BMF-Infos zum Coronavirus

Bearbeiter: Martin Atzmüller/Gunter MayrRechtsnews 2881626.3.2020

Bereits am 14. 3. 2020, also am Tag der Verschärfung der Maßnahmen zur Bekämpfung des Coronavirus, veröffentlichte das BMF eine erste Information, die sodann am 24. 3. 2020 erweitert wurde11Die beiden BMF-Infos betreffen vor allem verfahrensrechtliche Fragestellungen; weitere, vor allem materiellrechtliche Problemstellungen iZm dem Coronavirus bedürfen einer gesetzlichen Lösung.. Übergeordnetes Ziel der BMF-Informationen ist es, auf die massiven Ertragseinbrüche, Liquiditätsengpässe und möglichen Zahlungsverzögerungen bei Unternehmen möglichst rasch und unbürokratisch zu reagieren.

Hinweis:

Dieser Beitrag erscheint in der Aprilausgabe der RdW.

I. Schneller Informationsbedarf

Die österreichische Bundesregierung hat die Maßnahmen zur Bekämpfung des Coronavirus sukzessive ausgeweitet und musste sie am Wochenende des 14./15. 3. 2020 weiter verschärfen. Die erste BMF-Info22BMF-Info vom 13. 3. 2020, GZ. 2020-0.178.784. musste im Hinblick auf den unmittelbar folgenden 16.3. rasch erlassen werden, weil an diesem Tag einzelne Steuern fällig geworden sind (zB Umsatzsteuer für den Voranmeldungszeitraum Jänner oder Lohnsteuerabfuhr für Februar). Die von massiven Liquiditätsengpässen betroffenen Unternehmen sollten möglichst rasch informiert und von steuerlichen Verpflichtungen entlastet werden.

Am 24. 3. 2020 wurde diese BMF-Info sodann erweitert.33BMF-Info vom 24. 3. 2020, GZ. 2020-0.190.277. Diese BMF-Info tritt an die Stelle der ersten BMF-Info und erweitert diese insb um eine Aussage zur Frist für Zahlungserleichterungen (30. 9. 2020) und eine generelle Fristerstreckung für die Einreichung von Jahres-Abgabenerklärungen für das Jahr 2019.

II. Erweiterte Sonderregelungen betreffend Coronavirus

Die (erweiterte) BMF-Info behandelt:

  1. 1. Herabsetzung von ESt-/KöSt-Vorauszahlungen
  2. 2. Erleichterungen bei der Abgabeneinhebung (Stundung, Ratenzahlung, Dauer der Stundung)
  3. 3. Fristerstreckung für Jahres-Abgabenerklärungen 2019
  4. 4. Keine Verspätungszuschläge

Als gesetzliche Voraussetzung für die Anwendung der angeführten Maßnahmen müsste der Steuerpflichtige zumindest glaubhaft machen können, konkret von einem Liquiditätsengpass betroffen zu sein, der auf die Folgen der SARS-CoV-2-Virus-Infektion zurückzuführen ist (zB außergewöhnlich hohe Stornierungen, Ausfall von Sport- und Kulturveranstaltungen, Ausfall oder Beeinträchtigung von Lieferketten oder Ertragseinbußen durch Änderung des Konsumverhaltens). Von der Glaubhaftmachung wird aber unbürokratisch mit Antragstellung ausgegangen.

Mit der Antragstellung geht daher das Finanzamt davon aus, dass die individuelle Betroffenheit sorgfältig geprüft wurde.

Steuerpflichtige, die FinanzOnline verwenden, können unter „Sonstige Services“ im Punkt „Vorauszahlungen“ eine Herabsetzung von ESt-/KöSt-Vorauszahlungen und im Punkt „Zahlungserleichterungen“ eine Stundung oder Ratenzahlung beantragen. Für die Betroffenen wird dabei ein Begründungstext angeboten, der in das Feld für die Begründung übernommen werden kann. Für Steuerpflichtige, die FinanzOnline nicht verwenden, ist auf der BMF-Homepage ein Formular verfügbar, das die wichtigsten Anträge abdeckt (Kombinierter Antrag zu Sonderregelung betreffend Cornoavirus – SR 1-CoV). Dieses PDF-Formular kann online ausgefüllt, gespeichert und als Mail-Anhang über den eigens eingerichteten Postkorb bmf.gv.at/corona eingebracht werden. Die Finanzverwaltung ist bemüht, sämtliche Anträge sofort zu bearbeiten.

