Telearbeitsgesetz

GesetzgebungPersonalrechtLindmayrJuli 2024

Verbesserung der rechtlichen Rahmenbedingungen für die Erbringung von Arbeitsleistungen in Telearbeit außerhalb der Wohnung; Harmonisierung der Begrifflichkeiten und Grundtatbestände der Telearbeit im Steuerrecht

Inkrafttreten

1.1.2025

Stand des Gesetzgebungsverfahrens

Gesetz

Letzte Änderung

19.7.2024

Betroffene Normen

ArbIG, ArbVG, ASVG, AVRAG, B-KUVG, DHG, EStG, LAG

Betroffene Rechtsgebiete

Arbeitsrecht, Sozialversicherungsrecht, EInkommensteuer

Quelle

BGBl I 2024/110

Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz, das Arbeitsverfassungsgesetz, das Arbeitsinspektionsgesetzes 1993, das Dienstnehmerhaftpflichtgesetz, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Notarversorgungsgesetz, das Einkommensteuergesetz 1988, das Heimarbeitsgesetz und das Landarbeitsgesetz 2021 geändert werden (Telearbeitsgesetz – TelearbG); BGBl I 2024/110 vom 19. 7. 2024 (AA-415 BlgNR 27. GP , AB 2689 BlgNR 27. GP RV 2597 BlgNR 27. GP 337/ME NR 27. GP )

1. Überblick

Das Telearbeitsgesetz hat eine Verbesserung der rechtlichen Rahmenbedingungen für die Erbringung von Arbeitsleistungen durch Arbeitnehmer in Telearbeit zum Ziel. Eine Evaluierung des seit 1. 4. 2021 geltende Homeoffice-Maßnahmenpakets 2021 hat ergeben, dass ua Bedarf an der Ausweitung von Homeoffice auf ortsungebundene Telearbeit außerhalb der Wohnung besteht. Durch die Schaffung von ergänzenden Regelungen im Bereich des Arbeitsrechts, des Sozialversicherungs- und Steuerrechts werden nun die Möglichkeiten von Arbeitgebern und Arbeitnehmern verbessert, in vermehrtem Umfang die Arbeitsleistungen in Form von Telearbeit an nicht zum Unternehmen gehörigen Örtlichkeiten erbringen zu können.

2. Arbeitsrechtliche Rahmenbedingungen

2.1. Definition von Telearbeit

§ 2h AVRAG regelt bislang die arbeitsrechtlichen Rahmenbedingungen von Homeoffice. Künftig finden die arbeitsrechtlichen Bestimmungen zum Homeoffice auch auf Arbeiten außerhalb von Wohnungen/Wohnhäusern Anwendung, was durch die neue Überschrift des § 2h AVRAG „Telearbeit“ verdeutlicht wird.

