4. COVID-19-Gesetz - wirtschaftsrechtlicher Teil

GesetzgebungWirtschaftsrechtKriwanekApril 2020

ua Änderung des gesellschaftsrechtlichen COVID-19-Gesetzes

Inkrafttreten

5.4.2020

Stand des Gesetzgebungsverfahrens

Gesetz

Letzte Änderung

6.4.2020

Betroffene Normen

COVID-19 Begleitgesetz Vergabe, Gesellschaftsrechtliches COVID-19-Gesetz, IO

Betroffene Rechtsgebiete

Vergaberecht, Insolvenzrecht, Gesellschaftsrecht, Immaterialgüterrecht

Quelle

BGBl I 2020/24

Bundesgesetz, mit dem ua das Bundesgesetz betreffend Begleitmaßnahmen zu COVID-19 in der Justiz, die Insolvenzordnung,  das Gesellschaftsrechtliche COVID-19-Gesetz  geändert werden sowie ein 2. Bundesgesetz betreffend Begleitmaßnahmen zu COVID-19 in der Justiz (2. COVID-19-Justiz-Begleitgesetz - 2. COVID-19-JuBG), ein Bundesverfassungsgesetz betreffend Begleitmaßnahmen zu COVID-19 in Angelegenheiten des öffentlichen Auftragswesens (COVID-19 Begleitgesetz Vergabe) und ein Bundesgesetz betreffend Begleitmaßnahmen zu COVID-19 im Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes beschlossen werden (4. COVID-19-Gesetz) (BGBl I 2020/24, AB 116, 403/A)

 

Änderung des Gesellschaftsrechtlichen COVID-19-Gesetzes

Um den betroffenen Gesellschaften und den anderen in § 1 Abs 1 angeführten Rechtsträgern - darunter nunmehr auch die Sparkassen - mehr Planungssicherheit zu gewähren, hängt die Zulässigkeit der Durchführung von Versammlungen nach diesem Bundesgesetz nicht mehr davon ab, ob zum betreffenden Zeitpunkt (noch) rechtliche Maßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 in Geltung stehen. Durch den Entfall der Bezugnahme auf diese Maßnahmen in § 1 Abs 1 sind solche Versammlungen bis Ende 2020 generell erlaubt. Außerdem sind erforderlichenfalls auch andere Formen der Beschlussfassung als nur während einer Versammlung erfolgte Abstimmungen zulässig sein, weshalb auch die Verordnungskompetenz der BMJ geringfügig erweitert wird. Da solche anderen Arten Beschlussfassung, wie insbesondere schriftliche Abstimmungen, zwangsläufig weniger unmittelbar sind, wird als Kriterium für die Regelungen der Verordnung festgelegt, dass sie "im Rahmen der jeweils eingesetzten Kommunikationswege eine möglichst hohe Qualität der Rechtssicherheit bei der Willensbildung" im Interesse der Gesellschaft und ihrer Gesellschafter gewährleisten.

Die bisher nur für Aktiengesellschaften vorgesehene Ausweitung der Frist für die Durchführung der ordentlichen Hauptversammlung von acht auf zwölf Monate gilt auch für die ordentlichen Generalversammlungen bzw Beschlussfassungen von Genossenschaften und GmbHs. Nicht möglich ist eine derartige Fristerstreckung bei der SE und bei der SCE, weil bei diesen Rechtsformen der Zeitraum, innerhalb dessen die Haupt- bzw. Generalversammlung durchzuführen ist, unionsrechtlich vorgegeben ist (vgl Art 54 Abs 1 SE-VO und Art 54 Abs 1 SCE-VO: "binnen sechs Monaten nach Abschluss des Geschäftsjahres"). Allerdings wird dem Leitungs- oder Verwaltungsorgan einer SE oder SCE auch ohne explizite Ausdehnung der Frist kein Vorwurf gemacht werden können, wenn COVID-19-bedingt von einer Einberufung der Haupt- bzw. Generalversammlung in diesem Zeitraum Abstand zu nehmen ist.

