13 Os 56/14f 13 Os 10/16v | In Verbandsverantwortlichkeitssachen, denen gerichtlich strafbare Finanzvergehen zu Grunde liegen, ist eine gänzlich bedingte Nachsicht der Geldbuße nicht möglich, weil § 6 VbVG eine solche nur für nach Tagessätzen bemessene Geldbußen vorsieht. Die Grenzen der Zulässigkeit teilweiser bedingter Nachsicht sind nach § 7 VbVG zu beurteilen. Mit Blick auf diese Norm kommt die subsidiäre Anwendung (§ 28a Abs 1 zweiter Satz FinStrG) des § 26 Abs 1 FinStrG insoweit nicht in Betracht. |
14 Os 97/15v 11 Os 10/16d | Eine Verbandsverantwortlichkeit begründende Straftat eines Entscheidungsträgers liegt nur dann vor, wenn dieser schon die Tat in Ausübung seiner Funktion begangen hat. Straftaten eines Entscheidungsträgers ohne Bezug zu seiner Stellung im Verband können daher keine Verantwortlichkeit nach § 3 Abs 2 VbVG, sondern allenfalls bei Wahrnehmung typischer Mitarbeiteraufgaben eine solche nach § 3 Abs 3 VbVG begründen. |
13 Os 1/15v 13 Os 139/15p | Der Insolvenzverwalter des belangten Verbands ist zur Ergreifung der Nichtigkeitsbeschwerde und der Berufung nicht legitimiert. |
13 Os 139/15p 13 Os 140/15k 11 Os 104/16b 11 Os 10/16d | Nur die Begehung einer mit gerichtlicher Strafe bedrohten Handlung durch bestimmte natürliche Personen vermag unter weiteren Voraussetzungen (vgl § 3 VbVG) die Verantwortlichkeit des Verbandes auszulösen. Diese spezifische Akzessorietät der Haftung des belangten Verbandes stellt einen untrennbaren Zusammenhang zwischen dem Handeln des Entscheidungsträgers oder Mitarbeiters und der Verbandsverantwortlichkeit her. Ist ein solche natürliche Personen (hier: § 2 Abs 1 Z 1 und 3 VbVG) betreffender Schuldspruch (§§ 22 Abs 1 VbVG) nicht aus gegenüber dem belangten Verband materiell rechtskräftig, ist demnach auch die rechtswidrige und schuldhafte Begehung der mit Strafe bedrohten Handlung(en) durch die Entscheidungsträger (§ 3 Abs 2 VbVG) Gegenstand der amtswegigen Prüfung (§ 290 StPO) des gegen den belangten Verband ergangenen Urteils (§ 22 Abs 2 VbVG). |
11 Os 104/16b | Ist der die natürliche Person betreffende Schuldspruch (durch deren Erhebung einer Nichtigkeitsbeschwerde) noch nicht materiell rechtskräftig, ist auch die (für die Haftung des belangten Verbands präjudizielle) rechtswidrige und schuldhafte Begehung einer mit Strafe bedrohten Handlung durch den Entscheidungsträger noch nicht mit bindender Wirkung festgestellt. In einem solchen Fall kann sie vom Verband auch in seiner bloß gegen das Urteil über ihn gerichteten Nichtigkeitsbeschwerde releviert werden und ist auch Gegenstand amtswegiger Prüfung (§ 290 Abs 1 StPO). |
13 Os 10/16v | Die in § 5 Abs 2 und 3 VbVG genannten Erschwerungs‑ und Milderungsgründe können auch bei der Bemessung einer nach dem FinStrG zu bestimmenden Verbandsgeldbuße herangezogen werden. Gem § 28a Abs 1 FinStrG ist die Verbandsgeldbuße in Finanzstrafsachen (von dort ausdrücklich genannten Ausnahmen abgesehen) nach der für das Finanzvergehen, für das der Verband verantwortlich ist, angedrohten Geldstrafe zu bemessen. Damit wird ausgedrückt, dass die Buße nicht – wie in § 4 VbVG vorgesehen – nach dem Tagessatzsystem, sondern dem Sanktionensystem des FinStrG folgend zu bestimmen ist |
11 Os 10/16d | Eine Straftat wird jedenfalls dann zugunsten des Verbands begangen (§ 3 Abs 1 Z 1 VbVG), wenn dieser durch die Tat bereichert wurde, sich einen Aufwand erspart hat, sonst einen (selbst bloß mittelbaren) wirtschaftlichen Vorteil erlangt hat oder einer dieser Erfolge hätte eintreten sollen. Gegen § 3 VbVG bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken (VfGH G 497/2015, G 679/2015). |
