Änderung des LSD-BG

GesetzgebungPersonalrechtLindmayrApril 2024

Kleinere technische Anpassungen im LSD-BG ua iZm Entsendungen von Berufskraftfahrern, Eintreibung von Strafen im Ausland und Erleichterung des Vollzugs

Inkrafttreten

27.4.2024

Stand des Gesetzgebungsverfahrens

Gesetz

Letzte Änderung

29.4.2024

Betroffene Normen

LSD-BG

Betroffene Rechtsgebiete

 

Quelle

BGBl I 2024/45

Bundesgesetz, mit dem das Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz geändert werden soll; BGBl I 2024/45 vom 26. 4. 2024 (AB 2514 BlgNR 27. GP ; 3940/A BlgNR 27. GP

1. Überblick

Seit der letzten Novellierung des Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetzes (LSD-BG) haben Auslegung und Rechtsanwendung des LSD-BG Schwierigkeiten aufgezeigt, deren Hintergrund jeweils in der Umsetzung von Unionsrecht liegt. Die Probleme sind auf konkrete Einzelpunkte beschränkt, jedoch nur mittels gesetzlicher Anpassung lösbar. Mit der gegenständlichen Gesetzesnovelle, die kleinere technische Anpassungen enthält, soll vor allem der Kritik an der nicht EU-konformen Ausgestaltung einzelner Bestimmungen Rechnung getragen werden. Insbesondere geht es dabei um eine EU-Richtlinie betreffend grenzüberschreitende Transporte im Straßenverkehr und damit verbundene Entsendungen von Berufskraftfahrern. Außerdem soll damit Problemen in der Praxis bei der Eintreibung von Strafen im Ausland begegnet und deren Vollzug erleichtert werden.

2. Harmonisierung von Begriffen

Die Richtlinie (EU) 2020/1057 wurde betreffend Festlegung besonderer Regeln für die Entsendung von Kraftfahrern (mobilen Arbeitnehmern) im Straßenverkehrssektor im Jahr 2022 im LSD-BG umgesetzt. Für den Bereich der mobilen Arbeitnehmer im Sinne dieser Richtlinie erfolgt die Aufforderung zur Übermittlung von Unterlagen über die mit dem Binnenmarkt-Informationssystem (IMI) verbundene öffentliche Schnittstelle. Dabei gibt die Schnittstelle die Begriffe, die von jenen des LSD-BG abweichen, unveränderlich vor. Um allfällige Probleme in Verwaltungsstrafverfahren aufgrund unterschiedlicher Begriffe des LSD-BG einerseits und der Schnittstelle andererseits zu vermeiden, soll eine Harmonisierung der Begriffe bewirkt werden. Die Erfahrungen bei „allgemeinen“ (also nicht den Transport betreffenden) Verwaltungsstrafverfahren legen nämlich den Schluss nahe, dass bei der Verwendung unterschiedlicher Begriffe bei der Aufforderung und im Gesetzestext Verfahrensprobleme aufkommen. Bei der Harmonisierung wurde eine Ergänzung durch Klammerausdrucke umgesetzt (keine Ersetzung), womit das verlangte Verhalten noch deutlicher wird und auch bei allfälligen Änderungen der Begriffe der Schnittstelle das verlangte Verhalten jedenfalls klar ersichtlich bleibt.

3. Übermittlung von Unterlagen

Die RL 2020/1057 (bzw das Abkommen mit UK) regelt nicht den Fall, dass die von ihr für die Straßenkontrolle vorgesehenen wesentlichen Unterlagen – betreffend Fahrtenschreiberaufzeichnungen und Beförderungspapiere – rechtswidrig nicht bereitgehalten bzw nicht elektronisch zugänglich gemacht werden. Hier haben sich in der Praxis aufgrund der technischen Ausgestaltung der mit dem Binnenmarkt-Informationssystem (IMI) verbundenen öffentlichen Schnittstelle Probleme bei Aufforderung und Übermittlung von Unterlagen ergeben, weshalb Bestimmungen zur Aufforderung und Übermittlung außerhalb der öffentlichen Schnittstelle geschaffen werden sollen. Um die Aufforderung zur Übermittlung möglichst praxisnah zustellen zu können, ist deren Zustellung durch Übergabe an den Fahrer vorgesehen; die Möglichkeit der Zustellung auf dem Postweg wird dadurch nicht berührt. Die Unterlagen sind vom Verkehrsunternehmer binnen einer Woche nach dem Tag der Aufforderung in Papierform oder elektronischer Form zu übermitteln. Eine elektronische Form hat mit einem Format zu erfolgen, das für die Übermittlung der mit dem Binnenmarkt-Informationssystem (IMI) verbundenen öffentlichen Schnittstelle erforderlich wäre.

