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IV. Die GmbH im Rechtsverkehr

Rüffler/Koppensteiner3. AuflJuli 2007

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1. Privatrecht. a) Abs 1 sagt ausdrücklich, die GmbH sei selbständiger Rechts- und Pflichtenträger. Dass sie Eigentum und andere dingliche Rechte an Grundstücken erwerben kann, ist die notwendige Konsequenz aus diesem Grundsatz. Die ausdrückliche Erwähnung dieser Fähigkeit im Gesetzestext hat daher kei- ne eigenständige normative Bedeutung. Zum Namensschutz der Gesellschaft nach § 43 ABGB vgl OGH ÖBl 2000, 39, SZ 50/152, SZ 15/18, OGH EvBl 1965/160. Zum Schutz der Ehre nach § 1330 ABGB OGH ÖBA 2004, 52. Die Rechtsfähigkeit der GmbH ist nicht durch ihren Unternehmensgegenstand beschränkt; die ultra vires-Doktrin gilt in Österreich nicht (Jabornegg in Jabornegg/Strasser § 1 Rn 29, Straube, ÖJZ 1978, 343 ff, Koziol/Welser I 71). Zusammengefasst: Die GmbH kann Inhaberin sämtlicher gesetzlicher oder vertraglicher Ansprüche sein, die auch einer natürlichen Person zustehen mit Ausnahme jener, die - wie etwa im familienrechtlichen Zusammenhang - nur ein Mensch haben kann (§ 26 ABGB; vgl Gellis/Feil Rn 1, ausführlich Jabornegg in Jabornegg/Strasser § 1 Rn 33 ff, zur Arbeitnehmerähnlichkeit OLG Graz GeS 2003, 349). Dazu gehört auch die Fähigkeit, Verträge beliebigen Inhalts abzuschließen, und zwar auch mit Gesellschaftern (dazu VwGH AnwBl 1983, 400, zur Trennung der GmbH von der KG, deren Komplementärin sie ist, SZ 69/173). Zur Frage, wann Vertretung der Gesellschaft durch die Geschäftsführer anzunehmen ist, s § 19 Rn 2, zur Wissens- und Irrtumszurechnung § 18 Rn 24 f. Pflichten der Gesellschaft gegenüber Dritten treffen grundsätzlich nicht auch die Gesellschafter, und zwar auch dann nicht, wenn diese nur einen einzigen Gesellschafter hat (dazu OGH GesRZ 1989, 103, JBl 1965, 90, HS 2230, Arb 4580, AC 2649, AC 2284, NZ 1917, 15, LG Wien Arb 4542). Das gilt wohl auch für Ansprüche des eine Generalversammlung protokollierenden Notars (dazu M. Bydlinski, RdW 1993, 102 ff im Anschluss an OGH RdW 1993, 107). Ansprüche der Gesellschaft sind nicht auch den Gesellschaftern zugeordnet (bedenklich insofern OGH wbl 1992, 264). Deshalb kann auch der Gesellschafter einer Einmann-GmbH nicht mit einer Forderung der Gesellschaft kompensieren (OGH JBl 1965, 90, vgl auch AC 2649) oder deren Schadenersatzforderungen gegen Dritte im eigenen Namen geltend machen (OGH GesRZ 1989, 103). Entlohnungsansprüche ihrer Arbeitnehmer richten sich nur gegen die GmbH (OGH Arb 4580, LG Wien Arb 4542; vgl aber auch OGH ZBl 1930/7). Gleiches gilt für den Entlohnungsanspruch des Notgeschäftsführers (OGH SZ 73/51, JBl 2003, 184, näher § 15 a Rn 12). Der Trennungsgrundsatz gilt teilweise auch im Anwendungsbereich des MRG. Deswegen liefert die Veräußerung sämtlicher Geschäftsanteile grundsätzlich nicht den Kündigungsgrund der Weitergabe des Bestandsobjekts (OGH ecolex 1991, 620). Im Unterschied zur vor dem 3. WÄG 1993 geltenden Rechtslage wird die Veräußerung von Geschäftsanteilen hinsichtlich der Zulässigkeit einer Mietzinsanhebung der Veräußerung des Unternehmens de lege lata gleichgestellt, wenn sie zu einer entscheidenden Änderung der rechtlichen und wirtschaftlichen Einflussmöglichkeiten führt (§ 12 a Abs 3 MRG; dazu Würth in Rummel § 12 a MRG Rn 17 ff, Auer/Böhm in Schwimann § 12 a MRG Rn 81 ff, Reich-Rohrwig, Mietzinserhöhung, 63 ff, Schauer, RdW 1994, 170 ff). Eine solche entscheidende Änderung liegt vor allem im „Kippen der