Außerdem wird klargestellt, dass auch in Gesellschaftsverträgen, Statuten und entsprechenden Urkunden anderer Rechtsformen festgelegte Fristen für die Einberufung bzw Abhaltung bestimmter Versammlungen derzeit nicht einhalten werden müssen, wenn es aufgrund von COVID-19 auch unter Berücksichtigung der Durchführungsformen nach § 1 nicht möglich oder zweckmäßig erscheint, die Versammlung zu dem an sich vorgesehenen Zeitpunkt abzuhalten. Diese Entscheidung liegt im pflichtgemäßen Ermessen des Organs, das für die Einberufung der betreffenden Versammlung zuständig ist. Schließlich stellt eine Nichteinhaltung der gesetzlichen Vorschriften, die eine vierteljährliche Abhaltung von Aufsichtsratssitzungen vorschreiben, gemäß § 2 Abs. 5 bis Ende April 2020 ausdrücklich keine Gesetzesverletzung dar, wenn eine rechtzeitige Abhaltung der Sitzung COVID-19-bedingt nicht möglich ist. Danach können und müssen solche Sitzungen - in Anwendung des § 1 und der entsprechenden Verordnung -jedenfalls wieder stattfinden.

Bereits mit § 2 des 1. COVID-19-JuBG wurde die Frist für die Einreichung von Jahresabschlüssen um die Zeitspanne vom 22. 3. 2020 bis zum 30. 4. 2020 verlängert, mit der Möglichkeit einer weiteren Verlängerung durch die BMJ. Es hat sich allerdings das Bedürfnis nach einer weitergehenden Verlängerung gezeigt, sodass nun vorgesehen ist die Frist generell bis zu dem von Art 30 der Bilanz-RL 2013/24/EU erlaubten Höchstausmaß von 12 Monaten zu erstrecken. Damit korrespondierend wird auch die Aufstellungsfrist von bisher fünf Monate auf jene neun Monate verlänger, die auch für andere Unternehmer gilt (§ 193 Abs 2 UGB). Die Verlängerung der Aufstellungsfrist schließt nicht nur die in § 222 Abs 1 UGB genannten Unterlagen ein, sondern auch andere Unterlagen der Rechnungslegung, die nach Maßgabe anderer Bestimmungen (wie zB § 244 Abs.1 UGB) innerhalb der für die Vorlage des Jahresabschlusses geltenden Fristen vorzulegen sind (zB insbesondere den Konzernabschluss und den Konzernlagebericht) und die korrespondierenden Verpflichtungen bei Genossenschaften nach § 22 Abs. 1 GenG und Vereinen nach § 21 Abs 1, § 22 Abs. 1 oder 2 VerG. In gleicher Weise erstreckt sich die Verlängerung der Offenlegungspflicht nicht nur auf die in § 277 Abs 1 UGB genannten Unterlagen, sondern auf sämtliche nach Maßgabe anderer Bestimmungen (wie zB § 243b Abs 6 oder § 280 Abs 1 UGB) gleichzeitig offenzulegenden Unterlagen (zB insbesondere den gesonderten nichtfinanziellen Bericht oder den Konzernabschluss ). Für § 2 des 1. COVID- 19-JuBG bleibt somit nur noch ein Anwendungsbereich auf jene Unterlagen der Rechnungslegung, die am 16. 3.2020 schon aufgestellt sein mussten, und für die zweirnonatige Frist in § 284 Abs 4 UGB.

Insolvenz

Damit Insolvenzverfahren zügig abgewickelt werden können, können Fristen in diesem Bereich nicht mehr unterbrochen werden. Die Insolvenzantragspflicht des Schuldners bei Überschuldung bleibt aber vorübergehend ausgesetzt. Zahlungsplanraten können mit Bedacht auf die aktuelle Situation geändert und Stundungen für höchstens neun Monate beantragt werden.

Auch bestimmte im Insolvenzverfahren vorgesehene gesonderte Zustellungen entfallen.

