Der Tourismus boomt – 151,17 Millionen Nächtigungen in Österreich im Kalenderjahr 2023 belegen die enorme volkswirtschaftliche Bedeutung dieses Wirtschaftssektors. Aus rechtlicher Perspektive ist das Rechtsverhältnis des Wirtes, der den Gast zur Beherbergung aufnimmt, äußerst unübersichtlich geregelt. Vier Haftungstatbestände kommen in Betracht, welche in den Voraussetzungen und Rechtsfolgen ganz unterschiedlich sind: Erstens normieren schon die §§ 970–970c ABGB eine besondere deliktische (zT verschuldensunabhängige) Haftung von Gastwirten für Schäden an den von den aufgenommenen Gästen eingebrachten Sachen. Zweitens greifen die Normen des BG über die Haftung der Gastwirte und anderer Unternehmer ein. Drittens kommt eine deliktische Haftung nach § 1316 ABGB in Betracht, welche Vorschrift aber seit der Erweiterung des § 970 ABGB auf die Haftung des Wirtes durch die III. TN 1916 praktisch nahezu bedeutungslos geworden ist. Und viertens werden diese gesetzlichen Rahmenbedingungen in der Praxis häufig durch Vertragshaftungskonstellationen überlagert. Zwischen allen (vier) Tatbeständen besteht Anspruchsgrundlagen-Konkurrenz, was nicht nur, aber insb auch unter dem Aspekt der Haftungsbeschränkungen des § 970a ABGB von Bedeutung ist. Zahlreiche Fragen sind zwar überaus praxisrelevant, aber bis heute in der Rechtswissenschaft strittig: Sind etwa auch Übernachtungen im Schlafwagen, Kuraufenthalte oder Garagenkurzparkverträge von den §§ 970 ff ABGB erfasst? Nach der Rsp fällt etwa der Garagenkurzparkvertrag im Parkhaus nicht unter die §§ 970 ff ABGB, wurde das Kfz jedoch vom Gast (etwa durch Übergabe der Wagenschlüssel an den Gastwirt oder Zuweisung eines bestimmten Parkplatzes) eingebracht iSd § 970 Abs 2 S 1 ABGB, so wurde eine Verwahrungspflicht als selbständige Nebenpflicht des Gastaufnahmevertrages und eine der Höhe nach unbeschränkte Haftung des Gastwirtes begründet, weil die Haftungsgrenze des § 970a ABGB (€ 550,-) für Kfz nicht gilt und die im BG über die Haftung der Gastwirte und anderer Unternehmer angeordneten Haftungsbeschränkungen (€ 1.100,-) für zur Aufbewahrung übergebene Sachen nicht zur Anwendung gelangen (§ 1 Abs 1 leg cit). Dies gilt auch, wenn der Gastwirt das Kfz anschließend in den Garagenbetrieb eines Dritten bringt, in dem ebenfalls die Gefahr des offenen Hauses besteht. Fraglich ist aber etwa auch, ob die derzeitigen Haftungshöchstgrenzen wirklich noch zeitgemäß sind? Durch § 1 des BG über die Haftung der Gastwirte und anderer Unternehmer (BGBl 1921/638 idF BGBl I 2001/98) wird ein genereller Haftungshöchstbetrag von € 1.100,- statuiert, doch gilt dieses Haftungslimit nicht für Unternehmer von Stallungen und Aufbewahrungsräumen für die bei ihnen abgestellten Tiere und Fahrzeuge und auf diesen befindlichen Sachen (§ 1 Abs 2 leg cit). Für Kostbarkeiten, Geld und Wertpapiere haften alle nach § 970 ABGB Haftpflichtigen nur bis zum Betrag von € 550,- (§ 970a S 2 ABGB). Im Gegensatz dazu haftet der Gastwirt etwa nach § 702 (deutsches) BGB „bis zu einem Betrag, der dem Hundertfachen des Beherbergungspreises für einen Tag entspricht, jedoch mindestens bis zu dem Betrag von 600 Euro und höchstens bis zu dem Betrag von 3.500 Euro; für Geld, Wertpapiere und Kostbarkeiten tritt an die Stelle von 3.500 Euro der Betrag von 800 Euro“. Und zu beachten ist schließlich auch, dass die §§ 970 ff ABGB nur Sach-, nicht aber Personenschäden erfassen, für welche Fälle wiederum die allgemeine Delikts- (Verkehrssicherungspflichten) sowie Vertragshaftung (Schutz- und Sorgfaltspflichten) von Interesse ist, wenn etwa der Gast wegen mangelnder Absicherung der Stiege stürzt.

