Änderung von EpiG und COVID-19-MG

GesetzgebungPersonalrechtLindmayrJuli 2022

Vergütungsanspruch bei Quarantäne von Arbeitnehmern bereits bei positivem Testergebnis, Vergütungsanspruch unabhängig von sonstigen Entgeltfortzahlungsansprüchen, Absonderung ohne Verfahren und vor Bescheiderlassung, Verordnungsermächtigung zur Erlassung von Verkehrsbeschränkungen

Inkrafttreten

1.7.2022

Stand des Gesetzgebungsverfahrens

Gesetz

Letzte Änderung

1.7.2022

Betroffene Normen

438, COVID-19-MG, EpiG

Betroffene Rechtsgebiete

 

Quelle

BGBl I 2022/89

 Bundesgesetz, mit dem das Epidemiegesetz 1950 und das COVID-19-Maßnahmengesetz geändert werden , BGBl I 2022/89 vom 30. 6. 2022 (AA-248 BlgNR 27. GP , AB 1503 BlgNR 27. GP , 2591/A BlgNR 27. GP )

1. Vergütungsanspruch schon bei positivem Testergebnis

Werden Arbeitnehmer wegen einer COVID-19-Erkrankung abgesondert, hat der Arbeitgeber bei Fortzahlung des Entgelts einen Anspruch auf Erstattung des Vergütungsbetrages gegenüber dem Bund (vgl § 32 Abs 1 iVm Abs 3 EpiG). Anders als bisher entsteht der Entschädigungsanspruch künftig bereits, wenn der Nachweis einer befugten Stelle über ein positives (PCR-)Testergebnis auf SARS-CoV-2 vorliegt und damit unabhängig von einer gemäß § 7 EpiG erfolgten Absonderung. Durch diese Regelung soll jedoch kein Anspruch auf Verdienstentgang geschaffen werden, der für einen längeren Zeitraum zusteht als bei einer Absonderung nach § 7 EpiG. Deshalb wird klargestellt, dass der Anspruch nur für die Dauer besteht, für die auch eine Absonderung verfügt worden wäre, sohin bis zum Ende der Infektiosität. Ebenso ist eine Vergütung zu leisten, wenn einer Person aufgrund einer Verordnung nach § 7b Abs 1 EpiG Verkehrsbeschränkungen auferlegt wurden (siehe Punkt 4) und ihr deshalb durch die Behinderung ihres Erwerbes ein Vermögensnachteil entstanden ist.

Diese Sonderregelung ist insbesondere den Erfahrungen während der Omikron-Welle geschuldet. Entstehen bei der Erlassung von Absonderungsbescheiden Probleme, etwa weil telefonische Bescheide nicht rechtzeitig schriftlich erlassen werden können, so wirkt sich dies automatisch auf Entschädigungsansprüche nach § 32 EpiG aus. Im Interesse der Betroffenen wird mit dieser Sonderregelung für die Dauer der Corona-Pandemie ein einfacherer Zugang zu Entschädigungsleistungen gesichert.

2. Vergütungsanspruch unabhängig von sonstigen Entgeltfortzahlungsansprüchen

Kürzlich hat der VwGH ausgesprochen, dass der Gesetzgeber bei der Regelung des § 32 Abs 3 EpiG (Anspruch auf Vergütung für den Verdienstentgang) von einem Dienstnehmer ausgegangen ist, dem durch eine Maßnahme nach dem EpiG ein Verdienstentgang entstanden ist, der in der Folge durch eine Vergütung ausgeglichen werden soll. Ist jedoch beim Arbeitnehmer kein Verdienstentgang – aus welchen Gründen auch immer – eingetreten, hat dieser keinen Anspruch auf Verdienstentgang. Hat daher der Arbeitnehmer einen Anspruch auf Fortzahlung seines Entgelts trotz Absonderung aufgrund anderer Bestimmungen, gibt es keinen Anspruch des Arbeitnehmers nach dem EpiG, der in weiterer Folge durch vorschussweise Liquidierung durch den Arbeitgeber auf diesen übergehen könnte und den dieser wiederum gegenüber dem Bund gelten machen könnte (siehe VwGH 21. 3. 2022, Ra 2021/09/0235). Der Anlassfall betraf einen Beamten, der gemäß § 12c GehG auch während einer Absonderung weiterhin Anspruch auf seine Bezüge hat, sodass bei ihm kein Verdienstentgang eintritt und daher auch kein Anspruch nach § 32 EpiG besteht. Die Grundaussage gilt laut VwGH aber auch für privatrechtliche Dienstverhältnisse.

