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§ 10 Das Pflegevermächtnis (Deixler-Hübner)

Deixler-Hübner2. AuflOktober 2017

A. Einleitung

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Das Pflegevermächtnis stellt eine der zentralen Neuerungen der Erbrechtsreform dar und wurde bereits im Vorfeld von viel medialer Aufmerksamkeit begleitet. Ein wichtiger Punkt dabei ist, dass pflegenden Angehörigen, die durch ihre, vielfach immens aufopfernden und das eigene Leben einschränkenden Pflegeleistungen die Sozialsysteme entlasten, nun auch von Seiten

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des Gesetzgebers der ihnen für diese Aufgabe gebührende Respekt gezollt wird. Bislang mussten sich diese Personen die Abgeltung in oft aufreibenden Bereicherungsprozessen gegen die Verlassenschaft bzw die Erben erkämpfen.116 Ob 29/09x EF-Z 2009/137 (Stefula); 6 Ob 76/12p iFamZ 2012/197 (Deixler-Hübner) = EF-Z 2012/162 (abl Stefula) uva. Vielfach gingen sie überhaupt leer aus, wenn sie ihre gesamte Zeit dem Pflegeeinsatz gewidmet und dadurch auch Geschwister entlastet haben. Diese mussten nach einer verfehlten Rsp weder zu Lebzeiten des Verstorbenen im Rahmen eines Bereicherungsanspruchs ihren Tribut leisten, noch wurde nach dem Tod des Erblassers ihr Erbteil geschmälert. So sprach sich etwa der sechste Senat22Vgl 6 Ob 29/09x EF-Z 2009/137 (Stefula); so offenbar auch Stefula, Zu den allgemeinen familiären Beistandspflichten, ÖJZ 2005, 609. explizit dagegen aus, dass, wenn ein Geschwisterteil umfangreiche, über die allgemeine Beistandspflicht hinausgehende Pflegeleistungen erbringt, dieser einen bereicherungsrechtlichen Verwendungsanspruch gegen den anderen Geschwisterteil hat. Lapidar wurde dies damit begründet, dass die Beistandspflicht des Angehörigen gem § 137 ABGB einen solchen bereicherungsrechtlichen Anspruch ausschließe. Dies ist nicht nur aus Gründen der Fairness nicht sachgerecht, sondern auch dogmatisch verfehlt.33Anders daher nun 6 Ob 76/12p iFamZ 2012/197 (Deixler-Hübner) = EF-Z 2012/162 (abl Stefula). Die hM spricht sich bei Vorliegen der sonstigen bereicherungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Abgeltbarkeit der Beistands- und vor allem Pflegeleistungen aus, wenn diese über den gesetzlich geforderten Bereich hinausgehen.44 Deixler-Hübner, Sind Beistandsleistungen zwischen Angehörigen – vor allem im Eltern-Kind-Verhältnis – finanziell abgeltbar? iFamZ 2009, 134 mwN; ebenfalls bereits Deixler-Hübner, Probleme der Leistungsabgeltung im Zusammenhang mit der Auflösung der Lebensgemeinschaft, ÖJZ 1999, 201; Schwimann/Ferrari in Schwimann/Kodek, ABGB4 (2011) § 90 Rz 9; Hueber, Zur Abgeltung von erbrachten Pflegeleistungen nach dem neuen Erbrecht, NZ 2016, 281 (285); 6 Ob 76/12p iFamZ 2012/197 (Deixler-Hübner) = EF-Z 2012/162 (abl Stefula); Apathy, Pflegevermächtnis und ungerechtfertigte Bereicherung, iFamZ 2016, 112 f (113). Derselbe Senat hat daher zu Recht einige Zeit später – wohl im Gegensatz zu seiner zuvor geäußerten Rechtsansicht – im sachlich gleichgelagerten Fall der Pflege durch einen Ehegatten einen Bereicherungsanspruch für jene Leistungen bejaht, die über diese gesetzliche Beistandspflicht iSd §§ 90 f ABGB hinausgehen. Diesen Missstand der gegenteiligen Rsp will offenbar auch der Gesetzgeber durch die Einführung des Pflegevermächtnisses beseitigen, indem er ausdrücklich in den Erläuterungen festhält, dass einer allenfalls bestehenden Beistandspflicht durch § 677 ABGB derogiert wird.55Vgl ErläutRV 688 BlgNR 25. GP 17. Die Formulierung ist zwar etwas irreführend, weil die Beistandsverpflichtung ja trotzdem weiter bestehen bleibt, aber diese

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gesetzliche Vorgabe keinesfalls den Anspruch auf ein Pflegevermächtnis ausschließen kann. Stützen sich diese nahen Angehörigen daher zur Abgeltung ihrer Pflegeleistungen auf § 677 ABGB, so sind auch jene Pflegehandlungen nach den Vorrausetzungen der §§ 677 f ABGB zu honorieren, die innerhalb der Beistandspflicht zu erbringen und somit nach bereicherungsrechtlichen Grundsätzen nicht abgeltbar sind.66IdS wohl auch Hueber, NZ 2016, 281 (285). Diese Leistungen sind daher zwar gem §§ 90 bzw 137 ABGB gefordert, müssen aber nicht unentgeltlich erbracht werden.

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