Modernisierungsrichtlinie-Umsetzungsgesetz (MoRUG)

GesetzgebungWirtschaftsrechtKriwanek/TumaJuli 2022

Modernisierung des Verbraucherschutzes; Umsetzung der neuen Vorgaben der Klausel-RL und der Verbraucherrechte-RL

Inkrafttreten

 

Stand des Gesetzgebungsverfahrens

Gesetz

Letzte Änderung

20.7.2022

Betroffene Normen

FAGG, KSchG, VBKG

Betroffene Rechtsgebiete

Konsumentenschutz

Quelle

BGBl I 2022/109, 556/BNR , AB 1567 , RV 1529 BlgNR 27. GP , 169/ME 24. 12. 2021

Bundesgesetz, mit dem das Fern- und Auswärtsgeschäfte-Gesetz, das Konsumentenschutzgesetz und das Verbraucherbehördenkooperationsgesetz geändert werden (Modernisierungsrichtlinie-Umsetzungsgesetz – MoRUG) (BGBl I 2022/109, 556/BNR , AB 1567 , RV 1529 BlgNR 27. GP , 169/ME)

Zur besseren Durchsetzung und Modernisierung der Verbraucherschutzvorschriften hat die  RL (EU) 2019/2161 (ModernisierungsRL) einige Änderungen in mehreren RL vorgenommen (RL 93/13/EWG , 98/6/EG , 2005/29/EG und 2011/83/EU ). Zur Umsetzung der Änderungen in österreichisches Recht sind derzeit zwei Entwürfe im Parlament: das vorliegende „Modernisierungsrichtlinie-Umsetzungsgesetz (MoRUG)“ und ein „Zweites Modernisierungsrichtlinie-Umsetzungsgesetz (MoRUG II)“.

Das MoRUG dient der Umsetzung der Änderungen

Das Vorhaben umfasst hauptsächlich folgende Maßnahmen:

  1. 1. Verträge über digitale Inhalte und digitale Dienstleistungen:
    Die Verbraucherrechte-RL gilt nun ausdrücklich auch für Verträge über die Bereitstellung digitaler Dienstleistungen und über digitale Inhalte, die nicht auf einem körperlichen Datenträger geliefert werden, nach denen der Verbraucher zwar keine Zahlung zu leisten, wohl aber dem Unternehmer personenbezogene Daten zur Verfügung zu stellen hat. Der Anwendungsbereich des FAGG ist daher entsprechend anzupassen. In diesem Zusammenhang sind auch einige Begriffsbestimmungen zu adaptieren.
  2. 2. Informationspflichten des Unternehmers:
    Im Anwendungsbereich des FAGG hat der Unternehmer in Hinkunft darüber zu informieren, wenn der Preis auf der Grundlage einer automatisierten Entscheidungsfindung personalisiert worden ist. Darüber hinaus werden die Informationspflichten an die technologische Entwicklung angepasst (zB Angabe von Online-Kommunikationsmitteln statt Faxnummer).
  3. 3. Transparenzpflichten für Online-Marktplätze:
    Die Verbraucherrechte-RL sieht neue Informationspflichten für Betreiber von Online-Marktplätzen vor (die RL verwendet für sie den Ausdruck „Anbieter des Online-Marktplatzes“), die im FAGG umgesetzt werden. Diese Informationspflichten betreffen die Reihung der Angebote („Ranking“), die Unternehmereigenschaft des Dritten, der die Waren, Dienstleistungen oder digitalen Inhalte anbietet, die Nichtanwendung von Verbraucherrechten bei Fehlen dieser Unternehmereigenschaft und die Aufteilung der vertraglichen Verpflichtungen zwischen dem Anbieter des Online-Marktplatzes und dem Dritten.
  4. 4. Rücktrittsrecht:
    Bei den Ausnahmen vom Rücktrittsrecht in Fällen, in denen auf Wunsch des Verbrauchers noch vor Ablauf der Rücktrittsfrist mit der Vertragserfüllung begonnen wurde, ist in Hinkunft zwischen solchen Verträgen zu unterscheiden, die den Verbraucher zu einer Zahlung verpflichten, und solchen, aufgrund derer der Verbraucher lediglich personenbezogene Daten bereitstellt.
    Bei Verträgen ohne Zahlungsverpflichtung (bei denen also der Verbraucher ausschließlich zur Hingabe personenbezogener Daten verpflichtet ist) führt nach § 18 Abs 1 Z 1 FAGG schon die vollständige Dienstleistungserbringung zu einem Entfall des Rücktrittsrechts. Bei Verträgen mit einer Zahlungsverpflichtung des Verbrauchers muss dafür – neben der vollständigen Dienstleistungserbringung – zusätzlich noch eine ausdrückliche Zustimmung zum Beginn der Vertragserfüllung sowie als drittes Element die Bestätigung des Verbrauchers über seine Kenntnis vom Verlust des Rücktrittsrechts vorliegen. Dieses Bestätigungserfordernis entfällt allerdings bei Reparaturarbeiten im Rahmen eines vom Verbraucher ausdrücklich gewünschten Besuchs des Unternehmers (Regelungsoption des Art 16 letzter Absatz der Verbraucherrechte-RL zur Erleichterung der Abwicklung von Handwerkerverträgen).
    In gleicher Weise ist bei der Ausnahme vom Rücktrittsrecht bei vorzeitiger Bereitstellung von digitalen Inhalten (§ 18 Abs 1 Z 11 FAGG) zwischen der bloßen Verpflichtung des Verbrauchers zur Hingabe personenbezogener Daten einerseits und einer Zahlungspflicht des Verbrauchers andererseits zu differenzieren.
    Schließlich werden in Wahrnehmung der Regelungsoption des Art.6 vorletzter Absatz der Verbraucherrechte-RL für bestimmte Fallkonstellationen, die zumindest typischerweise als „aggressive oder irreführende Vermarktungs- oder Verkaufspraktik“ zu charakterisieren sind, gewisse Gegenausnahmen von den Ausnahmen des  § 18 FAGG vom Rücktrittsrecht statuiert.
  5. 5. Sanktionen:
    Sowohl die Klausel-RL als auch die Verbraucherrechte-RL verlangen, dass bei der Ergreifung von Durchsetzungsmaßnahmen im Rahmen von koordinierten Aktionen nach der VO  (EU) 2017/2394 [über die Zusammenarbeit zwischen den für die Durchsetzung der Verbraucherschutzgesetze zuständigen nationalen Behörden ...] zur Ahndung weitverbreiteter Verstöße auch Geldstrafen innerhalb eines sehr hohen Strafrahmens verhängt werden können. Diese Vorgaben werden teils im Verwaltungsstrafverfahren, teils im Exekutionsverfahren erfüllt. Das Schwergewicht bei der Sanktionierung von Richtlinienverstößen wird aber weiterhin in individuellen zivilrechtlichen Rechtsfolgen und va in der Abstellung rechtswidriger Praktiken durch Verbandsklagen bestehen.

 

Die Änderungen treten ua mit dem Tag nach Kundmachung im BGBl und rückwirkend mit 28. 5. 2022 in Kraft.



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