§ 1 KMG

Alte FassungIn Kraft seit 01.11.2007

Begriffsbestimmungen

§ 1.

(1) Im Sinne dieses Bundesgesetzes sind

  1. 1. öffentliches Angebot: eine Mitteilung an das Publikum in jedweder Form und auf jedwede Art und Weise, die ausreichende Informationen über die Bedingungen eines Angebots (oder einer Einladung zur Zeichnung) von Wertpapieren oder Veranlagungen und über die anzubietenden Wertpapiere oder Veranlagungen enthält, um einen Anleger in die Lage zu versetzen, sich für den Kauf oder die Zeichnung dieser Wertpapiere oder Veranlagungen zu entscheiden. Diese Definition gilt auch für die Platzierung von Wertpapieren oder Veranlagungen durch Finanzintermediäre;
  2. 2. Emittent: ein Rechtsträger, der Wertpapiere oder Veranlagungen begibt oder zu begeben beabsichtigt;
  3. 3. Veranlagungen: Vermögensrechte, über die keine Wertpapiere ausgegeben werden, aus der direkten oder indirekten Investition von Kapital mehrerer Anleger auf deren gemeinsame Rechnung und gemeinsames Risiko oder auf gemeinsame Rechnung und gemeinsames Risiko mit dem Emittenten, sofern die Verwaltung des investierten Kapitals nicht durch die Anleger selbst erfolgt; unter Veranlagungen im Sinne dieses Bundesgesetzes sind auch alle vertretbaren, verbrieften Rechte zu verstehen, die nicht in Z 4 genannt sind; Geldmarktinstrumente mit einer Laufzeit von weniger als zwölf Monaten unterliegen nicht der Prospektpflicht gemäß § 2;
  4. 4. Wertpapiere: übertragbare Wertpapiere im Sinne von Art. 4 Abs. 1 Z 18 der Richtlinie 2004/39/EG mit Ausnahme von Geldmarktinstrumenten im Sinne von Art. 4 Abs. 1 Z 19 der Richtlinie 2004/39/EG mit einer Laufzeit von weniger als zwölf Monaten;
  5. 4a. Dividendenwerte: Aktien und andere, Aktien gleichzustellende Wertpapiere sowie jede andere Art übertragbarer Wertpapiere, die das Recht verbriefen, bei Umwandlung des Wertpapiers oder Ausübung des verbrieften Rechts die erstgenannten Wertpapiere zu erwerben; Voraussetzung hierfür ist, dass die letztgenannten Wertpapiere vom Emittenten der zugrunde liegenden Aktien oder von einer zur Unternehmensgruppe dieses Emittenten gehörenden Stelle begeben wurden;
  6. 4b. Nichtdividendenwerte: alle Wertpapiere, die keine Dividendenwerte sind;
  7. 5. Anleger: Derjenige, der ein Wertpapier, das Gegenstand eines prospektpflichtigen Angebots war, oder eine Veranlagung, die Gegenstand eines prospektpflichtigen Angebots war, erwirbt;
  8. 5a. qualifizierte Anleger:
  1. a) juristische Personen, die in Bezug auf ihre Tätigkeit auf den Finanzmärkten zugelassen sind bzw. beaufsichtigt werden. Dazu zählen: Kreditinstitute, Wertpapierfirmen, sonstige zugelassene oder beaufsichtigte Finanzinstitute, Versicherungsgesellschaften, Organismen für gemeinsame Anlagen und ihre Verwaltungsgesellschaften, Pensionsfonds und ihre Verwaltungsgesellschaften, Warenhändler („commodity dealers“) sowie Einrichtungen, die weder zugelassen sind noch beaufsichtigt werden und deren einziger Geschäftszweck in der Wertpapieranlage besteht;
  2. b) nationale und regionale Regierungen, Zentralbanken, internationale und supranationale Institutionen wie der Internationale Währungsfonds, die Europäische Zentralbank, die Europäische Investitionsbank und andere vergleichbare internationale Organisationen;
  3. c) andere juristische Personen, die zwei der drei Kriterien nach Z 7 nicht erfüllen;
  4. d) bestimmte natürliche Personen: natürliche Personen, die im Inland ihren Wohnsitz (§ 66 Abs. 1 JN) haben, zwei der in Abs. 2 genannten Kriterien erfüllen und unter Nachweis dieser Voraussetzungen bei der FMA beantragen, als qualifizierte Anleger zugelassen zu werden; die Zulassung durch die FMA erfolgt durch Bescheid auf Eintragung in das Register (Abs. 3) und besteht für die Dauer der Eintragung; bei Gegenseitigkeit sind in das entsprechende Register anderer EWR-Vertragsstaaten eingetragene natürliche Personen auch als „bestimmte natürliche Personen“ im Sinne dieser Litera anzusehen;
  5. e) bestimmte kleine und mittlere Unternehmen (bestimmte KMU):

