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Corona-Ampel

Coronavirus ÜbersichtCoronavirus - UnternehmensrechtGramOktober 2020

Die CORONA-Ampel ist „ein Werkzeug zur Einschätzung der epidemischen Lagen auf Basis von Schlüsselfaktoren“. Bis zum 26.9.2020 war es freilich ein „Werkzeug ohne Rechtsgrundlage“. Dann ist das Bundesgesetz, mit dem das EpiG und das COVID-19-Maßnahmengesetz geändert wurden (BGBl I Nr. 104/2020) in Kraft getreten und damit hat der Gesetzgeber eine gesetzliche Grundlage für die CORONA-Ampel geschaffen.

Gesetzliche Grundlage

§ 1 des Bundesgesetzes betreffend vorläufige Maßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 (COVID-19-Maßnahmengesetz – COVID-19-MG idF BGBl. I Nr. 104/2020 ) ermächtigt den bzw. die Verordnungsgeber zur Regelung der „Inanspruchnahme von Orten und Verkehrsmitteln“ sowie sogar zur Erlassung von Ausgangsregelungen. Dies erfolgt durch in § 1 Abs 5 COVID-19-MG genannte „Auflagen“ (wohl gemeint Maßnahmen – schließlich ist es auch das „Maßnahmengesetz“), die (so wird es vom BM für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz bezeichnet: https://www.sozialministerium.at/Informationen-zum-Coronavirus/Coronavirus---Rechtliches.html ) „in ihrer Umsetzung einer Kaskadenregelung folgen“. Gemeint sind damit die Zuständigkeiten laut § 7 COVID-19-MG, die vorsehen, dass (§ 7 Abs 1 leg. cit.) primär der BM für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz für die Erlassung von Verordnungen für „Auflagen“ zuständig ist, sekundär (§ 7 Abs 2 leg. cit.) die Landeshauptleute und tertiär (§ 7 Ab 3 leg. cit) die Bezirksverwaltungsbehörden (Bezirkshauptmannschaft oder Magistrate in den 15 österreichischen Statutarstädten).

Zuständigkeiten

Der Bundesminister wiederum kann Verordnungen der Landeshauptleute und Bezirksverwaltungsbehörden aufheben und Landeshauptleute die der Bezirksverwaltungsbehörden (gemäß § 7 Abs 5 COVID-19-MG); andererseits können Bezirksverwaltungsbehörden sogar zusätzlich zu Verordnungen des Landeshauptmanns oder des Bundesministers bzw. der Landeshauptmann auch zusätzlich zu Verordnungen des Bundesministers Maßnahmen festlegen; bei Maßnahmen, die Ausgangsregeln beinhalten, bedarf es dazu freilich der Zustimmung des Bundesministers bzw. des Landeshauptmanns und der Bundesminister ist über alle Verordnungen der Landeshauptleute oder Bezirksverwaltungsbehörden vor deren Inkrafttreten zu informieren.

In dieser Zuständigkeitsregel sieht das BM für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz die aktuelle Rechtsgrundlage der CORONA-Ampel (das „Ampelsystem“) begründet, weil „in einer Verordnung gemäß Abs 1 bis 3 COVID-19-MG entsprechend der jeweiligen epidemiologischen Situation regional differenziert werden kann“. So sieht es auch § 1 Abs 8 leg. cit vor, gemäß dem durch die auf Grundlage des COVID-19-MG erlassenen Verordnungen typisierende Abstufungen hinsichtlich der epidemiologischen Situation vorgenommen werden und an unterschiedliche Risikoeinstufungen unterschiedliche Maßnahmen geknüpft werden können („Ampelsystem“).

Dazu wurde mit dem COVID-19-MG die „Corona-Kommission geschaffen, die gemäß § 2 leg. cit. ein beim Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz eingerichteter Beirat zur Beratung des für das Gesundheitswesen zuständigen Bundesministers bei der Bewertung der epidemiologischen Situation gemäß § 1 Abs. 7 COVID-19-MG ist. Zu Sicherung der Transparenz ist in § 2 Abs 2 COVID-19-MG außerdem geregelt, dass die Empfehlungen der Corona-Kommission auf der Website des für das Gesundheitswesen zuständigen Bundesministers zu veröffentlichen sind (samt den wesentlichen Begründungen dafür). Außer bei Gefahr in Verzug hat der Bundesminister vor Erlassung von Verordnungen die Corona-Kommission auch zu hören. So schreibt es § 10 COVID-19-MG vor – für Verordnungen der Landeshauptleute oder Bezirksverwaltungsbehörden ist eine solche „Anhörung“ nicht vorgesehen.

