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II. Voraussetzungen der Bestellung

Rüffler/Koppensteiner3. AuflJuli 2007

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1. Vertretungsmängel. a) Abs 1 verlangt, dass die zur Vertretung der Gesellschaft erforderlichen Geschäftsführer fehlen. Der Begriff „Vertretung“ wird untechnisch verwendet. Anmeldungen zum Firmenbuch implizieren keinen Vertretungsakt (§ 9 Rn 8). Gleichwohl ist § 15 a auch in diesem Zusammenhang anwendbar (so etwa SZ 59/172, SZ 58/181, OLG Wien NZ 1988, 262; im Ergebnis ebenso Pöltner 5 f). Die Unmöglichkeit aktiver Vertretung der Gesellschaft genügt (SZ 58/27, Reich-Rohrwig I Rn 2/55, Kostner/Umfahrer Rn 194, Wünsch, GesRZ 1985, 157; zu passiver Vertretungsmacht Rn 5). Das trifft zunächst dann zu, wenn Geschäftsführer in notwendiger Anzahl gar nicht (mehr) im Amt sind (ausführlich zu diesen Fällen Pöltner 11 ff). Es reicht aber auch aus, dass ein zur Vertretung der Gesellschaft notwendiger Geschäftsführer aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen daran gehindert ist, zu handeln (SZ 58/27, Pöltner 30 ff, ferner Reich-Rohrwig aaO, OLG Wien NZ 2006, 155, zweifelnd Auer Rn 38, ablehnend P. Bydlinski, 88 f). Zu denken ist zB an den Fall, dass der einzige Geschäftsführer einen Gesellschafterbeschluss anficht (dazu OGH RdW 1997, 535) oder Schadenersatzansprüche der Gesellschaft gegen ihn geltend gemacht werden sollen (OGH wbl 2006, 434). Verbleibt in Folge Wegfalls und nicht bloß vorübergehender Verhinderung eines anderen Geschäftsführers nur mehr ein gesamtvertretungsbefugter Geschäftsführer mit einem unechten Gesamtprokuristen, ist organschaftliche Aktivvertretung nicht mehr möglich (näher Koppensteiner in Rowedder/Schmidt-Leithoff § 35 Rn 61 mN auch zur Gegenmeinung). Notgeschäftsführerbestellung ist daher zulässig (Pöltner 9 f; anders Reich-Rohrwig aaO und Voraufl). Ein Vertretungsmangel liegt nach Auffassung der Rechtsprechung auch dann vor, wenn die Vertretung der Gesellschaft infolge Amtsverweigerung einzelner oder aller Geschäftsführer lahm gelegt ist, nicht aber dann, wenn sich eine solche Weigerung bloß auf einzelne Geschäftsführungsakte bezieht (OGH wbl 2006, 287, SZ 58/27; zur Präzisierung SZ 59/172, zustimmend Kostner/Umfahrer Rn 205, Wünsch Rn 5, dagegen Pöltner 46 ff). Diese Unterscheidung sollte aufgegeben werden. Einerseits kann die Bestellung eines Notgeschäftsführers auch dann unzulässig sein, wenn sich ein vorhandener generell weigert, seinen Pflichten zu entsprechen (anders Reich-Rohrwig I Rn 2/55). Andererseits kommt sie auch dann in Betracht, wie der OGH jetzt ja auch zugesteht, wenn es „nur“ darum geht, eine ganz bestimmte Handlung zu erzwingen. Ausschlaggebend ist, ob der Antragsteller eine rechtliche Möglichkeit hat, seine rechtlich geschützten Interessen ohne Zuhilfenahme des Gerichts durchzusetzen (näher Rn 6, auch OLG Wien NZ 2006, 217). Ist dies der Fall, dann greift § 15 a - insofern ist den Gerichten zu folgen - nicht ein. Ebenso liegt es, wenn die klagende Gesellschaft nicht aktiv legitimiert ist (OGH ecolex 1993, 248 zur Klage nach § 48 Abs 1). Der Meinung Pöltners (46 ff), bei Amtsverweigerung sei Notgeschäftsführerbestellung generell unzulässig, ist nicht zu folgen. Denn wenn der Antragsteller keine rechtliche Möglichkeit hat, seine rechtlich geschützten Interessen ohne Zuhilfenahme des Gerichtes durchzusetzen, ist es gleichgültig, ob der Grund dafür etwa Krankheit bzw Abwesenheit oder Amtsverweigerung ist.

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