    KMU, die im Inland ihren Sitz haben und bei der FMA beantragen, als qualifizierte Anleger zugelassen zu werden; die Zulassung durch die FMA erfolgt durch Bescheid auf Eintragung in das Register (Abs. 3) und besteht für die Dauer der Eintragung; bei Gegenseitigkeit sind in das entsprechende Register anderer EWR-Vertragsstaaten eingetragene KMU auch als „bestimmte KMU“ im Sinne dieser Litera anzusehen;

  1. 6. Person, die ein Angebot unterbreitet („Anbieter“): eine juristische oder natürliche Person, die Wertpapiere oder Veranlagungen öffentlich anbietet;
  2. 7. kleine und mittlere Unternehmen (KMU): Gesellschaften, die laut ihrem letzten Jahresabschluss bzw. konsolidierten Abschluss zumindest zwei der nachfolgenden drei Kriterien erfüllen: eine durchschnittliche Beschäftigtenzahl im letzten Geschäftsjahr von weniger als 250, eine Gesamtbilanzsumme von höchstens 43 Millionen Euro und ein Jahresnettoumsatz von höchstens 50 Millionen Euro;
  3. 8. Kreditinstitute: Unternehmen im Sinne von Art. 4 Z 1 lit. a der Richtlinie 2006/48/EG ;
  4. 9. geregelter Markt: ein Markt gemäß § 1 Abs. 2 Börsegesetz 1989 – BörseG, BGBl. Nr. 555/1989;
  5. 10. Angebotsprogramm: ein Plan, der es erlaubt, Nichtdividendenwerte ähnlicher Art und/oder Gattung, wozu auch Optionsscheine jeder Art gehören, dauernd oder wiederholt während eines bestimmten Emissionszeitraums zu begeben;
  6. 11. dauernd oder wiederholt begebene Wertpapiere: Daueremissionen oder zumindest zwei gesonderte Emissionen von Wertpapieren ähnlicher Art und/oder Gattung während eines Zeitraums von zwölf Monaten;
  7. 12. Herkunftsmitgliedstaat:
  1. a) für alle Emittenten von Wertpapieren, die nicht in lit. b genannt sind, der EWR-Vertragsstaat, in dem der Emittent seinen Sitz hat;
  2. b) für jede Emission von Nichtdividendenwerten mit einer Mindeststückelung von 1 000 Euro sowie für jede Emission von Nichtdividendenwerten, die das Recht verbriefen, bei Umwandlung des Wertpapiers oder Ausübung des verbrieften Rechts übertragbare Wertpapiere zu erwerben oder einen Barbetrag in Empfang zu nehmen, sofern der Emittent der Nichtdividendenwerte nicht der Emittent der zugrunde liegenden Wertpapiere oder eine zur Unternehmensgruppe des letztgenannten Emittenten gehörende Stelle ist, je nach Wahl des Emittenten, des Anbieters bzw. der die Zulassung beantragenden Person der EWR-Vertragsstaat, in dem der Emittent seinen Sitz hat, oder der EWR-Vertragsstaat, in dem die Wertpapiere zum Handel an einem geregelten Markt zugelassen sind oder zugelassen werden sollen, oder der EWR-Vertragsstaat, in dem die Wertpapiere öffentlich angeboten werden. Dieselbe Regelung gilt für Nichtdividendenwerte, die auf andere Währungen als auf Euro lauten, vorausgesetzt, dass der Wert solcher Mindeststückelungen annähernd 1 000 Euro entspricht;
  3. c) für alle Drittstaatsemittenten von Wertpapieren, die nicht in lit. b genannt sind, je nach Wahl des Emittenten, des Anbieters bzw. der die Zulassung beantragenden Person entweder der EWR-Vertragsstaat, in dem die Wertpapiere erstmals nach dem 31. Dezember 2003 öffentlich angeboten werden sollen, oder der EWR-Vertragsstaat, in dem der erste Antrag auf Zulassung zum Handel an einem geregelten Markt gestellt wird, vorbehaltlich einer späteren Wahl durch den Drittstaatsemittenten, wenn der Herkunftsmitgliedstaat nicht gemäß seiner Wahl bestimmt wurde;
  1. 13. Aufnahmemitgliedstaat: der EWR-Vertragsstaat, in dem ein öffentliches Angebot unterbreitet oder die Zulassung zum Handel angestrebt wird, sofern dieser Staat nicht der Herkunftsmitgliedstaat ist;
  2. 14. Organismen für gemeinsame Anlagen eines anderen als des geschlossenen Typs: Investmentfonds und Investmentgesellschaften,
  1. a) deren Zweck es ist, die vom Publikum bei ihnen eingelegten Gelder nach dem Grundsatz der Risikostreuung gemeinsam anzulegen, und
  2. b) deren Anteile auf Verlangen des Anteilinhabers unmittelbar oder mittelbar zulasten des Vermögens dieser Organismen zurückgekauft oder abgelöst werden;
  1. 15. Anteile an Organismen für gemeinsame Anlagen: Wertpapiere, die von einem Organismus für gemeinsame Anlagen begeben werden und die Rechte der Anteilinhaber am Vermögen dieses Organismus verbriefen;
  2. 16. Billigung: die positive Handlung bei Abschluss der Vollständigkeitsprüfung des Prospekts durch die dafür zuständige Behörde des Herkunftsmitgliedstaats – einschließlich der Kohärenz und Verständlichkeit der vorgelegten Informationen;
  3. 17. Basisprospekt: ein Prospekt, der alle in § 7 Abs. 1 bis 4 und den Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 809/2004 der Kommission vom 29. April 2004 und – im Falle eines Nachtrags – auch in § 6 bezeichneten ändernden und ergänzenden Angaben zum Emittenten und zu den öffentlich anzubietenden oder zum Handel zuzulassenden Wertpapieren sowie, nach Wahl des Emittenten, die endgültigen Bedingungen des Angebots enthält.

