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A. Nichtige, anfechtbare und unwirksame Beschlüsse

Duursma/Duursma-Kepplinger/Roth1. AuflJuli 2007

1. Nichtige Beschlüsse

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Während der OGH bisher mit Ausnahme sogenannter wirkungsloser Scheinbeschlüsse die Existenz nichtiger Beschlüsse im Anwendungsbereich des GmbHG zumeist entweder offenlassend oder eher ablehnend beurteilte25842584OGH ecolex 1991, 782; SZ 69/93; RdW 1998, 73; vgl aber jüngst SZ 2003/133, Gesetzesverstoß, der zur Nichtigkeit des Weisungsbeschlusses führt; zu Scheinbeschlüssen: OGH SZ 58/88; SZ 59/172., wird diese von der überwiegenden Lehre zu Recht anerkannt25852585Siehe nur Pisko, Lehrbuch des österreichischen Handelsrechtes (1923) 429 f; Schönherr, JBl 1960, 1 ff, 39 ff; Kastner/Doralt/Nowotny, Gesellschaftsrecht 421; Reich-Rohrwig, GmbH-Recht 378, 386 ff, 392 ff; Koppensteiner, wbl 1988, 5; Koppensteiner § 41 GmbHG Rz 7; Gellis/Feil § 41 GmbHG Rz 3 f; Harrer, Haftung 79 ff, insb 81 ff; Thöni, ecolex 1993, 749; zuletzt Artmann, GeS 2007, 3 ff; aA soweit ersichtlich nur Wünsch in Egger/Jud/Lechner/Wünsch, Unternehmensbewertung 125 ff.. Umstritten sind jedoch die maßgeblichen Abgrenzungsmomente zwischen nichtigen und bloß anfechtbaren Beschlüssen25862586Nähere Darstellung bei Kastner/Doralt/Nowotny, Gesellschaftsrecht 420 ff; Koppensteiner § 41 GmbHG Rz 7 ff; Reich-Rohrwig, GmbH-Recht 378 ff.. Während Harrer 25872587 Harrer, Haftung 81 ff, arg § 4 Abs 2 GmbHG (im Ergebnis extensiver als § 199 AktG); ähnlich Reich-Rohrwig, GmbH-Recht 387 f (in Bezug auf § 4 Abs 2 GmbHG); vgl auch Gellis/Feil § 41 GmbHG Rz 5 (in Ansehung des § 4 Abs 2 GmbHG). alle gegen zwingendes Recht verstoßende Beschlüsse für absolut nichtig hält, gehen die meisten Autoren nicht ganz so weit25882588Vgl etwa Pisko aaO: absolute Nichtigkeit, insbesondere wenn die Ausführung des Beschlusses strafbar wäre, ferner bei unzulässiger Gewinnausschüttung oder Verletzung der Rechnungslegungsbestimmungen, demnach gläubigerschutzorientierte Vorschriften (im Ergebnis restriktiver als § 199 AktG); ähnlich Schönherr aaO: vorsätzliche Verstöße vor allem gegen §§ 121 - 123 GmbHG sowie bei Verletzung öffentlicher Interessen oder wenn der Vollzug des Beschlusses strafbar machte (dh im Ergebnis restriktiver als § 199 AktG); Koppensteiner § 41 GmbHG Rz 7 ff, der eine Orientierung an den Nichtigkeit anordnenden Vorschriften des AktG befürwortet (Nichtigkeit insbesondere bei Verstoß gegen Gläubigerschutzvorschriften [arg § 41 Abs 2 Z 2 GmbHG, indiziert, dass es auch Verstöße gegen zwingendes Recht geben müsse, die bloß zur Anfechtbarkeit des fraglichen Beschlusses führten], Widerspruch zum öffentlichen Interesse [arg § 4 Abs 2 GmbHG], derart krasse „Verfahrensmängel“, die nicht einmal mehr den Anschein eines Beschlusses zu begründen vermögen [arg § 41 Abs 1 Z 1 GmbHG, wonach bloße formelle Mängel bloß zur Anfechtung berechtigten; hierunter würden auch jene Beschlüsse fallen, die die Rsp der Kategorie der unwirksamen Scheinbeschlüsse zurechnete]); Kastner/Doralt/Nowotny, Gesellschaftsrecht 421, auch für ein Orientierung an den Kriterien des § 199 AktG eintretend., sondern beschränken die Nichtigkeit - mit Unterschieden im Detail - insbesondere auf jene Fälle, in denen das AktG (insb § 199 AktG) Nichtigkeit vorsieht sowie auf Beschlüsse, deren Ausführung gegen ein Strafgesetz verstieße. Aus Gründen der Rechtssicherheit und im Hinblick auf die hinter §§ 4 Abs 2, 41 Abs 1 Z 1 und 2 GmbHG stehenden Wertungen erscheint eine Orientierung an den in § 199 AktG die Nichtigkeit bedingenden Kriterien geboten25892589Auch für eine Orientierung am AktG eintretend Artmann, GeS 2007, 3 ff.. Von absoluter Nichtigkeit ist somit jedenfalls dann auszugehen, wenn ein Beschluss gegen ein Strafgesetz, die guten Sitten, eine Norm, deren Einhaltung im öffentlichen Interesse liegt (arg § 4 Abs 2 GmbHG25902590Vgl dazu Koppensteiner § 41 GmbHG Rz 12, wonach auch satzungsändernde Beschlüsse nicht schlechthin, sondern nur dann absolut nichtig wären, wenn eine Norm verletzt werde, deren Anwendung schon bei Abschluss des Gesellschaftsvertrags in Betracht kommt; somit keine Nichtigkeit bei bloßen Verfahrensfehlern oder gleichheitswidrigen Satzungsänderungen.) beziehungsweise gegen eine Bestimmung mit ausschließlich oder vorwiegend gläubigerschutzorientierten Charakter verstößt25912591Zu den einzelnen Beschlussgegenständen Koppensteiner § 41 GmbHG Rz 17 mwN.; Gleiches hat dann zu gelten, wenn der Beschluss an derart schweren formellen Fehlern leidet, dass ihm schon der Anschein eines Beschlusses fehlt (Fehler außerhalb des Fehlerkalküls des § 41 Abs 1 Z 1 GmbHG; Beurkundungsmängel)25922592Beispiele hierzu bei Koppensteiner § 41 GmbHG Rz 8 (zB wenn ein Beschluss im Widerspruch zu § 34 GmbHG weder in einer Generalversammlung noch unter Einhaltung der Voraussetzungen schriftlicher Abstimmung gefasst wurde, unter Hinweis ua auf OGH SZ 59/172; SZ 50/51), Rz 10 (Nichtigkeit bei Einberufung durch eine hierzu nicht befugte Person [zust Reich-Rohrwig, GmbH-Recht 395; Gellis/ Feil § 41 GmbHG Rz 4]; wg § 41 Abs 1 Z 1 GmbHG hingegen keine Nichtigkeit begründen: Fehlen von Angaben über Zeit und Ort in der Ladung, Ladung nicht sämtlicher Teilnahmeberechtigten), Rz 11 (Nichtigkeit bei Vorliegen von Beurkundungsmängeln)..

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