Änderung des AVRAG (Rehabilitationsbegleitung)

GesetzgebungPersonalrechtLindmayrJuli 2023

Rechtsanspruch auf Dienstfreistellung von bis zu 4 Wochen zur Begleitung von Kindern unter 14 Jahren bei Rehabilitationsaufenthalten ab November 2023; (rückwirkende) Verlängerung der Gebührenbefreiung von Anträge von Arbeitgebern auf Vergütung des Entgelts bei Sonderbetreuungszeit

Inkrafttreten

1.1.2023

Stand des Gesetzgebungsverfahrens

Gesetz

Letzte Änderung

24.7.2023

Betroffene Normen

AVRAG

Betroffene Rechtsgebiete

Arbeitsrecht

Quelle

BGBl I 2023/85

Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz geändert wird, BGBl I 2023/85 vom 20. 7. 2023 (AB 2151 BlgNR 27. GP ; 3467/A BlgNR 27. GP )

1. Überblick

Die Gesetzesinitiative sah ursprünglich nur eine Verlängerung der Gebührenbefreiung für Anträge auf Vergütung des Entgelts bei Sonderbetreuungszeit vor. Mit einem Abänderungsantrag im Sozialausschuss wurde nun aber auch ein neuer Rechtsanspruch auf Dienstfreistellung von bis zu 4 Wochen zur Begleitung von Kindern unter 14 Jahren bei Rehabilitationsaufenthalten geschaffen (gilt ab 1. 11. 2023). Für die Dauer der Freistellung gebührt den Arbeitnehmern Pflegekarenzgeld.

2. Rehabilitationsbegleitung

Die derzeit bestehenden arbeitsrechtlichen Möglichkeiten einer Freistellung von Eltern zur Begleitung eines in einer Rehabilitationsanstalt stationär aufgenommenen Kindes nach den Bestimmungen des Urlaubsgesetzes (Pflegefreistellung), AngG und des ABGB (sonstiger Dienstverhinderungsgrund) greifen mitunter zu kurz. Ein Freistellungsanspruch im Rahmen der Familienhospizkarenz gemäß § 14a und § 14b AVRAG besteht nur in den Fällen einer schwersten Erkrankung, in aller Regel aber nicht dann, wenn das schon gesundende Kind an einer Rehabilitation teilnimmt. Nach Ansicht der Parlamentsparteien ist aber die Schaffung von arbeitsvertragsrechtlichen Maßnahmen, die es Eltern ermöglichen, ihre Kinder bei stationärer Aufnahme in einer Rehabilitationsanstalt zu begleiten, ohne den Verlust ihres Arbeitsplatzes befürchten zu müssen, sozial- und familienpolitisch geboten. Aus diesem Grund wurden nun ein eigener„Freistellungstatbestand“ im AVRAG nach Vorbild der Familienhospizkarenz für Eltern zur Begleitung eines stationär aufgenommenen Kindes geschaffen, sofern der Sozialversicherungsträger die Kinderrehabilitation bewilligt (neuer § 14e AVRAG).

Arbeitnehmer haben künftig einen Anspruch auf Freistellung von der Arbeitsleistung gegen Entfall des Entgelts, wenn ihr Kind (Wahl oder Pflegekind) bzw das leibliche Kind des anderen Ehegatten oder eingetragenen Partners oder Lebensgefährten unter 14 Jahren aufgrund einer Genehmigung durch einen SV-Träger in eine stationäre Anstalt zur Rehabilitation aufgenommen wird. Die Einschränkung des Anspruchs auf Freistellung nur für Kinder bis zur Beendigung des 14. Lebensjahres erscheint im Hinblick auf andere einschlägige altersorientierte Grenzen in arbeitsrechtlichen Regelungen gerechtfertigt. Erfasst sind nicht nur Fälle der Rehabilitation von Kindern nach einer Erkrankung oder einem Unfall, sondern auch von Kindern mit Behinderungen, die schwere gesundheitliche Beeinträchtigungen erleiden müssen.