(2) Für die Zwecke von Abs. 1 Z 5a lit. d gelten die folgenden Kriterien:

  1. 1. Der Anleger hat an Wertpapiermärkten Geschäfte in großem Umfang getätigt und in den letzten vier Quartalen durchschnittlich mindestens zehn Transaktionen pro Quartal abgeschlossen;
  2. 2. der Wert des Wertpapierportfolios des Anlegers übersteigt 0,5 Millionen Euro;
  3. 3. der Anleger ist oder war mindestens ein Jahr lang im Finanzsektor in einer beruflichen Position tätig, die Kenntnisse auf dem Gebiet der Wertpapieranlage voraussetzt.

(3) Für die Zwecke von Abs. 1 Z 5a lit. d und e gilt ferner Folgendes: Die FMA hat ein Register über natürliche Personen sowie KMU zu führen, die als qualifizierte Anleger angesehen werden. Das Register hat den Namen und eine Zustelladresse des Anlegers zu enthalten. Das Register hat allen Emittenten und Anbietern zur Verfügung zu stehen; die datenschutzrechtlichen Bestimmungen sind zu beachten. Jede natürliche Person oder jedes KMU, die bzw. das als qualifizierter Anleger angesehen werden möchte, muss sich registrieren lassen, und jeder registrierte Anleger ist über seinen Antrag unverzüglich aus dem Register zu streichen. Die FMA ihrerseits kann jederzeit von den registrierten Anlegern einen Nachweis des aufrechten Bestandes der Registrierungsvoraussetzungen verlangen und für den Fall, dass dieser nicht erbracht wird, den nachweispflichtigen Anleger von Amts wegen aus dem Register streichen. Die in das Register eingetragenen natürlichen Personen und KMU haben dafür zu sorgen, dass der FMA hinsichtlich der im Register aufscheinenden Informationen jeweils die aktuellen Daten vorliegen.

(4) Die Regelungen dieses Bundesgesetzes, die sich an den Anbieter richten, gelten auch für den Emittenten, sofern dieser das prospektpflichtige Angebot im Inland selbst vornimmt.