vorheriges Dokument
nächstes Dokument

Bilanzierung von COVID-19-Förderungen

Coronavirus ÜbersichtCoronavirus - SteuerrechtWierstorffJuni 2021

Die Corona-Pandemie brachte in Österreich nicht nur ein tiefgehende Gesundheitskrise, auch geht mit der Corona-Pandemie eine veritable Wirtschaftskrise einher. Damit die österreichischen Unternehmen diese wirtschaftlichen schwierigen Zeiten meistern können, wurden zahlreiche COVID-19-Förderungen wie zB die COVID-19-Investitionsprämie oder auch der Fixkostenzuschuss eingeführt. Neben den teils unklaren Beantragungsvarianten bzw -möglichkeiten der COVID-19-Förderungen, sind auch die damit verbundenen bilanziellen Folgen für die Mehrzahl der Unternehmen oftmals undurchsichtig und schwer greifbar. 

Einleitung

Zur Abfederung der enormen wirtschaftlichen Schäden, die die Corona-Pandemie mit sich bringt, hat der österreichische Gesetzgeber über die letzten Monate etliche Fördermaßnahmen eingeführt, die den österreichischen Unternehmen helfen sollen, diese herausfordernden Zeiten bestmöglich zu meistern. Der Bogen der Fördermaßnahmen wurde dabei weit gespannt. So gibt es im Zuschussbereich neben der COVID-19-Kurzarbeit auch den Fixkostenzuschuss, den Verlustersatz sowie den Umsatzersatz, der letzten Endes in den Ausfallsbonus aufgegangen ist. Im Investitionsbereich wurde die COVID-19-Investitionsprämie eingeführt. Durch diesen „Förderdschungel“ ergeben sich allerdings vielerorts Fragen, vor allem Fragen nach der Bilanzierung derartiger Fördermaßnahmen. Wohl nicht zuletzt wegen der bevorstehenden Jahresabschlüsse zum 31. 12. 2020. Dieses Briefing soll daher einen Beitrag dazu leisten, wie mit derartigen Fördermaßnahmen bilanziell umzugehen ist.

Grundlagen der Bilanzierung von COVID-19-Förderungen

Prinzipiell sind die einschlägigen Regelungen des UGB für die Bilanzierung von COVID-19-Fördermaßnahmen zu beachten. Allein mit diesen Regelungen ist es dabei noch nicht getan. Insb ist auch auf die im März 2021 ergänzte AFRAC-Fachinformation COVID-19 „Auswirkungen der Ausbreitung des Coronavirus auf die Unternehmensberichterstattung“ hinzuweisen, die die bereits bestehende AFRAC-Stellungnahme 611IdgF vom Dezember 2015. „Bilanzierung von Zuschüssen im öffentlichen Sektor nach UGB“ um das Thema der COVID-19-Fördermaßnahmen ergänzt und erweitert.

Allgemeines zur Bilanzierung von COVID-19-Förderungen

Da die COVID-19-Fördermaßnahmen Transferleistungen von Seiten der Republik Österreich darstellen, handelt es sich bei diesen Fördermaßnahmen um Zuschüsse der öffentlichen Hand. Wie bekannt, sind derartige Zuschüsse im Hinblick auf deren bilanzielle Darstellung einerseits nach ihrer Art und dem Zweck, den sie verfolgen, zu beurteilen. Andererseits ist auch zu untersuchen, ob auf den konkreten Zuschuss ein Rechtsanspruch besteht oder nicht.

So können im Rahmen der COVID-19-Fördermaßnahmen zwei Arten von Zuschüssen unterschieden werden. Auf der einen Seite stehen die sog Investitionszuschüsse, die Investitionen zB ins Anlagevermögen fördern. Hierunter fällt die COVID-19-Investitionsprämie, die Investitionen in das abnutzbare materielle und immaterielle Sachanlagevermögen fördert. Auf der anderen Seite gibt es noch den großen Bereich der Aufwandszuschüsse. Das Wesen dieser Zuschussform ist, angefallene Aufwendungen zu ersetzen bzw zu neutralisieren. Hierunter fallen nicht nur die beiden Formen des Fixkostenzuschusses, auch der Verlustersatz und die COVID-19-Kurzarbeit können hier eingeordnet werden.

Eine Sonderstellung bei den Aufwandszuschüssen nehmen der Umsatzersatz für direkt und indirekt betroffene Unternehmen sowie der Ausfallsbonus ein. Es sind dies zwar keine klassischen Aufwandszuschüsse, da sie keinen Aufwand neutralisieren, allerdings sind sie in deren Wirkung mit ihnen vergleichbar, da sie einen Umsatzausfall ersetzen, der selbst wiederum erlittene Aufwendungen abdecken soll.

