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UPDATE: Öffentlich-rechtliche Maßnahmen und Anordnungen

Müller4. AuflNovember 2020

Stand: 16. November 2020

Mit der neuen COVID-19-Notmaßnahmenverordnung wird in Österreich ein zweiter Lockdown mit einer strengen Ausgangssperre verfügt. Es gibt jetzt ein klares Verbot des Verlassens des privaten Wohnbereichs an Stelle des – als gesetzwidrig erkannten – Betretungsverbots öffentlicher Orte vom Frühjahr. Die Ausnahmen sind ähnlich wie im Frühjahr, aber teilweise präziser formuliert. Der Handel und auch viele Dienstleistungsbetriebe, das Gastgewerbe und die Hotellerie werden voraussichtlich bis 6.12. geschlossen. Veranstaltungen sind, von wenigen Ausnahmen abgesehen, verboten. Entschädigungen nach dem Epidemiegesetz sind nicht vorgesehen, aber ein teilweiser Ersatz des Umsatzrückgangs wurde angekündigt.

Welche Rechtsvorschriften anwendbar und was sind die wichtigsten Regelungen? Rechtsgrundlage der verfügten Maßnahmen ist das COVID-19-Maßnahmengesetz. Es ermächtigt den Verordnungsgeber folgende Maßnahmen zu treffen:

Insbesondere Verordnungen, die Ausgangsregelungen treffen, das heißt Ausgangssperren verfügen, bedürfen dem Einvernehmen des Hauptausschusses und treten spätestens zehn Tag nach ihrem Inkrafttreten außer Kraft. Sie können aber verlängert werden.

Mit der am 17.11.2020 in Kraft COVID-19-Notmaßnahmenverordnung soll Folgendes verfügt werden:

Gibt es Ausgangssperren?

Ja, von 0 bis 24 Uhr. Während im ersten Lockdown im März / April 2020 mit einem – gesetzwidrigen – generellen Betretungsverbot öffentlicher Orte gearbeitet wurde, gilt nun ein Verbot des Verlassens des "privaten Wohnbereichs", also eine "echte Ausgangssperre". Folgende Ausnahmen sind vorgesehen:

  • der Kontakt mit dem nicht im gemeinsamen Haushalt lebenden Lebenspartner oder der Kontakt mit einzelnen engsten Angehörigen bzw einzelnen wichtigen Bezugspersonen, mit denen in der Regel mehrmals wöchentlich Kontakt gepflegt wird;
  • die Versorgung mit Grundgütern des täglichen Lebens;
  • die Inanspruchnahme von Gesundheitsdienstleistungen;
  • die Deckung eines Wohnbedürfnisses;
  • die Befriedigung religiöser Grundbedürfnisse, wie Friedhofsbesuche und individuelle Besuche von Orten der Religionsausübung; sowie
  • die Versorgung von Tieren;
  • berufliche Zwecke und Ausbildungszwecke, sofern dies erforderlich ist;
  • Aufenthalt im Freien zur körperlichen und psychischen Erholung;
  • zur Wahrnehmung von unaufschiebbaren behördlichen oder gerichtlichen Wegen;
  • zur Teilnahme an gesetzlich vorgesehenen Wahlen und zum Gebrauch von gesetzlich vorgesehenen Instrumenten der direkten Demokratie;
  • zum Zweck des Betretens von Kundenbereichen von Betriebsstätten, die nicht geschlossen wurden; und
  • zur Teilnahme an erlaubten Veranstaltungen.
Welche Beschränkungen treffen die Unternehmen?

Handels- und Dienstleistungsbetreibe (Dienstleistungsbetreibe, wenn sie "körpernahe Dienstleistungen" erbringen wie Friseure und Perückenmacher (Stylisten), Kosmetiker [Schönheitspfleger], hierbei insbesondere das Piercen und Tätowieren, Masseure sowie der Hörgeräteakustiker) sowie Freizeiteinrichtungen werden voraussichtlich bis 6.12. geschlossen.

  • Freizeiteinrichtungen sind (hier könnten sich noch Änderungen ergeben):
  • Schaustellerbetriebe, Freizeit- und Vergnügungsparks;
  • Bäder und ähnliche Einrichtungen
  • Tanzschulen,
  • Wettbüros, Automatenbetriebe, Spielhallen und Casinos,
  • Schaubergwerke,
  • Einrichtungen zur Ausübung der Prostitution,
  • Theater, Konzertsäle und -arenen, Kinos, Varietés und Kabaretts,
  • Indoorspielplätze,
  • Paintballanlagen,
  • Museen,
  • Museumsbahnen,
  • Büchereien, Bibliotheken und Archive
  • Tierparks und Zoos.

