Rückforderung Familienbeihilfe
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BFG:2014:RV.7100403.2014
Beachte:
Revision eingebracht. Beim VwGH anhängig zur Zl. Ra 2014/16/0009. Zurückweisung mit Beschluss vom 11.9.2014.
Entscheidungstext
Hintere Zollamtsstraße 2b
1030 Wien
DVR: 2108837
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin FG in der Beschwerdesache des Herrn Ing. U, Wien gegen den Bescheid des Finanzamtes für den 2/20/21/22 Bezirk vom 30.08.2013, betreffend Rückforderung zu Unrecht bezogener Bezüge der Familienbeihilfe und des Kinderabsetzbetrages für den Zeitraum November 2008 bis Juni 2012 zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird als unbegrüdet abgewiesen.
Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) unzulässig.
Entscheidungsgründe
Am 31.5.2013 übermittelte das Finanzamt dem Beschwerdeführer (Bf.) ein Schreiben zwecks Überprüfung des Anspruchs auf Familienbeihilfe.
Da dieser auf dieses Schreiben nicht reagierte, übermittelte das Finanzamt am 13.7.2012 ein Erinnerungsschreiben.
Am 11.4.2013 wurde der Bf. ersucht, das Reifeprüfungszeugnis für seinen Sohn vorzulegen bzw. bei vorzeitigem Schulabbruch einen entsprechenden Nachweis beizulegen.
Da der Bf. auch auf dieses Schreiben nicht reagierte, ersuchte das Finanzamt am 6.8.2013 Fr. St gem. § 158 BAO um Auskunftserteilung ab und bis wann respektive mit welchem Erfolg Herr G am Unterricht teilgenommen hat.
Im Antwortschreiben vom 19.8.2013 teilte Herr K mit, dass aus den aufliegenden Unterlagen ersichtlich sei, dass Herr G im Schuljahr 2010/11 Studierender an der Abendschuldform der HTL gewesen sei. Da jedoch kein regelmäßiger Schulbesucherfolgt sei, seien diese beiden Semester nicht erfolgreich abgeschlossen worden.
Mit Schreiben vom 22.8.2013 ergänzte Herr K obiges Schreiben dahingehend, dass er mitteilte, dass Herr G im Schuljahr 2008/09 die 3HA der Tagesschule besucht und negativ abgeschlossen habe und im Schuljahr 2009/10 in die Abendschule gewechselt habe, wobei er das dritte Semester positiv und das vierte Semester negativ abgeschlossen habe.
Bescheid
Aufgrund dieser Auskünfte erließ das Finanzamt am 30.8.2013 einen Bescheid über die Rückforderung der Familienbeihilfe und des Kinderabsetzbetrages von November 2008 bis Juni 2012 und führte begründend aus, dass ein Familienbeihilfenanspruch nur dann bestünde, wenn die Ausbildung ernsthaft und zielstrebig betrieben wird. Dies sei nur dann anzunehmen, wenn die Vorbereitung auf die Ablegung der Prüfungen die volle Zeit des Kindes in Anspruch nehme und das Kind zu den Prüfungsterminen innerhalb eines angemessenen Zeitraums antrete.
Am 24.9.2013 brachte der Bf. gegen diesen Bescheid Beschwerde (Berufung) ein.
Er habe laufend die Informationen über den Schulstatus seines Sohnes übermittelt. Lediglich in letzten Schuljahr habe er dies nicht getan, da sein Sohn ab Juli 2012 einer geregelten Arbeit nachgehe. Er besuche jedoch weiter die Abendschule.
Als Anlage übermittelte der Bf. Schulbestätigungen der HTL HTBL u VA 1030 Wien Leberstraße 4c, denengemäß Herr G seit im Schuljahr 2008/2009 Schüler der Tagesschulklasse des Schultyps Höhere Lehranstalt für Bautechnik eingeschrieben sei, bzw. ab September 2009 der Abendschule.
Weiters war eine Bestätigung über eine vorgezogene Reife- und Diplomprüfung beigelegt, demzufolge Herr G am 28.6.2011 das Prüfungsgebiet Fachtheorie mit der Note genügend und am 8.10.2012 Deutsch mit der Note befriedigend absolviert hat.
