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Anlage 3 Lehrpläne - freikirchlicher Religionsunterricht an Pflichtschulen sowie mittleren und höheren Schulen

Aktuelle FassungIn Kraft seit 01.9.2020

Anlage 3

Lehrplan für den freikirchlichen Religionsunterricht an Polytechnischen Schulen, in der 9. Schulstufe der Sonderschule (Berufsvorbereitungsjahr), an allgemeinbildenden höheren Schulen (ausgenommen der Unterstufe), an Berufsschulen, an berufsbildenden mittleren und höheren Schulen, an der Bildungsanstalt für Elementarpädagogik und an der Bildungsanstalt für Sozialpädagogik sowie an Kollegs, Schulen für Berufstätige und Sonderformen

1. Bildungs- und Lehraufgabe

1.1 Inhalt und Anliegen des freikirchlichen Religionsunterrichts

Der freikirchliche Religionsunterricht ist in erster Linie ein Dienst an den Schülerinnen und Schülern sowie an der Schule und somit an der Gesellschaft. Hier lernen die Teilnehmenden den christlichen Glauben freikirchlicher Prägung kennen und begründen. Mit Hilfe des gesellschaftsverändernden Anspruchs Jesu soll selbstverständlich Erachtetes in Gesellschaft, Politik, Wirtschaft usw. in Frage gestellt und neue Lösungsansätze gesucht werden.

Glaubensüberzeugungen und ein sich daraus ergebender Lebensstil sind ein Angebot, das man wie ein Geschenk annehmen kann. Dieser Glaube ist immer wieder zu reflektieren, damit er weiterentwickelt werden kann. Dazu kann der Religionsunterricht einen wertvollen Beitrag leisten, indem sich Lernende und Lehrende gemeinsam auf den Weg begeben, neue Einsichten zu gewinnen. Die Bibel, die inhaltlich wichtigste Grundlage des freikirchlichen Religionsunterrichts, stellt eine unerlässliche Quelle der Glaubenserkenntnis dar.

Jeder Mensch macht sich zu verschiedenen Anlässen des Lebens Gedanken über existentielle Fragen, zum Beispiel nach dem Ursprung und dem möglichen Ziel und Sinn des Lebens oder nach dem Grund erfahrener Ungerechtigkeit, eigener Schuldfähigkeit und Unzulänglichkeit. Im Religionsunterricht wird den Teilnehmenden die Möglichkeit geboten, über Dinge zu sprechen, die sie unmittelbar betreffen. Dieses Sprechen beinhaltet die persönliche Betroffenheit sowie die gelebte Spiritualität. Auf diese Weise wird der Glaube lebendig.

Ein besonderes Charakteristikum des freikirchlichen Religionsunterrichts ist seine Identität durch Gemeinsames und Verbindendes, aber auch durch Unterschiedliches, das sich durch die Schwerpunkte der einzelnen Bünde der „Freikirchen in Österreich“ ergibt. Im Religionsunterricht wird diese Einheit in der Vielfalt reflektiert und die jungen Menschen werden mit ihrer jeweils eigenen Tradition vertraut. Gleichzeitig lernen sie, andere Traditionen kennen und wertzuschätzen. So werden sie auf einen umfassenden interkonfessionellen und interreligiösen Dialog vorbereitet.

1.2 Didaktische Grundsätze

Der freikirchliche Religionsunterricht erfüllt einen Teil des Bildungs- und Lehrauftrags der österreichischen Schule, indem er an der Entwicklung der Anlagen der Jugend nach den sittlichen, religiösen und sozialen Werten sowie nach den Werten des Wahren, Guten und Schönen mitwirkt (vgl. § 2 Schulorganisationsgesetz, BGBl. Nr. 242/1962). Er soll einen wesentlichen Beitrag zur Allgemein- und Persönlichkeitsbildung der Schülerinnen und Schüler, die didaktisch und methodisch in der Mitte des Unterrichts stehen, leisten. Die Schülerinnen und Schüler sollen – je nach Lernvoraussetzungen, spezifischen Bedürfnissen und religiösem Vorwissen sowie Glaubenserfahrungen – differenziert und individuell behandelt werden.

Der Religionsunterricht ist ein Bindeglied zwischen Elternhaus, Kirchengemeinde und Schule. Religion zu unterrichten bedeutet immer auch eine Auseinandersetzung mit dem sich ändernden gesellschaftlichen Umfeld sowie mit Fragen der christlichen Identität und des Dialogs. Darüber hinaus werden die Teilnehmenden auch zur Umsetzung des Gelernten in gelebter Spiritualität eingeladen.

