ANLAGE III DES UMWELTSCHUTZPROTOKOLLS ZUM ANTARKTIS-VERTRAG
BESEITIGUNG UND BEHANDLUNG VON ABFÄLLEN
ARTIKEL 1
ALLGEMEINE VERPFLICHTUNGEN
- 1. Diese Anlage bezieht sich auf die im Gebiet des Antarktis-Vertrags im Rahmen wissenschaftlicher Forschungsprogramme oder des Tourismus durchgeführten Tätigkeiten und alle sonstigen staatlichen oder nichtstaatlichen Tätigkeiten im Gebiet des Antarktis-Vertrags, für die nach Artikel VII Absatz 5 des Antarktis-Vertrags eine Vorankündigung erforderlich ist, einschließlich der dazugehörigen logistischen Unterstützung.
- 2. Die Menge des im Gebiet des Antarktis-Vertrags erzeugten oder beseitigten Abfalls wird soweit möglich verringert, um eine Auswirkung auf die antarktische Umwelt und ein Einwirken auf die natürlichen Werte der Antarktis, die wissenschaftliche Forschung und sonstige Nutzungen der Antarktis, die mit dem Antarktis-Vertrag vereinbar sind, auf ein Mindestmaß zu beschränken.
- 3. Die Lagerung von Abfällen und ihre Beseitigung und Entfernung aus dem Gebiet des Antarktis-Vertrags sowie ihre Wiederverwertung und ihre Verringerung bei der Entstehung sind wesentliche Gesichtspunkte bei der Planung und Durchführung von Tätigkeiten im Gebiet des Antarktis-Vertrags.
- 4. Aus dem Gebiet des Antarktis-Vertrags entfernte Abfällen werden soweit möglich in das Land zurückgebracht, in dem die den Abfall erzeugenden Tätigkeiten veranlasst wurden, oder in ein anderes Land verbraucht, in dem Vorkehrungen für die Beseitigung solcher Abfälle im Einklang mit einschlägigen internationalen Übereinkünften getroffen worden sind.
- 5. Frühere und bestehende Abfallentsorgungsstätten an Land und aufgegebene Arbeitsstätten antarktischer Tätigkeiten werden vom Verursacher der Abfälle und dem Benutzer der Stätten gesäubert. Diese Verpflichtung ist nicht so auszulegen, als verlange sie
- (a) die Entfernung eines als historische Stätte oder als Denkmal bezeichneten Bauwerks;
- (b) die Entfernung eines Bauwerks oder von Abfallstoffen in den Fällen, in denen die Entfernung durch irgendein praktisch mögliches Verfahren größere nachteilige Umweltauswirkungen zur Folge hätte, als wenn das Bauwerk oder die Abfallstoffe an Ort und Stelle zurückgelassen werden.
ARTIKEL 2
BESEITIGUNG VON ABFÄLLEN DURCH ENTFERNEN AUS DEM GEBIET DES ANTARKTIS-VERTRAGS
- 1. Folgende Abfälle werden, wenn sie nach Inkrafttreten dieser Anlage verursacht werden, vom Abfallverursacher aus dem Gebiet des Antarktis-Vertrags entfernt:
- (a) radioaktive Stoffe;
- (b) elektrische Batterien;
- (c) flüssige und feste Brennstoffe;
- (d) Abfälle mit einem schädlichen Gehalt an Schwermetallen oder mit hochtoxischen oder –schädlichen beständigen Verbindungen;
- (e) Polyvinylchlorid (PVC), Polyethuranschaum, Polystyrolschaum, Gummi und Schmieröle, behandeltes Nutzholz und sonstige Erzeugnisse, die Zusatzstoffe enthalten, welche bei Verbrennung schädliche Emissionen hervorrufen können;
- (f) für alle anderen Kunststoffabfälle außer Behältern aus weichem Polyethylen (wie beispielsweise Beutel zur Abfalllagerung), sofern diese Behälter im Einklang mit Artikel 3 Absatz 1 verbrannt werden;
- (g) Brennstofffässer und
- (h) sonstige feste nichtbrennbare Abfälle;
- jedoch findet die Verpflichtung nach den Buchstaben g und h, Fässer und feste, nichtbrennbare Abfälle zu entfernen, keine Anwendung in den Fällen, in denen die Entfernung dieser Abfälle durch irgendein praktisch mögliches Verfahren größere nachteilige Umweltauswirkungen zur Folge hätte, als wenn sie an Ort und Stelle zurückgelassen werden.