Die Zuschüsse können aber auch danach eingeteilt werden, ob deren Gewährung von einer Gegenleistung abhängig ist oder nicht. Während die Gewährung unechter Zuschüsse von einer (bestimmten) Gegenleistung abhängig ist, hängt die Gewährung von echten Zuschüssen nicht von einer konkreten Gegenleistung ab. Die COVID-19-Fördermaßnahmen sind ihrer Art nach echte Zuschüsse, da sie von der öffentlichen Hand ohne jegliche Gegenleistung gewährt werden, um die wirtschaftlichen Schäden für die Unternehmen, die die Corona-Pandemie mit sich bringt, zu kompensieren.

Fraglich bei der Einordnung von Zuschüssen ist oft auch, ob ein konkreter Rechtsanspruch darauf besteht oder nicht. Aufgrund der vorliegenden COVID-19-Legistik ist klar, dass der Gesetzgeber prinzipiell keinen Rechtsanspruch für die betroffenen Unternehmen auf die COVID-19-Fördermaßnahmen vorgesehen hat. Allerdings wird eben für diese COVID-19-Fördermaßnahmen, aufgrund der Fiskalgeltung der Grundrechte und des Gleichheitsgrundsatzes, ein faktischer Rechtsanspruch auf diese Fördermaßnahmen abgeleitet, solange die sachlichen Voraussetzungen, die zu einer Gewährung der jeweiligen Fördermaßnahme führen, erfüllt werden.22S dazu genauer Rz 34 AFRAC-Fachinformation COVID-19 mVa VfGH 14. 7. 2020, G 202/2020.

Erst- und Folgebewertung von COVID-19-Fördermaßnahmen im Jahresabschluss

Ansatz von Zuschüssen im Jahresabschluss

Wie anfangs erwähnt, besteht auf die COVID-19-Fördermaßnahmen ein faktischer Rechtsanspruch, der aufgrund der Fiskalgeltung der Grundrechte und des Gleichheitsgrundsatzes abgeleitet wird, da weder in den einfachgesetzlichen COVID-19-Förderregelungen noch in den dazu ergangenen Richtlinien ein Rechtsanspruch ex lege normiert wird.33S Rz 33 f AFRAC-Fachinformation COVID-19 mVa VfGH 14. 7. 2020, G 202/2020. Solange daher die sachlichen Voraussetzungen, die zu einer Gewährung der jeweiligen Fördermaßnahme führen, am Abschlussstichtag erfüllt werden und eine ordnungsgemäße Antragstellung erfolgt ist, besteht für die COVID-19-Investitionsprämie, den Fixkostenzuschuss (und wohl auch für den Verlustersatz) sowie für die COVID-19-Kurzarbeit ein Rechtsanspruch, der zur Aktivierung einer Forderung im Jahresabschluss berechtigt.

Eine Bewilligung der Fördermaßnahme ist dabei ebenso wenig maßgebend für die Aktivierung der Forderung wie deren Zuflusszeitpunkt.

Die sachlichen Voraussetzungen,44Vgl Rz 35 f AFRAC-Fachinformation COVID-19. deren Erfüllung zu einer Forderungsaktivierung führt, sind in den jeweiligen Förderungsrichtlinien wie folgt festgehalten:

COVID-19-Investitionsprämie55Entsprechend Punkt 5 der Förderungsrichtlinie „COVID-19-Investitionsprämie für Unternehmen“.

  • Berechtigter Förderwerber,
  • Vorliegen einer förderbaren Investition ins abnutzbare Anlagevermögen (materiell sowie immateriell),
  • erste Maßnahme66Laut Punkt 5.3.2 der Förderungsrichtlinie „COVID-19-Investitionsprämie für Unternehmen“ sind dies zB Bestellungen, Kaufverträge, Lieferungen, Beginn der Leistung, (An-)Zahlungen, Rechnungen oder Baubeginn. im Zeitraum zwischen 1. 8. 2020 bis 31. 5. 202177Gem § 2 Abs 1 letzter Satz InvPrG idgF sowie den Erläuterungen zu Rz 33 bis 36 AFRAC-Fachinformation COVID-19., wobei diese bis zum Abschlussstichtag gesetzt werden muss, um im entsprechenden Jahresabschluss bilanziert werden zu können.

Fixkostenzuschuss (und auch Ausfallsbonus)88Entsprechend Punkt 3 der jeweiligen Richtlinie zum Fixkostenzuschuss I bzw 800.000 und Ausfallsbonus.