13 Os 64/17m 13 Os 25/18b | In das Recht des belangten Verbandes, über seine Vertretung im Verbandsverantwortlichkeits‑ verfahren selbst zu entscheiden, darf das Gericht nicht eingreifen. Im Fall des Einschreitens eines Wahlverteidigers besteht bei bewusst eingegangener Interessenkollision auch keine Pflicht des Gerichts, für den belangten Verband eine andere Vertretung zu bewirken. § 3 Abs 1 VbVG normiert einen alternativen Mischtatbestand, womit es unter dem Aspekt rechtsrichtiger Subsumtion insoweit gleichgültig ist, welche der Tatbestandsvarianten des § 3 Abs 1 VbVG verwirklicht worden ist, das heißt, ob die Tat zugunsten des belangten Verbandes begangen worden ist (§ 3 Abs 1 Z 1 VbVG) oder durch sie Pflichten verletzt worden sind, die den Verband treffen (§ 3 Abs 1 Z 2 VbVG). |
13 Os 119/18a | Dass die Strafbarkeit der Tat des Entscheidungsträgers bereits verjährt ist, schließt Verbandsverantwortlichkeit nach Maßgabe des § 3 Abs 2 VbVG daher nicht eo ipso aus. |
RS0133157 | Die Anordnung des § 21 Abs 2 VbVG und die entsprechenden Zuständigkeitsnormen des § 15 VbVG greifen nur, wenn Anklage gegen eine natürliche Person und ein entsprechender Antrag gegen einen Verband tatsächlich eingebracht werden. Eine zwingende Verbindung des Antrags auf Verhängung einer Verbandsgeldbuße mit einer Anklage gegen eine natürliche Person findet weder im Wortlaut noch im Gesetzeszweck eine Grundlage. |
6 Ob 239/20w | Der gegen den strafrechtlich verantwortlichen Verband gerichtete Vorwurf wiegt in seiner Gesamtheit nicht weniger schwer als jener gegen den qualifiziert strafbar handelnden Täter: Beide sind damit (weitaus) weniger schutzwürdig als der durchschnittliche Ersatzpflichtige, weshalb es auch sachgerecht erscheint, beiden gemäß § 1489 Satz 2 Fall 2 ABGB die Rechtswohltat der bloß dreijährigen Verjährung zu nehmen. |
13 Ns 94/20g | In gemäß § 15 Abs 1 erster Satz VbVG gemeinsam geführten Verfahren kommt das Recht, Einspruch gegen die Anklageschrift zu erheben, nach §§ 15 Abs 1 zweiter Satz, 14 Abs 1 VbVG iVm §§ 212, 213 Abs 2 erster Satz StPO auch dem belangten Verband zu. |
RS0133674 | Die Feststellungswirkung eines Schuldspruchs einer natürlichen Person erstreckt sich dann auf einen Verband, wenn dieser im Verfahren gegen die natürliche Person Parteistellung gem § 15 Abs 1 zweiter Satz VbVG, somit die Möglichkeit hatte, zu den Vorwürfen, für die er verantwortlich erklärt werden könnte, Stellung zu nehmen und das Urteil über seinen Entscheidungsträger oder Mitarbeiter – im Umfang des betreffenden Schuldspruchs – auf gleiche Weise wie dieser zu bekämpfen, und der Schuldspruch sowohl gegenüber dem Verband als auch gegenüber allen weiteren Anfechtungsberechtigten in Rechtskraft erwachsen ist. |
13 Os 9/21d = RS0133814 | Unter dem Aspekt der Verbandsverantwortlichkeit ist nicht von Bedeutung, welche (individuell bestimmte) natürliche Person, sondern, dass ein Entscheidungsträger (§ 3 Abs 2 VbVG) oder Mitarbeiter (§ 3 Abs 3 VbVG) des belangten Verbandes die Anknüpfungstat (§ 3 Abs 1 VbVG) begangen hat. |
13 Os 24/21k | Die tatbestandsmäßige, rechtswidrige und schuldhafte Begehung der Anknüpfungstaten ist zulässiger Gegenstand der Anfechtung des Ausspruchs über die Verbandsverantwortlichkeit, weil der Verband im diesbezüglichen Verfahren gegen seine Entscheidungsträger keine Parteistellung gehabt hat. |
13 Os 111/22f | Ausgehend davon, dass ein Verband gemäß § 3 Abs 2 VbVG unter den weiteren Voraussetzungen des § 3 Abs 1 VbVG für Straftaten (§ 1 Abs 1 zweiter Satz VbVG) eines Entscheidungsträgers verantwortlich ist, wenn der Entscheidungsträger als solcher die Tat rechtswidrig und schuldhaft begangen hat, folgt aus dem § 11 FinStrG (ebenso wie § 12 StGB) zugrundeliegenden Einheitstätersystem (wonach jeder von mehreren strafbaren Beteiligten eine eigene Tat begeht), dass bei Vorliegen jeweils sämtlicher Verantwortlichkeitsvoraussetzungen in Bezug auf mehrere Beteiligte der Verband für mehrere Straftaten verantwortlich ist. |