Mehrheitsverhältnisse“, also wenn ein neuer Gesellschafter oder ein bisheriger Minderheitsgesellschafter die Mehrheit der Anteile erwirbt (OGH GesRZ 2006, 278, GesRZ 2004, 268, GesRZ 1999, 50, RdW 1999, 784, möglicherweise anders - Abstellen darauf, ob nunmehr andere Personen den wirtschaftlichen Nutzen aus dem günstigen Mietrecht ziehen - OGH GesRZ 2004, 217, ebenfalls abweichend OGH GesRZ 2005, 47, dagegen aber wieder OGH GesRZ 2006, 278, zu dieser Judikaturdivergenz vgl Schauer, ecolex 2005, 26 ff, Vonkilch, GesRZ 2004, 121, Gröss, RdW 2004, 603 f, Winkler/Vaclavek, RdW 2005, 149 ff, 208 ff, Thoß RdW 2006, 683 ff). Darauf kommt es auch im Fall der erbrechtlichen (OGH ecolex 2000, 288, RdW 2000, 348) oder umgründungsrechtlichen Gesamtrechtsnachfolge an (Umwandlung, Verschmelzung, Spaltung; vgl OGH GesRZ 2007, 204 mit Anm Schauer, RdW 2006, 18, GesRZ 2000, 277), nach Ansicht eines verst Senats jedoch nicht bei der Einbringung im Wege der Einzelrechtsnachfolge. Diese sei § 12 a Abs 1 MRG zu unterstellen, sodass ein Mietzinsanhebungsrecht auch dann besteht, wenn der Einbringer über die Mehrheit an der das Unternehmen fortführenden GmbH verfügt, sich also die Machtverhältnisse nicht ändern (OGH JBl 2000, 643; aus der zum Teil krit Literatur vgl neben der Kommentarliteratur und den schon Zitierten auch noch Ofner, ecolex 1998, 211, Grünwald, JBl 1995, 276 ff, ders, GesRZ 2000, 207 ff, Kerres/Freytag, ÖJZ 1995, 539 ff, Schauer, GesRZ 1994, 30, monographisch Boller; zur Unmaßgeblichkeit bloß vorübergehend geändeter Mehrheitsverhältnisse OGH ecolex 2006, 289, zum Machtwechsel in der GmbH & Co KG durch Kippen der Mehrheitsverhältnisse in der Komplementär-GmbH OGH RdW 2002, 531, zur Ersetzung einer natürlichen Person durch eine Komplementär-GmbH Reich-Rohrwig, ecolex 1995, 490 f, zu Treuhandverhältnissen OGH RdW 2002, 598, zum Erfordernis formgerechter Übertragung der Geschäftsanteile OGH RdW 2005, 17). Andererseits kann der Vermieter Eigenbedarf nicht deshalb geltend machen, weil er das Bestandsobjekt für eine GmbH benötigt, an der er wesentlich beteiligt ist (SZ 2/42). Die GmbH ist möglicher Gläubiger (zB OGH ecolex 1990, 215) und Schuldner von Ansprüchen aus unerlaubter Handlung. In letzterem Zusammenhang haftet sie nach jetzt herrschender Auffassung für ihre Organe und andere Machthaber, also Personen in leitender Funktion (für Einzelheiten und Nachweise vgl SZ 66/82, SZ 68/14 [für Aufsichtsratsmitglieder], Aicher in Rummel § 26 Rn 26, Koziol/Welser I 74 f, Feil, GesRZ 1993, 102, Tinhofer, RdW 1994, 248 ff, je mwN). Für Gesellschafter wird nicht gehaftet, auch nicht im Kontext von Ansprüchen aus unlauterem Wettbewerb (OGH ÖBl 1979, 45, ÖBl 1976, 41). Bei Einbringung eines Unternehmens kann dies wegen der §§ 38 UGB (früher § 25 HGB), 1409 ABGB anders sein (zu Letzterem die strafrechtliche E OGH JBl 1996, 125). Wegen UWG-Verstößen der Gesellschaft können nicht auch die Gesellschafter in Anspruch genommen werden (OGH ÖBl 1976, 41, monographische Analyse bei König). Die §§ 1472, 1485 ABGB gelten auch zugunsten der GmbH (OGH RZ 1967, 202, Reich-Rohrwig 544, anders M. Bydlinski, RZ 1982, 218). Auch im Sachenrecht wird die Einmanngesellschaft als selbständiger Rechtsträger anerkannt (OGH EvBl 1960/108). Zu ihrer Inanspruchnahme wegen Besitzstörung LGZ Wien MietSlg 29.033. Stirbt ein Einmann-Gesellschafter, so fällt nicht das Gesellschaftsvermögen, sondern der Geschäftsanteil in den Nachlass (AS 1596, OLG Wien NZ 1969, 109; vgl § 76 Rn 15).

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