  • Begünstigtes Unternehmen,
  • maßgebender Umsatzausfall und
  • nachweisbare förderfähige „Fixkosten“ im beantragten Beobachtungszeitraum.

COVID-19-Kurzarbeit99Gemäß Punkt 6.4 der Bundesrichtlinie „Kurzarbeitsbeihilfe (KUA-COVID-19)“ idF vom 1. 4. 2021.

  • Vorübergehende wirtschaftliche Schwierigkeiten,
  • Vorlage einer „Corona“-Sozialpartnervereinbarung in der gültigen Fassung,
  • konkreter Arbeitszeitausfall und
  • Lohnausgleich für Kurzarbeit – Nettoersatzrate.

Keine sachlichen Voraussetzungen, die zu einer Aktivierung der Forderung führen, sind bei der COVID-19-Investitionsprämie die Inbetriebnahme, die Bezahlung, die Abrechnung oder deren Bestätigung durch den Steuerberater/Wirtschaftsprüfer bzw Bilanzbuchhalter. Ebenfalls nicht erheblich für den Ansatz der Forderung – bei keiner der oben genannten Hilfen – ist der Zuflusszeitpunkt der Fördermaßnahme.

Bewertung der Zuschüsse im Jahresabschluss

Sowohl bei der Erst- als auch bei der Folgebewertung1010S dazu genauer 37 ff AFRAC-Fachinformation COVID-19 sowie die Erläuterungen zu Rz 37 bis 39 AFRAC-Fachinformation COVID-19. der entsprechenden Fördermaßnahme ist zu beachten, dass nur jene Kosten bzw Aufwendungen aktivierungsfähig sind, die auch bis zum Abschlussstichtag tatsächlich angefallen sind, somit bis dahin geleistet wurden. Daher kann nur jener Teil des Zuschusses aktiviert werden, der auch Deckung in den jeweiligen bilanzierten Kosten bzw Aufwendungen findet.

Ist zum Abschlussstichtag bekannt, dass der bereits beantragte Zuschuss, zB mangels budgetärer Deckung, nicht gewährt wird, oder droht sogar die Rückzahlung einer bereits zugeflossenen Förderung – denkbar bei der COVID-19-Kurzarbeit im Rahmen der Endabrechnung –, ist dieser Umstand durch eine Forderungsbewertung bilanziell zu berücksichtigen. Liegen daher Umstände vor, die an der Durchsetzung des Forderungsanspruchs zweifeln lassen – zB wegen Verstoßes gegen eine Förderungsrichtlinie –, ist die bereits bilanzierte Forderung wertzuberichtigen. Tritt sodann eine Rückzahlungsverpflichtung für bereits zugeflossene Förderteile ein bzw droht ein solche einzutreten, ist dieser Umstand entweder mit einer Verbindlichkeit (bei tatsächlichem Eintritt) oder mittels Rückstellung (bei bloßem Drohen) bilanziell abzubilden.

Ausweis von COVID-19-Fördermaßnahmen im Jahresabschluss

COVID-19-Investitionsprämie

Bei der COVID-19-Investitionsprämie1111S ausführlich Rz 42 AFRAC-Fachinformation COVID-19. handelt es sich, wie bereits oben erwähnt, um einen Investitionszuschuss. Derartige Investitionszuschüsse können entweder im Rahmen der Brutto- oder Nettomethode bilanziert werden. Wobei der Ansatz der jeweiligen Methode ein Wahlrecht ist. Die hL sowie die Berufspraxis sprechen sich allerdings für die Bruttomethode aus.

Bei der Bruttomethode wird auf der Passivseite der Bilanz ein Sonderposten nach dem Eigenkapital gebildet (zB „Sonderposten Investitionszuschuss“ oder „Sonderposten COVID-19-Investitionsprämie“). Die Passivierung dieses Sonderpostens ist erfolgsneutral und berührt damit die Gewinn- und Verlustrechnung nicht. Wesensmerkmal dieses Sonderpostens ist, obwohl dieser nach dem Eigenkapital auszuweisen ist, dass es sich um einen passiven Rechnungsabgrenzungsposten handelt. Daher ist der Sonderposten im Zeitablauf, nach Maßgabe der Abschreibung der geförderten Investition, erfolgswirksam aufzulösen. Der Ausweis dieser Auflösung erfolgt dabei in den „übrigen sonstigen betrieblichen Erträgen“ gem § 231 Abs 2 Z 4 lit c UGB.1212Vgl die Erläuterungen zu Rz 42 AFRAC-Fachinformation COVID-19. Behelfsweise kann die Auflösung auch in einer Vorspalte von den Anlagenabschreibung des geförderten Anlagengegenstandes offen abgesetzt werden. Dadurch wird dem Saldierungsverbot des § 196 Abs 2 UGB Rechnung getragen.