Die Erleichterungen bei der Abgabeneinhebung (zB Stundungen) gelten für alle Abgaben im Anwendungsbereich der BAO (zB auch für Verbrauchsteuern).

III. Die erweiterte BMF-Info im Detail44Die folgende Nummerierung entspricht der BMF-Info.:

1. Einkommen- oder Körperschaftsteuervorauszahlungen für 2020

Einkommen- oder Körperschaftsteuervorauszahlungen für 2020 können gem § 45 Abs 4 EStG 1988 herabgesetzt oder mit Null € festgesetzt werden (Punkt 1.1). Es kommt auch eine gänzliche oder teilweise Nichtfestsetzung von Einkommen- oder Körperschaftsteuervorauszahlungen für 2020 gem § 206 Abs 1 lit a BAO in Betracht (Punkt 1.2).

1.1 Herabsetzung von Einkommen- oder Körperschaftsteuervorauszahlungen (§ 45 Abs 4 und 5 EStG 1988)

Steuerpflichtige, die von einer durch das SARS-CoV-2-Virus bedingten Ertragseinbuße betroffen sind, können bis 31. 10. 2020 einen Antrag auf Herabsetzung von Einkommen- oder Körperschaftsteuervorauszahlungen für das Kalenderjahr 2020 stellen.

Bei Vorliegen der konkreten Betroffenheit hat das Finanzamt die Vorauszahlungen für 2020 entsprechend zu reduzieren. Ergibt sich für das Kalenderjahr 2020 voraussichtlich keine Steuervorschreibung, hat das Finanzamt die Vorauszahlungen für das Kalenderjahr 2020 mit Null € festzusetzen.

1.2. Nichtfestsetzung von Einkommen- oder Körperschaftsteuervorauszahlungen (§ 45 Abs 4 EStG 1988 iVm § 206 Abs 1 lit a BAO)

Sofern die Festsetzung von Einkommen- oder Körperschaftsteuervorauszahlungen für das Kalenderjahr 2020 gem Punkt 1.1 nicht ohnedies mit Null € erfolgt, ist die Vorauszahlung gem § 45 Abs 4 EStG 1988 auf jenen Betrag herabzusetzen, der sich für das Kalenderjahr 2020 voraussichtlich ergeben wird.

Wird der Steuerpflichtige von den Folgen des durch das SARS-CoV-2-Virus ausgelösten Notstandes liquiditätsmäßig derart betroffen, dass er die Vorauszahlung in der gem § 45 Abs 4 EStG 1988 festzusetzenden Höhe nicht bezahlen kann, kann er bei seinem Finanzamt beantragen, die Einkommensteuer- oder die Körperschaftsteuervorauszahlungen für das Kalenderjahr 2020 zur Gänze nicht festzusetzen oder die Festsetzung auf einen Betrag zu beschränken, der niedriger ist, als die voraussichtliche Jahressteuer 2020.

Bei Vorliegen der konkreten Betroffenheit hat das Finanzamt den Betrag der Einkommensteuer- oder der Körperschaftsteuervorauszahlung gem § 206 Abs 1 lit a BAO dementsprechend mit einem niedrigeren Betrag oder mit Null € festzusetzen.

1.3. Abstandnahme von der Festsetzung von Nachforderungszinsen (§ 205 iVm § 206 Abs 1 lit a BAO).

Das Finanzamt hat von einer Festsetzung gem § 206 Abs 1 lit a BAO von Amts wegen Abstand zu nehmen, wenn aus der Herabsetzung oder dem Wegfall der Vorauszahlungen bei der (nach Ablauf des Jahres 2020 erfolgenden) Veranlagung der Einkommen- oder Körperschaftsteuer für 2020 Nachforderungszinsen resultieren.

2. Abgabeneinhebung

2.1.Stundung und Entrichtung in Raten

Der Steuerpflichtige kann bei seinem Finanzamt beantragen, das Datum der Entrichtung einer Abgabe hinauszuschieben (Stundung) oder deren Entrichtung in Raten zu gewähren (§ 212 Abs 1 BAO).

Bei Vorliegen der konkreten Betroffenheit hat das Finanzamt eine Stundung bis längstens 30. 9. 2020 bzw eine Ratenzahlung bis längstens 30. 9. 2020 zu gewähren.

2.2. Nichtfestsetzung von Stundungszinsen

Der Steuerpflichtige kann mit dem Antrag auf Stundung oder Ratenzahlung bei seinem Finanzamt beantragen, von der Festsetzung der nach § 212 Abs 2 BAO anfallenden Stundungszinsen abzusehen. Bei Vorliegen der konkreten Betroffenheit unterbleibt die Festsetzung von Stundungszinsen.