BVE
Am 28.10.2013 erließ das Finanzamt eine abweisende Berufungsvorentscheidung mit nachfolgender Begründung:
Gemäß § 2 Abs. 1 lit. b Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) haben Personen für Kinder, die sich in Berufsausbildung befinden, Anspruch auf Familienbeihilfe. Der Besuch einer Schule alleine ist nicht ausreichend, um das Vorliegen einer Berufsausbildung anzunehmen. Hierzu muss das ernstliche und zielstrebige, nach außen erkennbare Bemühen treten, die Prüfungen abzulegen und die Ausbildung auch zu abzuschließen. Dies erfordert den Antritt zu den einschlägigen (Vor-)Prüfungen innerhalb angemessener Zeit.
Ihr Sohn G schloss bis auf das Wintersemester 2009 alle Semester negativ ab. Zudem besuchte er im Schuljahr 2010/2011 sehr unregelmäßig den Unterricht. Im Schuljahr 2011/2012 wurde die Schule nicht besucht.
Im Hinblick auf die obigen Ausführungen kann man bei Ihrem Sohn nicht von einer ernsthaften und zielstrebigen Ausbildung sprechen, da die lediglich zwei positiv abgelegten Prüfungen keine Ernsthaftigkeit und Zielstrebigkeit darstellen.
Demzufolge bestand die Rückforderung der zu Unrecht bezogenen Familienbeihilfe für die Monate November 2008 bis Juni 2012 zu Recht.
Vorlageantrag
Am 28.11.2013 brachte der Bf. einen Vorlageantrag ein, in dem er auf die vorgelegten Schulbesuchsbestätigungen und das Zeugnis verwies und auf die ebenfalls vorgelegte Inskriptionsbestätigung für das letzte Schuljahr (2013/14).
Eine Beantwortung des Schreibens auf Überprüfung des Anspruchs auf Familienbeihilfe habe er nicht als notwendig erachtet, da sich erst ab Juli 2012 mit der Erwerbstätigkeit seines Sohnes Änderungen ergeben hätten. Trotzdem werde sein Sohn weiter die Schule besuchen und die Diplomarbeit schreiben. Aus der beigefügten Schulbestätigung sei ersichtlich, dass sein Sohn trotz negativer Noten die Ausbildung immer ernsthaft und zielstrebig bestrieben habe.
Die Bestätigung der HTL weist nachfolgenden Inhalt auf:
"G ist seit dem Schuljahr 2009/10 ordentlicher Schüler der Abendschule der HTL. Seit dem Schuljahr 2010/12 hat er den ersten Teil der Reifeprüfung erfolgreich abgelegt. Im Oktober des laufenden Schuljahres wurde sein Diplomarbeitsthema bewilligt. Die Abgabe seiner Diplomarbeit wird am 16. Mai 2014 erfolgen und im Juni wird er seine Schullaufbahn mit der Ablegung der Reife- und Diplomprüfung beenden.
G hat den Unterricht der Abendschule seit dem Herbst 2009 ohne Unterbrechung regelmäßig besucht. Er hat dabei nicht immer alle Prüfungen sofort positiv abgelegt, aber er hat sich dabei ernstlich und zielstrebig um das Erreichen seiner Berufsausbildung bemüht. Das System der Abendschule sieht vor, dass negative Noten im Laufe der Schullaufbahn durch Ablegung eines Kolloquiums abgeschlossen werden können. Einmal positiv abgelegte Prüfungen bleiben dabei erhalten. Vor dem Ansuchen um Bewilligung eines Diplomarbeitsthemas dürfen aus dem 5. Semester oder davor nur noch maximal 3 Kolloquien offen sein. Bei G ist dies der Fall, weshalb anzunehmen ist, das er sein Ausbildungsziel im laufenden Schuljahr erreichen wird."
Anhand einer am 25.3.2014 erfolgten Besprechung in der HTL wurden folgende Feststellungen getroffen:
Im Schuljahr 2008/09 besuchte Hr. G noch die 3te Klasse der HTL, die er jedoch negativ abgeschlossen hat. Im Schuljahr 2009/10 hätte er grundsätzlich 19 Wochenstunden zu besuchen gehabt, wobei er jedoch in 2 Gegenständen im Ausmaß von 2 Stunden) vom Besuch befreit war. Dieses Semester schloss er positiv ab.