Das reflektierende Reden über den Glauben soll befähigen, subjektiv Geglaubtes für sich und andere in Worte zu fassen sowie praktisch nach dem Prinzip der Nächstenliebe umzusetzen, um die Gesellschaft in einem positiven Sinn mitzuprägen.

1.3 Beiträge des freikirchlichen Religionsunterrichts zu den allgemeinen Bildungsbereichen

1.3.1 Sprache und Kommunikation:

Sprache ist das wichtigste menschliche Verständigungsmedium. Zentrale Grundvoraussetzung für gelingendes Sprechen sind Wertschätzung, Respekt und innere Achtsamkeit. Im freikirchlichen Religionsunterricht werden daher Kompetenzen wie Dialog und Kommunikation als Themen gelebter Spiritualität behandelt. Das reflektierende Reden über den Glauben soll befähigen, subjektiv Geglaubtes in Worte zu fassen und dies auch anderen weiterzuerzählen, um die Gesellschaft in einem positiven Sinn mitzuprägen.

1.3.2 Mensch und Gesellschaft:

In seinem persönlichen Glauben ist der Mensch zwar alleine vor Gott. Auswirkungen von Gewissensentscheidungen und Handlungen betreffen aber immer auch Mitwelt und Umwelt. Die Erziehung zur Gemeinwohlkompetenz sowie der gelebte soziale Einsatz sind daher im freikirchlichen Religionsunterricht ein großes Anliegen.

1.3.3 Natur und Technik:

Natur ist alles, worin und wodurch wir unser gegenwärtiges Leben entfalten. Natur ist aber auch Gabe des Schöpfers, der uns Menschen den Auftrag gegeben hat, Verantwortung zu übernehmen und zum Wohl der Umwelt und unserer Mitmenschen beizutragen. Technik ist Mittel und Methode, um die menschlichen Lebensbedingungen zu verbessern. Folgenabschätzung und Nachhaltigkeit sind die Prinzipien, mit denen sich jede verantwortungsvolle technische Forschung und Anwendung auseinandersetzen muss.

1.3.4 Gesundheit und Bewegung:

Der christlichen Botschaft gemäß ist Jesus gekommen, damit die Menschen das Leben in Fülle haben können (Joh. 10,10). Einem ganzheitlich verstandenen Glaubensbegriff entspricht umfassendes Heil bzw. heil werden und Wohlergehen aller Menschen. Im freikirchlichen Religionsunterricht soll das Bewusstsein gestärkt werden, dass mit der eigenen körperlichen und seelischen Gesundheit dankbar und achtsam umzugehen ist.

1.3.5 Kreativität und Gestaltung:

Die Welt in ihrer Schönheit ist Inspiration und Herausforderung für den Menschen, selbst kreativ tätig zu werden. Kreativ kann man im Nachahmen und vor allem im eigenständigen Gestalten sein. Für beides bietet der christliche Glaube, der von Gott als dem kreativen Schöpfer berichtet, Anregungen.

2. Kompetenzen und Themenbereiche

Im freikirchlichen Religionsunterricht werden neben fachlicher Kompetenz auch personale, soziale und Handlungskompetenz sowie Konfliktbewältigungs- und Friedenskompetenz vermittelt und ein Wertebewusstsein geschaffen. Er soll ein Gegenpol zu unserer leistungsorientierten Gesellschaft sein und besonders jene Kompetenzen fördern, die nicht funktional verwertet werden können.

Schwerpunktartig werden folgende Themenbereiche behandelt: Bibelkunde, Kirchengeschichte, Persönlichkeitsentwicklung, Ethik, Interreligiöses Lernen.

2.1 Fach- und Kernkompetenzen

2.1.1 Personale Kompetenz:

Das Vertrauen, von Gott geschaffen und geliebt zu sein, ermöglicht eine Haltung der Dankbarkeit und Zuversicht. Aus dieser Erfahrung heraus gelingt die Wertschätzung Anderer leichter. An personaler Kompetenz zuzunehmen bedeutet, dass man sich einerseits von Gottes Gnade abhängig weiß, da Gott das Wollen und das Gelingen schenkt. Andererseits ist man aber auch selbst bereit, soweit dies im Bereich der eigenen Möglichkeiten liegt, sich um ein tugendhaftes Leben zu bemühen. Zur Persönlichkeits- und Charakterentwicklung gehört auch, sich als Teil einer Kultur sowie einer Glaubenstradition zu verstehen, diese Zugehörigkeit zu reflektieren und seine eigene Position zu ermitteln.