§ 2h Abs 1 definiert den Begriff „Telearbeit“. Telearbeit liegt demnach vor, wenn regelmäßig Arbeitsleistungen insbesondere unter Einsatz der dafür erforderlichen Informations- und Kommunikationstechnologie erbracht werden und dies entweder in der Wohnung bzw im Wohnhaus des Arbeitnehmers oder in einer sonstigen nicht zum Unternehmen gehörenden Örtlichkeit erfolgt. Somit kommen als Örtlichkeiten für die Telearbeit neben der Wohnung/dem Wohnhaus am Haupt- oder Nebenwohnsitz der Arbeitnehmer und einer Wohnung von Angehörigen etwa auch Räumlichkeiten von Coworking-Spaces (das sind organisatorisch eingerichtete, vom Arbeitnehmer angemietete Büroräumlichkeiten) oder andere von Arbeitnehmern gewählte Orte (wie etwa Internet-Cafés) in Betracht. Wesentlich ist die Einschränkung hinsichtlich des Vorliegens von Telearbeit dahingehend, dass diese nicht in einer zum Unternehmen des Arbeitgebers gehörenden Örtlichkeit stattfinden darf. Dies soll insbesondere sicherstellen, dass nur dann Telearbeit vorliegt, wenn zumindest ein Teil der dadurch entstandenen Kosten der Sphäre des Arbeitnehmers zuzurechnen sind und insbesondere in Unternehmen mit räumlich verteilter Struktur Möglichkeiten der Umgehung (etwa in Hinblick auf die steuerliche Begünstigung des § 26 Z 9 EStG 1988) hintangehalten werden. Es ist jedenfalls nicht möglich, ein Tätigwerden in einer bspw anderen Filiale oder Zweigstelle des Arbeitgebers als dem überwiegenden Arbeitsort als Telearbeit zu qualifizieren. Dementsprechend gilt als zum Unternehmen iSd § 2h Abs 1 A VRAG gehörende Örtlichkeit jedenfalls jede Räumlichkeit, über die der Arbeitgeber insbesondere hinsichtlich der Ausstattung und Nutzungsberechtigungen zumindest indirekte Verfügungsmacht hat. Davon kann jedenfalls ausgegangen werden, wenn der Arbeitgeber und der Inhaber der Örtlichkeit, in der der Tätigkeit nachgegangen wird, zum selben Unternehmen gemäß § 1 Abs 2 UGB gehören, für dieses Unternehmen gemäß § 40 Abs 4 ArbVG ein gemeinsamer Zentralbetriebsrat gebildet wurde oder gebildet werden könnte oder es sich um einen einheitlichen Betrieb im steuerrechtlichen Sinne handelt (vgl VwGH 25. 2. 2004, 2000/13/0092). 

Weiters ist für die Telearbeit gemäß § 2h AVRAG wesentlich, dass die Arbeitsleistung im Rahmen der Telearbeit regelmäßig und damit wiederholt in bestimmten Zeitabständen erbracht werden soll. Soll die Arbeitsleistung lediglich im Anlassfall außerhalb der Örtlichkeiten des Unternehmens erfolgen, ohne dass von den Arbeitsvertragsparteien weitere regelmäßige auswärtige Einsätze beabsichtigt wären, so liegt keine Telearbeit iSd § 2h AVRAG vor.

Die Voraussetzung des Einsatzes der erforderlichen Informations- und Kommunikationstechnik bedeutet nicht, dass die Arbeitsleistung im Rahmen der Telearbeit ausschließlich über Verwendung dieser technischen Mittel erfolgen muss. Wesentlich ist, dass die Arbeitsleistung in einem groben Zusammenhang mit der Verwendung der Informations- und Kommunikationstechnologie steht. Die Erbringung von Arbeitsleistungen mit anderen Mitteln, wie zB die Bearbeitung oder Durchsicht von Papierunterlagen, kann auch im Rahmen der Telearbeit erbracht werden, wenn diese Unterlagen zuvor (etwa in den Räumlichkeiten des Unternehmens) ausgedruckt wurden.

2.2. Schriftliche Vereinbarung

Wie schon bisher beim Homeoffice sind auch die Telearbeit und nunmehr die Orte, an denen diese erbracht werden kann, zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber – aus Beweisgründen schriftlich – zu vereinbaren, da die Verlagerung des Ortes der Erbringung der Arbeitsleistung in der Regel eine grundlegende Abweichung von der bisherigen arbeitsvertragsrechtlichen Vereinbarung darstellt. Dementsprechend kann Telearbeit nur im Einvernehmen zwischen den Arbeitsvertragsparteien vereinbart werden. Weder soll Telearbeit einseitig durch den Arbeitgeber angeordnet werden können, noch soll der Arbeitnehmer einen Rechtsanspruch auf Telearbeit haben.