Der Anspruch auf Freistellung steht pro Kind in der Dauer von bis zu 4 Wochen pro Kalenderjahr zu. Die Freistellung kann zwischen den Elternteilen geteilt werden, wobei ein Teil mindestens eine Woche zu betragen hat. Sie kann aber grundsätzlich nicht gleichzeitig in Anspruch genommen werden, außer wenn die Teilnahme beider Elternteile an der Rehamaßnahme therapeutisch notwendig ist. Im Fall der gleichzeitigen Inanspruchnahme der Freistellung darf deren Dauer insgesamt höchstens 4 Wochen betragen.

Eine „Kombination“ der neuen Rehabilitationsfreistellung mit einer Pflegefreistellung nach § 16 UrlG oder einer Freistellung nach § 8 Abs 3 AngG bzw § 1154b Abs 5 ABGB im selben Anlassfall ist nicht zulässig.

Arbeitnehmer, die eine Freistellung gemäß § 14e Abs 1 AVRAG in Anspruch nehmen wollen, haben die Bewilligung der Rehabilitation durch den Träger der Sozialversicherung spätestens eine Woche nach deren Zugang dem Arbeitgeber unter Bekanntgabe des Beginns und der Dauer der Rehabilitation vorzulegen. Den Arbeitnehmer trifft somit eine Nachweis- und Meldepflicht hinsichtlich der Inanspruchnahme der Freistellung, weiters besteht ein besonderer Kündigungs- und Entlassungsschutz für den Arbeitnehmer wie bei der Familienhospizkarenz: Der Arbeitnehmer kann ab Bekanntgabe einer vorgesehenen Rehabilitationsbegleitung und bis zum Ablauf von 4 Wochen nach deren Ende nur nach vorheriger Zustimmung des zuständigen Arbeits- und Sozialgerichts rechtswirksam gekündigt oder entlassen werden. Das Gericht hat über eine Kündigung unter Berücksichtigung der betrieblichen Erfordernisse und der Interessen des Arbeitnehmers zu entscheiden.

Die Regelung zur Freistellung iZm einer Kinderrehabilitation tritt mit 1. 11. 2023 in Kraft – gleichzeitig mit der Regelung zur finanziellen Absicherung während der Freistellung im BPGG.

Hinweis
Der Anspruch auf Pflegekarenzgeld während der Rehabilitationsbegleitung wurde mit dem Bundesgesetz BGBl I 2023/109 in § 21c Abs 3b BPGG verankert. Anträge sind binnen 2 Monate ab Beginn der Maßnahme beim Sozialministeriumservice zu stellen, als Nachweis ist dem Sozialministeriumservice eine Bestätigung über die Inanspruchnahme der Begleitung vorzulegen.

Zugleich wurde auch im Landarbeitsgesetz ein entsprechender Anspruch auf Freistellung von der Arbeitsleistung gegen Entfall des Entgelts zum Zweck der Begleitung von Kindern bei Rehabilitationsaufenthalten normiert.

3. Gebührenbefreiung für Anträge iZm Sonderbetreuungszeit

Die Sonderbetreuungszeit Phase 8 ist mit 7. 7. 2023 ausgelaufen (siehe ARD 6830/11/2023). Durch die nunmehr beschlossene Änderung bleiben Anträge von Arbeitgebern nach § 18 Abs 1a AVRAG auf Vergütung des Entgelts von Mitarbeitern in Sonderbetreuungszeit weiterhin von Stempelgebühren befreit. Durch die pandemiebedingte generelle Gebührenbefreiung waren bis Ende 2022 keine Gebühren zu entrichten. Um alle Verfahren zur Sonderbetreuungszeit gebührenrechtlich gleich zu behandeln, wurde die Befreiung nun rückwirkend ab 1. 1. 2023 verlängert (dies betrifft auch Anträge aus der Sonderbetreuungszeit 7, die nach dem 31. 12. 2022 eingebracht worden sind).



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