vorheriges Dokument
nächstes Dokument

Maßnahmen zur Abmilderung von Liquiditätsengpässen bei Steuer- und Sozialversicherungsbeiträgen

Coronavirus ÜbersichtCoronavirus - SteuerrechtNovosel/RindlerApril 2020

Zur Bewältigung der durch den SARS-CoV-2-Virus ausgelösten Krisensituation wurden in Österreich bereits mehrere Maßnahmen im Parlament beschlossen. Diese beinhalten auch Auswirkungen auf das Steuer- und Verfahrensrecht. Im Folgenden soll ein Überblick der aktuellen steuer- und verfahrensrechtlichen Sonderregelungen geboten werden.

COVID-19: Aktuelle Auswirkungen auf das Steuer- & Verfahrensrecht
1. Herabsetzung oder Nichtfestsetzung von Vorauszahlungen 2020

Einkommen- oder Körperschaftsteuervorauszahlungen für das Kalenderjahr 2020 können als Abmilderungsmaßnahme herabgesetzt oder mit EUR 0 festgesetzt werden. Daher besteht für Steuerpflichtige, die von einer durch das SARS-CoV-2-Virus bedingten Ertragseinbuße betroffen sind, bis zum 31. 10. 2020 die Möglichkeit, einen entsprechenden Antrag auf Herabsetzung von Einkommen- oder Körperschaftsteuervorauszahlungen für das Kalenderjahr 2020 zu stellen. Das Finanzamt hat die Vorauszahlungen entsprechend zu reduzieren. Ergibt sich für das Kalenderjahr 2020 voraussichtlich keine Steuervorschreibung, hat das Finanzamt die Vorauszahlungen mit EUR 0 festzusetzen. Darüber hinaus kommt eine gänzliche oder teilweise Nichtfestsetzung von Einkommen- oder Körperschaftsteuervorauszahlungen für das Kalenderjahr 2020 in Betracht, die beim Finanzamt im Falle eines durch das SARS-CoV-2-Virus ausgelösten liquiditätsmäßigen Notstandes angeregt werden kann.

Vorbringen und Einwendungen

Voraussetzung für die Herabsetzung von Einkommen- und Körperschaftsteuervorauszahlungen ist, dass der Steuerpflichtige die voraussichtliche Minderung der Bemessungsgrundlage aufgrund der konkreten Betroffenheit glaubhaft machen kann.

Mustertext

Ich (Wir) bin (sind) in meiner (unserer) betrieblichen Tätigkeit (Angabe der Branche …) von den Auswirkungen der SARS-CoV-2-Virusinfektion betroffen. Das bewirkt, dass die bisherige Festsetzung von Vorauszahlungen für das Kalenderjahr 2020 zu hoch ist. Ich (Wir) habe(n) die Auswirkungen der SARS-CoV-2-Virusinfektion auf die Höhe der Steuerbemessungsgrundlage für 2020 sorgfältig abgeschätzt und beantrage(n) die Herabsetzung der Vorauszahlungen auf EUR …

Frist: 31. 10. 2020

Eingabe: Der Antrag kann in FinanzOnline gestellt werden. Für Steuerpflichtige, die FinanzOnline nicht verwenden, wurde ein Musterformular zur Verfügung gestellt.

2. Stundung von Abgaben

Zur Zahlungserleichterung können Steuerpflichtige bei ihrem Finanzamt beantragen, den Zeitpunkt der Entrichtung einer Abgabe hinauszuschieben (Stundung) oder Entrichtungen in Raten zu gewähren (zB für Umsatzsteuer, Lohnsteuer). In diesem Antrag kann zusätzlich vom Steuerpflichtigen angeregt werden, dass das Finanzamt von der Festsetzung der anfallenden Stundungszinsen absieht. Außerdem kann eine Herabsetzung bzw Nichtfestsetzung eines Säumniszuschlages beantragt werden. In diesen Fällen ist jeweils eine konkrete Betroffenheit der Steuerpflichtigen glaubhaft zu machen.

Mustertext

Ich (Wir) bin (sind) in meiner (unserer) betrieblichen Tätigkeit (Angabe der Branche …) von den Auswirkungen der SARS-CoV-2-Virusinfektion betroffen. Das bewirkt einen Liquiditätsengpass, der für mich (uns) einen Notstand darstellt. Ich (Wir) beantrage(n) daher …

Weiters beantragen wir von der Festsetzung von Stundungszinsen abzusehen.

Eingabe: Der Antrag kann in FinanzOnline gestellt werden. Für Steuerpflichtige, die FinanzOnline nicht verwenden, wurde ein Musterformular zur Verfügung gestellt.