(Beim Lehrstoff: Themenbereich Persönlichkeitsentwicklung)

2.1.2 Bibelkompetenz:

Für den freikirchlichen Religionsunterricht charakteristisch ist der Glaube an die Selbstoffenbarung Gottes in Jesus Christus und durch die Bibel, das Wort Gottes. Diese soll kennengelernt und in Beziehung mit dem eigenen Leben sowie mit gesellschaftlichen Herausforderungen gebracht werden. Die Kenntnis davon, sowie ein kritischer Umgang mit verschiedenen Methoden der Exegese sind dafür unerlässlich.

(Beim Lehrstoff: Themenbereich Bibelkunde)

2.1.3 Glaubenskompetenz:

Im Religionsunterricht soll darauf hingewiesen werden, dass der Mensch, der als Geschöpf Gottes besondere Würde besitzt und dem unveräußerliche Menschenrechte zukommen, zu einer persönlichen Beziehung mit Gott eingeladen ist. Diese Beziehung wird dem Menschen unabhängig von seinen Verdiensten und seiner Herkunft aus Gnade angeboten. Der Mensch kann seinem freien Willen entsprechend dieses Geschenk annehmen. An Gott zu glauben bedeutet, ihm zu vertrauen und dementsprechend sein Leben auszurichten. Dies zeigt sich auch in einem Lebensstil des Gebets, des Dialogs mit Gott und dem Wunsch nach geistlichem Wachstum und persönlicher Weiterentwicklung.

(Beim Lehrstoff: Themenbereiche Bibelkunde, Kirchengeschichte und Persönlichkeitsentwicklung)

2.1.4 Gewissenskompetenz:

Der Glaube ist eine persönliche Entscheidung des Menschen, die sich in einer individuellen Erfahrung ausdrückt. Diese Erfahrung ist zu reflektieren, weshalb der Vernunft im freikirchlichen Religionsunterricht eine wichtige Rolle zukommt. Diese ist auch Voraussetzung für die Willensfreiheit des Menschen und damit verbundene Gewissensentscheidungen, die sich im konkreten Einsatz für die Einhaltung von Menschenrechten und auch in einem sachlich begründeten Einspruch äußern können. Glaubensüberzeugungen verdanken sich sowohl der persönlichen Erfahrung, als auch einer begründeten sowie nachvollziehbaren Überzeugung und drücken sich in einem hohen Maß an Eigenverantwortung aus. Da sich der persönliche Glaube immer in einem Prozess befindet, Veränderungen unterworfen ist und sich je nach Lebenssituation anders zeigt, geht es im freikirchlichen Religionsunterricht auch um die Auseinandersetzung mit der Dialektik von Vertrauen und Zweifeln. Auch die eigene Glaubwürdigkeit ist eine Frage, die sich immer wieder stellt.

(Beim Lehrstoff: Themenbereiche Kirchengeschichte, Ethik und Bibelkunde)

2.1.5 Soziale Kompetenz:

Die Beziehung anderen Menschen gegenüber ist geprägt von Respekt, Wertschätzung und Nächstenliebe. Angesichts der Verschiedenheit der Menschen sollen besonders Chancengleichheit und gegenseitige Solidarität betont werden. Die Kenntnis anderer Traditionen und Überzeugungen ist dafür eine wichtige Grundvoraussetzung.

(Beim Lehrstoff: Themenbereiche Persönlichkeitsentwicklung, Ethik und Interreligiöses Lernen)

2.1.6 Gesellschaftspolitische Kompetenz:

Der Religionsunterricht soll zu einer positiven Lebenseinstellung und zu Hoffnung ermutigen. Der Glaube soll vermittelt werden als von Gott geschenkte Offenbarung, die sich in Geschichte und Tradition entfaltet, sowie als Kontrast zur herrschenden Kultur und zur Gesellschaft. Als glaubender Mensch ist man zwar Teil der Kultur, hat aber auch den Anspruch, diese Kultur durch den Hinweis auf das gesellschaftspolitische Reformanliegen Jesu, wie es beispielsweise in der Bergpredigt gezeigt wird, herauszufordern und zu einer positiven Veränderung beizutragen. Das Verständnis der Menschenrechte, insbesondere Glaubens- und Gewissensfreiheit, ist für den freikirchlichen Religionsunterricht wesentlich und soll das Bewusstsein politischer Verantwortung wie auch demokratisches Denken fördern. Besonders der Hinweis auf die Verantwortung, einen nachhaltigen Lebensstil zu führen und künftige Generationen sowie die uns anvertraute Schöpfung mit zu berücksichtigen, wird im Religionsunterricht hervorgehoben. Damit hängt auch das Bekenntnis zur Unantastbarkeit des Lebens in all seinen Phasen zusammen. Der Glaube wird daher als Gabe, sowie als Aufgabe an den Menschen verstanden.

