I. Einleitung
Wenn ein Höchstrichter über Entscheidungen des eigenen Gerichts oder gar des eigenen (in concreto: ehemaligen) Senats spricht,1 ist dies naturgemäß heikel, und zwar aus zwei Gründen: Zum einen kennen Sie sicher das Bonmot: „Wer sich selbst interpretiert, geht unter sein Niveau“.2 Diese Gefahr möchte ein Vortragender natürlich vermeiden. Zum anderen erfordert dies regelmäßig Umsicht und Zurückhaltung, einerseits wegen hier teilweise bestehender Sensibilitäten, andererseits – und vor allem – wegen der besonderen Rolle der Höchstgerichte, soll doch eine literarische Auseinandersetzung nicht eine bei uns eben gerade nicht vorgesehene dissenting (oder auch nur: concurring) opinion ersetzen.3 Im vorliegenden Fall kann ich allerdings eine „Entwarnung“ aussprechen: Es geht nicht um eine „Urteilsschelte“ und auch nicht um Lob oder Verteidigung der Entscheidung, ja überhaupt nicht um eine inhaltliche Auseinandersetzung.4 Vielmehr soll die Entscheidung als Beispiel
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