Das Fehlen der Schriftlichkeit führt entsprechend der bisherigen Rechtslage zu den Bestimmungen des Homeoffice nicht zur Nichtigkeit der Telearbeitsvereinbarung. Eine Unterschrift ist nicht zwingend erforderlich, die Vereinbarung kann auch im elektronischen Weg (betriebliche IT-Tools, Handy-Signatur, E-Mail) zustande kommen.

Entsprechend der bisherigen gesetzlichen Bestimmungen zu den Rahmenbedingungen der Vereinbarung von Homeoffice ist die Vereinbarung eines einseitigen Weisungsvorbehalts des Arbeitgebers, ob Telearbeit ausgeübt wird, nicht zulässig, da dies dem Grundsatz der einvernehmlichen Festlegung der Telearbeit widerspricht.

2.3. Arbeitsmittel

§ 2h Abs 3 und 4 AVRAG bleiben – abgesehen von redaktionellen Anpassungen – gegenüber den bisherigen Homeoffice-Regelungen unverändert. Gemäß Abs 3 ist der Arbeitgeber grundsätzlich zur Bereitstellung der im Zusammenhang mit regelmäßigen Arbeiten im Rahmen der Telearbeit stehenden erforderlichen digitalen Arbeitsmittel verpflichtet, wobei davon durch Vereinbarung auch abgewichen werden kann. Werden digitale Arbeitsmittel entsprechend dieser Vereinbarung vom Beschäftigten bereitgestellt, hat der Arbeitgeber einen angemessenen und erforderlichen Kostenersatz zu leisten (die Kosten können auch pauschaliert abgegolten werden).

Unter digitalen Arbeitsmitteln sind die erforderliche IT-Hardware und Software, die tatsächlich notwendige Datenverbindung und erforderlichenfalls ein Diensthandy zu verstehen. Unter einer abweichenden Vereinbarung ist sowohl eine Einzelvereinbarung als auch eine Betriebsvereinbarung zu verstehen.

2.4. Auflösung der Vereinbarung

§ 2h Abs 4 AVRAG sieht entsprechend der bisherigen Rechtslage eine vorzeitige Auflösungsmöglichkeit der Telearbeitsvereinbarung aus wichtigem Grund unter Einhaltung einer Frist von einem Monat zum Letzten eines Kalendermonats vor. Dieser kann etwa in wesentlichen Veränderungen der betrieblichen Erfordernisse oder wesentlichen Veränderungen der Situation des Arbeitnehmers (zB der Wohnsituation oder Verfügbarkeit eines Coworking-Spaces, etc) gelegen sein, die die Erbringung der Arbeitsleistung in Telearbeit nicht mehr erlauben. Darüber hinaus können in der Vereinbarung Befristungen oder Kündigungsregelungen enthalten sein.

2.5. Datenschutz

In der Telearbeit gelten die gleichen datenschutzrechtlichen Bestimmungen wie im Büro (insbesondere DSGVO und DSG). In der Vereinbarung können folgende datenschutzrechtliche Fragestellungen berücksichtigt werden:

  • Festlegung der datenschutzrechtlichen Verantwortung für die Datenverarbeitung und die Datensicherheit bei Telearbeit, insbesondere, wenn mit digitalen Arbeitsmitteln des Arbeitnehmers gearbeitet wird;
  • Auflagen zur sicheren Verwahrung von Zugangsdaten und Passwörtern zu digitalen Geräten bei Telearbeit;
  • Vorgaben für die sichere Verwahrung des digitalen Gerätes sowie von Datenträgern und Ausdrucken;
  • sichere Löschung von personenbezogenen Daten auf den digitalen Geräten des Arbeitnehmers;
  • Verwendung von externen Datenträgern und deren Absicherung (zB Verschlüsselung);
  • Hinweise auf die ebenso bei Telearbeit geltende Meldepflicht für Datenschutzverletzungen (Data Breach) sowie die Haftung für Schäden durch Datenschutzverletzungen.
2.6. Arbeitnehmerschutz

Mit der Erweiterung des Begriffs „Telearbeit“ in § 2h AVRAG war auch § 4 Abs 10 ArbIG dahingehend anzupassen, dass das Arbeitsinspektorat kein Betretungsrecht von Wohnungen, in denen Arbeitnehmer Telearbeit leisten, besitzt. Ein Betreten mit Zustimmung der Betroffenen ist weiterhin zulässig. Arbeitsinspektionsorgane dürfen daher auf Verlangen eines Arbeitnehmers einen Telearbeit-Arbeitsplatz vor Ort besichtigen.