Ausgenommen von den Schließungen sind (hier können sich noch Änderungen ergeben):

  • öffentliche Apotheken;
  • Lebensmittelhandel (einschließlich Verkaufsstellen von Lebensmittelproduzenten) und bäuerlichen Direktvermarktern;
  • Drogerien und Drogeriemärkte;
  • Verkauf von Medizinprodukten und Sanitärartikeln, Heilbehelfen und Hilfsmitteln;
  • Gesundheits- und Pflegedienstleistungen;
  • Dienstleistungen für Menschen mit Behinderungen, die von den Ländern im Rahmen der Behindertenhilfe-, Sozialhilfe-, Teilhabe- bzw Chancengleichheitsgesetze erbracht werden;
  • veterinärmedizinische Dienstleistungen;
  • Verkauf von Tierfutter;
  • Verkauf und Wartung von Sicherheits- und Notfallprodukten;
  • Agrarhandel einschließlich Tierversteigerungen sowie der Gartenbaubetrieb und der Landesproduktenhandel mit Saatgut, Futter und Düngemittel;
  • Tankstellen und Stromtankstellen sowie Waschanlagen;
  • Postdiensteanbieter einschließlich deren Postpartner;
  • Tabakfachgeschäfte und Zeitungskioske; und
  • KFZ- und Fahrradwerkstätten.

Bei den Unternehmen, die offen haben dürfen, gelten folgende Beschränkungen:

  • größtenteils ist die Öffnungszeit auf 06:00 bis 19:00 Uhr beschränkt;
  • der Mindestabstand ist einzuhalten und ein MNS zu tragen; auch von den Beschäftigten im Kundenbereich dieser Unternehmen;
  • wie schon im ersten Lockdown müssen jedem Kunden 10m² zur Verfügung stehen;
  • sinngemäß gilt das auch für Märkte im Freien.
Was gilt für das Gastgewerbe und die Hotellerie?

Gastgewerbe und Hotellerie sind bis auf wenige Ausnahmen geschlossen. Hotels dürfen für Dienstreisen weiterhin offen haben. Betriebskantinen dürfen für Mitarbeiter weiterhin geöffnet bleiben. Mindestabstände sind einzuhalten und ein r MNS ist außer während der Konsumation von Getränken und Speisen zu tragen. Auch die Mitarbeiter müssen einen MNS tragen, wenn es keine sonstigen Schutzeinrichtungen gibt.

Die Abholung von Speisen und Getränken zwischen 06:00 und 19:00 Uhr zulässig. Die Speisen und Getränke dürfen nicht im Umkreis von 50 Metern um die Betriebsstätte konsumiert werden. Lieferservice bleibt auch zulässig.

Bekomme ich als betroffenes Unternehmen eine Entschädigung?

Eine Entschädigung entsprechend dem Epidimiegesetzes ist nicht vorgesehen. Dies ist wohl auch zulässig, hat doch der Verfassungsgerichtshof hat Juli 2020 festgestellt, dass bei Betriebsschließungen der Ausschluss des Entschädigungsanspruchs zulässig ist. Unternehmen können nur die diversen Förderungen wie Kurzarbeit, Fixkostenzuschuss, etc in Anspruch nehmen. Für die mit der COVID-19-Notmaßnahmenverordnung verordneten Maßnahmen wurde von der Bundesregierung der Ersatz eines bestimmten Prozentsatzes des Umsatzes in Aussicht gestellt.

Was gilt für Veranstaltungen?

Veranstaltungen sind verboten. Ausgenommen sind insbesondere unaufschiebbare berufliche Zusammenkünfte, wenn diese zur Aufrechterhaltung der beruflichen Tätigkeiten erforderlich sind und nicht in digitaler Form abgehalten werden können, Versammlungen nach dem Versammlungsgesetz, Veranstaltungen zur Religionsausübung, unaufschiebbare Zusammenkünfte von statutarisch notwendigen Organen juristischer Personen, sofern eine Abhaltung in digitaler Form nicht möglich ist sowie Zusammenkünfte zu unbedingt erforderlichen beruflichen Aus- und Fortbildungszwecken.

Die Mindestabstände sind einzuhalten und es ist ein MNS zu tragen.

Gibt es Konsequenzen, wenn sich Personen oder ein Unternehmen nicht an diese Vorgaben (zB Schließung von Geschäften) hält?

Ja, das COVID-19-Maßnahmngesetz sieht hier Verwaltungsstrafen für die Missachtung von Betretungsverboten von bis zu EUR 1450,00 und bis zu EUR 30.000,00 für die Inhaber von Betriebsstätten oder eines Arbeitsortes, die nicht dafür Sorge tragen, dass die Betretungsverbote eingehalten werden, vor.

Die Bezirksverwaltungsbehörde kann die Einhaltung von Voraussetzungen und Auflagen – auch durch Überprüfung vor Ort – kontrollieren. Dazu sind die Organe der Bezirksverwaltungsbehörde und die von ihnen herangezogenen Sachverständigen berechtigt, Betriebsstätten, Arbeitsorte, Verkehrsmittel und bestimmte Orte zu betreten und zu besichtigen, sowie in alle Unterlagen, die mit der Einhaltung von Voraussetzungen und Auflagen nach diesem Bundesgesetz im Zusammenhang stehen, Einsicht zu nehmen und Beweismittel zu sichern. Der jeweilige Inhaber bzw Verpflichtete hat den Organen der Bezirksverwaltungsbehörde und den von diesen herangezogenen Sachverständigen das Betreten und die Besichtigung zu ermöglichen, diesen die notwendigen Auskünfte zu erteilen und erforderliche Unterlagen vorzulegen.

Bernhard Müller ist Leiter der Praxisgruppe Öffentliches Recht.