Bundesgesetz, mit dem das Verkehrsopfer-Entschädigungsgesetz, das Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherungsgesetz 1994, das Kraftfahrgesetz 1967, das Versicherungsaufsichtsgesetz 2016 und die Straßenverkehrsordnung 1960 geändert werden (Kraftfahr-Versicherungsrechts-Änderungsgesetz 2023 – KraftVerÄG 2023( (BGBl I 2023/129, 814/BNR , AB 2262 , RV 2198 BlgNR 27. GP , 278/ME )
Mit der RL (EU) 2021/2118 zur Änderung der RL 2009/103/EG über die Kfz-Haftpflichtversicherung und die Kontrolle der entsprechenden Versicherungspflicht (im Folgenden auch „Änderungsrichtlinie“) wird der Anwendungsbereich der RL 2009/103/EG über die Kfz-Haftpflichtversicherung und die Kontrolle der entsprechenden Versicherungspflicht präzisiert und klar geregelt, für welche Fahrzeuge Haftpflichtversicherungspflicht besteht und welcher Versicherungsschutz gelten sollte.
Dabei wird nun insb geklärt, dass Unfälle, die bei der gewöhnlichen Nutzung eines Fahrzeugs als Transportmittel, ua auf privaten Grundstücken, verursacht werden, grds in den Anwendungsbereich der Richtlinie fallen.
Gleichzeitig werden die bestehenden Ausnahmemöglichkeiten von der Kfz-Haftpflichtversicherungspflicht in Art 5 der RL erweitert und für die Verwendung eines Fahrzeugs bei Motorsportveranstaltungen und -aktivitäten festgelegt, dass diese bei Bestehen einer alternativen Versicherung oder Garantie nicht in den Anwendungsbereich der Richtlinie fällt.
Des Weiteren verpflichtet die RL die Mitgliedstaaten, Stellen einzurichten, die für eine zeitnahe Schadensregulierung sorgen, falls das betreffende Versicherungsunternehmen zahlungsunfähig wird.
In Ansehung der Mindestdeckungssummen werden eine einheitliche Überprüfungsklausel mit dem von Eurostat veröffentlichten harmonisierten Verbraucherpreisindex als Richtwert und einheitliche Verfahrensregeln für eine solche Überprüfung festgelegt.
Darüber hinaus enthält die RL Vorgaben für eine Harmonisierung der Bescheinigungen des Schadenverlaufs.
Einer Überarbeitung wurden auch die Regelungen über die Kontrolle der Haftpflichtversicherung unterzogen.
Schließlich werden mit der RL noch die Bestimmungen zu Fahrzeugen, die von einem Mitgliedstaat in einen anderen versendet werden (Art 15) und Auskunftsstellen (Art 23) modifiziert und neue Regelungen betreffend Unfälle mit Anhängern (Art 15a) und Preisvergleichsinstrumente (Art 16a) eingeführt.
Konkret sieht die Novelle va folgende Maßnahmen zur Umsetzung der RL vor:
- Verkehrsopfer sollen umfassend geschützt werden. Die Entschädigungspflicht des Fachverbands bei nicht versicherungspflichtigen Fahrzeugen ist nicht mehr auf einzelne, im KFG 1967 von der Versicherungspflicht ausgenommene Fahrzeugkategorien beschränkt, sondern gilt grds für alle Fahrzeuge, die dem Fahrzeugbegriff der Änderungsrichtlinie entsprechen, für die im KFG 1967 aber keine Versicherungspflicht vorgesehen ist. Die Entschädigungspflicht des Fachverbands bei Ausfall eines Versicherers wird auf Fälle erweitert, in denen der Versicherungsvertrag aufgrund einer Hinterlegung des Zulassungsscheines und der Kennzeichentafeln gemäß § 52 KFG 1967 ruhend gestellt wurde.