Im Schuljahr 2010/11 betrug die Stundenanzahl 26, wobei für 7 Wochenstunden eine Befreiung vorlag. Ein positiver Abschluss erfolgte jedoch nur für 4 Wochenstunden.
Im Schuljahr 2011/12 betrug die vorgeschriebene Wochenstundenanzahl wiederum 26. Für 3 Wochenstunden lag eine Befreiung vor. Ein positiver Abschluss lag jedoch nur für 15 Wochenstunden vor.
Es konnte jedoch nicht festgestellt werden, ob Hr. G die vorgeschriebenen Wochenstunden tatsächlich besucht hat und zu wie vielen Prüfungen er angetreten ist.
Den Großteil der negativen Noten konnte sich Hr. G zwischenzeitig ausbessern, wobei auch diesbezüglich nicht festgestellt werden konnte, wann dies erfolgte.
Hr. G ist inzwischen ca. 23,5 Jahre alt und hat die Matura bis dato nicht abgeschlossen.
Das Gericht hat über die Beschwerde erkannt
Gem. § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, Anspruch auf Familienbeihilfe für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufs nicht möglich ist.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist es Ziel einer Berufsausbildung im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. b Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG) die fachliche Qualifikation für die Ausübung des angestrebten Berufes zu erlangen. Es muss daher das ernstliche und zielstrebige, nach außen erkennbare Bemühen um den Ausbildungserfolg gegeben sein ( VwGH vom 15.12.1987, 86/14/0059; vom 21.10.1999, 97/15/0111). Dazu gehört regelmäßig auch der Nachweis der Qualifikation. Das Ablegen von Prüfungen, die in einem Lehrplan oder einer Studienordnung vorgesehen sind, ist essenzieller Bestandteil des Studiums und damit der Berufsausbildung selbst. Der laufende Besuch einer der Berufsausbildung dienenden schulischen Einrichtung reicht für sich allein noch nicht aus, um das Vorliegen einer Berufsausbildung im hier maßgeblichen Sinn anzunehmen. Hiezu muss vielmehr das ernstliche und zielstrebige, nach außen erkennbare Bemühen um den Ausbildungserfolg treten, das sich im Antreten zu den erforderlichen Prüfungen bzw. Vorprüfungen zu manifestieren hat. Zwar ist - abgesehen von den leistungsorientierten Voraussetzungen beim Besuch einer in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannten Einrichtung - nicht der Prüfungserfolg ausschlaggebend, das anspruchsvermittelnde Kind muss aber durch Prüfungsantritte innerhalb angemessener Zeit versuchen, die Voraussetzungen für den erfolgreichen Abschluss der Berufsausbildung zu erfüllen (vgl. VwGH 20.6.2000, Zl. 98/15/0001).
Ob die schulische oder kursmäßige Ausbildung berufsbegleitend und ob sie in Form von Blockveranstaltungen oder in laufenden Vorträgen organisiert ist, ist vor dem rechtlichen Hintergrund nicht entscheidend (VwGH 8.7.2009, 2009/15/0089). Wesentlich ist vielmehr, dass durch die Schulausbildung oder den lehrgangsmäßigen Kurs die tatsächliche Ausbildung für einen Beruf erfolgt. Die oben angeführten, von der Judikatur geforderten Voraussetzungen einer Berufsausbildung im Sinne des FLAG können aber auch dann vorliegen, wenn ein Kind die Externistenreifeprüfung ablegen will und sich tatsächlich und zielstrebig auf die Ablegung der Reifeprüfung vorbereitet.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes weist jede anzuerkennende Berufsausbildung sowohl ein qualitatives als auch ein quantitatives Element auf, Entscheidend ist nicht nur die Art der Ausbildung sondern auch deren zeitlicher Umfang.