Die überwiegende arbeitsrechtliche Lehre geht davon aus, dass der Vergütungsanspruch nach dem EpiG nur subsidiär zu anderen arbeitsrechtlichen Entgeltfortzahlungsregelungen zum Tragen kommt. Ungeachtet dessen besteht zur Frage, ob an COVID-19 erkrankten Arbeitnehmern, die nach den § 7 oder § 17 EpiG abgesondert wurden, ein Vergütungsanspruch nach dem EpiG oder Entgeltfortzahlung aufgrund arbeitsrechtlicher Bestimmungen zusteht, keine Judikatur (auch der zuvor genannte Beschluss des VwGH lässt dies offen). Das BMSGPK ist bisher davon ausgegangen, dass der Anspruch auf Vergütung nach § 32 Abs 3 EpiG als lex specialis vorgeht. Durch den nun eingefügten § 32 Abs 3a EpiG wird im Sinne der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit angeordnet, dass der Anspruch auf Vergütung gegenüber dem Bund unabhängig davon gegeben ist, ob privatrechtliche oder öffentlichrechtliche Verpflichtungen zur Fortzahlung des Entgelts oder des Bezugs bestehen.

3. Ausspruch einer Absonderung

Durch eine Ergänzung in § 7 Abs 1a EpiG wird klargestellt, dass Absonderungen – wie nach bisherigem Verständnis der Behörde – mittels Absonderungsbescheid oder aufgrund eines Aktes unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt verfügt werden können. Diese Klarstellung ist notwendig, weil diesbezüglich zwischen Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshof eine Judikaturdivergenz besteht (vgl VfGH 6. 10. 2021, E 4201/2020, ARD 6781/7/2022, und VwGH 15. 4. 2022, Ra 2022/09/0026). Nunmehr ist geregelt, dass in Fällen unmittelbar drohender Gefahr der Weiterverbreitung die Absonderung auch ohne vorausgegangenes Verfahren und vor Erlassung eines Bescheides erfolgen kann. Hierüber ist innerhalb von 48 Stunden ein schriftlicher Bescheid zu erlassen, widrigenfalls die Absonderung endet.

Die Ausübung verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt ist nur zulässig, wenn sie aufgrund der Dringlichkeit der Situation notwendig ist, also eine Absonderung mittels Bescheid nicht rechtzeitig erfolgen kann. In Frage kommt sie etwa dann, wenn eine Person offensichtlich Symptome einer anzeigepflichtigen übertragbaren Krankheit zeigt und sich weigert, sich in Quarantäne zu begeben.

In den Erläuterungen wird aber auch darauf hingewiesen, dass eine telefonische Aufforderung zur Absonderung (etwa durch die Hotline 1450) grundsätzlich keinen Befehlsakt darstellt (vgl VfGH 6. 10. 2021, E 221/2021, ARD 6781/7/2022).

4. Verkehrsbeschränkungen

Die Erfahrungen mit der Omikron-Variante haben gezeigt, dass bei vorwiegend milden Krankheitsverläufen auch Verkehrsbeschränkungen ein taugliches Mittel sein können, um die Verbreitung von SARS-CoV-2 einzudämmen. Mit Verkehrsbeschränkungen können punktuelle Verhaltensanordnungen getroffen werden, die konkret gefährdendes Verhalten verbieten.

Bisher bestand mit § 7 EpiG nur die gesetzliche Grundlage dafür, Personen individuell konkret im Verkehr zu beschränken oder abzusondern; nunmehr kann dies auch durch Verordnung erfolgen. Konkret wird der Gesundheitsminister ermächtigt, bei Auftreten einer in einer Verordnung nach § 7 Abs 1 EpiG angeführten anzeigepflichtigen Krankheit (etwa COVID-19) durch Verordnung Verkehrsbeschränkungen für kranke, krankheitsverdächtige oder ansteckungsverdächtige Personen festzulegen. Voraussetzung dafür ist, dass Art und Ausmaß der Krankheit keine Absonderung erfordern, dh von dem betroffenen Krankheitserreger keine ernstliche und erhebliche Gefahr für die Gesundheit anderer Personen ausgeht. Nur bei Krankheitserregern, die in der Regel einen milden Krankheitsverlauf auslösen, erscheint das Entfallen von bescheidmäßig angeordneten Maßnahmen vertretbar und sachgerecht. Die Verkehrsbeschränkungen müssen zum anderen verhältnismäßig sein, dh zur Verhinderung der Verbreitung der betroffenen anzeigepflichtigen Krankheit erforderlich.

Verkehrsbeschränkungen sind insbesondere:

  1. 1. Voraussetzungen und Auflagen für das Betreten und Befahren von Betriebsstätten, Arbeitsorten, Alten- und Pflegeheimen sowie stationären Wohneinrichtungen der Behindertenhilfe, bestimmten Orten und öffentlichen Orten in ihrer Gesamtheit, für das Benutzen von Verkehrsmitteln und für Zusammenkünfte. Als Auflagen kommen insbesondere das Erfordernis eines Nachweises über eine lediglich geringe epidemiologische Gefahr, die Verpflichtung zum Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes bzw einer FFP2-Maske oder Abstandsregeln in Betracht.
  2. 2. Reichen diese Maßnahmen nicht aus, kann der Gesundheitsminister das Betreten bestimmter Orte, das Benutzens von Verkehrsmitteln und Zusammenkünfte untersagen; er darf jedoch Menschen nicht dazu verhalten, an einem bestimmten Ort, insbesondere auch in ihrer Wohnung, zu verbleiben.



Stichworte