3. Stundung von Sozialversicherungsbeiträgen

Die Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK) ist bestrebt, Unternehmen, die durch die Corona-Krise beeinträchtigt sind, im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten zu helfen. Daher werden die Beiträge zur Sozialversicherung für die Monate Februar bis April 2020 bei behördlich angeordneter Schließung von Unternehmen zinsfrei gestundet. Andere Unternehmen, die glaubhaft machen durch die Krise in ihrer Liquidität betroffen zu sein, können ebenfalls zinsfreie Stundungen beantragen.

Mustertext

Ich (Wir) bin (sind) in meiner (unserer) betrieblichen Tätigkeit (Angabe der Branche …) von den Auswirkungen der SARS-CoV-2-Virusinfektion betroffen. Das bewirkt einen Liquiditätsengpass, der für mich (uns) einen Notstand darstellt. Ich (Wir) beantrage(n) daher die Sozialversicherungsbeiträge für den Monat Februar / März / April zu stunden.

Weiters beantragen wir von der Festsetzung von Stundungszinsen abzusehen.

Eingabe: Der Antrag kann per E-Mail gestellt werden.

4. Verlängerung und Hemmung von Fristen

a. Steuererklärung 2018 (für steuerlich Vertretene)

Zur Unterstützung in diesen wirtschaftlich schwierigen Zeiten hat das BMF beschlossen, dass die Quote für das Kalenderjahr 2018 generell ausgesetzt wird und Steuererklärungen für das Kalenderjahr 2018 daher bis 31. 8. 2020 fristgerecht einzubringen sind.

b. Steuererklärung 2019 (für nicht steuerlich Vertretene)

Für die Steuererklärungen 2019 von nicht steuerlich Vertretenen (Einkommensteuer, Körperschaftsteuer, Umsatzsteuer und Feststellung der Einkünfte) wird die ursprüngliche Frist per 30. 4. 2020 bzw 30. 6. 2020 allgemein bis 31. 8. 2020 erstreckt.

Für steuerlich vertretene Steuerpflichtige kommt die allgemeine Quotenregelung (Frist zur Übermittlung bis 31. 3. 2021) zur Anwendung.

c. Offenlegung Jahresabschluss 2019

Darüber hinaus wurde eine Fristhemmung für die Einreichung von Jahresabschlüssen eingeführt. Daher verlängern sich die neunmonatige Offenlegungsfrist für die Unterlagen der Rechnungslegung (§ 277 Abs 1 UGB) sowie die zweimonatige Frist für die Verhängung wiederholter Zwangsstrafen (§ 283 Abs 4 UGB) vorbehaltlich der unabhängigen Rechtsprechung um 40 Tage. Diese Fristverlängerung gilt für jene Fristen, die vor dem 22. 3. 2020 oder zwischen dem 22. 3. 2020 und dem 1. 5. 2020 zu laufen begonnen haben und noch nicht abgelaufen sind. Durch Verordnung kann gegebenenfalls eine weitere Verlängerung eingeführt werden.

d. Unterbrechung / Aufschiebung von Betriebsprüfungen

Im Bereich der Außenprüfungen kommt es ebenfalls zu Änderungen. Bis auf Weiteres sind alle Außenprüfungshandlungen, Nachschauen und Erhebungen zu unterlassen, auszusetzen oder zu unterbrechen, die irgendwelche Ressourcen seitens der Betroffenen erforderlich machen. Dadurch sollen Mitwirkungspflichten seitens der Unternehmen begrenzt werden. Dennoch kann es bei gerichtlich anhängigen oder sonstigen, keinen Aufschub duldenden Amtshandlungen zu gesonderten Beurteilungen im Einzelfall kommen.

e. Unterbrechung von Verfahrensfristen

Zusätzlich wird im Abgabeverfahren und im Finanzstrafverfahren im Bereich des Rechtsschutzes der Lauf wichtiger Fristen unterbrochen. Dies umfasst Beschwerdefristen, Einspruchsfristen, Vorlageantragsfristen sowie Maßnahmenbeschwerdefristen, die am 16. 3. 2020 noch offen waren oder deren Fristenlauf zwischen 16. 3. und 30. 4. begonnen hat. Die Unterbrechung gilt vorerst bis 1. 5. 2020 und kann, sollte die Situation es erfordern, mit Verordnung verlängert werden. Die Behörde kann aber im jeweiligen Verfahren auch aussprechen, dass unter gewissen Umständen eine Frist nicht unterbrochen wird. Generell können Verhandlungen oder Vernehmungen – sofern sie unbedingt erforderlich sind – auch in Abwesenheit aller anderen Beteiligten unter Verwendung geeigneter technischer Kommunikationsmittel durchgeführt werden.