- 2. Flüssige Abfälle, die nicht unter Absatz 1 fallen, sowie Abwässer und flüssige Haushaltsabfälle werden soweit irgend durchführbar vom Abfallverursacher aus dem Gebiet des Antarktis-Vertrags entfernt.
- 3. Folgende Abfälle werden vom Abfallverursacher aus dem Gebiet des Antarktis-Vertrags entfernt, sofern sie nicht verbrannt, im Autoklaven behandelt oder auf andere Weise keimfrei gemacht werden:
- (a) Rückstände von Kadavern eingebrachter Tiere;
- (b) Laboratoriumskulturen von Mikroorganismen und Erregern von Pflanzenkrankheiten;
- (c) eingebrachte Vogelprodukte.
ARTIKEL 3
ABFALLENTSORGUNG DURCH VERBRENNUNG
- 1. Vorbehaltlich des Absatzes 2 werden brennbare Abfälle – außer den in Artikel 2 Absatz 1 genannten –, die nicht aus dem Gebiet, des Antarktis-Vertrags entfernt werden, in Müllverbrennungsöfen verbrannt, die schädliche Emissionen soweit irgend durchführbar vermeiden. Etwa empfohlene Emissionsnormen und Richtlinien in Bezug auf Geräte, die insbesondere vom Ausschuss und vom Wissenschaftlichen Ausschuss für Antarktis-Forschung ausgehen, werden berücksichtigt. Feste Verbrennungsrückstände werden aus dem Gebiet des Antarktis-Vertrags entfernt.
- 2. Jede Müllverbrennung im Freien wird so bald wie möglich eingestellt, spätestens jedoch am Ende der Saison 1998/1999. Bis zum Abschuss dieser Übergangsphase sind, soweit eine Abfallbeseitigung durch Verbrennen im Freien erforderlich ist, die Windrichtung und -geschwindigkeit und die Art der zu verbrennenden Abfälle in Betracht zu ziehen, um die Teilchenablagerung einzuschränken und eine derartige Ablagerung in Gebieten von besonderer Bedeutung in biologischer, wissenschaftlicher, historischer und ästhetischer Hinsicht sowie hinsichtlich ihrer Ursprünglichkeit, darunter insbesondere die im Rahmen des Antarktis-Vertrags geschützten Gebiete, zu vermeiden.
ARTIKEL 4
SONSTIGE ABFALLBESEITIGUNG AN LAND
- 1. Abfälle, die nicht nach den Artikeln 2 und 3 entfernt oder beseitigt worden sind, dürfen nicht in eisfreien Gebieten oder in Süßwassersystemen beseitigt werden.
- 2. Abwässer, flüssige Haushaltsabfälle und sonstige flüssige Abfälle, die nicht nach Artikel 2 aus dem Gebiet des Antarktis-Vertrags entfernt worden sind, werden soweit irgend durchführbar nicht auf Meereis, Eisbänken3 oder dem Festlandeis beseitigt; jedoch dürfen Abfälle, die von Stationen verursacht werden, welche inmitten von Eisbänken4 oder auf dem Festlandeis errichtet sind, in tiefen Eisgruben beseitigt werden, falls dies die einzig mögliche Art der Beseitigung ist. Diese Gruben dürfen nicht auf bekannten Eisfließlinien liegen, die in eisfreien Gebieten oder in Gebieten mit hoher Abschmelztätigkeit enden.
- 3. In Feldlagern verursachte Abfällen werden soweit irgend durchführbar vom Abfallverursacher entfernt und zur Beseitigung entsprechend dieser Anlage zu den logistischen Unterstützungsstationen oder –schiffen gebracht.
____________________
3 Eisbänke (s. Artikel VI des Antarktis-Vertrags) bedeutet Schelfeis.
4 Eisbänke (s. Artikel VI des Antarktis-Vertrags) bedeutet Schelfeis.
ARTIKEL 5
ABFALLBESEITIGUNG IM MEER
- 1. Abwässer und flüssige Haushaltsabfälle dürfen unter Berücksichtigung der Selbstreinigungskraft der aufnehmenden Meeresumwelt unmittelbar ins Meer eingeleitet werden mit der Maßgabe,
- a) dass das Einleiten, soweit dies durchführbar ist, an Orten stattfindet, an denen die Voraussetzungen für eine Erstverdünnung und eine rasche Ausbreitung vorliegen;
- b) dass größere Mengen solcher Abfälle (verursacht in einer Station, die während des Südsommers durchschnittlich von etwa 30 oder mehr Personen je Woche besetzt ist) zumindest durch Mazeration behandelt werden.
