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Die neuen deutschen Regelungen im Sozialversicherungsrecht zur Begleitung von Menschen mit Behinderungen im Krankenhaus durch vertraute Bezugspersonen (§ 44b SGB V)**Die Autorinnen danken Univ.-Prof. Dr. Reinhard Resch für die Anregungen zum österreichischen Recht. (Busch/Rabe-Rosendahl)

Busch/Rabe-Rosendahl1. AuflJuli 2023

DOI: https://doi.org/10.37942/9783708341699-008

Dörte BUSCH/Cathleen RABE-ROSENDAHL

I Einleitung

Seit dem 1. November 2022 gilt im deutschen Recht zur Unterstützung von behinderten stationär aufgenommenen Personen § 44b Sozialgesetzbuch (SGB) V mit dem Titel „Krankengeld für eine bei stationärer Behandlung mitaufgenommene Begleitperson aus dem engsten persönlichen Umfeld“.11Gesetz zum Erlass eines Tierarzneimittelgesetzes und zur Anpassung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften vom 27.9.2021 mit Wirkung zum 1. November 2022, BGBl I 2021/70, 4530 (4586). Nach dieser Vorschrift besteht für bestimmte gesetzlich krankenversicherte Personen (Begleitpersonen) ein Anspruch auf Krankengeld, wenn sie im Zusammenhang mit der aus medizinischen Gründen notwendigen Begleitung von behinderten Versicherten bei einer stationären Behandlung im Krankenhaus mit aufgenommen werden bzw die behinderte Person ganztätig begleiten und ihnen ein Verdienstausfall entsteht. Dieser Regelung waren intensive Diskussionen zur bis dahin bestehenden Regelungslücke insbesondere in der Zivilgesellschaft vorangegangen.22Vgl hierzu: Janßen, Assistenz von Menschen mit Behinderungen im Krankenhaus – Reformbedarfe im Lichte des Rechts auf Gesundheit nach Art 25 UN-BRK und des Benachteiligungsverbots gemäß Art 3 Abs 3 S 2 GG – Teil I: Problemaufriss vor dem Hintergrund rechtlicher Anforderungen an eine diskriminierungsfreie Gesundheitsversorgung Beitrag A11-2021, www.reha-recht.de (Stand 1.4.2021).

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Insbesondere die BRK-Allianz33Bei der BRK-Allianz handelt es sich um ein Bündnis verschiedener zivilgesellschaftlicher Behindertenverbände, die sich im ersten Staatenberichtsverfahren der BRD zur Erstellung eines Parallelberichts zusammengeschlossen haben. wies bereits 2013 in ihrem Parallelbericht zum ersten Staatenbericht Deutschlands zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) mit Blick auf das Recht auf Gesundheit auf strukturelle Mängel im Bereich des Gesundheitswesens hin.44 BRK-Allianz, Erster Bericht der Zivilgesellschaft zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention in Deutschland, www.BRK-Allianz.de 51 ff, (Stand 27.9.2013); Hierzu ausführlich: Janßen, Beitrag A11-2021, www.reha-recht.de (Stand 1.4.2021). Erhebliche Defizite bestanden im Bereich der stationären Behandlung im Krankenhaus. Gemäß Art 25 S 1 UN-BRK erkennen die Vertragsstaaten das Recht von Menschen mit Behinderungen auf das erreichbare Höchstmaß an Gesundheit ohne Diskriminierung aufgrund von Behinderung an und – iVm Art 9 UN-BRK – gewährleisten den gleichberechtigten Zugang zu Gesundheitsleistungen. Zugänglichkeit meint hier nicht lediglich den räumlichen Zugang, sondern insbesondere auch die Zugänglichkeit von Informationen, Kommunikation und Dienstleistungen.55 Janßen, Beitrag A11-2021, www.reha-recht.de , 7, (Stand 1.4.2021). Hierzu zählen auch die Bereitstellung und Sicherstellung von angemessenen Vorkehrungen, zB in Form von Unterstützungsmöglichkeiten bei stationärer Behandlung. Insbesondere Menschen mit Schwerst- und/oder Mehrfachbehinderungen haben im Alltag komplexe Unterstützungsbedarfe, welche in der Regel auch im Fall eines Krankenhausaufenthaltes bestehen bleiben. Angehörige oder enge Vertrauenspersonen sind hier oft Pflegende, aber auch Kommunikationsmittler:innen und Unterstützer:innen, auf die der behinderte Mensch angewiesen ist. Für vertraute Bezugspersonen, die bereits im Alltag Leistungen der Eingliederungshilfe für den behinderten Menschen erbringen (Mitarbeitende von Leistungserbringern) gilt nicht § 44b SGB V, sondern sein gleichzeitig eingeführtes Pendant § 113 Abs 6 SGB IX. Dieser sieht vor, dass bei einer stationären Krankenhausbehandlung auch Leistungen für die Begleitung und Befähigung der behinderten Person durch vertraute Bezugspersonen, die im Alltag bereits Leistungen zur Eingliederungshilfe erbringen, zur Sicherstellung der Durchführung der Behandlung möglich sind, soweit dies aufgrund des Vertrauensverhältnisses des Leistungsberechtigten zur Bezugsperson und aufgrund der behinderungsbedingten besonderen Bedürfnisse erforderlich ist.

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