Einleitung
Durch die herrschende Corona-Pandemie müssen viele Unternehmen in Österreich nicht nur starke Umsatzeinbußen hinnehmen. Auch bringt die Corona-Pandemie viele österreichische Unternehmen in eine wirtschaftliche Schieflage. Der österreichische Gesetzgeber hat darauf reagiert und diverse Unterstützungsmaßnahmen eingeführt, die die betroffenen Unternehmen einerseits stützen und die wirtschaftlichen Folgen andererseits so weit wie möglich kompensieren sollen. Dabei stellt sich für viele Unternehmen die Frage, ob die vom österreichischen Gesetzgeber eingeführten COVID-19-Fördermaßnahmen einer Gewinnentnahmen bzw Gewinnausschüttung, auch für Gewinne von Jahren vor der Corona-Pandemie, entgegenstehen. Dieses Briefing soll daher einen kurzen Überblick über die die bestehenden Gebote und Verbote sowie Möglichkeiten im Hinblick auf Gewinnentnahmen bzw Gewinnausschüttungen bieten.
Gesellschaftsrechtliche Ausschüttungsbeschränkung gem § 82 GmbHG
Bereits vor der Corona-Pandemie bestand im Rahmen des § 82 GmbHG eine (allgemeine) gesellschaftsrechtliche Ausschüttungsbeschränkung. Konkret sieht § 82 Abs 5 GmbHG vor, dass sich der nach der Bilanz ergebende Gewinn von einer Verteilung an die Gesellschafter ausgeschlossen ist, wenn im Rahmen der Aufstellung des Jahresabschlusses bekannt wird, dass sich das Gesellschaftsvermögen durch eingetretene Verluste oder durch Wertverminderungen erheblich und voraussichtlich von Dauer (also nicht nur vorübergehend) reduziert hat. In einem derartigen Fall darf der Gewinn in Höhe des Verlustes bzw der Wertminderung nicht ausgeschüttet werden und ist auf neue Rechnung vorzutragen.
Eine erhebliche Wertminderung des Gesellschaftsvermögens ist dann gegeben, wenn die im Unternehmen bilanzierten Rücklagen, unter Miteinbeziehung von bestehenden stillen Reserven im Gesellschaftsvermögen, nicht mehr in der Lage sind, die Hälfte des Stammkapitals abzudecken. Eine nicht nur bloß vorübergehende Reduktion des Gesellschaftsvermögens kann dann vorliegen, wenn sich zu Jahresbeginn bereits ein negativer Trend abzeichnet und dieser bis zum Jahresende anhält bzw nicht merklich ins positive umkehrt.
Treten allerdings Verluste oder Wertminderungen erst nach der Feststellung des Jahresabschlusses auf und wurde bereits ein Gewinnverwendungsbeschluss gefasst, greift § 82 Abs 5 GmbHG nicht mehr. Der Auszahlungsanspruch der Gesellschafter bleibt in einem derartigen Fall grundsätzlich bestehen. Dabei ist aber jedenfalls die gesellschaftsrechtliche Treuepflicht der Gesellschafter nicht außer Acht zu lassen. Diese verpflichtet die Gesellschafter, zum Wohle der Gesellschaft zu handeln. Insoweit hätten bspw die Gesellschafter zugunsten der Gesellschaft auf eine Gewinnausschüttung zu verzichten, wenn dadurch einerseits der (wirtschaftliche) Fortbestand der Gesellschaft gewährleistet ist und andererseits eine sonst drohende Insolvenz (zB durch Liquiditätsmangel) abgewendet wird.1
Zu beachten ist, dass diese Regelungen nicht nur für Kapitalgesellschaften – also GmbH, AG und SE – gelten. Sie gelten sinngemäß auch für Personengesellschaften.
Entnahme- bzw Ausschüttungsbeschränkungen im Zusammenhang mit COVID-19-Fördermaßnahmen
Entnahme- bzw Ausschüttungsbeschränkungen allgemein
Zur wirtschaftlichen Bewältigung der Corona-Pandemie hat der österreichische Gesetzgeber finanzielle Maßnahmen eingeführt, die der Erhaltung der Zahlungsfähigkeit sowie die Überbrückung von Liquiditätsschwierigkeiten von Unternehmen dienen sollen. Bei diesen finanziellen Maßnahmen kann es sich entweder um direkte Zuschüsse und rückzahlbare Vorschüsse („Direktzuschüsse“), Übernahme von Haftungen für Verbindlichkeiten eines Unternehmens durch die COFAG („Garantien“) oder um Direktkredite in Form von Überbrückungskredite durch die COFAG („Direktkredite“) handeln.2
Es besteht daher ein „natürliches“ Interesse des österreichischen Gesetzgebers, dass derartige finanzielle Maßnahmen nur jenen Unternehmen zugutekommen, die sich in einer wirtschaftlichen Notsituation befinden. Daher wurde im Punkt 12 des Anhangs zur Verordnung BGBl II 2020/1433 ein Katalog aufgesetzt, der konkrete (wirtschaftliche) Verpflichtungen des Antragstellers enthält und damit den Rahmen vorgibt, innerhalb dessen finanzielle Maßnahmen an bedürftige Unternehmen ausbezahlt werden.