(Beim Lehrstoff: Themenbereich Ethik und Interreligiöses Lernen)

2.1.7 Gemeinwohlkompetenz:

Der Glaube hat immer auch einen gemeinschaftlichen Aspekt, der sich in gemeinsamen Erfahrungen in Familie, Kirchengemeinde und Schulgemeinschaft auswirkt. In den sozialen Aufgaben des Glaubens wie Diakonie und Mission zeigt sich die Verantwortung der Gesellschaft gegenüber. Jeder Einsatz für Einzelinteressen muss immer auch das Gemeinwohl mitberücksichtigen.

(Beim Lehrstoff: Themenbereich Ethik)

2.2 Semesterübergreifendes Kompetenzmodell

Das zumindest europaweit Besondere an diesem Kompetenzmodell und den 14 Kompetenzen für die mündliche Reifeprüfung ist, dass sich alle Kirchen und Religionsgesellschaften, die in Österreich Religionsunterricht verantworten, darauf verständigt haben, welche Kompetenzbereiche und -dimensionen in den Blick genommen werden sowie welche Kompetenzen eine religiös gebildete Person auszeichnen.

Die zu erwerbenden Kompetenzen sind besonders in Hinblick auf die Reifeprüfung folgende:

2.2.1 Wahrnehmungskompetenz:

  1. Die Schülerinnen und Schüler sind in der Lage, sich selbst, ihr Lebensumfeld und die Welt mit ihren Chancen, Problemen, Grenzen und Entwicklungsmöglichkeiten offen und differenziert wahrzunehmen und diese Wahrnehmung zum Ausdruck zu bringen.
  2. Die Schülerinnen und Schüler können religiös bedeutsame Phänomene wahrnehmen. Sie (er)kennen und verstehen Sprach-, Kommunikations- und Gestaltungsformen, die für das religiöse Selbst- und Weltverständnis charakteristisch sind.
  3. Sie erkennen die vielfältigen Dimensionen religiösen Denkens und Handelns und reflektieren die unterschiedlichen Zugänge zur Religion sowie verschiedene Ausdrucksformen von Spiritualität.

(Beim Lehrstoff: Themenbereiche Kirchengeschichte, Persönlichkeitsentwicklung und Interreligiöses Lernen)

2.2.2 Religiöse Sach- und Darstellungskompetenz:

  1. Die Schülerinnen und Schüler können die zentrale Botschaft, die Grundbegriffe, die Aussagen der wichtigsten Texte bzw. Lehren, sowie entscheidende Phasen und geschichtliche Schlüsselereignisse ihrer Religion/Konfession wiedergeben und deuten. Sie können in der Fülle des Einzelnen religionsspezifische bzw. theologische Leitmotive entdecken.
  2. Die Schülerinnen und Schüler sind in der Lage, zwischen verschiedenen kulturellen Ausprägungen ihrer Religion zu differenzieren, deren Gemeinsamkeiten bzw. Unterschiede zu erkennen und sensibel darzustellen.
  3. Die Schülerinnen und Schüler können Grundformen religiöser Praxis (zB Rituale bzw. religiöse Riten und Feiern) in ihrer allgemeinen und persönlichen Bedeutung beschreiben und reflektieren.

(Beim Lehrstoff: Themenbereiche Kirchengeschichte und Bibelkunde)

2.2.3 Interkulturelle und interreligiöse Kompetenz:

  1. Die Schülerinnen und Schüler können eigene religiöse Vorstellungen auf Grund der zentralen Deutungsmuster ihrer Religion reflektieren. Sie können wichtige Grundlagen anderer Religionen/Konfessionen/Weltanschauungen darlegen.
  2. Die Schülerinnen und Schüler sind in der Lage, die zentralen Deutungsmuster ihrer Religion mit den Deutungsmustern anderer religiöser Traditionen/Weltanschauungen/Weltbilder in Beziehung zu setzen.
  3. Auf Basis ihres Wissens und der erworbenen dialogischen Grundhaltung sind die Schülerinnen und Schüler in der Lage, in der (religions)pluralen Gesellschaft mit Angehörigen anderer Kulturen, Konfessionen und Religionen respektvoll zu kommunizieren.