Eine Einschränkung dieses Rechts der Arbeitnehmer würde den verfassungsrechtlich geschützten Grundrechten der in den Privathaushalten lebenden Personen widersprechen (Recht der Achtung des Privat- und Familienlebens und die Unverletzlichkeit des Hausrechts). Die Einschränkung des Betretungsrechts kommt nur in Zusammenhang mit Telearbeit zur Anwendung. Es gilt insbesondere nicht, wenn eine Wohnung gewerblich genützt wird, ebenso nicht, wenn es sich um einen vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellten Wohnraum oder eine Unterkunft nach § 4 Abs 1 ArbIG handelt oder wenn Arbeitnehmer von Unternehmen andere Arbeiten als Homeoffice in Wohnungen durchführen (zB Bauarbeiten).

2.7. Inkrafttreten

Die Neufassung des § 2h AVRAG tritt mit 1. 1. 2025 in Kraft und sowohl auf ab diesem Zeitpunkt neu geschlossene Telearbeitsvereinbarungen als auch auf bereits bestehende Homeoffice-Vereinbarungen anzuwenden sein. Damit ist klargestellt, dass bisherige Homeoffice-Vereinbarungen ihre Gültigkeit behalten und nicht insbesondere hinsichtlich der Örtlichkeit neu vereinbart werden müssen. Sollen neue „Telearbeits-Örtlichkeiten“ dazukommen, sind diese zwischen den Arbeitsvertragsparteien zu vereinbaren.

3. SV-rechtliche Rahmenbedingungen

Mit der Neufassung des § 2h AVRAG wurde auch eine Novellierung der sozialversicherungsrechtlichen Regelungen betreffend den Unfallversicherungsschutz im Zusammenhang mit Homeoffice in § 175 Abs 1a und 1b ASVG (bzw § 90 Abs 1a und 1b B-KUVG) sowie des § 49 Abs 3 Z 31 ASVG notwendig. Während § 49 Abs 3 Z 31 ASVG im Hinblick auf die Änderung der Begrifflichkeiten im Einkommensteuerrecht nur dahingehend angepasst wird, dass der Ausdruck „Homeoffice-Pauschale“ durch das Wort „Telearbeitspauschale“ ersetzt wird, kommt es beim Unfallversicherungsschutz im Zusammenhang mit Telearbeit zu größeren Änderungen.

3.1. Telearbeit im engeren und im weiteren Sinn

Aus unfallversicherungsrechtlicher Sicht hat sich die bisherige Definition des Begriffs Homeoffice, die auf die Definition in § 2h AVRAG Bezug nimmt, als zu eng erwiesen und konnte nicht alle Lebensrealitäten abbilden. Aus diesem Grund wird nun eine eigene Definition der Telearbeit mit einer Unterscheidung in Telearbeit im engeren Sinn und Telearbeit im weiteren Sinn in den einschlägigen unfallversicherungsrechtlichen Bestimmungen vorgenommen.

