Änderung des ASchG ua

GesetzgebungPersonalrechtLindmayrJuli 2022

Schaffung der rechtlichen Grundlage für den Einsatz von arbeitsmedizinischen Fachdiensten (AFA) zur Unterstützung von Arbeitsmedizinern

Inkrafttreten

1.7.2022

Stand des Gesetzgebungsverfahrens

Gesetz

Letzte Änderung

27.7.2022

Betroffene Normen

ArbVG, ASchG, AVRAG, LAG

Betroffene Rechtsgebiete

Arbeitsrecht

Quelle

BGBl I 2022/115

Bundesgesetz, mit dem das ArbeitnehmerInnenschutzgesetz, das Arbeitsverfassungsgesetz, das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz und das Landarbeitsgesetz 2021 geändert werden; BGBl I 2022/115 vom 27. 7. 2022 (Ausschussbericht 28. 6. 2022, AB 1600 BlgNR 27. GP ; Regierungsvorlage 8. 6. 2022, 1510 BlgNR 27. GP ; Ministerialentwurf 9. 2. 2022, 182/ME NR 27. GP )

1. Überblick

Die vorliegende Novelle ua des ASchG wirkt dem zunehmenden Mangel an Arbeitsmedizinern entgegen, der dazu führt, dass in manchen Arbeitsstätten eine ordnungsgemäße arbeitsmedizinische Präventivdienstbetreuung nicht mehr ausreichend gewährleistet werden kann. Seit 1. 1. 2002 besteht zwar die Möglichkeit, auch die Tätigkeit sonstiger Fachleute (va der Arbeitspsychologie) bis zu 25 % in die Gesamtpräventionszeit einzurechnen; jedenfalls 35 % der jährlichen Präventionszeit müssen aber durch Arbeitsmediziner erbracht werden (40 % sind der sicherheitstechnischen Betreuung vorbehalten).

Es ist nunmehr eine Rechtsgrundlage geschaffen worden, Arbeitsmediziner durch den Einsatz eines arbeitsmedizinischen Fachdienstes (AFa) ohne qualitative Beeinträchtigung der Betreuung zu unterstützen.

Die Änderungen traten mit 1. 7. 2022 in Kraft und umfassen folgende Maßnahmen:

Arbeitsmedizinische Fachassistenz

Ua ist vorgesehen, dass

  • die unter Leitung der Arbeitsmediziner erbrachte Tätigkeit vom arbeitsmedizinischen Fachdienst bis zu 30 % in die arbeitsmedizinische Präventionszeit eingerechnet werden kann;
  • ein entsprechend qualifizierter arbeitsmedizinischen Fachdienst arbeitsmedizinische Begehungen im Rahmen der Präventionszentren-Betreuung in Arbeitsstätten von Kleinbetrieben (bis 50 Arbeitnehmer) durchführen darf, sofern in der Arbeitsstätte nur Büroarbeitsplätze oder Arbeitsplätze mit vergleichbar geringer Gefahrenlage eingerichtet sind;
  • Für den Einsatz im arbeitsmedizinischen Fachdienst ist eine abgeschlossene Ausbildung und zumindest zweijährige Berufserfahrung in bestimmten Gesundheitsberufen erforderlich sowie eine abgeschlossene Ausbildung für den arbeitsmedizinischen Fachdienst. Als AFa kommen aufgrund ihrer medizinischen Vorkenntnisse und der Nähe ihrer Ausbildung und Berufspraxis zur arbeitsmedizinischen Betreuung va Angehörige des gehobenen Dienstes für die Gesundheits- und Krankenpflege in Betracht. Wenn dies die betriebliche Gefahren- und Belastungssituation erfordert, können auch Angehörige bestimmter gehobener medizinisch-technischer Dienste als AFa eingesetzt werden (physiotherapeutischer und ergotherapeutischer Dienst, auch logopädisch-phoniatrisch-audiologischer und orthoptischer Dienst, medizinisch-technischer Laboratoriumsdienst, radiologisch-technischer Dienst sowie Diätdienst und ernährungsmedizinischer Beratungsdienst). 
  • Auch Personen, die einen von der Österreichischen Akademie für Arbeitsmedizin 2017 bis 2021 in Kooperation mit den Medizin-Universitäten Graz und Wien durchgeführten Universitätslehrgang „Arbeitsmedizinische Fach-Assistentin/Arbeitsmedizinischer Fach-Assistent“ bzw „Arbeitsmedizinische Fach-Assistenz – AFA“ erfolgreich abgeschlossen haben, können als AFa beschäftigt werden.

3. Weitere Maßnahmen

Die Novelle sieht außerdem Änderungen in folgenden Bereichen vor:

  • Korrespondierend erfolgen Anpassungen der Beteiligungsrechte von Sicherheitsvertrauenspersonen und Belegschaftsorganen hinsichtlich der AFa-Einbeziehung sowie des Benachteiligungsverbotes und Kündigungsschutzes auch für Angehörige des AFa im ArbVG und AVRAG. So umfasst etwa das Beratungsrecht der Belegschaftsorgane (wie das Anhörungs- und Informationsrecht der Sicherheitsvertrauenspersonen gemäß § 11 Abs 5 ASchG) nun auch die beabsichtigte Beiziehung eines arbeitsmedizinischen Fachdienstes zur arbeitsmedizinischen Betreuung. Außerdem wird der Kündigungsschutz (§ 105 Abs 3 lit g ArbVG) in Betrieben mit Belegschaftsorganen um die AFa-Funktion ergänzt. Über eine Änderung des § 9 Abs 1 AVRAG gilt auch in Arbeitsstätten ohne Belegschaftsorgane der Benachteiligungsschutz für Angehörige des arbeitsmedizinischen Fachdienstes.
  • Die Neuerungen werden auch im Landarbeitsgesetz 2021 für die Land- und Forstwirtschaft nachvollzogen.



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