhere AfA vermindern sich die L zurechenbaren Einkünfte gegenüber den angefochtenen Bescheiden im Jahr 2008 um 648,14 Euro, im Jahr 2009 und 2010 um 1.296,28 Euro.
Für die im Streitfall zu entscheidende wesentliche Rechtsfrage der Behandlung von Benutzungsvereinbarungen zwischen Eigentumsgemeinschaft und Miteigentümer besteht eine ständige Rechtsprechung des VwGH (vgl. die Zitate im hg. Erkenntnis), die der Entscheidung zugrunde gelegt wurde. Welche Methode der Immobilienbewertung sachgerecht erscheint, ist eine Frage des Sachverhaltes bzw. der Beweiswürdigung und keine Rechtsfrage. Daher ist die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG unzulässig.
Wien, am 18. Juni 2014
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer |
betroffene Normen: | § 188 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise: |