Als Örtlichkeiten von Telearbeit im engeren Sinn gelten (§ 175 Abs 1a Z 1 ASVG):

  1. 1. eine Wohnung, an der ein Haupt- oder Nebenwohnsitz des Versicherten besteht (Homeoffice),
  2. 2. eine Wohnung eines nahen Angehörigen; nahe Angehörige sind Verwandte der ersten, zweiten und dritten Parentel sowie Ehepartner und eingetragene Partner, Schwieger-, Wahl- und Stiefeltern, Lebensgefährten sowie deren Eltern und Kinder, Schwieger-, Wahl- und Stiefkinder (damit geht der Angehörigenkreis über die bisher umfassten Personen hinaus, womit den üblichen Lebensrealitäten entsprochen wird),
  3. 3. Räumlichkeiten eines Coworking-Spaces; das sind organisatorisch eingerichtete, vom Versicherten angemietete Büroräumlichkeiten. Nicht davon umfasst sind vom Dienstgeber angemietete und dem Versicherten zur Verfügung gestellte Büroräumlichkeiten, weil diese ohnehin als Arbeits- bzw Dienststätte zu qualifizieren sind.

Wohnungen von nahen Angehörigen und Räumlichkeiten eines Coworking-Spaces gelten aber nur als Örtlichkeiten von Telearbeit im engeren Sinn, wenn sich diese in der Nähe zur Wohnung nach lit a oder Arbeits- bzw Dienststätte befinden oder die Entfernung von der Wohnung nach lit a zu Wohnungen und Räumlichkeiten nach lit b und c dem sonst üblichen Arbeitsweg entspricht. Trifft dies auf mehrere Örtlichkeiten nach lit b und c zu, kann zwischen diesen Örtlichkeiten gewählt werden. Ist jedoch keine der in der Z 1 genannten Voraussetzungen erfüllt, können diese als Örtlichkeiten von Telearbeit im weiteren Sinn gelten.

Als Örtlichkeiten von Telearbeit im weiteren Sinn gelten alle von der Z 1 verschiedenen Örtlichkeiten, denen Telearbeit ausgeübt wird und die vom Versicherten selbst gewählt werden (§ 175 Abs 1a Z 2 ASVG).

3.2. Differenzierung bei Wegunfällen

Unfälle, die sich im zeitlichen und ursächlichen Zusammenhang mit der die Versicherung begründenden Beschäftigung bei Telearbeit im engeren Sinn oder bei Telearbeit im weiteren Sinn ereignen, gelten jedenfalls als Arbeitsunfälle (§ 175 Abs 1a ASVG).

Bei Wegunfällen kommt es künftig jedoch zu einer Differenzierung. Allgemein folgt der Wegeschutz im Zusammenhang mit der Arbeitsausübung in Form von Telearbeit der bestehenden Systematik der Risikoverteilung, nach welcher gemischte Wege (dh sowohl betrieblich als auch eigenwirtschaftlich bedingte Wege) geschützt sind, wenn das betriebliche Interesse überwiegt. Auch der kausale Zusammenhang folgt den allgemeinen Prinzipien der gesetzlichen Unfallversicherung und erfährt durch die Neuregelung der Telearbeit keine Erweiterung. Aufgrund der Möglichkeit, Telearbeit von unterschiedlichsten Örtlichkeiten im In- und Ausland aus zu verrichten, kommt es aber zu einer Erweiterung des örtlichen Zusammenhangs mit der die Versicherung begründenden Tätigkeit und damit zu einer Ausweitung des Wegeschutzes im Vergleich zur bisherigen Rechtslage. Da sich dadurch eine Risikoerhöhung bei Wegen ergibt, wird mit der Unterscheidung zwischen Örtlichkeiten von Telearbeit im engeren Sinn und Örtlichkeiten von Telearbeit im weiteren Sinn im Hinblick auf den Wegeschutz eine Abwägung getroffen und das Wegerisiko entweder dem Dienstgeber oder dem Versicherten zugeordnet, um eine lebensnahe und sachgerechte Verteilung beruflicher und privater Risiken beim Wegeschutz zu erreichen.