Maßstab

Maßstab für „Auflagen“ (somit Verordnungen, die Regelungen zur „Inanspruchnahme von Orten und Verkehrsmitteln“ oder gar Ausgangsregelungen vorsehen) ist die Bewertung der epidemiologischen Situation, die gemäß § 1 Abs 7 leg. cit. insbesondere gemäß nachstehenden Kriterien vorzunehmen ist:

-      Übertragbarkeit, gemessen an neu aufgetretenen COVID-19-Fällen und Clustern,

-      Clusteranalyse, gemessen an der Anzahl der Fälle mit geklärter Quelle,

-      Ressourcen und Kapazitäten im Gesundheitswesen unter Berücksichtigung der aktuellen Auslastung der vorhandenen Spitalskapazitäten sowie der aktuellen Belegung auf Normal- und Intensivstationen,

-      durchgeführte SARS-CoV-2-Tests samt Positivrate und

-      regionale Besonderheiten wie ein besonderer Zustrom ortsfremder Personen, insbesondere Tourismus- und Pendlerströme.

Risikobewertung

Diese Kriterien sind in der CORONA-Ampel zur Risikoeinstufung (iSd § 1 Abs 8 COVID-19-MG) – in Hinblick auf das Verbreitungsrisiko (das ist die Gefährdung der öffentlichen Gesundheit durch die Verbreitung von COVID-19) und das Systemrisiko (das ist die Gefahr der Überlastung des Gesundheitsversorgungssystems) - abgebildet und grafisch dargestellt (nämlich in welchen Regionen Vorsichtsmaßnahmen aktuell als relevant angesehen werden); überdies sind dort die aktuellen Maßnahmen aufgelistet (bundesweit und für die einzelnen Bundesländer). Nicht dem Gesetz zu entnehmen sind die von der Corona-Kommission laut der Web-Site https://corona-ampel.gv.at/ zur Risikoeinschätzung angewandten vier Analysedimensionen, nämlich:

1. Übertragbarkeit

 „7-Tages-Fallzahl“ (neue aufgetretene Fälle der letzten 7 vergangenen Tage), „7-Tages-Inzidenz“ (neue aufgetretene Fälle der vergangenen 7 Tage pro 100.000 Einwohnerinnen/Einwohner), „Anzahl von neuen Clustern innerhalb einer Kalenderwoche“, „Anzahl der Bezirke mit neuen Clusterfällen innerhalb einer Kalenderwoche“ und „Anzahl der Clusterfall-freien Bezirke innerhalb einer Kalenderwoche“.

2. Quellensuche

 „Fälle mit geklärter Quelle“

3. Ressourcen

„vorhandene und benötigte Versorgungskapazitäten“, „aktuelle Belegung auf Normal- und Intensivstationen“ und „aktuelle Auslastung der vorhandenen Spitalskapazitäten“.

4. Tests

 „Tests je 100.000 EinwohnerInnen“, Tests der vergangenen 7 Tage und die Positivrate (Anteil der positiven Tests an allen Tests je Region).

All dies berücksichtigend können „bei Auftreten von COVID-19“ Regelungen für die „Inanspruchnahme von Orten und Verkehrsmitteln“ erlassen werden – das Gesetz nennt derlei wie folgt: Verordnungen über das „Betreten und Befahren von Betriebsstätten und Arbeitsorten sowie das Benutzen von Verkehrsmitteln“ (§ 3 COVID-19-MG), sowie Verordnungen über das „Betreten und Befahren von bestimmten Orten und öffentlichen Orten in ihrer Gesamtheit“ (§ 4 COVID-19-MG). Und wenn das alles noch nicht hilft (und es zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 unerlässlich sein soll), können auch Ausgangsregelungen (über das Verlassen des privaten Wohnbereichs zu bestimmten Zwecken) erlassen werden (§ 5 COVID-19-MG).

Weitere gesetzliche Grundlage

Darüber hinaus bietet auch das EpiG Möglichkeiten, „Maßnahmen gegen das Zusammenströmen größerer Menschenmengen“ zu ergreifen; auch hier wird (§ 15 Abs 2 EpiG) auf epidemiologische Erfordernisse abgestellt, weswegen auch in diesem Zusammenhang die Kriterien der „CORONA-Ampel zu berücksichtigen sein werden). Inhaltlich geht es dabei um Anordnungen von Behörden (Bezirkshauptmannschaft/Magistrat, Landeshauptmann oder Bundesminister – je nachdem, ob lokal, bundeslandweit oder im Gesamten Bundesgebiet Maßnahmen ergriffen werden sollen). Diese können dazu führen, dass Veranstaltungen untersagt oder deren Durchführung an die Einhaltung von Auflagen (weitere Abstandsregeln, MNS, Teilnehmeranzahlbeschränkungen, sanitäre Einrichtungen/Desinfektionsmittel) gebunden wird. Hierbei „overrult“ eine Maßnahme des Landeshauptmanns solche von Bezirksverwaltungsbehörden/Magistraten und die des Bundesministers geht jenen der Landeshauptleute vor – auch eine Kaskadenregelung.