Dasselbe gilt, wenn bei einer Entsendung die Entsendemeldung nicht bereitgehalten oder nicht in elektronischer Form zugänglich gemacht wird, da derzeit für das Amt für Betrugsbekämpfung mitunter unüberwindbare Hürden zur Erlangung der Lohnunterlagen bestehen, wenn trotz Vorliegens einer Entsendung eine Entsendemeldung nicht bereitgehalten bzw nicht elektronisch zugänglich gemacht wird. Die Unterlagen sind vom Verkehrsunternehmer in diesem Fall binnen 8 Wochen nach dem Tag der Aufforderung in Papierform oder elektronischer Form zu übermitteln.

Weiters werden auch die allgemeinen Bestimmungen des LSD-BG betreffend Parteistellung und Untersagung der Dienstleistung auf die im Jahr 2022 geschaffenen Verwaltungsstrafbestimmungen im Falle von Verstößen iZm mit dem Einsatz mobiler Arbeitnehmer iSd RL 2020/1057 erweitert.

4. Anpassung von Meldebestimmungen

Die Kommission erhob den Vorwurf, Bestimmungen zur Meldung einer Arbeitnehmerentsendung (§ 19 LSD-BG) und zur Ansprechperson (§ 23 LSD-BG) verstießen in bestimmten Punkten gegen die Dienstleistungsfreiheit. In Erörterungen dieser Vorwürfe mit der Kommission wurde umrissen, inwieweit punktuelle Anpassungen dieser Bestimmungen die Konformität mit dem Unionsrecht herstellen lassen.

So hat die Kommission ua bemängelt, dass die derzeitige Verpflichtung, in der Meldung die Person zu bestimmen, die zur Vertretung des entsendenden oder überlassenden Unternehmens befugt ist, die Verpflichtung zur Bestellung einer vertretungsbefugten Person eigens für die Zwecke der Entsendung oder Überlassung einschließen würde. Dies sei durch die Verwaltungsanforderungen in Art 9 Abs 1 lit a RL 2014/67/EU nicht gedeckt. Nur wenn die Vorschriften im Staat des Sitzes des Arbeitgebers oder Überlassers die Vertretung ohnehin regeln, entstünde keine zusätzliche Verwaltungsanforderung, die im Widerspruch zur Dienstleistungsfreiheit steht. Dies wurde nun dahin gehend geändert, dass die zu meldende Vertretung des Arbeitgebers oder Überlassers grundsätzlich auf den Vorschriften des Staates beruht, von dem aus die Entsendung oder Überlassung stattfindet. Diese Einschränkung auf eine Vertretung nach den Vorschriften des Sitzstaates stellt klar, dass die Meldeverpflichtungen des LSD-BG entsendenden oder überlassenden Unternehmen keine gesonderte Bestellung einer Vertretung abverlangen. Die Bestellung verantwortlicher Beauftragter nach § 9 Abs 2 und 3 VStG bleibt von dieser Einschränkung unberührt.

Im Zusammenhang mit der Ansprechperson nach § 23 LSD-BG, die bei einer Arbeitnehmerentsendung in Kontakt zu Kontrollbehörden steht, wurde geregelt, dass die Ansprechperson nicht notwendig selbst dem Kreis der entsandten Arbeitnehmer angehören oder – alternativ dazu – im Inland niedergelassener berufsmäßiger Parteienvertreter sein muss und sich daher auch an einem Ort im Inland außerhalb des Arbeitsortes aufhalten kann, soweit dadurch für die Kontrollbehörden die Zugänglichmachung von Unterlagen, die Entgegennahme von Dokumenten und die Erteilung von Auskünften gewährleistet ist.

