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A. Einleitung (Schilchegger/Kieber)

Schilchegger/Kieber2. AuflMai 2015

In Österreich gibt es keine Übertragung der Erbschaft kraft Gesetzes. Den in einer letztwilligen Verfügung genannten oder gesetzlich berufenen Erben steht es nicht zu, die Erbschaft eigenmächtig in Besitz zu nehmen. Vielmehr bedarf es der Durchführung eines im Vergleich zu anderen Rechtsordnungen außergewöhnlichen Verlassenschaftsverfahrens, welches mit einem gerichtlichen Einantwortungsbeschluss endet. Erst dieser Beschluss bewirkt die Gesamtrechtsnachfolge und damit die Vermögensübernahme der Erben. Diese Art des Erbschaftserwerbs unterscheidet sich grundlegend von den diesbezüglichen Bestimmungen in anderen Staaten. In Deutschland etwa tritt der Erwerb der Erbschaft gem § 1922 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) kraft Gesetzes ein. Eine rechtsgeschäftliche Übertragung der Rechte und Pflichten findet nicht statt.11 Winkler, Erbrecht von A–Z – Über 160 Stichwörter zur aktuellen Rechtslage10 (2005) 149; Große-Boymann in Burandt/Rojahn (Hrsg), Beck’scher Kurzkommentar Erbrecht2 (2014) § 1922 Rz 20; siehe auch Kroiß in Kroiß/Ann/Mayer (Hrsg), BGB-Kommentar V4 (2014) § 1922. Die Annahme der Erbschaft erfolgt lediglich durch ausdrückliche oder stillschweigende Erklärung22 Ivo in Kroiß/Ann/Mayer (Hrsg), BGB-Kommentar V4 (2014) § 1943 Rz 2. oder durch Ablauf einer bestimmten, vorwiegend sechswöchigen Frist zur Ausschlagung (§§ 1943, 1944 BGB).33Zum deutschen Nachlassverfahrensrecht siehe genauer Kroiß, Das neue Nachlassverfahrensrecht (2009). Mit anderen Worten müssen Erben in Österreich aktiv werden, um die Erbschaft zu erlangen, während man sich in Deutschland allenfalls aktiv und fristgerecht dagegen zur Wehr zu setzen hat.

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