Bei der Nettomethode kürzt der gewährte Zuschuss die Anschaffungs- und Herstellungskosten des jeweiligen geförderten Anlagengegenstandes. Dadurch erfolgt nicht nur eine aktivseitige Verkürzung der Bilanz, konkret des Sachanlagevermögens, auch werden die Aufwendungen für die Abschreibung des Sachanlagevermögens verkürzt. Dem Informationsgedanken des Jahresabschlusses nach UGB somit nicht mehr folgend, ist die Nettomethode, gerade im Bezug auf die Darstellung von COVID-19-Fördermaßnahmen, eher abzulehnen.

Fixkostenzuschuss, Verlustersatz und COVID-19-Kurzarbeit

Sowohl der Fixkostenzuschuss I als auch dessen Erweiterung, der Fixkostenzuschuss 800.000 sowie der Verlustersatz – als Alternative zum Fixkostenzuschuss 800.000 – und auch die COVID-19-Kurzarbeit1313S dazu Rz 43 AFRAC-Fachinformation COVID-19. zählen ihrem Wesen nach zu den Aufwandszuschüssen. Ebenso muss der Vorschussanteil des neu eingeführten Ausfallsbonus zu den Aufwandszuschüssen dazugezählt werden, ist er doch eine Akontierung auf den Fixkostenzuschuss 800.000.

Entsprechend der Einteilung als Aufwandszuschuss sind die oben genannten Fördermaßnahmen ergebniswirksam über die Gewinn- und Verlustrechnung darzustellen. Sie sind folglich in den „übrigen sonstigen betrieblichen Erträgen“ gem § 231 Abs 2 Z 4 lit c UGB auszuweisen.1414Für die COVID-19-Kurzarbeit ist auch vertretbar, eine Korrekturpost direkt im Personalaufwand zu bilanzieren, da letztlich nur eine Aufwandsart bezuschusst wird; so auch die Erläuterungen zu Rz 43 erster Absatz AFRAC-Fachinformation COVID-19. Alternativ dazu kann auch hier ein offener Ausweis in einer Vorspalte vom entsprechenden Aufwand erfolgen. Diese Ausweismethode ist allerdings kritisch zu sehen. Denn durch die genannten Fördermaßnahmen – mit Ausnahme jeder der COVID-19-Kurzarbeit – werden mehrere Aufwandspositionen bezuschusst, was eine eindeutige Zuordnung und Aufteilung denkbar schwierig macht. Eine Saldierung einer oder mehrerer der oben genannten Fördermaßnahmen mit dem entsprechenden Aufwand ist aufgrund des Saldierungsverbots des § 196 Abs 2 UGB nicht möglich.

Einen Sonderfall nimmt die Pauschalvariante des Fixkostenzuschusses 800.000 ein. Da hier die Fixkosten pauschal über einen gewissen Umsatzausfall – maximal zu 30 % – abgegolten werden, ist es zweckdienlich, diese Form der Fördermaßnahme als passiven Rechnungsabgrenzungsposten zu bilanzieren und entsprechend auf die beantragen Beobachtungszeiträume in den „übrigen sonstigen betrieblichen Erträgen“ gem § 231 Abs 2 Z 4 lit c UGB aufzulösen.1515S auch die Erläuterungen zu Rz 43 erster Absatz AFRAC-Fachinformation COVID-19.

Wie beschrieben, stellen der Umsatzersatz für direkt und indirekt1616Auch bekannt als „Kompensationsmodell“. betroffene Unternehmen sowie der Bonusteil des Ausfallsbonus keine klassischen Aufwandszuschüsse dar, denn sie ersetzen bzw neutralisieren grundsätzlich keinen Aufwand. Da sie aber einen Umsatzausfall ersetzen und damit indirekt erlittene Aufwendungen abdecken, sind diese Fördermaßnahmen mit Aufwandszuschüssen vergleichbar. Dadurch ist es möglich, die für Aufwandszuschüsse geltenden Bilanzierungsgrundsätze auch auf diese Fördermaßnahmen anzuwenden. Daher sind sie ergebniswirksam über die Gewinn- und Verlustrechnung darzustellen und folglich in den „übrigen sonstigen betrieblichen Erträgen“ gem § 231 Abs 2 Z 4 lit c UGB auszuweisen. Der alternative offene Ausweis in einer Vorspalte wird hier weniger Anwendung finden, da, wie beschrieben, grundsätzlich kein Aufwand ersetzt wird.