2.3. Festgesetzte Säumniszuschläge

Der Steuerpflichtige kann bei seinem Finanzamt beantragen, einen bereits festgesetzten Säumniszuschlag gem § 217 Abs 7 BAO zu stornieren (nicht festzusetzen). Bei Vorliegen der konkreten Betroffenheit hat die Stornierung zu erfolgen.

3. Erstreckung der Frist für die Einreichung von Jahres-Abgabenerklärungen 2019

Gemäß § 134 Abs 1 zweiter Satz BAO sind die Jahres-Abgabenerklärungen für die Einkommensteuer, die Körperschaftsteuer, die Umsatzsteuer sowie für die Feststellung der Einkünfte (§ 188 BAO) bis Ende April bzw bis Ende Juni 2020 einzureichen. Für die genannten Abgabenerklärungen des Jahres 2019 wird diese Frist gem § 134 Abs 1 letzter Satz BAO allgemein bis 31. 8. 2020 erstreckt.

4. Abstandnahme von der Festsetzung von Verspätungszuschlägen (§ 135 BAO)

Generell ist von der Festsetzung von Verspätungszuschlägen (§ 135 BAO) abzusehen, wenn die Versäumung der Frist vor dem 1. 9. 2020 eintritt.

IV. Anmerkungen zur erweiterten BMF-Info

1. Zu Punkt 1 (ESt-/KöSt-Vorauszahlungen für 2020)

§ 45 Abs 4 EStG ermöglicht eine Anpassung der Vorauszahlungen an die voraussichtliche Jahressteuerschuld. Dieses Instrument wird regelmäßig bei der erstmaligen Festsetzung von Vorauszahlungen bei Betriebseröffnung, aber immer auch dann verwendet, wenn die aus einer vorhergehenden Veranlagung abgeleiteten Vorauszahlungen zu hoch sind. Hier wird – regelmäßig auf Antrag – die Vorauszahlung herabgesetzt oder mit Null festgesetzt (zB bei gänzlicher Einstellung der Tätigkeit).

Eine Herabsetzung der Vorauszahlungen nach § 45 EStG trägt der zu erwartenden Verminderung der aus der künftigen Veranlagung resultierenden Einkommen- oder Körperschaftsteuerbelastung für 2020 Rechnung. Um einer trotz Herabsetzung bestehenden Liquiditätsbelastung angemessen begegnen zu können, sieht die Info auch eine gänzliche oder teilweise Nichtfestsetzung von Vorauszahlungen gem § 206 Abs 1 lit a BAO wegen Vorliegens eines durch höhere Gewalt ausgelösten Notstandes vor.55Eine VZ-Herabsetzung führt zu einer (sofortigen) Gutschrift, wenn die Herabsetzung mehr als 50 % der bisherigen Vorschreibung beträgt. Ist dies der Fall, kommt es zu einer (gänzlichen oder teilweisen) Gutschrift der bisherigen ersten Teilzahlung. Bei einer Herabsetzung auf Null wird der gesamte erste Teilbetrag gutgeschrieben und es sind keine weiteren Vorauszahlungen mehr zu entrichten. Beträgt die Herabsetzung weniger als 50 %, ist beim nächsten Fälligkeitstermin ein geringeres Ausgleichviertel (§ 45 Abs 4) zu entrichten und es sind zu den Fälligkeiten am 15.8. und 15.11. die neuen verminderten Teilbeträge zu entrichten. Für Körperschaften können aus diesem Grund die Vorauszahlungen auch auf einen Betrag reduziert werden, der unter der Mindestkörperschaftsteuer liegt.

2. Zu den Punkten 3 und 4 (Jahres-Abgabenerklärungen und Verspätungszuschläge):

Die Einreichung von Jahres-Abgabenerklärungen für ESt, KöSt und USt wird bis 31. 8. 2020 erstreckt (ebenfalls verlängert wurde die „Quotenregelung“ für steuerliche Vertreter). Sollte sich bei anderen Abgaben (zB Versicherungssteuer, Jahressteuererklärung gem § 8 Abs 2 VersStG) im Einzelfall auch die Notwendigkeit einer Fristerstreckung ergeben, kann die Abgabenbehörde eine solche auf Antrag gem § 134 Abs 2 BAO gewähren. Die Abstandnahme von der Festsetzung von Verspätungszuschlägen bezieht sich wiederum auf sämtliche Abgabenerklärungen (insb auch auf die USt-Voranmeldung).