Weiters wurde normiert, dass innerhalb der Verpflichtung zur Meldung der Art der Tätigkeit und Verwendung des entsandten Arbeitnehmers bzw der überlassenen Arbeitskraft die Bezugnahme auf den maßgeblichen österreichischen Kollektivvertrag entfällt. Dies hat aber nicht zur Folge, dass die Auseinandersetzung des entsendenden oder überlassenden Arbeitgebers mit den in Österreich geltenden Mindestentlohnungsbedingungen im Vorhinein oder die tatsächliche Bezahlung des in Österreich festgelegten Entgelts geschmälert wird. Die Verpflichtung zur Berechnung des Entgelts zumindest nach österreichischen Kollektivverträgen für den Zeitraum des grenzüberschreitenden Arbeitseinsatzes und zur tatsächlichen Auszahlung dieses Entgelts ist wesentlicher Regelungsgegenstand des LSD-BG und in allen einschlägigen Bestimmungen abgestützt.

5. Grenzüberschreitende Zustellungen

Im Bereich der internationalen Durchsetzung des LSD-BG im Verhältnis zu anderen EU-Mitgliedstaaten geht das LSD-BG derzeit von einer vollumfänglichen, auf der Umsetzung der RL 2014/67/EU begründeten Verwendbarkeit des Binnenmarkt-Informationssystems (IMI) aus, die anderweitige Instrumente der Amts- und Rechtshilfe obsolet macht. Die seit Inkrafttreten des LSD-BG mit IMI gesammelten Erfahrungen haben jedoch ergeben, dass sich eine prinzipielle Ausschließlichkeit der Verwendung von IMI nicht aufrechterhalten lässt. Von der täglichen Kommunikation in den IMI-Modulen zur Arbeitnehmerentsendung abgesehen, ging aus zwischenzeitigen bilateralen Gesprächen und aus Diskussionen in einschlägigen EU-Expertengremien hervor, dass erstens einzelne Mitgliedstaaten und zum Teil auch die Kommission der Rechtsauffassung anhängen, nicht der RL 2014/67/EU und daher der IMI-Verwendung, sondern dem Rahmenbeschluss 2005/214/JI über die Anwendung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung von Geldstrafen und Geldbußen und der darin vorgesehenen Amts- und Rechtshilfe käme der Anwendungsvorrang zu. Und zweitens akzeptiert eine Reihe von Mitgliedstaaten die Zustellung von Strafentscheidungen gegen ein Entsendeunternehmen über IMI nur dann, wenn zunächst der Staat der Strafentscheidung die internationale Zustellung selbst (erfolglos) versucht hat.

Insgesamt hat es sich auch aus der Praxis der für die grenzüberschreitende Durchsetzung des LSD-BG zuständigen Bezirksverwaltungsbehörden erwiesen, dass im Einzelnen eine Rechtsverfolgung außerhalb von IMI erfolgreich sein kann, wie zB die postalische Zustellung einer Strafentscheidung in einem anderen Staat mit internationalem Rückschein. Die Änderung des § 39 LSD-BG ermöglicht es Behörden nun, IMI flexibler entsprechend den begründeten Rechtsauffassungen anderer Mitgliedstaaten verwenden und nötigenfalls auf Alternativen ausweichen zu können: Prinzipiell ist weiterhin IMI vorrangig zu verwenden, die Zustellung einer Strafentscheidung in einem anderen Mitgliedstaat muss jedoch zunächst außerhalb von IMI in die Wege geleitet werden. Ersuchen um Vollstreckung einer Strafentscheidung in einem anderen Mitgliedstaat sind prinzipiell unmittelbar über das einschlägige IMI-Modul zu stellen. Wenn das Vollstreckungsersuchen über IMI nicht zum Ziel führt, muss die Vollstreckung anderweitig aufgrund internationaler Vorschriften, wie insbesondere des Rahmenbeschlusses 2005/214/JI über die Anwendung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung von Geldstrafen und Geldbußen, versucht werden.

6. Inkrafttreten

Die Änderungen sind mit 27. 4. 2024 in Kraft getreten. Die Änderungen ua bezüglich Übermittlung von Unterlagen und den Meldebestimmungen sollen auf Entsendungen, Überlassungen und Einsätze anzuwenden sein, die nach dem 26. 4. 2024 begonnen haben.



Stichworte