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2. Anpassungs- und Entwicklungsbedarf im Recht und in den Rechtsberufen

Schulz3. AuflMärz 2019

Cyber Compliance

Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung

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Das Recht und die Rechtsberufe sind durch die genannten Entwicklungen umfassend betroffen, da die digitale Transformation nicht nur den operativen Einsatz neuer IT-Tools bei juristischen Tätigkeiten zum Gegenstand hat, sondern grundsätzliche Fragen der normativen Ermöglichung und Beschränkung digitaler Geschäftsmodelle und Geschäftsprozesse aufwirft.1919Vgl. Hoffmann-Riem, Rechtliche Rahmenbedingungen für und regulative Herausforderungen durch Big Data, in: Hoffmann-Riem (Hrsg.), Big Data – Regulative Herausforderungen, S. 11 ff. Für den Bereich des Gesellschaftsrechts siehe Paal, ZGR 2017, 590 ff.; Möslein, ZIP 2018, 204 ff. Zur Rechtswidrigkeit mittels Smartphone-Applikationen vermittelter Mobilitätsdienstleistungen nach dem Modell „Uber“ jüngst EuGH, Urt. v. 10.4.2018 – C-320/16 , EuZW 2018, 378 ff. Sowohl bei der Analyse des vorhandenen normativen Rahmens als auch bei der Entwicklung neuer rechtlicher Rahmenbedingungen ist zu berücksichtigen, dass diverse Fragen (insbesondere im Zusammenhang mit dem aus Art. 2 in Verbindung mit dem aus Art. 1 GG abgeleiteten Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung) eine verfassungsrechtliche Dimension haben.2020Überblick etwa bei Papier, Herausforderung des Rechtsstaats im Zeitalter der Digitalisierung, in: Bär/Grädler/Mayr (Hrsg.), Digitalisierung im Spannungsfeld von Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Recht, 2. Band, S. 171 ff.; Hoffmann-Riem, Rechtliche Rahmenbedingungen für und regulative Herausforderungen durch Big Data, in: Hoffmann-Riem (Hrsg.), Big Data – Regulative Herausforderungen, S. 11 ff. m. w. N. Denn die aus dem so konturierten Grundrecht folgenden (und durch das Datenschutzrecht konkretisierten) Prinzipien der sog. Datensparsamkeit und der Zweckbindung jeder Datenerhebung stehen im Widerspruch zu der immer umfangreicheren Nutzung von Big Data als Folge der digitalen Transformation.2121 Hieke, Zum gesetzlichen Schutz der rechtlichen Zuordnung von Daten, InTeR 2017, 10, 18. Immer umfangreichere digitale Registrierungs- und Speicherungsmöglichkeiten werfen beispielsweise Fragen nach Bestand und Reichweite eines „Rechts auf Verges

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senwerden“ auf.2222Siehe das Beispiel bei Paal, ZGR 2017, 590, 592. Diese Beispiele zeigen die vielfältigen und teils neuartigen rechtlichen Problemstellungen auf, einschließlich der Frage nach veränderten Möglichkeiten und Herausforderungen für die Rechtsberufe.2323Zu den Auswirkungen der digitalen Transformation auf das Recht, den Rechtsmarkt und die Rechtsberufe vgl. etwa Hoffmann-Riem, Innovation und Recht – Recht und Innovation, § 40; Schliesky, DVP 2017, 443; Sassenberg/Faber, Rechtshandbuch Industrie 4.0 und Internet of Things, 2017; Breidenbach/Glatz, Rechtshandbuch Legal Tech, 2018; Hartung/Bues/Halbleib, Legal Tech – die Digitalisierung des Rechtsmarkts, 2018; Schwerdtfeger, BKR 2018, 5; Boehme-Neßler, NJW 2017, 3031; Wagner, BB 2017, 898 f.; ders., BB 2018, 1097; Staub, zfo 2017, 352 ff.; Buchholtz, JuS 2017, 955. Letztere betreffen etwa die Gewährleistung und den Schutz von Freiheitsrechten, nicht nur, aber insbesondere im Zusammenhang immer umfangreicherer Sammlung und kommerzieller Nutzung persönlicher Daten.2424Vgl. Hoffmann-Riem, Rechtliche Rahmenbedingungen für und regulative Herausforderungen durch Big Data, in: Hoffmann-Riem (Hrsg.), Big Data – Regulative Herausforderungen, S. 16 ff. Andererseits sind durch die digitale Transformation völlig neue Bedrohungen unter dem Stichwort „Cyber Crime“ entstanden und damit einhergehende Herausforderungen für die Unternehmensleitung und verantwortliche Führungskräfte, aber auch IT-Dienstleister entstanden (Stichwort „Cyber Compliance“).2525Dazu etwa Mehrbrey/Schreibauer, Haftungsverhältnisse bei Cyber-Angriffen – Ansprüche und Haftungsrisiken von Unternehmen und Organen, MMR 2016, 75 ff. sowie Paulus, Sichere Software im Umfeld von Industrie 4.0, in: Bär/Grädler/Mayr (Hrsg.), Digitalisierung im Spannungsfeld von Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Recht, 2. Band, S. 185 ff.; Pohlmann, Ohne IT-Sicherheit gelingt keine nachhaltige Digitalisierung, in: Bär/Grädler/Mayr (Hrsg.), S. 195 ff. Damit stellen sich diverse grundsätzliche Fragen, inwieweit die geltenden rechtlichen Rahmenbedingungen der Anpassung oder Erneuerung bedürfen.2626Vgl. Heuer-James/Chibanguza/Stücker, Industrie 4.0 – vertrags- und haftungsrechtliche Fragestellungen, BB 2018, 2818 ff. sowie grundlegend Hoffmann-Riem, Rechtliche Rahmenbedingungen für und regulative Herausforderungen durch Big Data, in: Hoffmann-Riem (Hrsg.), Big Data – Regulative Herausforderungen, S. 11, 13 f.

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