So hat sich das antragstellende Unternehmen insb zu verpflichten, Gewinnentnahmen bzw Gewinnausschüttungen an Gesellschafter für den Zeitraum der finanziellen Maßnahme auf die wirtschaftlichen Verhältnisse anzupassen. Es besteht damit nicht nur ein Dividenden- und Gewinnauszahlungsverbot, es besteht auch ein Gebot für eine maßvolle Dividenden-und Gewinnausschüttungspolitik, unabhängig von einer bestimmten Rechtsform. Darüber hinaus dürfen keine Rücklagen zur Erhöhung des Bilanzgewinns aufgelöst werden und die aus der finanziellen Maßnahme erhaltenen Mittel dürfen ebenso nicht
- zur Zahlung bzw Finanzierung von Gewinnausschüttungen, unangemessenen Entgelten, Entgeltbestandteilen sowie sonstigen unangemessenen Zuwendungen,
- zum Rückkauf eigener Aktien und
- zur Zahlung bzw Finanzierung von Boni an Vorstände oder Geschäftsführer
verwendet werden.4
Letztlich dürfen die erhaltenen finanziellen Mittel ausschließlich zur Deckung des im genehmigten Antrag genannten Liquiditätsbedarfs eingesetzt werden, um die bei der Antragstellung bestehende Geschäftstätigkeit in Österreich erhalten zu können.
Entnahme- bzw Ausschüttungsbeschränkungen beim Fixkostenzuschuss, Fixkostenzuschuss 800.000 und Verlustersatz
Ergänzend zu den oben beschriebenen allgemeinen Entnahme- bzw Ausschüttungsbeschränkungen enthalten die einzelnen Richtlinien zum Fixkostenzuschuss, Fixkostenzuschuss 800.000 und Verlustersatz hinsichtlich des Zeitrahmens, in dem Gewinnentnahmen bzw Gewinnausschüttungen beschränkt oder maßvoll nach der wirtschaftlichen Kraft des Unternehmens getätigt werden können, genauere Vorgaben.
So besteht etwa beim Fixkostenzuschuss I5 die zeitliche Einschränkung, dass Gewinnentnahmen bzw Gewinnausschüttungen im Zeitraum vom 16. 3. 2020 bis 31. 12. 2021 an die wirtschaftlichen Verhältnisse anzupassen sind. Insb stehen der Gewährung eines Fixkostenzuschusses I im Zeitraum vom 16. 3. 2020 bis zum 16. 3. 2021 entgegen:
- die Auflösung von Rücklagen, die zur Erhöhung des Bilanzgewinns führen,
- die Ausschüttung von Dividenden oder sonstige rechtlich nicht zwingende Gewinnausschüttungen und/oder
- der Rückkauf eigener Aktien.
Ab 17. 3. 2021 bis zum 31. 12. 2021 hat in der Folge eine maßvolle Dividenden- und Gewinnauszahlungspolitik zu erfolgen.
Beim Fixkostenzuschuss 800.0006 sowie auch beim Verlustersatz7 findet sich eine deckungsgleiche Regelung, angepasst an die zugrunde liegenden Beobachtungszeiträume. So stehen der Gewährung eines Fixkostenzuschusses 800.000 bzw Verlustersatzes im Zeitraum vom 16. 3. 2020 bis zum 30. 6. 2021 entgegen:
- die Ausschüttung von Dividenden oder sonstige rechtlich nicht zwingende Gewinnausschüttungen und/oder
- der Rückkauf eigener Aktien.
Ab 1. 7. 2021 bis zum 31. 12. 2021 hat auch hier eine maßvolle Dividenden- und Gewinnauszahlungspolitik zu erfolgen.
Entnahme- bzw Ausschüttungsbeschränkungen bei der COVID-19-Kurzarbeit
Wird vom notleidenden Unternehmen lediglich die COVID-19-Kurzarbeit in Anspruch genommen, bestehen die oa Entnahme- bzw Ausschüttungsbeschränkungen nicht. Die COVID-19-Kurzarbeit ist damit für sich gesehen kein Hinderungsgrund für Gewinnentnahmen bzw Gewinnausschüttungen.
Rechtsfolgen bei Verstoß gegen Entnahme- bzw Ausschüttungsbeschränkungen
Sowohl der Fixkostenzuschuss I als auch der Fixkostenzuschuss 800.000 werden auf Grundlage einer privatrechtlichen Vereinbarung zwischen dem Antragsteller und der COFAG gewährt und können auf dem Klagsweg zurückverlangt werden. Wird diese privatrechtliche Vereinbarung durch den Antragsteller schuldhaft verletzt, hat die COFAG allenfalls einen zivilrechtlichen Schadenersatzanspruch, den sie über den zivilen Rechtsweg geltend machen kann.8
Liegt überdies ein Förderungsmissbrauch vor, zieht dieser strafrechtliche Konsequenzen (unter Umständen auch Haftstrafen) nach sich. Außerdem können Vertragsstrafen, deren Höhe vom beantragten Fixkostenzuschuss 800.000 abhängt, verhängt werden und es sind zivilrechtliche Schadenersatzklagen gegenüber dem Antragsteller möglich.9
Gleiches gilt im Übrigen auch für den Verlustersatz.10 Insoweit ist hier auf die obigen Ausführungen zu verweisen.
Ausnahme von der Entnahme- bzw Ausschüttungsbeschränkung
Eine Gewinnentnahme bzw Gewinnausschüttung ist trotz der oa Beschränkungen11 zulässig, wenn der Entnahme- bzw Ausschüttungsanspruch eines Gesellschafters nicht erst mit Fassung eines Gewinnverwendungsbeschlusses entsteht (zB iRd § 82 Abs 1 GmbHG). Entsteht daher ein Entnahme- bzw Ausschüttungsanspruch unabhängig von einem Gewinnverwendungsbeschluss oder ähnlichen Beschlüsse und kann dieser nicht ohne Zustimmung des Gesellschafters bzw der Gesellschafter geschmälert werden, liegt eine rechtlich zwingende Gewinnausschüttung vor, die jedenfalls getätigt werden darf und damit nicht gegen die oa Entnahme- bzw Ausschüttungsbeschränkungen verstößt.12