Inkrafttreten | 29.1.2019 |
Stand des Gesetzgebungsverfahrens | Gesetz |
Letzte Änderung | 17.1.2019 |
Betroffene Normen | |
Betroffene Rechtsgebiete | Familienrecht, Zivilverfahrensrecht, Exekutionsrecht |
Quelle | VO (EU) 2016/1103 , ABl 2016 L 183/1; VO (EU) 2016/1104 , ABl 2016 L 183/30 |
Verordnung (EU) 2016/1103 des Rates vom 24. Juni 2016 zur Durchführung einer Verstärkten Zusammenarbeit im Bereich der Zuständigkeit, des anzuwendenden Rechts und der Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Fragen des ehelichen Güterstands, ABl 2016 L 183/1.
Verordnung (EU) 2016/1104 des Rates vom 24. Juni 2016 zur Durchführung der Verstärkten Zusammenarbeit im Bereich der Zuständigkeit, des anzuwendenden Rechts und der Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Fragen güterrechtlicher Wirkungen eingetragener Partnerschaften, ABl 2016 L 183/30.
Durchführungsverordnung (EU) 2018/1935 der Kommission vom 7. 12. 2018 zur Festlegung der Formblätter nach Maßgabe der Verordnung (EU) 2016/1103 des Rates zur Durchführung einer Verstärkten Zusammenarbeit im Bereich der Zuständigkeit, des anzuwendenden Rechts und der Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Fragen des ehelichen Güterstands, ABl 2018 L 314/14.
Einleitung
Die beiden Güterrechts-VO 2016/1103 (zu ehelichen Güterständen) und 2016/1104 (zu güterrechtlichen Wirkungen eingetragener Partnerschaften) wurden im Rahmen einer Verstärkten Zusammenarbeit iSd Art 326 ff AEUV erlassen, an der 18 EU-Mitgliedstaaten (darunter auch Österreich) teilnehmen. Geregelt werden darin die internationale Zuständigkeit, das anzuwendende Recht sowie die Anerkennung und Vollstreckung.
Inhaltlich stimmen die Regelungen der beiden VO abgesehen von den erforderlichen sprachlichen Anpassungen weitgehend überein.1 Die Nummerierung der Artikel ist in beiden VO identisch.
Anwendungsbereich
Der mit „Güterstand“ umschriebene sachliche Anwendungsbereich ist autonom auszulegen. Darunter sind vermögensrechtliche Regelungen zu verstehen, die aufgrund der Ehe bzw Partnerschaft oder ihrer Auflösung zwischen den Ehegatten bzw Partnern oder in ihrem Verhältnis zu Dritten gelten (Art 1 und Art 3 Abs 1). Erfasst sind alle zivilrechtlichen Aspekte der Güterstände, sowohl bezüglich der Verwaltung des Vermögens im Alltag als auch bezüglich der güterrechtlichen Auseinandersetzung nach Trennung oder Tod. Ausgenommen sind bspw Unterhaltspflichten (Art 1 Abs 2). In Österreich fallen neben dem Güterrecht im engeren Sinn etwa auch die Schlüsselgewalt, die Abgeltung der Mitwirkung im Erwerb des anderen und die Aufteilung ehelicher Ersparnisse in den Anwendungsbereich der VO.2
Die Güterrechts-VO gelten ab 29. 1. 2019 (Art 70). Nach dem in Art 69 geregelten Übergangsrecht sind sie nur auf Verfahren, öffentliche Urkunden und gerichtliche Vergleiche anzuwenden, die ab diesem Zeitpunkt eingeleitet, errichtet oder eingetragen bzw geschlossen werden. Entscheidungen in früher eingeleiteten Verfahren sind jedoch nach den VO anzuerkennen und zu vollstrecken, wenn sie ab 29. 1. 2019 ergangen sind und die angewendeten Zuständigkeitsvorschriften mit jenen der VO übereinstimmen. Die Kollisionsnormen kommen zur Anwendung, wenn die Begründung der Ehe bzw Partnerschaft oder die güterrechtliche Rechtswahl nach Geltungsbeginn der VO erfolgt ist.
Regelungen
Die komplexen Zuständigkeitsregeln der VO, die grundsätzlich nur die internationale Zuständigkeit festlegen, greifen auch dann ein, wenn der internationale Bezug des Falls zu einem Drittstaat besteht (unter dem Begriff Drittstaat sind hier auch die nicht teilnehmenden EU-Mitgliedstaaten zu verstehen). Neben einer allgemeinen Zuständigkeitsnorm sehen die VO ua Annexzuständigkeiten nach Tod oder Auflösung der Ehe bzw Partnerschaft, beschränkte Möglichkeiten zu Gerichtsstandsvereinbarungen und mehrere Sonderzuständigkeiten vor (siehe die Übersicht unten).
