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II. Voraussetzungen der Verschmelzung

Rüffler/Koppensteiner3. AuflJuli 2007

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1. Verhältnisse der Gesellschaften. a) Fusionsfähig sind grundsätzlich auch aufgelöste Gesellschaften (näher zu den Voraussetzungen und Einschränkungen § 92 Rn 16 mN). Folge der Niederlassungsfreiheit ist es auch, dass die grenzüberschreitende Verschmelzung möglich sein muss, wenn die angestrebte Verschmelzung zwischen inländischen Rechtsträgern zulässig ist. Das hat der EuGH für die Behinderung einer Hereinverschmelzung ausdrücklich festgehalten (EuGH Slg 2005, I-10805-SEVIC, dazu etwa Doralt, IPRax 2006, 572 ff, Bayer/Schmidt, ZIP 2006, 210 ff, Kieninger, EWS 2006, 49 ff, Huemer, RWZ 2006, 33 ff, auch Schindler, ÖStZ 2005, 467 ff, Rieder, GeS 2006, 4 ff). Ungeachtet an ein älteres Urteil (EuGH Slg 1988, 5483-Daily Mail) anknüpfender obiter dicta des EuGH (Slg 2002, I-9919-Überseering Rn 65 ff, 80, Slg 2003, I-10155-Inspire Art Rn 103), darf auch die Hinausverschmelzung nicht behindert werden. Denn für das von Artt 43 und 48 EGV geschützte Mobilitätsinteresse ist es gleichgültig, ob Behinderungen durch den Wegzugs- oder den Zuzugsstaat gesetzt werden (Koppensteiner, GesRZ 2006, 113 mwN, vgl auch Kantongerecht Amsterdam DB 2007, 677 mit Anm Gesell/Krömker). Freilich sind Beschränkungen aus Gründen des Allgemeininteresses, namentlich des Minderheiten-, Gläubiger- und Arbeitnehmerschutzes zulässig, sofern sie dazu geeignet, erforderlich und verhältnismäßig sind (EuGH Slg 2005, I-10805-SEVIC Rn 29). Die praktische Durchführung von grenzüberschreitenden Verschmelzungen richtet sich nach dem Personalstatut der fusionswilligen Gesellschaften, für deren Zusammenspiel im Einzelnen aber keine gesicherten Kriterien existieren (vgl zu praktischen Durchführungsproblemen auch Kepplinger, wbl 2000, 485 ff). Abhilfe wird hier die RL 2005/56/EG über grenzüberschreitende Verschmelzungen bringen, die bis zum 15.12.2007 umgesetzt werden muss und wozu derzeit (Sommer 2007) bereits eine Regierungsvorlage zu einem sog EU-Verschmelzungsgesetz vorliegt (171 Blg NR XXIII. GP, GesRÄG 2007, zum Entwurf des BMJ Kaufmann, RWZ 2007, 161 ff). Die Richtlinie gilt auch für die GmbH-Verschmelzung. Ihr Prinzip ist, dass jede der sich verschmelzenden Gesellschaften das nach ihrem Gesellschaftsstatut maßgebliche Recht anzuwenden hat. Neben dieser Kollisionsregel enthält die RL Sachnormen, die sich am vorbereitenden Gesellschafterschutz der VerschmelzungsRL (Rn 1) orientieren und solche, die die registerliche Durchführung der Verschmelzung näher regeln. Danach werden Gesellschafter vor allem durch ein a-priori-Schutzsystem mit Berichten und externer Prüfung geschützt. Die korrekte Einhaltung der für die jeweilige Gesellschaft geltenden Bestimmungen ist durch eine Bescheinigung einer mitgliedstaatlichen Behörde (oder eines Gerichts oder Notars) zu bestätigen, was die praktischen Schwierigkeiten der registerlichen Durchführung grenzüberschreitender Verschmelzungen beseitigen wird. Ferner finden sich auch Sachnormen zu den Wirkungen der Verschmelzungen sowie ungemein komplexe Regelungen zur Wahrung von Mitbestimmungsrechten (für Einzelheiten Koppensteiner, GesRZ 2006, 121 ff, Ratka, GeS 2006, 52 ff, Blasy, RdW 2006, 138 ff, Huemer, RWZ 2006, 67 f, Hirschler/Schindler, RdW 2006, 608 f, Adensamer/Eckert, GeS 2007, 95 ff, 143 ff). Bis zur Umsetzung der RL hat sich die grenzüberschreitende Verschmelzung auch daran zu orientieren, dass auf jede der beteiligten Gesellschaften das nach ihrem Gesellschaftsstatut berufene Sachrecht zur Anwendung kommt. Das Recht der übertragenden Gesellschaft ist demnach insoweit einschlägig, als es auf die mit dieser Gesellschaft verknüpften Interessen zielt. Entsprechendes gilt für die übernehmende Gesellschaft. Normwidersprüche sind im Wege der Anpassung zu lösen. Für die deutschösterreichische Verschmelzung ist das schon näher aufgearbeitet worden (vgl Koppensteiner, GesRZ 2006, 111 ff, Rüffler, GesRZ 2004, 3 ff zum im Wesentlichen gleichgelagerten Fall der übertragenden Umwandlung; zur italienisch-österreichischen Verschmelzung V. Eckert, ecolex 2002, 97 ff, zur litauisch-österreichischen Vavrovsky, ecolex 2006, 952 ff; allgemein nunmehr auch Adensamer/ Eckert, GeS 2007, 95 ff, 143 ff mit allerdings unrichtigen Schlussfolgerungen hinsichtlich der Form des Verschmelzungsvertrags und der Verschmelzungswirkungen, ferner Fida in Helbich/Wiesner/Bruckner Q1 Rn 51 ff; Doralt, ECFR 2007, 17 ff; vgl aus der Literatur vor EuGH SEVIC auch noch Kalss § 219 AktG Rn 5, Harrer, GesRZ 1995, 142 ff, Koppensteiner, Internationale Unternehmen 255 ff, 268 ff vgl ferner OGH ÖBA 1958, 127). Nicht möglich ist es, eine inländische Gesellschaft wirksam auf eine als Zweigniederlassung hierzulande eingetragene (Schein-)Auslandsgesellschaft (dazu §§ 107, 112-114 Rn 10) dadurch zu verschmelzen, dass die Verschmelzung im Inland eingetragen wird (OLG München GeS 2006, 403 mit unzutreffender Kritik von M. Doralt, GeS 2006, 391 ff). Zur steuerrechtlichen Behandlung der internationalen Verschmelzung zB Achatz/Kofler, GeS 2005, 119 ff.

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