- 2. Das bei der Abwasserbehandlung durch das Rotary Biological Contacter-Verfahren oder ähnliche Verfahren entstehende Nebenprodukt kann ins Meer beseitigt werden, sofern diese Beseitigung sich auf die örtliche Umwelt nicht nachteilig auswirkt und diese Beseitigung ins Meer überdies im Einklang mit Anlage IV erfolgt.
ARTIKEL 6
ABFALLLAGERUNG
Alle aus dem Gebiet des Antarktis-Vertrags zu entfernenden oder anderweitig zu beseitigenden Abfälle werden so zwischengelagert, dass ihre Ausbreitung in die Umwelt verhindert wird.
ARTIKEL 7
VERBOTENE ERZEUGNISSE
Polychlorbiphenyl (PCB), nicht keimfreie Erde, Kügelchen oder Späne aus Polystyrol oder ähnliche Verpackungsformen sowie Schädlingsbekämpfungsmittel (außer solchen, die für wissenschaftliche, medizinische oder hygienische Zwecke, benötigt werden) dürfen nicht auf das Land, die Eisbänke3) oder in das Wasser des Gebiets des Antarktis-Vertrags eingebracht werden.
ARTIKEL 8
PLANUNG DER ABFALLBEHANDLUNG
- 1. Jede Vertragspartei, die selbst Tätigkeiten im Gebiet des Antarktis-Vertrags durchführt, richtet für diese Tätigkeiten ein Abfallbeseitigungs-Klassifikationssystem als Grundlage für die Erfassung der Abfälle und zur Erleichterung von Untersuchungen ein, die dazu dienen, die Umweltauswirkungen wissenschaftlicher Forschung und damit zusammenhängender logistischer Unterstützung zu beurteilen. Zu diesem Zweck werden die anfallenden Abfälle in folgende Klassen eingeteilt:
- (a) Abwässer und flüssige Haushaltsabfälle (Gruppe I);
- (b) sonstige flüssige Abfälle und Chemikalien, einschließlich Brennstoff und Schmiermittel (Gruppe 2);
- (c) zu verbrennende feste Abfälle (Gruppe 3);
- (d) sonstige feste Abfälle (Gruppe 4);
- (e) radioaktive Stoffe (Gruppe 5).
- 2. Um die Auswirkungen auf die antarktische Umwelt durch Abfälle weiter zu verringern, wird jede dieser Vertragsparteien ihre Abfallbehandlungspläne (einschließlich Abfallverringerung, -lagerung und -beseitigung) aufstellen, jährlich überprüfen und auf den neuesten Stand bringen, wobei sie für jede feste Stätte, für Feldlager im allgemeinen sowie für jedes Schiff (außer kleinen Booten, die für den Betrieb einer festen Stätte oder von Schiffen benutzt werden, und unter Berücksichtigung der für Schiffe geltenden Abfallbehandlungspläne) im Einzelnen festgelegt:
- (a) Programm zur Säuberung bestehender Abfallentsorgungsstätten und aufgegebener Arbeitsstätten;
- (b) laufende und geplante Vorkehrungen zur Abfallbehandlung einschließlich der endgültigen Beseitigung;
- (c) laufende und geplante Vorkehrungen für die Analyse der Umweltauswirkungen von Abfall und Abfallbehandlung;
- (d) sonstige Anstrengungen mit dem Ziel, die Umweltauswirkungen von Abfällen und Abfallbehandlung auf ein Mindestmaß zu beschränken.
- 3. Jede dieser Vertragsparteien stellt außerdem, soweit dies praktisch möglich ist, ein Verzeichnis der Orte früherer Tätigkeiten zusammen (wie Überlandexpeditionen, Brennstoffdepots, Feldlager, Luftfahrzeugwracks), bevor diese Informationen verlorengehen, damit diese Orte bei der Planung künftiger wissenschaftlicher Programme (wie Schneechemie, Schadstoffe in Flechten oder Eiskernbohrung) berücksichtigt werden können.
