VwGH Ro 2023/02/0020

VwGHRo 2023/02/00209.11.2023

Rechtssatz

Bei der Tatanlastung, nämlich dem Vorwurf, im Rahmen einer Werbeaktion bei der Konsumation einer bestimmten, näher definierten Speise/Getränkekombination einen Wettgutschein und somit eine andere geldwerte Leistung an Wettkunden abgegeben zu haben, ist zu prüfen, wie die Beigabe des Wettgutscheines zu diesem "Angebot" rechtlich zu bewerten ist, ob also auch rechtlich im Hinblick auf den Wettgutschein von einem Verkauf auszugehen ist. Bei der durchzuführenden Prüfung, ob ein solcher Wettgutschein in Wahrheit vor dem Hintergrund des § 18 Abs. 2 Wr WettenG 2016 "unentgeltlich" angeboten wird, ist das gesamte Angebot sowie der Erwartungshorizont der potentiellen Kunden in den Blick zu nehmen, wobei insbesondere auch die gesetzgeberische Intention, die Kunden vor "vermeintlichen Vorteilen", die zu "zusätzlichen Wetten animieren" zu berücksichtigen ist. Es ist davon auszugehen, dass eine "Aktion", die aus zwei Gastronomieprodukten und einem Wettgutschein von € 3,-- besteht und um einen Preis von € 4,70 verkauft wird, nur so zu verstehen ist, dass der Wettgutschein zusätzlich zu den Gastronomieprodukten von der Wettunternehmerin abgegeben wird und dass dieser Wettgutschein genau jenen "vermeintlichen" Vorteil darstellt, der zu zusätzlichen Wetten animiert und den der Gesetzgeber in § 18 Abs. 2 Wr WettenG 2016 verboten hat. Auf die tatsächliche Kalkulation des reinen Einkaufspreises der Gastronomieprodukte kommt es dabei gerade nicht an, besteht doch der Unternehmenszweck im Vertrieb von Wetten und ist darauf abzustellen, ob der Wettgutschein im Zusammenhang mit dem Preis für die Gastronomieprodukte für einen Wettkunden dazu führt, diesen Gutschein als vermeintlichen Vorteil für sich zu lukrieren, den er "zusätzlich" zu den Gastronomieprodukten erhält. Dient daher das von den Wettkunden aufgewendete Geld in Wahrheit dem Gastronomieerzeugnis, wird dieses - auch bei Angabe eines "Gesamtpreises" - damit nicht zur Gänze für die Erlangung des Wettgutscheins bezahlt - was nämlich durch die Ausgabe von reinen Wettgutscheinen ohne Verknüpfung mit Gastronomieprodukten wesentlich einfacher zu bewerkstelligen wäre - und dessen Abgabe erfolgt daher insofern ohne Gegenleistung (VwGH 23.10.2023, Ro 2021/02/0007, 0008).

L70309 Buchmacher Totalisateur Wetten Wien — Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2 Besondere Rechtsgebiete

 

Normen

VwGG §42 Abs2 Z1
VwRallg
WettenG Wr 2016 §18 Abs2 idF 2018/040
WettenG Wr 2016 §24 Abs1 Z11

Dokumentnummer

JWR_2023020020_20231109J04

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