(Beim Lehrstoff: Themenbereich Interreligiöses Lernen)

2.2.4 Ethische Deutungs- und Urteilskompetenz:

  1. Die Schülerinnen und Schüler können verschiedene (religiös fundierte) Modelle ethischen Handelns beschreiben und beurteilen.
  2. Die Schülerinnen und Schüler sind fähig, auf der Basis religiöser Grundwerte zu ethischen Konflikten sowie den damit verbundenen gesellschaftlichen Diskursen Stellung zu nehmen.

(Beim Lehrstoff: Themenbereich Ethik)

2.2.5 Lebensweltliche Anwendungskompetenz:

  1. Die Schülerinnen und Schüler sind fähig, die zentrale Botschaft und die Deutungsmuster ihrer Religion als relevant für das Leben des/der Einzelnen und das Leben in der Gemeinschaft aufzuzeigen und zu würdigen.
  2. Die Schülerinnen und Schüler sind in der Lage, in (inter)kulturellen und ethischen Herausforderungen unserer Welt Handlungsoptionen zu entwickeln und zu begründen, sowie Möglichkeiten von eigenem verantwortlichen Handeln zu beschreiben.
  3. Die Schülerinnen und Schüler können einen verantwortlichen Umgang mit Mensch und Natur darlegen.

(Beim Lehrstoff: Themenbereich Bibelkunde, Persönlichkeitsentwicklung und Ethik)

3. Lehrstoff

3.1 Allgemeine Bestimmungen und Kennzeichnung der wesentlichen Bereiche

Pro Semester werden jeweils zwei Themen aus demselben Themenbereich unterrichtet. Diese beiden Themen sind mit den Buchstaben A und B gekennzeichnet. Wenn der Unterricht in zwei Semesterwochenstunden gehalten wird, müssen beide Themen behandelt werden. Der Umfang der Inhalte dieses Lehrplans ist mit zwei Religionsunterricht pro Schulwoche angelegt. Kommt nur eine Stunde pro Woche zustande, ist der bzw. die Lehrende angehalten, einerseits alle Themenbereiche in die Jahresplanung aufzunehmen, andererseits klare Schwerpunkte zu setzen und dementsprechend die anderen Inhalte wegzulassen. Thema A stellt für das jeweilige Semester jedenfalls einen wesentlichen Bereich dar, der für den Notenabschluss relevant ist. Zusätzlich muss jeweils im Sommersemester ein Teil des Themenbereichs „Interreligiöses Lernen“ unterrichtet werden. Dabei handelt es sich ebenfalls um einen wesentlichen Bereich, der für die Abschlussnote relevant ist. Er muss durchgenommen werden, unabhängig davon, ob der Unterricht in einer oder in zwei Semesterstunden gehalten wird. Beim Lehrstoff ist das entsprechende Thema mit dem Buchstaben C gekennzeichnet.

Die Themen bauen nicht aufeinander auf. Bei schulstufenübergreifenden Gruppen können die Schuljahre auch in unterschiedlicher Reihenfolge unterrichtet werden. Wichtig ist, dass jeder Schüler bzw. jede Schülerin im Verlauf von vier Schuljahren alle Themen unterrichtet bekommt, die als wesentliche Bereiche gekennzeichnet sind (Buchstaben A und C).

Zu jedem Thema werden Vorschläge für die Durchführung gemacht. Die Auswahl der Vorschläge obliegt der Lehrkraft. Dabei ist darauf zu achten, dass die Stoffmenge, die durchgenommen wird, für die Gruppe angemessen ist.

Zusätzlich zum Lehrstoff wird eine begleitende Lektüre biblischer Bücher empfohlen. Die Auswahl der Bücher obliegt der Lehrkraft.

3.2 Zusätzliche Bestimmungen für berufsbildende Schulen (Berufsschulen, berufsbildende mittlere und höhere Schulen, Kollegs, Schulen für Berufstätige und Sonderformen)

In berufsbildenden höheren Schulen ist bei der Auswahl der Inhalte und deren Präsentation auf den Praxisbezug der Berufe zu achten.

