Änderung des BPGG

GesetzgebungPersonalrechtLindmayrAugust 2022

ua Erhöhung des Erschwerniszuschlages bei der Pflegegeldeinstufung von Menschen mit demenziellen Beeinträchtigungen, Entfall der Anrechnung eines Betrages von 60 € von der erhöhten Familienbeilhilfe auf das Pflegegeld, Verlängerung der Antragsfrist beim Pflegekarenzgeld, Zuwendungen für die Inanspruchnahme von Pflegekursen

Inkrafttreten

1.1.2023

Stand des Gesetzgebungsverfahrens

Gesetz

Letzte Änderung

5.8.2022

Betroffene Normen

BPGG

Betroffene Rechtsgebiete

Sozialrecht

Quelle

BGBl I 2022/129

Bundesgesetz, mit dem das Bundespflegegeldgesetz geändert wird, BGBl I 2022/129 vom 28. 7. 2022 (AA-259 BlgNR 27. GP , AB 1618 BlgNR 27. GP , 2655/A BlgNR 27. GP , 204/ME NR 27. GP )

1. Überblick

Auch wenn sich das derzeitige Pflegevorsorgesystem in vielen Punkten bewährt hat, ist es erforderlich, dieses System weiterzuentwickeln und zusätzliche Schritte zu setzen, um die Position pflegebedürftiger Menschen und ihrer betreuenden Angehörigen nachhaltig zu stärken und zu unterstützen. Die österreichische Bundesregierung hat sich bereits im Regierungsprogramm zu zentralen Maßnahmen bekannt, um dem vielschichtigen Reformbedarf in der Pflege Rechnung zu tragen. Dabei sollen die notwendigen Verbesserungen in 4 Schritten umgesetzt werden:

  • Akutmaßnahmen für Beschäftigte
  • Zugang zu Beruf verbessern und Ausbildungswege erweitern
  • Verbesserungen für Pflegebedürftige und pflegende Angehörige
  • Weiterentwicklung der 24h-Betreuung sowie Angleichung und Attraktivierung der Einkommens- und Arbeitsbedingungen in Kombination mit Zielsteuerungsprozess

Mit der vorliegenden Novelle des BPGG werden va folgenden wesentlichen Maßnahmen ab 1. 1. 2023 umgesetzt:

  • Erhöhung des Erschwerniszuschlages bei der Pflegegeldeinstufung von Menschen mit demenziellen Beeinträchtigungen
  • Entfall der Anrechnung eines Betrages von 60 Euro von der erhöhten Familienbeilhilfe auf das Pflegegeld
  • Verlängerung der Antragsfrist beim Pflegekarenzgeld
  • Zuwendungen für die Inanspruchnahme von Pflegekursen
  • Redaktionelle Anpassungen

2. Detailmaßnahmen

In Österreich werden rund 80 % der pflegebedürftigen Personen zuhause in unterschiedlichen Pflegesettings betreut. Aus diesem Grund ist es wichtig, diesen Personen größtmögliche Unterstützung zu bieten. Auf Basis der Studie „Angehörigenpflege in Österreich – Einsicht in die Situation pflegender Angehöriger und in die Entwicklung informeller Pflegenetzwerke“ ist davon auszugehen, dass – ohne den ca. 3,5 Prozent pflegenden Kinder und Jugendlichen – rund 950.000 erwachsene Menschen in Österreich informell in die Pflege und Betreuung einer pflegebedürftigen Person involviert sind. Gemessen an der Gesamtbevölkerung Österreichs ist das eine Quote von rund 10 Prozent, die entweder zu Hause oder in der stationären Langzeitpflege mit Fragen der Pflege und Betreuung konfrontiert ist.

Das aktuelle Regierungsprogramm sieht zur besseren Unterstützung von Menschen ab dem vollendeten 15. Lebensjahr mit einer schweren psychischen oder geistigen Behinderung, insbesondere einer demenziellen Beeinträchtigung, die Weiterentwicklung des Pflegegeldes durch eine verbesserte Demenzbewertung vor. Nunmehr wird der Erschwerniszuschlag für Personen ab dem vollendeten 15. Lebensjahr von 25 auf 45 Stunden erhöht

Im § 7 BPGG ist normiert, dass Geldleistungen, die wegen Pflegebedürftigkeit nach anderen bundesgesetzlichen oder ausländischen Vorschriften gewährt werden, auf das Pflegegeld nach diesem Bundesgesetz anzurechnen sind. Von der Erhöhung der Familienbeihilfe für erheblich behinderte Kinder gemäß § 8 Abs 4 FLAG ist ein Betrag von 60 € monatlich anzurechnen. Familien mit Kindern mit Behinderung sind großen Belastungen, auch finanzieller Natur, ausgesetzt. Als wesentliche Verbesserung für Pflegegeldbezieher und zur Unterstützung der Angehörigenpflege entfällt künftig die Anrechnung der erhöhten Familienbeihilfe

Weiters sind künftig Zuwendungen zu den Kosten von Pflegekursen für pflegende Angehörige einer pflegebedürftigen Person, der zumindest ein Pflegegeld der Stufe 1 gebührt, aus dem Unterstützungsfonds für Menschen mit Behinderung möglich.

Im Übrigen haben pflegende Angehörige künftig bereits nach drei Tagen die Möglichkeit, eine finanzielle Zuwendung zu den Kosten der Ersatzpflege zu beantragen, wenn sie aufgrund von Urlaub, Krankheit oder sonstigen wichtigen Gründen verhindert sind. Diese Verbesserung – bisher musste in der Regel eine Verhinderung von sieben Tagen vorliegen – bedarf einer Änderung der Richtlinien und die Anhörung des Behindertenbeirates.

Für nahe Angehörige, vor allem für jene, in deren Familien eine akute Pflegesituation plötzlich aufgetreten ist, ist die Bewältigung bürokratischer Erfordernisse und damit auch die Antragstellung auf Pflegekarenzgeld innerhalb von 14 Tagen eine schwere Belastung. Aus diesem Grund wird die Antragsfrist zur Beantragung des Pflegekarenzgeldes ausgeweitet.

Hinweis
Die noch im Initiativantrag vorgesehene Einführung eines Angehörigenbonus iHv € 1.500,- jährlich für Personen, die einen nahen Angehörigen mit Anspruch auf Pflegegeld zumindest in Höhe der Stufe 4 in häuslicher Umgebung pflegen und sich aufgrund dieser Tätigkeit in der Pensionsversicherung selbstversichert oder weiterversichert haben, wurde durch einen Abänderungsantrag im Nationalrat aus diesem Gesetzesvorhaben herausgenommen und wird – überarbeitet – mit einem eigenständigen Initiativantrag (2717/A BlgNR 27. GP ) weiterverfolgt. Ziel des Pflegebonus ist es, die Pflege zu Hause – nach Abschaffung des Pflegeregresses – stärker zu unterstützen.



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