Bundesgesetz, mit dem
- das Bundesgesetz über die Schaffung eines Amtes für Betrugsbekämpfung [ABBG] und
- das Bundesgesetz über die personellen Maßnahmen aufgrund der Modernisierung der Steuer- und Zollverwaltung sowie
- das Produktpirateriegesetz 2020 erlassen werden,
- das AVOG 2010 aufgehoben wird und
- [insgesamt weitere 86 Bundesgesetze geändert werden,] ua die BAO, die AbgEO, das ASVG, das AÜG, das AuslBG, das BUAG, das BewG 1955, das EStG 1988, das FinStrG, das Finanzstrafzusammenarbeitsgesetz, das GebG, das GMSG, das GrEStG, das Kapitalabfluss-Meldegesetz, das KommStG, das KStG 1988, das LSD-BG, das NoVAG, das Bundesgesetz über die Prüfung lohnabhängiger Abgaben und Beiträge, das SBBG, das UmgrStG, das UStG, das Wirtschaftstreuhandberufsgesetz 2017 und das Zollrechts-Durchführungsgesetz (Finanz-Organisationsreformgesetz - FORG); BGBl I 2019/104, ausgegeben am 29. 10. 2019
[IA 3. 7. 2019, 985/A 26. GP (ehemals: ME 10. 4. 2019, 135/ME NR 26. GP ); AB 12. 9. 2019, 692 26. GP ; NR 19. 9. 2019, 236/BNR 26. GP ]
1. Neuorganisation der Steuer- und Zollverwaltung
Als dem BMF nachgeordnete Dienststellen werden anstatt der Steuer- und Zollkoordination, der 40 Finanz- und 9 Zollämter, der Großbetriebsprüfung, der Finanzpolizei und der Steuerfahndung ab 1. 1. 2021 fünf Ämter eingerichtet:
- An die Stelle der 39 Finanzämter mit allgemeinem Aufgabenkreis und des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel treten ab 1. 1. 2021 zwei Abgabenbehörden mit bundesweiter Zuständigkeit, nämlich das Finanzamt Österreich und das Finanzamt für Großbetriebe. Die beiden Finanzämter sollen aber weiterhin Standorte im gesamten Bundesgebiet unterhalten.
- Die neun Zollämter werden ebenfalls zu einer Abgabenbehörde mit bundesweiter Zuständigkeit zusammengeführt, dem Zollamt Österreich. Auch das Zollamt Österreich soll Standorte im gesamten Bundesgebiet unterhalten.
- Weiters wird ein Amt für Betrugsbekämpfung errichtet, das die Aufgaben der Finanzpolizei, der Steuerfahndung und der Finanzämter in ihrer bisherigen Funktion als Finanzstrafbehörde wahrnehmen soll.
Damit gibt es ab 1. 1. 2021 nur mehr zwei sachlich zuständige Finanzstrafbehörden mit jeweils bundesweiter örtlicher Zuständigkeit, nämlich das Zollamt Österreich und das Amt für Betrugsbekämpfung. - Hinzu kommt der bereits zuvor mit Gesetz eingerichtete Prüfdienst für lohnabhängige Abgaben und Beiträge, vgl hierzu das ZPFSG.
Alle neu eingerichteten Ämter zeichnen sich durch eine bundesweite Zuständigkeit aus. Die Schaffung neuer, für das gesamte Bundesgebiet zuständiger Ämter führt zu einem Wegfall der bisher erforderlichen Regelungen über die örtliche Zuständigkeit der Finanz- und Zollämter. Erforderlich sind nur mehr Regelungen der sachlichen Zuständigkeit, die die Aufgabenbereiche der jeweiligen Abgabenbehörden voneinander abgrenzen. Das AVOG 2010 wird daher aufgehoben, jene Regelungen, die auch in der neuen Struktur erforderlich sind, werden in die BAO übernommen.