5. Steuerfreiheit von Zuwendungen

Zuwendungen zur Bewältigung der „Corona-Krise“ werden steuerfrei gestellt. Diese Befreiung gilt für sämtliche Zuwendungen, die für die Bewältigung der „Corona-Krise“ geleistet werden, unabhängig davon wer sie leistet und wie die Mittelaufbringung erfolgt. Daher sind Corona-bedingte Zuwendungen aus dem COVID-19-Krisenbewältigungsfonds, dem Härtefallfonds, dem Corona-Krisenfonds und sonstiger vergleichbarer Zuwendungen durch Bundesländer, Gemeinden und gesetzliche Interessenvertretungen ab 1. 3. 2020 steuerfrei.  

Aufwendungen, welche in unmittelbarem Zusammenhang mit den Zuwendungen stehen, sind nicht abzugsfähig. Nach den erläuternden Bemerkungen ist nicht eindeutig, ob die steuerfreien Zuwendungen jedenfalls zu einer Kürzung der Betriebsausgaben führen. Es bleibt abzuwarten, ob dazu noch eine Klarstellung durch das BMF erfolgt.

6. Pendlerpauschale und Zulagen an Mitarbeiter

Die durch das SARS-CoV-2-Virus ausgelöste Situation bewirkte einen starken Anstieg von Arbeiten im Home-Office. Mitarbeitern steht dennoch das Pendlerpauschale im Zeitraum der Krise bzw der verpflichtenden Nutzung des Home-Office zu, selbst wenn keine Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte erfolgen. Vorausgesetzt ist, dass die Fahrten aufgrund der „Corona-Krise“ nicht mehr zurückgelegt werden können, aber ansonsten stattfinden würden.

Generell haben Home-Office oder Dienstverhinderungen in diesem Zusammenhang keine Auswirkungen auf Zulagen und Zuschläge gem § 68 Abs 7 EStG. Diese können aufgrund der besonderen Situation weiterhin steuerlich begünstigt gewährt werden. Weiters sind Zulagen und Bonuszahlungen an Mitarbeiter, die im Rahmen der SARS-CoV-2-Virus bedingten Ausnahmesituation außergewöhnliche Leistungen zur Aufrechterhaltung des Systems erbringen, bis EUR 3.000 im Kalenderjahr 2020 steuerfrei.

7. Anpassung des Gebührengesetzes

Für die Beantragung einer Unterstützung in der Not kommt es durch eine Anpassung des Gebührengesetzes zu einer umfassenden Befreiung von den Gebühren und Bundesverwaltungsabgaben für sämtliche Schriften und Amtshandlungen, die im Zusammenhang mit der Corona-Krise stehen. 

Zusammenfassung

  • Steuererklärungen von steuerlich Vertretenen für das Kalenderjahr 2018 sind nicht mehr (wie ursprünglich) bis zum 31. 3. 2020, sondern durch eine Fristverlängerung bis 31. 8. 2020 fristgerecht einzubringen.
  • Für die Steuererklärungen 2019 von nicht steuerlich Vertretenen (Einkommensteuer, Körperschaftsteuer, Umsatzsteuer und Feststellung der Einkünfte) wird die ursprüngliche Frist per 30. 4. 2020 bzw 30. 6. 2020 allgemein bis 31. 8. 2020 erstreckt.
  • Wenn der Abschlussstichtag des Jahresabschlusses der 31. 12. 2019 ist, so muss der Jahresabschluss grundsätzlich bis zum 30. 9. 2020 beim Firmenbuchgericht eingereicht werden. Durch die Fristhemmung verlängert sich diese Frist um 40 Tage und endet also am 9. 11. 2020.
  • Im Abgabeverfahren und im Finanzstrafverfahren wird im Bereich des Rechtsschutzes der Lauf folgender wichtiger Fristen unterbrochen: Beschwerdefristen, Einspruchsfristen, Vorlageantragsfristen sowie Maßnahmenbeschwerdefristen, die am 16. 3. 2020 noch offen waren oder deren Fristenlauf zwischen 16. 3. und 30. 4. begonnen hat. Die Unterbrechung gilt vorerst bis 1. 5. 2020.
  • Sollten Unternehmen von einem Liquiditätsengpass betroffen sein, der konkret auf eine SARS-CoV-2-Virusinfektion zurückzuführen ist, so kann ein Antrag auf Herabsetzung / Nichtfestsetzung von Körperschaftsteuervorauszahlungen 2020 oder ein Antrag auf Stundung von Abgaben gestellt werden, um eine Erleichterung ihrer wirtschaftlichen Situation zu bewirken. Steuerpflichtige können bei ihrem Finanzamt im gleichen Antrag auch anregen, dass von einer Festsetzung der anfallenden Stundungszinsen abgesehen wird.
  • Ein Antrag auf Stundung ist auch für die Sozialversicherungsbeiträge der Monate Februar bis April zinsfrei möglich.
  • Bonuszahlungen und Zulagen, welche an Mitarbeiter für außergewöhnliche Leistungen zur Aufrechterhaltung des Systems geleistet werden, sind bis zu EUR 3.000 im Kalenderjahr 2020 steuerfrei.



Stichworte