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Artikel 1 Physikatsprüfungsverordnung – 1. Ergänzung

Aktuelle FassungIn Kraft seit 05.9.1873

Artikel 1

Im Nachhange zur Verordnung vom 21. März 1873 (RGBl. Nr. 37), betreffend die Prüfung der Ärzte zur Erlangung einer bleibenden Anstellung im öffentlichen Sanitätsdienste bei den politischen Behörden werden rücksichtlich des Umfanges der Prüfungsgegenstände, soweit derselbe nicht ohnehin aus jener Verordnung ersichtlich ist, nachstehende Bestimmungen getroffen:

1. Für die durch § 11 Punkt 3 jener Verordnung vorgeschriebene qualitative chemische Untersuchung dienen als Prüfungsobjekte:

  1. a) Nahrungsstoffe und Getränke;
  2. b) diätische und kosmetische Mittel;
  3. c) Gefäße, die zur Bereitung oder Aufbewahrung von Speisen oder Getränken dienen, mit besonderer Berücksichtigung der Widerstandsfähigkeit ihres Überzuges (Email, Glasur, Firnis) gegen die in Genußmitteln am häufigsten vorkommenden Säuren, Salze u. dgl.;
  4. d) Bekleidungsgegenstände, Tapeten, bemalte Kinderspielsachen u. dgl. behufs der Untersuchung auf verbotene Giftfarben;
  5. e) offizinelle Arzneipräparate behufs der Prüfung des von der Pharmakopöe geforderten Grades der Güte und Reinheit;
  6. f) Arzneipräparate, in welchen gesundheitsschädliche, auf chemischem Wege nachweisbare Stoffe vorhanden sind;
  7. g) Essenzen, Tinkturen u. dgl. zur Ermittlung des etwaigen Gehaltes an giftigen Alkaloiden u. dgl.;
  8. h) verdächtige Flecken behufs der Nachweisung von Blut, Sperma, Eiter u. dgl.

Bei diesem Prüfungsteile, welcher zunächst den Zweck hat darzutun, ob der Kandidat mit den Operationen, welche bei der qualitativen chemischen Analyse vorkommen, vertraut und auch im Stande sei, diese Analyse vorzunehmen, ist unter einem in theoretischer mündlicher Prüfung zu erforschen, ob der Kandidat die Methode und den Gang der qualitativen chemischen Analyse sowohl einzelner Verbindungen, als gemengter Substanzen kenne, über die Bedingungen, unter welchen die Reaktionen vorzunehmen sind, über die Art, wie letztere stattfinden und über den Grad der Zuverlässigkeit ein klares Verständnis besitze, sowie, ob der Kandidat so viele allgemeine chemische Kenntnis besitze, um bei Fragen über die Anlage oder Ausübung von gesundheitsgefährlichen Gewerben ein fachgemäßes Gutachten abgeben zu können.

Die Kategorie der Prüfungsobjekte wird durch das Los, die besonderen Prüfungsobjekte werden aus den zu Gebote stehenden vom Vorsitzenden bestimmt.

2. Als Prüfungsobjekte der Pharmakognosie (§ 9 Punkt 3 und § 11 Punkt 4) haben in der Regel drei der jeweiligen Pharmakopöe angehörige, durch das Los zu bestimmende Drogen zu dienen.

3. Zur Prüfung der Kenntnis der gangbaren Gifte (§ 9 Punkt 3 und § 11 Punkt 4) ist eines der nachstehenden Themata durch das Los zu bestimmen:

  1. a) Mutterkorn und einheimische giftige Pilze (Giftschwämme);
  2. b) die einheimischen Giftpflanzen: Belladonna, Hyosciamus, Datura, Nicotiana, Conium, Cicuta, Digitalis, Aconitum, Helleborus, Veratrum, Colchicum;
  3. c) Opium und Hanf;
  4. d) Anosthetica überhaupt, Chloroform und Schwefeläther insbesondere;
  5. e) Kohlensäure, Kohlenoxydgas, Kohlendunst, Leuchtgas, Schwefel-Wasserstoffgas;
  6. f) Strychnin, Pfeilgifte, Pirotexin;
  7. g) Blausäure, mit Einschluß der Zyanverbindungen;
  8. h) Nitroglycerin, Anilin, Nitrobenzol;
  9. i) Mineral- und Pflanzensäuren (Schwefelsäure, Salzsäure, Salpetersäure, Kleesäure);
  10. k) Alkalien (Kali, Natron, Kalk, Baryt, Ammoniak);
  11. l) Metalle (Arsen, Antimon, Quecksilber, Silber, Zink, Kupfer, Blei);
  12. m) Metalloide (Phosphor, Jod, Brom, Chlor);
  13. n) drastische Abführmittel: Sabina, Taxus, Canthariden;
  14. o) Septische Gifte (giftige Schlangen und Insekten, Wurstgift, Fäulnisgift, Leichengift).

Die Wahl der speziellen Prüfungsobjekte aus dem bestimmten Thema steht dem Prüfer zu.

Bei der Prüfung sind die Eigenschaften und Wirkungen der bestimmten Gifte, die Vorkehrungen und Mittel, durch welche der schädlichen Einwirkungen der Gifte auf den menschlichen, tierischen und pflanzlichen Organismus vorgebeugt werden könne und die Wirkung und der relative Wert der Gegengifte bei eintretenden Vergiftungen zu berücksichtigen.

4. In Absicht auf die bei der mündlichen ärztlichen Prüfung (§ 12) durch das Los zu bestimmenden zwei Fragen aus dem Gebiete der Hygiene und Sanitätsgesetzkunde ist die Lehre der öffentlichen Gesundheitspflege, mit Ausschluß der Veterinärgegenstände, in eine entsprechende Anzahl größerer abgegrenzter Themata zu zerlegen, und der Kandidat innerhalb der Grenzen des Themas sowohl über die hygienischen Gesichtspunkte eines oder mehrerer bestimmter Gegenstände, als über die im Gegenstande gültigen Sanitätsgesetze und Verordnungen zu prüfen.

(Anm.: Z 5 gegenstandslos)

Schlagworte

Gegenstände, Prüfungsgegenstände, Genussmittel, Einschluss, Ausschluss

Zuletzt aktualisiert am

24.04.2018

Gesetzesnummer

10008291

Dokumentnummer

NOR12092184

alte Dokumentnummer

N61873120880

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