Das Finanzamt Österreich hat eine umfassende Zuständigkeit für alle Aufgaben, die nicht einer anderen Abgabenbehörde übertragen sind. (§ 60 BAO)
Das Finanzamt für Großbetriebe ist für Abgabepflichtige zuständig, die
- die Umsatzerlösschwelle von 10 Millionen Euro überschreiten (Z 1 und 2),
- Teil einer Multinationalen Unternehmensgruppe iSd Verrechnungspreisdokumentationsgesetzes sind (Z 3),
- Finanzdienstleistungen erbringen (Z 4 und 5),
- eine bestimmte Rechtsform haben (alle Stiftungen und Fonds) (Z 6 und 7),
- von einer Landesregierung als gemeinnützige Bauvereinigung anerkannt worden sind (Z 8),
- Teil einer Unternehmensgruppe gem § 9 KStG 1988 sind (Z 9) oder
- unter die begleitende Kontrolle fallen (Z 11).
(§ 61 BAO)
Abgaben, die im Ausnahmekatalog des § 61 Abs 2 BAO angeführt sind, fallen jedoch im Rahmen der allgemeinen Zuständigkeit in den Aufgabenbereich des Finanzamtes Österreich (zB Gebühren, Grunderwerbsteuer, Versicherungssteuer, Flugabgabe etc).
Die am 31. 12. 2020 bei einem Finanzamt oder Zollamt anhängigen Verfahren werden von der jeweils am 1. 1. 2021 zuständigen Abgabenbehörde in dem zu diesem Zeitpunkt befindlichen Verfahrensstand fortgeführt.
Hinweis
Durch das 3. COVID-19-Gesetz wurde das Inkrafttreten der Organisationsreform der Finanzverwaltung um ein halbes Jahr auf den 1. 1. 2021 verschoben!
Hinweis
Vgl auch die FORG-Anpassungsverordnung, BGBl II 2020/579, und den Sammelerlass zur Änderung der Erlässe zum internationalen Steuerrecht aufgrund der Finanzorganisationsreform, Erlass des BMF vom 16. 12. 2020, 2020-0.743.063 , BMF-AV Nr 193/2020.
2. Neues Produktpirateriegesetz 2020 – PPG 2020
Das neue Produktpirateriegesetz 2020 (PPG 2020) dient der Durchführung der unmittelbar geltenden VO (EU) 608/2013 [zur Durchsetzung der Rechte geistigen Eigentums durch die Zollbehörden] (EU-Produktpiraterie-VO 2014) und soll nur die Regelungen treffen, die den Mitgliedstaaten dazu verbleiben (etwa betr Kostenersatz, Verfall einer geleisteten Sicherheit, Fiktion eines Einverständnisses zur Vernichtung der Waren).
Art 5 Abs 1 der EU-Produktpiraterie-VO 2014 verpflichtet jeden Mitgliedstaat, eine „zuständige Zolldienststelle“ zu benennen, die für die Annahme und die Bearbeitung der Anträge auf Tätigwerden der Zollbehörden im Hinblick auf verdächtige Waren zuständig ist. Da es ab 1. 1. 2021 nur noch ein einziges Zollamt mit bundesweiter Zuständigkeit gibt, soll die „zuständige Zolldienststelle“ keine eigene Behörde sein, sondern eine Organisationseinheit des Zollamts Österreich, die vom Vorstand des Zollamts eingerichtet wird, ihm untersteht und sich örtlich und sachlich von den übrigen Organisationseinheiten des Zollamts abgrenzt. Die EB gehen davon aus, dass die Aufgabe der „zuständigen Zolldienststelle“ weiter von dem in Villach eingerichteten „Competence Center Gewerblicher Rechtsschutz“ wahrgenommen wird. (§ 2 Produktpirateriegesetz 2020)
Das Produktpirateriegesetz 2020 tritt am 1. 7. 2020 in Kraft und löst das bisherige Produktpirateriegesetz 2004 ab. (§ 8 Produktpirateriegesetz 2020)