Grundsätzlich werden die in § 175 Abs 1a Z 1 ASVG genannten Örtlichkeiten von Telearbeit im engeren Sinn beim Wegschutz privilegiert. Wie unter Pkt 3.1. ausgeführt, müssen sich die Wohnung eines nahen Angehörigen des Versicherten (lit b) und Räumlichkeiten eines Coworking-Spaces (lit c) dafür jedoch in der Nähe zur Wohnung nach lit a (Haupt- oder Nebenwohnsitz des Versicherten) oder Arbeits- bzw Dienststätte befinden oder die Entfernung von der Wohnung nach lit a zu Wohnungen und Räumlichkeiten nach lit b und c muss dem sonst üblichen Arbeitsweg entsprechen. Die Bezugnahme auf die „Nähe zur Wohnung nach lit a oder Arbeitsstätte“ bzw „Dienststätte“ soll es insbesondere Wochenpendlern ermöglichen, Telearbeit im engeren Sinn auch in unmittelbarer Nähe zu ihrem ständigen Aufenthalt (iSd Mittelpunkts der privaten Lebensinteressen) auszuüben. Ein Abstellen auf den „sonst üblichen Arbeitsweg“ wäre in diesem Fall nicht zweckmäßig. Eine Entfernung entspricht dem „sonst üblichen Arbeitsweg“, wenn der Weg zur Wohnung eines nahen Angehörigen (lit b) oder zu Räumlichkeiten eines Coworking-Spaces (lit c) dem Weg zur Arbeits- bzw Dienststätte in zeitlicher und örtlicher Distanz vergleichbar ist. Ist diese Voraussetzung erfüllt, kann in der Regel davon ausgegangen werden, dass betriebliche Interessen im Vordergrund stehen und nicht die eigenwirtschaftlichen Interessen überwiegen. Wege zum Nebenwohnsitz (lit a) sind unabhängig von der Entfernung privilegiert, sofern ein ursächlicher Zusammenhang mit der die Versicherung begründenden Tätigkeit gegeben ist.

Bei einer ausschließlichen Verrichtung der die Versicherung begründenden Beschäftigung mittels Telearbeit im engeren Sinn ist auch der betriebsbedingte ausnahmsweise Weg von einer dieser Örtlichkeiten der Telearbeit im engeren Sinn zur Arbeitsstätte/Dienststätte und von der Arbeitsstätte/Dienststätte zu einer dieser Örtlichkeiten nach den allgemeinen Grundsätzen des Wegeschutzes der gesetzlichen Unfallversicherung geschützt.

Bei Wegen zu oder im Zusammenhang mit weiter entfernten oder anderen Örtlichkeiten der Telearbeit (Örtlichkeiten der Telearbeit im weiteren Sinn) stehen im Regelfall eigenwirtschaftliche Interessen im Vordergrund. Darunter fallen etwa die Fahrt zum Park, in das Freibad oder in das Kaffeehaus, um dort zu arbeiten, die Fahrt zu einem Hotel oder einer Ferienwohnung für einen Urlaubsaufenthalt, während dessen eine (stundenweise) Verrichtung von Telearbeit im Hotelzimmer oder der Ferienwohnung erfolgt, aber auch die Fahrt zu – im Vergleich zum üblichen Arbeitsweg – weit entfernt wohnenden Eltern. In diesen Fällen steht zwar die konkrete Verrichtung der Arbeitstätigkeit unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung, die Auswahl der konkreten Örtlichkeiten liegt jedoch überwiegend im eigenwirtschaftlichen Interesse des Versicherten. Deshalb ist der Weg zu und von diesen Örtlichkeiten unfallversicherungsrechtlich nicht geschützt.