Bei den Kollisionsnormen der VO handelt es sich um Sachnormverweisungen, die universell gelten, dh auch dann heranzuziehen sind, wenn sie auf das Recht eines Drittstaats verweisen. Eingriffsnormen und der ordre public des Gerichtsstaats bleiben unberührt. Dem anzuwendenden Recht unterliegt das gesamte Vermögen der Ehegatten, unabhängig davon, wo es sich befindet. Eine Rechtswahl ist in bestimmten Grenzen möglich (siehe die Übersicht unten).
Die VO sehen eine automatische Anerkennung von güterrechtlichen Entscheidungen anderer teilnehmender Mitgliedstaaten vor. Weiters wird die Vollstreckung solcher Entscheidungen sowie die Gleichstellung von öffentlichen Urkunden und gerichtlichen Vergleichen aus teilnehmenden Mitgliedstaaten geregelt.
Zuständigkeits- und Kollisionsnormen der Güterrechts-VO | ||
Internationale Zuständigkeit | ||
Annexzuständigkeit nach Tod eines Ehegatten oder Partners | Zuständigkeit des Mitgliedstaats-Gerichts, das nach der EuErbVO in der Verlassenschaftssache des verstorbenen Ehegatten/Partners angerufen wurde | Art 4 |
Annexzuständigkeit nach Auflösung der Ehe oder Partnerschaft | Zuständigkeit des Mitgliedstaats-Gerichts, das im Scheidungs- oder Aufhebungsverfahren nach der Brüssel IIa-VO angerufen wurde
| Art 5 |
Allgemeine Zuständigkeitsnorm | Rangordnung von Anknüpfungspunkten
| Art 6 |
Zuständigkeit aufgrund Gerichtsstandsvereinbarung | Schriftform erforderlich; nicht bei automatischer Annexzuständigkeit; beschränkte Wahlmöglichkeiten Wahlmöglichkeiten bei Ehe:
Wahlmöglichkeit bei Partnerschaft:
| Art 7 |
Andere Zuständigkeitsnormen | Zuständigkeit durch rügelose Einlassung; alternative Zuständigkeit (Unzuständigerklärung als Ermessensentscheidung); subsidiäre Zuständigkeit für unbewegliches Vermögen in einem Mitgliedstaat, wenn keine andere Zuständigkeit besteht; Notzuständigkeit; Zuständigkeit für Widerklage; Zuständigkeit für einstweilige Maßnahmen | Art 8 ff |
Anwendendes Recht | ||
Rechtswahl | Schriftform erforderlich Beschränkte Wahlmöglichkeiten:
| Art 22 |
Anknüpfung mangels Rechtswahl | Bei Ehe: Rangordnung von Anknüpfungspunkten
Bei Partnerschaft:
Ausweichklauseln können zur Anwendung eines anderen Rechts führen | Art 26 |
Literatur
- Baldovini, Die europäischen Güterrechtsverordnungen, Anwendungsbereich, Abgrenzung und Kollisionsrecht, iFamZ 2018, 39.
- Dukic, Die europäischen Güterrechtsverordnungen, NZ 2019, 121.
- Garber, Die Europäischen Güterrechtsverordnungen: Internationale Zuständigkeit, Rechtshängigkeit sowie Anerkennung und Vollstreckung, Zak 2019/7, 9.
- Laimer, Eingeschränkte Rechtswahl im Internationalen Güterrecht für Eheleute und registrierte Lebenspartner - eine sinnvolle Begrenzung der Parteiautonomie durch die neuen EU-Güterrechtsverordnungen?, JBl 2017, 549.
- Meisinger, Zuständigkeit, Anerkennung und Vollstreckung nach den EU‑Güterrechtsverordnungen, iFamZ 2018, 48.
- Nademleinsky, Rom IV: was bringen die neuen EU-Güterrechtsverordnungen?, JEV 2017, 36.
- Rudolf, Die Europäischen Güterrechtsverordnungen, EF-Z 2017/130, 244.
- Rudolf, Die Europäischen Güterrechtsverordnungen: Anwendungsbereich und anwendbares Recht ab 29. 1. 2019, Zak 2019/6, 5.