ARTIKEL 9
VERTEILUNG SOWIE ÜBERPRÜFUNG DER ABFALLBEHANDLUNGSPLÄNE
- 1. Die nach Artikel 8 aufgestellten Abfallbehandlungspläne, die Berichte über deren Durchführung und die in Artikel 8 Absatz 3 bezeichneten Verzeichnisse werden in den jährlichen Informationsaustausch nach den Artikeln III und IV des Antarktis-Vertrags und der dazugehörigen Empfehlungen nach Artikel IX des Antarktis-Vertrags einbezogen.
- 2. Jede Vertragspartei übermittelt dem Ausschuss Ausfertigungen ihrer Abfallbehandlungspläne und der Berichte über deren Durchführung und Überprüfung.
- 3. Der Ausschuss kann die Abfallbehandlungspläne und die Berichte überprüfen; er kann Stellungnahmen abgeben, darunter Anregungen zu dem Zweck, die Auswirkungen auf ein Mindestmaß zu beschränken, sowie Ergänzungen und Verbesserungen der Pläne, damit sie von den Vertragsparteien geprüft werden.
- 4. Die Vertragsparteien können Informationen austauschen und Ratschläge erteilen, insbesondere über verfügbare abfallarme Technologien, Umbau bestehender Einrichtungen, besondere Anforderungen für Ausflüsse sowie geeignete Beseitigungs- und Einleitmethoden.
ARTIKEL 10
PRAXIS DER ABFALLBEHANDLUNG
Jede Vertragspartei
- (a) bezeichnet einen Verantwortlichen für die Abfallbehandlung, der die Abfallbehandlungspläne aufstellt und überwacht; an Ort und Stelle wird diese Verantwortung auf eine geeignete Person an der jeweiligen Stätte übertragen;
- (b) sorgt dafür, dass die Mitglieder ihrer Expeditionen darin geschult werden, die Auswirkung auf die antarktische Umwelt durch ihre Unternehmungen einzuschränken, und dass sie über die Vorschriften dieser Anlage unterrichtet werden;
- (c) wirkt der Verwendung von Erzeugnissen aus Polyvinylchlorid (PVC) entgegen und sorgt dafür, dass ihre Expeditionen in das Gebiet des Antarktis-Vertrags über die PVC-Erzeugnisse unterrichtet werden, die sie in das Gebiet einbringen dürfen, damit diese später im Einklang mit dieser Anlage wieder entfernt werden können.
ARTIKEL 11
ÜBERPRÜFUNG
Diese Anlage bedarf einer regelmäßigen Überprüfung, durch die sie auf den neuesten Stand gebracht wird, damit Verbesserungen im Bereich der Technik und Verfahren der Abfallbeseitigung berücksichtigt werden und somit der größtmöglichste Schutz der antarktischen Umwelt gewährleistet ist.
ARTIKEL 12
NOTFÄLLE
- 1. Diese Anlage findet keine Anwendung in Notfällen im Zusammenhang mit dem Schutz von Menschenleben oder der Sicherheit von Schiffen, Luftfahrzeugen oder sonstigen hochwertigen Ausrüstungen oder Einrichtungen.
- 2. Alle Vertragsparteien und der Ausschuss werden sofort über die in Notfällen durchgeführten Tätigkeiten unterrichtet.
ARTIKEL 13
ÄNDERUNG ODER ERGÄNZUNG
- 1. Diese Anlage kann durch eine nach Artikel IX Absatz 1 des Antarktis-Vertrags beschlossene Maßnahme geändert oder ergänzt werden. Sofern die Maßnahme nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt, gilt die Änderung oder Ergänzung als genehmigt und tritt ein Jahr nach Beendigung der Konsultativtagung zum Antarktis-Vertrag, auf der sie beschlossen wurde, in Kraft, sofern nicht eine oder mehrere Konsultativparteien des Antarktis-Vertrags während dieser Frist dem Verwahrer notifizieren, dass sie eine Fristverlängerung wünschen oder dass sie die Änderung nicht genehmigen können.
- 2. Eine Änderung oder Ergänzung dieser Anlage, die nach Absatz 1 in Kraft tritt, tritt danach für jede andere Vertragspartei in Kraft, sobald ihre Genehmigungsanzeige beim Verwahrer eingegangen ist.
Schlagworte
Windgeschwindigkeit, Abfalllagerung, Abfallbeseitigung, Beseitigungsmethode
Zuletzt aktualisiert am
08.09.2021
Gesetzesnummer
20011652
Dokumentnummer
NOR40237847
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)