4. Steuerrechtliche Rahmenbedingungen

Mit der gegenständlichen Änderung wird der materielle Anwendungsbereich des § 26 Z 9 EStG 1988 erweitert, indem auf den arbeitsrechtlichen Telearbeitsbegriff im geänderten § 2h AVRAG verwiesen wird. In Zukunft kann daher unter Zugrundelegung des Begriffs der „Telearbeit“ iSd § 2h AVRAG ein Telearbeitspauschale ausgezahlt werden. Gleichzeitig wird dadurch ein einheitlicher Telearbeitsbegriff eingeführt, der sowohl im Arbeits- als auch im Steuerrecht Geltung hat. Allerdings ist § 2h AVRAG insofern sinngemäß anzuwenden, als die Regelung in § 26 Z 9 EStG 1988 nicht nur für privatrechtliche Arbeitsverhältnisse, sondern für sämtliche Dienstverhältnisse gemäß § 47 Abs 2 EStG 1988 zur Anwendung kommt, auch wenn das AVRAG für diese nicht zur Anwendung kommt, wie insbesondere öffentlich-rechtliche Dienstverhältnisse.

Die Voraussetzungen für die nicht steuerbare Inanspruchnahme eines Telearbeitspauschales bleiben gegenüber der bisherigen Rechtslage unverändert, dh das Pauschale beträgt bis zu € 3,- pro ausschließlichem Telearbeitstag und steht für höchstens 100 Tage im Kalenderjahr zu. Dass die berufliche Tätigkeit des Arbeitnehmers wie bisher ausschließlich in der Wohnung selbst ausgeübt wird, ist nicht mehr nötig. Es kommt insoweit zu einer Ausweitung der zulässigen Örtlichkeiten für die Gewährung des Telearbeitspauschales, als der Arbeitnehmer seine Arbeit auch an anderen Örtlichkeiten absolvieren kann, die jedoch nicht zum Unternehmen des Arbeitgebers gehören dürfen.

Ein allenfalls den Höchstbetrag von € 300,- übersteigender Betrag stellt weiterhin steuerpflichtigen Arbeitslohn dar, der im Wege der Veranlagung nachversteuert wird. Die Telearbeitstage und das gewährte Telearbeitspauschale sind vom Arbeitgeber – wie bisher die Homeoffice-Tage und das Homeoffice-Pauschale – im Lohnkonto zu erfassen sowie am Lohnzettel bzw in der Lohnbescheinigung anzugeben – andernfalls kann ein Telearbeitspauschale nicht nicht steuerbar zuerkannt werden.

In § 26 Z 9 lit b EStG 1988 entfällt die Bezugnahme auf mehrere Arbeitgeber, weil im Rahmen der Pflichtveranlagung nicht differenziert wird, ob der Maximalbetrag von € 300,- durch einen oder mehrere Arbeitgeber überschritten wird.

Die Geltendmachung von Ausgaben für ergonomisch geeignetes Mobiliar als Werbungskosten ist – wie bisher – unter der Voraussetzung möglich, dass kein steuerlich anerkanntes Arbeitszimmer vorliegt und das Mobiliar vom Arbeitnehmer für einen in der Wohnung eingerichteten Arbeitsplatz angeschafft wurde. Weiters muss der Arbeitnehmer zumindest 26 Telearbeitstage gemäß § 26 Z 9 lit a EStG 1988 im Kalenderjahr geleistet haben. Es ist daher ausreichend, wenn der Arbeitgeber – entsprechend den Vorgaben des § 26 Z 9 EStG 1988 – Telearbeitstage im Lohnkonto erfasst und am Lohnzettel bzw in der Lohnbescheinigung ausweist. Damit sollen Arbeitgeber bürokratisch entlastet und Doppelgleisigkeiten (Erfassung von „Homeoffice-Tagen“ für Zwecke des § 16 Abs 1 Z 7a EStG 1988 und von Telearbeitstagen nach § 26 Z 9 EStG 1988) vermieden werden.

Die geänderten Fassungen der § 16 Abs 1 Z 7 und Z 7a, § 26 Z 9 und § 41 Abs 1 Z 13 EStG 1988 sind erstmals für Lohnzahlungszeiträume ab Jänner 2025 bzw ab der Veranlagung für das Kalenderjahr 2025 anwendbar.



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