Gerichtsgebühren

Ausgesetzt werden vorerst die Erhöhung der Gerichtsgebühren. Pfandrechtliche Kreditbesicherungen im Zusammenhang mit dem Hilfspaket zur Unterstützung der Wirtschaft lösen keine Eintragungsgebühren mehr aus.

Sonderregelungen für öffentliche Auftragsvergaben

Das COVID-19 Begleitgesetz Vergabe regelt Begleitmaßnahmen zu COVID-19 in Angelegenheiten des öffentlichen Auftragswesens, um wirtschaftliche Schäden auch in diesem Bereich möglichst gering zu halten.

Für Vergabeverfahren von Notbeschaffungen in Zusammenhang mit COVID-19 – etwa die Beschaffung von Schutzmasken, Beatmungsgeräten oder Containern für medizinisches Personal – werden die Wirkungen der Antragsstellung in Verfahren vor den Verwaltungsgerichten außer Kraft gesetzt. Ein Zuschlag darf also vor der Antragsentscheidung erteilt werden. Da diese Bestimmung auch für die Rechtsschutzverfahren im Bereich der Landesvollziehung gelten soll, ist sie als Verfassungsgesetz zu erlassen.

Änderungen sind ua auch iZm Fristen vorgesehen.

Begleitmaßnahmen zu COVID-19 im Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes

In den Materiengesetzen zum gewerblichen Rechtschutz finden sich zahlreiche Fristbestimmungen (behördliche sowie gesetzliche Fristen, darunter auch materiellrechtliche Fristen). Das Bundesgesetz betreffend Begleitmaßnahmen zu COVID-19 im Verwaltungsverfahren, im Verfahren der Verwaltungsgerichte sowie im Verfahren des Verwaltungsgerichtshofes und des Verfassungsgerichtshofes (BGBl I 2020/16) umfasst nicht die Fristen, die in den Materiengesetzen des gewerblichen Rechtsschutzes vorgesehen sind. Betreffend die behördlichen Fristen wurde aufgrund einer Verordnung eine Ausnahmeregelung in Orientierung an das 2. COVID-19-Gesetz erlassen, und zwar durch die Verordnung der Präsidentin des Patentamtes betreffend Begleitmaßnahmen zu COVID-19 hinsichtlich der Einbringung und dem Einlangen von Eingaben sowie behördlicher Fristen. Das Bundesgesetz betreffend Begleitmaßnahmen zu COVID-19 in der Justiz (BGBl I 2020/16) sieht Ausnahmeregelungen in Bezug auf gerichtliche Rechtsmittelfristen vor. Diese kommen im Bereich des Patentamtes zur Anwendung, weil hier der Rechtszug von der Erstinstanz an das OLG Wien geht. Für diese Fristen besteht daher bereits eine Ausnahmeregelung. Für die anderen Fristen wird eine Verlängerung geschaffen. Die Fristen werden nicht unterbrochen und beginnen nicht neu zu laufen, sondern der Ablauf der Fristen wird gehemmt (dh die Fristen werden verlängert).

Erleichterungen für private Kreditnehmer und Kleinstunternehmen

Es ist eine Erleichterung für Kreditnehmer vorgesehen, die vor dem 15. 3. 2020 einen Kredit aufgenommen haben und nun von der COVID-19-Pandemie unmittelbar betroffen sind. Die Fälligkeit dieser Zahlungen wird (unter genauer geregelten Voraussetzungen) jeweils um drei Monate nach dem vertraglich vorgesehenen Zahlungstag verschoben und bezieht sich nicht nur auf Verbraucherkreditverträge, sondern auch auf Unternehmenskredite an Kleinstunternehmen. Auf das gesetzliche Zinsausmaß von 4% pro Jahr beschränkt werden Verzugszinsen für sämtliche Vertragsverhältnisse, die in dem von der Pandemie besonders betroffenen Zeitraum vom 1. 4. 2020 bis zum Ende des Monats Juni 2020 fällig werden. Konventionalstrafen sind nicht zu entrichten, wenn wegen der durch die COVID-19-Pandemie verursachten Beschränkungen das Erwerbsleben verunmöglicht wird.

 

 

 

 

 



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