In der 13. Schulstufe können Themen nach Wahl unterrichtet werden, die in früheren Schulstufen weggelassen wurden. Bei durchgehenden zwei Semesterwochenstunden, wenn keine Themen weggelassen wurden, können einzelne Themen vertieft werden. Die Auswahl der Themen obliegt der Lehrkraft.

3.3 Zusätzliche Bestimmungen für Bildungsanstalten für Elementarpädagogik sowie für Bildungsanstalten für Sozialpädagogik sowie deren Sonderformen

Für den freikirchlichen Religionsunterricht in den Bildungsanstalten für Elementarpädagogik sind die Themenbereiche für die 13. Schulstufe festgelegt. Diese Bereiche sind wesentlich und deshalb prüfungsrelevant. Die einzelnen aufgezählten Inhalte sind verpflichtend und nicht als Vorschlag zu verstehen. Bei stufenübergreifenden Gruppen kann der Lehrstoff dieser Schulstufe auch in einer anderen Schulstufe unterrichtet werden.

3.4 Bestimmungen für Polytechnische Schulen und für die 9. Stufe der Sonderschule (Berufsvorbereitungsjahr)

Für die Polytechnische Schulen und für die 9. Stufe der Sonderschule (Berufsvorbereitungsjahr) gilt der Lehrstoff der neunten Schulstufe.

3.5 9. Schulstufe, 1. und 2. Semester

3.5.1 Themenbereich Bibelkunde:

A. Neues Testament.

Vorschläge zur Auswahl:

  1. Bergpredigt
  2. Inhalt und Botschaft des Johannes-Evangeliums
  3. Das Reich Gottes in Lukas und Apostelgeschichte
  4. Inhalt und Botschaft des Römer-Briefs
  5. Offenbarung

B. Spiritualität und Leben mit der Bibel.

Vorschläge zum Inhalt:

  1. Persönliche Erfahrungen in der Nachfolge Jesu; Bedeutung des individuellen Glaubenszeugnisses
  2. Relevanz der biblischen Neugeburt (Joh. 3); Entmythologisierung des Kinderglaubens
  3. Biblische Texte im Alltag anwenden
  4. Verschiedene Formen des Gebets
  5. Heiliger Geist
  6. Dreieinigkeit

3.5.2 Themenbereich Persönlichkeitsentwicklung:

A. Entwicklung von Persönlichkeit und Selbstwertgefühl.

Vorschläge zum Inhalt:

  1. Die Frage nach dem (Un)Sinn des Lebens
  2. Suche nach Orientierung und eigener Identität, Veränderung des eigenen Körpers
  3. Abhängigkeiten und sozial verantwortete Selbstbestimmung
  4. Reifungsprozesse, Adoleszenz
  5. Selbstkonzept, Ichfindung in der Spannung zwischen Selbstwertgefühl und Geltungsdrang
  6. Eigene Lebensentwürfe
  7. Vergleich verschiedener Modelle der Identitätsentwicklung (zB Petzold, Fünf-Säulen-Modell nach Petzold, Menschenbild im Alten und im Neuen Testament)

B. Lebensfragen.

Vorschläge zum Inhalt:

  1. Lebensfreude, Sehnsüchte, Wünsche, Glück – eigene Erfahrungen und Glücksvorstellungen, Hedonismus
  2. Genussfähigkeit und Suchtverhalten
  3. Krisen und Schicksalsschläge, Ängste, Suizid, Tod
  4. Be- und Entschleunigung, Leistung und Leistungsdruck
  5. Stressbewältigung

3.5.3 Themenbereich Interreligiöses Lernen:

C. Religionskunde.

Vorschläge zum Inhalt:

  1. Judentum, Geschichte des Judentums in der Diaspora, Antisemitismus, Shoah
  2. Islam
  3. Hinduismus
  4. Buddhismus
  5. Taoismus
  6. Konfuzianismus
  7. Aleviten

3.6 10. Schulstufe, 3. Semester

3.6.1 Themenbereich Kirchengeschichte:

A. Reformation und Täufergeschichte.

Vorschläge zum Inhalt:

  1. Vorreformatorische Strömungen
  2. Luther, Zwingli, Calvin
  3. Anglikanische Kirche
  4. Täuferbewegung
  5. Mennoniten
  6. Baptisten

B. Frühe Kirchengeschichte.

Vorschläge zum Inhalt:

  1. Alte Kirche
  2. Augustin
  3. Konstantin
  4. Mittelalter
  5. Klöster, Reformbewegungen (Franziskaner, Dominikaner)

3.7 10. Schulstufe, 4. Semester

3.7.1 Themenbereich Ethik:

A. Ethik für das Leben.

Vorschläge zum Inhalt:

  1. Wirtschaftssysteme (Kapitalismus, Kommunismus und der „Dritte Weg der christlichen Sozialreform“)
  2. Gewissen, Gewissenskonflikte
  3. Verhältnis von Glauben und Wissen
  4. Wichtige Aspekte der Umwelt-, Sozial- und Medizinethik
  5. Verschiedene Bereiche der Technik-Ethik: Gentechnik, Biotechnik, Informationstechnologie
  6. Beginn des Lebens, Schwangerschaft, Reproduktionsmedizin
  7. Wirtschaftstheorien und -modelle, Ethik in der Wirtschaft
  8. Gefährdung der Würde des Lebens
  9. Gewaltlosigkeit und Frieden mit der gesamten Schöpfung als Lebensprinzipien

B. Bewahrung der Schöpfung.

Vorschläge zum Inhalt:

  1. Schöpfung, Geschöpfe
  2. Erfahrungen und Auseinandersetzung mit der Natur; ökonomischer, ökologischer und sozialer Fortschritt; Chancen und Gefahren des Fortschritts
  3. Grenzen des Wachstums, nachhaltige Entwicklungen
  4. Konsum und Umweltverhalten, Umgang mit Geld und Gütern, Verteilung des Reichtums in der Welt
  5. Aufteilung der Welt in unterschiedliche ökonomische Zonen und damit verbundene Probleme
  6. Leben mit Einschränkungen und Behinderungen; eigene Begrenztheit
  7. Klimawandel als Herausforderung der Gegenwart
  8. Nachhaltigkeit
  9. Naturwissenschaft und Glaube

3.7.2 Themenbereich Interreligiöses Lernen:

C. Christliche Konfessionen.

Vorschläge zum Inhalt:

  1. Römisch-Katholisch
  2. Evangelisch
  3. Orthodox
  4. Altkatholisch
  5. Etc.

3.8 11. Schulstufe, 5. Semester

3.8.1 Themenbereich Bibelkunde:

A. Altes Testament.

Vorschläge zum Inhalt:

  1. Inhalt und Botschaft des Buches Deuteronomium
  2. Psalmen als Gebete und als prophetische Texte
  3. Geschichte Israels
  4. Inhalt und Botschaft der drei großen Propheten

B. Der biblische Kanon.

Vorschläge zum Inhalt:

  1. Autorität der alt- und neutestamentlichen Schriften
  2. Inhalt und Sammlung des biblischen Kanons
  3. Alttestamentliche Prophezeiungen und deren Erfüllung
  4. Der hebräische und griechische Urtext und seine Überlieferung
  5. Das synoptische Problem

3.9 11. Schulstufe, 6. Semester

3.9.1 Themenbereich Persönlichkeitsentwicklung:

A. Geschlechteridentität und Sexualität.

Vorschläge zum Inhalt:

  1. Orientierungssuche in Freundschaft, Sexualität und Partnerschaft
  2. Umgang mit der eigenen Sexualität, Verantwortung für den (die) Partner(in), biblische Lehre darüber
  3. Männer und Frauen zwischen Geschlecht und gesellschaftlicher Erwartung
  4. Vielfalt familiären Zusammenlebens
  5. Partnerschaft, Wunschvorstellungen und Wirklichkeit
  6. Aktuelle Diskussion über geschlechtsspezifische Lebensstile, Ehe und Familie aus biblischer Sicht

B. Medienkompetenz.

Vorschläge zum Inhalt:

  1. Kommunikation und wesentliche Aspekte der Gesprächskultur
  2. Informations- und Kommunikationstechnologie
  3. Freiheiten und Zwänge in der Lebenswelt Jugendlicher

3.9.2 Themenbereich Interreligiöses Lernen:

C. Ökumenischer Dialog.

Vorschläge zum Inhalt:

  1. Ökumenischer Rat der Kirchen
  2. Ökumenischer Rat der Kirchen in Österreich
  3. Ökumenische Erfahrungen in der Kirchengemeinde (zB Gottesdienste, Lange Nacht der Kirchen)

3.10 12. Schulstufe, 7. Semester

3.10.1 Themenbereich Kirchengeschichte:

A. Freikirchen in Österreich.

Vorschläge zum Inhalt:

  1. Bündnisgemeinschaft „Freikirchen in Österreich“: Verfassung und Organisation
  2. Einzelne Bünde im Überblick, Strukturen der einzelnen Bünde
  3. Rechtssituation der „Freikirchen in Österreich“, Trennung von Kirche und Staat in Österreich
  4. Gemeinsame Glaubensgrundlagen im Überblick (Verfassung der „Freikirchen in Österreich“)
  5. Gemeinde als Organisationsform und soziales Modell, christliches Leben in der Gemeinde
  6. Bedeutende Theologen und Persönlichkeiten in der Geschichte der Freikirchen

B. Kirchengeschichte seit der Aufklärung.

Vorschläge zum Inhalt:

  1. Aufklärung und historisch-kritische Methode
  2. Methodistische Bewegung
  3. Erweckungsbewegungen
  4. Fundamentalistische Bewegung in Amerika
  5. Evangelische Allianz
  6. Ökumenische Bewegung
  7. Pfingstbewegung

3.11 12. Schulstufe, 8. Semester

3.11.1 Themenbereich Ethik:

A. Ethik in Gemeinschaft.

Vorschläge zum Inhalt:

  1. Beziehungen, verschiedene Rollen des Individuums in der Gesellschaft (Familie, Peers, Schule, Gemeinde, Jugendgruppe, Vereine, Konsument, Staatsbürger, Rechtsperson, etc.)
  2. Begegnung mit dem Fremden – Offenheit, Neugier, Annahme, Vorurteile, Sündenbockmechanismen, Rassismus, Antisemitismus
  3. Fragen nach der Gerechtigkeit im persönlichen, sozialen und globalen Leben, Initiativen zur Überwindung der Ungerechtigkeit, Visionen gerechten Zusammenlebens
  4. Menschenrechte

B. Diakonisches Engagement.

Vorschläge zum Inhalt:

  1. Diakonische Arbeit und kirchliche Entwicklungszusammenarbeit
  2. Motivation für christliches Engagement, verschiedene Formen der Mission
  3. Freikirchen als gesellschaftlicher Faktor in Österreich

3.11.2 Themenbereich Interreligiöses Lernen:

C. Das Christentum im Dialog mit anderen Religionen.

Vorschläge zum Inhalt:

  1. Funktionen von Religion und Weltanschauung und unterschiedliche Erscheinungsformen
  2. Der Dialog der abrahamitischen Religionen
  3. Christenverfolgung in Geschichte und Gegenwart
  4. Das Zusammenleben Angehöriger verschiedener Religionen in Schule und Gesellschaft

3.12 Lehrstoff für die 13. Schulstufe an Bildungsanstalten für Elementarpädagogik sowie für Bildungsanstalten für Sozialpädagogik, 9. Semester

3.12.1 Themenbereich Interreligiöse Kompetenz:

Verpflichtende Inhalte:

  1. Umgang mit „Fremden“ in der Bibel
  2. Menschenrechte bzw. Kinderrechte und Religionsfreiheit
  3. Positive und negative Religionsfreiheit
  4. Begegnungen mit Vertretern anderer Religionen
  5. Von anderen Religionen lernen
  6. Konflikte mit religiösem Hintergrund

3.13 Lehrstoff für die 13. Schulstufe an Bildungsanstalten für Elementarpädagogik sowie für Bildungsanstalten für Sozialpädagogik, 10. Semester

3.13.1 Themenbereich Religiöse Entwicklung:

Verpflichtende Inhalte:

  1. Entwicklung des Glaubens: Vom Kleinkind bis zum Erwachsenen
  2. Vermittlung von Glaubensinhalten im Kindergartenalter
  3. Der Bildungsbegriff und seine Wurzeln in der Bibel und in der Aufklärung
  4. Lebensbilder von Kindern und Jugendlichen in der Bibel

Schlagworte

Kompetenzdimension, Wirtschaftsmodell, Bildungsaufgabe, Allgemeinbildung, Konfliktbewältigungskompetenz, Fachkompetenz, Persönlichkeitsentwicklung, Glaubensfreiheit, Sprachform, Kommunikationsform, Selbstverständnis, Sachkompetenz, Deutungskompetenz, Beschleunigung, Umweltethik, Sozialethik, Informationstechnologie, Partnerin

Zuletzt aktualisiert am

07.09.2020

Gesetzesnummer

20008912

Dokumentnummer

NOR40226199

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