- Die bisher in § 4 Abs 1 Z 5 VOEG geregelte Entschädigungspflicht des Fachverbands bei Zahlungsunfähigkeit des Haftpflichtversicherers wird an die Vorgaben der Änderungsrichtlinie angepasst. Neben dem Prozedere der Schadensabwicklung/Erstattung zwischen den Entschädigungsstellen der EWR-Vertragsstaaten wird dabei auch der Übergang von Ersatzansprüchen neu geregelt.
- Im neu geschaffenen § 6 Abs 4 VOEG werden vier Fälle geregelt, in denen keine Ersatzpflicht des Fachverbands nach § 6 Abs 1 VOEG besteht:
- Fahrzeuge, die im Unfallzeitpunkt nicht so verwendet werden, wie es ihrer Funktion als Beförderungsmittel entspricht, unabhängig von ihren Merkmalen, dem Gelände, auf dem sie verwendet werden, und der Tatsache, ob sie sich in Bewegung befinden oder nicht (Abs 4 Z 1);
- Fahrzeuge, die bei einer Motorsportveranstaltung oder -aktivität in einem abgegrenzten Gebiet mit Zugangsbeschränkungen verwendet werden und für die der Veranstalter der Aktivität oder eine andere Partei eine alternative Versicherung oder Garantie abgeschlossen hat, die den Schaden abdeckt ( Abs 4 Z 2);
- Unfälle mit Arbeitsmaschinen in abgesperrtem Fabrikgelände zwischen Personen, die in den Arbeitsbetrieb des Arbeitgebers eingebundenen (Abs 4 Z 3);
- Fahrzeuge, die gem § 59 Abs 2 KFG 1967 von der Versicherungspflicht ausgenommen sind (Abs 4 Z 4).
- Bei einem Unfall mit einem Anhänger werden dem Versicherer des Anhängers bestimmte Informationspflichten auferlegt, sofern er nicht verpflichtet ist, vollständigen Schadenersatz zu leisten (vgl § 8 Abs 3 KHVG 1994).
- Mit den Ergänzungen in § 16 KHVG 1994 wird die neu gefasste Bestimmung des Art 16 RL 2009/103/EG über die Bescheinigung über die Haftungsansprüche Dritter umgesetzt.
- In Hinkunft erfolgt die Anpassung der Mindestdeckungssummen für Personen- und Sachschäden an die unionsrechtlichen Vorgaben iSd Art 9 RL 2009/103/EG im österreichischen Recht nicht mehr im Wege einer gesetzlichen Regelung, sondern im Verordnungsweg.
- In der StVO 1960 wird der Abschluss einer Haftpflichtversicherung als rechtliche Voraussetzung für die Bewilligung einer Motorsportveranstaltung vorgesehen.
Keiner Umsetzung bedarf der geänderte Art 4 RL 2009/103/EG . Das darin enthaltene Diskriminierungsverbot ist in den kraftfahrrechtlichen Vorschriften zur Kontrolle der Haftpflichtversicherung bereits normiert.
Auch eine Umsetzung des neuen Art 23 Abs 1a RL 2009/103/EG ist nicht erforderlich, weil Zulassungsbehörden, Zulassungsstellen und Versicherungsunternehmen die entsprechenden Informationen bereits gem § 31a Abs 5 und 6 KHVG 1994 unverzüglich mitzuteilen haben. Die Änderung von Art 23 Abs 6 RL 2009/103/EG bedarf aufgrund der unmittelbaren Gültigkeit der VO (EU) 2016/679 keiner Umsetzung.
Abstand genommen wurde von einer Umsetzung der für die Mitgliedstaaten nicht verbindlichen Regelung des Art 16a RL 2009/103/EG zur Zertifizierung von Preisvergleichsinstrumenten für Kfz-Haftpflichtversicherungen.
Neben den Bestimmungen zur Umsetzung der Änderungsrichtlinie enthält die Novelle auch einen neuen § 29a KHVG 1994, der sicherstellen soll, dass Erhebungen zur Feststellung der Ersatzpflicht vom Versicherer oder seinem Schadenregulierungsbeauftragten zügig vorangetrieben werden.