Eine der wesentlichen Neuerungen des Gewaltschutzgesetzes 2019114 stellt die deutliche Ausweitung der Anzeige- und Meldepflichten im Falle eines Verdachts auf das Vorliegen verschiedener gerichtlich strafbarer (Gewalt-) Handlungen in diversen medizinischen Berufsrechten dar. Für viele Berufsgruppen wurde mit diesem Gesetz erstmals eine derartige Verpflichtung normiert, die in einem Spannungsverhältnis zu der sie sonst treffenden Verschwiegenheitspflicht steht bzw diese durchbricht. Obzwar diese primär berufsrechtlichen Fragen die Thematik der strafprozessualen Opferrechte bzw der Stellung des Opfers im Strafverfahren nur am Rande tangieren, erscheint ein kurzer „Seitenblick“ auf diese Anzeige- und Meldepflichten hier jedoch schon deshalb als sinnvoll, weil die Strafverfolgung eines mutmaßlichen Täters, im Zuge derer die strafprozessualen Opferrechte eine zentrale Bedeutung einnehmen, nicht zuletzt aufgrund derartiger Meldungen bzw Anzeigen in Gang gesetzt werden kann. Da derartige Pflichten außerdem eine solche Strafverfolgung nicht nur unabhängig vom Willen des Opfers anstoßen können, sondern unter bestimmten Umständen sogar gegen den ausdrücklich erklärten Willen des Opfers, können sich daraus gerade auch für die Gewaltschutz-Praxis Probleme und Herausforderungen ergeben, mit denen es im Rahmen eines bereits angestoßenen strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens Seite 264
