DOI: https://doi.org/10.37942/9783708342016-001
Eckart RATZ
I. Unzulässige Erkundungsbeweisführung
Da § 55 Abs 1 dritter Satz StPO zwar für Besch und PB, nicht aber für Kriminalpolizei und StA eine „bindende Regelung“ enthält, ist Kriminalpolizei und StA „im Ermittlungsverfahren“ auch Erkundungsbeweisführung gestattet.1 Umgekehrt besteht kein Rechtsanspruch am Ermittlungsverfahren Beteiligter auf bloße Erkundungsbeweisführung und damit aktenmäßiges Festhalten für die weitere Sachverhaltsklärung unerheblicher Beweismittel als Ermittlungsansatz. Erkundungsbeweisführung meint Sachverhaltsklärung ohne Begründung der Tauglichkeit der Ermittlung. Demnach bedeutet das Schlagwort von grundsätzlicher Zulässigkeit von Erkundungsbeweisführung im Ermittlungsverfahren nur, dass Führungsorgane Ermittlungen nicht begründen müssen, sofern das Gesetz (oder die StA gegenüber der Kriminalpolizei) nicht Gegenteiliges anordnet.2 Aus fehlender prozessualer Begründungspflicht folgt aber weder Unverantwortlichkeit der Kriminalpolizei gegenüber der StA als Leiterin des Ermittlungsverfahrens (§ 98 Abs 1 zweiter Satz, § 101 Abs 1 erster Satz StPO) noch innerorganisatorische Unverantwortlichkeit.3 Im Gegenteil sieht die StPO nur deshalb „von einer bindenden Regelung des Verhaltens von Staatsanwaltschaft oder Kriminalpolizei“ ab, weil Kriminalpolizei und „Staatsanwälte“ als „Organe der ordentlichen Gerichtsbarkeit [...] an die Weisungen der ihnen vorgesetzten Organe“ gebunden sind (Art 20 Abs 1, 90a B-VG), das B-VG also darauf setzt, dass Defizite der gerichtlichen Kontrolle durch innerorganisatorische Dienstaufsicht ausgeglichen werden. Seite 12
