Freistellung von Schwangeren während der COVID-19-Krise

GesetzgebungPersonalrechtSabaraJänner 2021

Freistellungsanspruch werdender Mütter bis 31. 3. 2021 ab Beginn der 14. Schwangerschaftswoche, sofern die Arbeitnehmerin bei der Arbeit physischen Kontakt mit anderen Personen hat; Erstattungsanspruch des Arbeitgebers

Inkrafttreten

1.1.2021

Stand des Gesetzgebungsverfahrens

Gesetz

Letzte Änderung

31.12.2020

Betroffene Normen

MSchG

Betroffene Rechtsgebiete

Arbeitsrecht

Quelle

BGBl I 2020/160

Bundesgesetz, mit dem das Mutterschutzgesetz 1979 geändert wird; BGBl I 2020/160 vom 31. 12. 2020
(BR 16. 12. 2020; NR 11. 12. 2020, 182/BNR 27. GP AB 527 BlgNR 27. GP ; Initiativantrag 20. 11. 2020, 1104/A BlgNR 27. GP )

1. Überblick

Medizinische Erkenntnisse weisen darauf hin, dass bei Schwangeren COVID-19-Erkrankungen schwerer verlaufen können und schwangere Frauen daher häufiger auf der Intensivstation aufgenommen werden müssen. Diese Beobachtungen zeichnen sich vor allem bei fortgeschrittener Schwangerschaft ab und treffen nicht auf das erste Drittel der Schwangerschaft zu. Dieses Risiko soll durch einen erweiterten Freistellungsanspruch gemindert werden.

Ab 1. 1. 2021 werden daher schwangere Arbeitnehmerinnen (auch freie Dienstnehmerinnen), die bei der Arbeit physischen Kontakt mit anderen Personen haben, ab Beginn der 14. Schwangerschaftswoche bei voller Lohnfortzahlung freigestellt, sofern durch eine Anpassung der Beschäftigung ein Körperkontakt nicht vermieden werden kann. Dieses Beschäftigungsverbot gilt vorläufig bis 31. 3. 2021 (bzw darüber hinaus für zum 31. 3. 2021 schon laufende Freistellungen).

Die Gesetzesnovelle enthält außerdem redaktionelle Adaptierungen in § 15b Abs 3 MSchG.

2. Sonderfreistellung COVID-19

2.1. Arbeiten mit physischem Körperkontakt nicht zulässig

Gemäß dem neuen § 3a Abs 1 MSchG dürfen werdende Mütter bis 31. 3. 2021 ab Beginn der 14. Schwangerschaftswoche bis zum Beginn eines Beschäftigungsverbotes nach § 3 MSchG mit Arbeiten, bei denen ein physischer Körperkontakt mit anderen Personen erforderlich ist, nicht beschäftigt werden.

Voraussetzung für die Freistellung ist, dass dieser Körperkontakt für die Ausübung der Tätigkeit erforderlich ist. Keine Voraussetzung ist hingegen Hautkontakt. Ein Körperkontakt liegt daher zB auch beim Tragen von Handschuhen oder Berühren einer bekleideten Person vor.  Ein für den Beruf erforderlicher physischer Körperkontakt kommt beispielsweise bei Dienstleistungen von Friseurinnen, Stylistinnen, Kosmetikerinnen, Piercerinnen und Tätowiererinnen, Masseurinnen, Physiotherapeutinnen und Kindergärtnerinnen sowie teilweise Lehrerinnen vor. Grundsätzlich ist der Mindestabstand von einem Meter einzuhalten, weshalb ein fallweises Berühren nicht davon umfasst ist.

2.2. Anpassung der Beschäftigung oder Dienstfreistellung

Der Dienstgeber muss zunächst versuchen, durch Anpassung der Beschäftigung einen Körperkontakt zu vermeiden und den Mindestabstand einzuhalten. Dies kann durch Änderung der Arbeitsbedingungen oder, wenn dies nicht möglich ist, durch Zuweisung eines anderen Arbeitsplatzes erfolgen. Dabei ist auch zu prüfen, ob die Dienstnehmerin ihre Tätigkeit in ihrer Wohnung ausüben kann (Home-Office). In beiden Fällen hat die Dienstnehmerin Anspruch auf das bisherige Entgelt.

Ist eine Änderung der Arbeitsbedingungen oder die Beschäftigung an einem anderen Arbeitsplatz aus objektiven Gründen nicht möglich, hat die Dienstnehmerin gemäß § 3a Abs 3 MSchG Anspruch auf Freistellung und Fortzahlung des bisherigen Entgelts. 

Hinweis
Beschäftigungsverbote nach § 3 MSchG gehen jedoch der Sonderfreistellung vor.

2.3. Erstattungsanspruch des Dienstgebers

Im Fall der Freistellung hat der Dienstgeber Anspruch auf Ersatz des Entgelts bis zur monatlichen Höchstbeitragsgrundlage nach dem ASVG, der für diesen Zeitraum abzuführenden Steuern und Abgaben sowie der zu entrichtenden Sozialversicherungsbeiträge, Arbeitslosenversicherungsbeiträge und sonstigen Beiträge durch den Krankenversicherungsträger, unabhängig davon, von welcher Stelle diese einzuheben bzw an welche Stelle diese abzuführen sind.

Der Antrag auf Ersatz ist spätestens 6 Wochen nach dem Ende der Freistellung beim Krankenversicherungsträger einzubringen. Dabei hat der Dienstgeber schriftlich zu bestätigen, dass eine Änderung der Arbeitsbedingungen oder die Beschäftigung an einem anderen Arbeitsplatz aus objektiven Gründen nicht möglich war.

Von diesem Erstattungsanspruch sind politische Parteien und sonstige juristische Personen öffentlichen Rechts, ausgenommen jene, die wesentliche Teile ihrer Kosten über Leistungsentgelte finanzieren und am Wirtschaftsleben teilnehmen, ausgeschlossen. Dazu zählen auch der Dachverband bzw die Sozialversicherungsträger oder Kammern. Der Bund hat dem Krankenversicherungsträger die daraus resultierenden Aufwendungen zu ersetzen.

3. Redaktionelle Adaptierung

Weiters kommt es zu einer Adaptierung in § 15b Abs 3 MSchG, der die aufgeschobene Karenz regelt. Nach § 15 Abs 1 MSchG steht ein Anspruch auf Elternkarenz bis zum Ablauf des zweiten Lebensjahres des Kindes und somit bis zum 2. Geburtstag zu. In der Praxis hat zu Verwirrung geführt, dass in § 15b Abs 3 MSchG der falsche und auch völlig unbestimmte Ausdruck „Karenz bis zum zweiten Lebensjahr des Kindes“ verwendet wird. Dies wird nun korrigiert, sodass es dann ebenfalls „Karenz bis zum Ablauf des zweiten Lebensjahres des Kindes“ heißt.



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