Nunmehr ergibt sich aus der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass für die Beurteilung des Vorliegens einer Berufsausbildung entscheidende Bedeutung dem Umstand zukommt, dass das anspruchsvermittelnde Kind durch Prüfungsantritte innerhalb angemessener Zeit versucht, die Voraussetzungen für den erfolgreichen Abschluss der Berufsausbildung zu erfüllen. Um das ernsthafte und zielstrebige Bemühen um den Ausbildungserfolg nach außen in Erscheinung treten zu lassen und somit den Familienbeihilfenanspruch zu wahren, wären insbesondere dann, wenn ein Semester bereits einmal negativ abgeschlossen wurde, erkennbare Bemühungen des anspruchsvermittelnden Kindes notwendig, die das Anstreben des Abschlusses auch in einer entsprechenden Zeitdauer deutlich machen würden.
Wenn der Bf. vorbringt, sein Sohn habe durchgehend die Schule besucht und es länge daher ein Anspruch auf Familienbeihilfe vor, so kann dieser Argumentation nicht gefolgt werden. Wie seitens des BFG ermittelt werden konnte ist zwar auch in der Abendschulde eine Wochenstundenanzahl grundsätzlich vorgegeben, wobei die Schüler dieses Angebot nicht annehmen müssen. Es gibt auch keine Anwesenheitsverpflichtung. Ziel der Einrichtung einer Abendschule ist es nämlich auch Vollzeit berufstätigen Menschen deren Besuch zu ermöglichen. (Diese Möglichkeit nimmt Hr. Gr auch seit Juli 2012 in Anspruch.)
Wie bereits aus der Sachverhaltsdarstellung ersichtlich besucht Hr. G seit dem Schuljahr 2006/07 die HTL. Bis dato hat er jedoch die Schule noch nicht erfolgreich abgeschlossen. Aufgrund dieser langen Studiendauer kann nicht von einem zielstrebigen Bemühen ausgegangen werden.
Auch wenn man in Betracht zieht, dass Hr. G weiterhin bemüht ist die Matura zu absovieren, kann diesfalls, objektiv gesehen, nicht von Zielstrebigkeit gesprochen werden und kann ein derart zögerlicher Schulbesuch nicht in einem, letztlich zu Lasten der Allgemeinheit führenden Anspruch auf Familienbeihilfe münden..
Wie bereits eingangs vermerkt, stellt die Zielstrebigkeit nicht die einzige Voraussetzung für den Familienbeihilfenanspruch dar. Ebenso zu beachten ist, dass der Verwaltungsgerichtshof einer Bildungsmaßnahme die Eigenschaft einer Berufsausbildung iSd FLAG 1967 nur dann zuerkennt, wenn diese in quantitativer Hinsicht die volle Arbeitskraft des Anspruch vermittelnden Kindes bindet. Von der Bindung der vollen Arbeitskraft kann wohl nur dann ausgegangen werden, wenn die Bildungsmaßnahme durch den Besuch des Unterrichts, die Vor- und Nachbearbeitungszeiten und die Prüfungsteilnahmen ein zeitliches Ausmaß in Anspruch nimmt, das zumindest annähernd dem eines Vollzeitdienstverhältnis entspricht.
Inwieweit Hr. G zu Prüfungen angetreten ist oder am Unterricht teilgenommen hat konnte vom BFG nicht ermittelt werden und kam auch der Bf. seiner diesbezüglichen Mitwirkungspflicht nicht nach. Aus den Auskünften der Schule kann jedoch nur geschlossen werden, dass dies bei Herrn G nicht fer Fall war.
Zusammengefasst steht daher für das Bundesfinanzgericht fest, dass Hr. G die Berufsausbildung nicht ernsthaft und zielstrebig absolviert hat.
Wurde die Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen entfällt auch der Anspruch auf den Kinderabsetzbetrag (§33 Abs. 4 Z 3 lit a EStG 1988) und war dieser ebenfalls zurückzufordern.
Zulässigkeit einer Revision
In Ansehung der zum Themenbereich "Zielstrebiges Bemühen um einen Ausbildungserfolg ergangenen, bereits an oberer Stelle zitierten, Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofs war die Revision - ob des Nichtvorliegens einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung- gem. Art 133 Abs. 4 B-VG auszuschließen.
Zusammenfassend war daher wie im Spruch zu befinden.
Wien, am 7.4.2014
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer, FLAG |
betroffene Normen: | § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 |