Normen
LSicherheitsG Slbg 2009 §39 Abs2
LSicherheitsG Slbg 2009 §39 Abs3
PolStG Slbg 1975 §8 Abs2 idF 2003/108
PolStG Slbg 1975 §8 Abs3 idF 2003/108
VwRallg
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2022:RO2022030032.J00
Spruch:
Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
1 Mit dem angefochtenen, in Bestätigung eines Bescheides der belangten Behörde vom 3. November 2020 ergangenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht Salzburg nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung den Antrag der Revisionswerberin vom 27. Juli 2020 auf Erteilung einer Bordellbewilligung für einen näher bezeichneten Standort in S gemäß § 6 Z 3 Salzburger Landessicherheitsgesetz (S.LSG) ab. Das Verwaltungsgericht sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG zulässig sei.
2 Begründend führte das Verwaltungsgericht aus, für das gegenständliche Bordell sei im Jahr 1975 eine Ausnahmebewilligung gegen jederzeitigen Widerruf erteilt worden. Im Jahr 2003 sei die Übernahme des Bordellbetriebes durch G W der zuständigen Behörde angezeigt und von dieser nicht untersagt worden.
3 Mit Bescheid der belangten Behörde vom 7. März 2012 sei der Revisionswerberin die Bewilligung zum Bordellbetrieb nach einem Betreiberwechsel (zuvor hatte G W das Bordell persönlich betrieben) erneut erteilt worden. Begründet worden sei die Bewilligung damit, dass auf Grund der Übergangsbestimmung des § 39 Abs. 2 S.LSG der neue Betreiber zwar die persönlichen Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 S.LSG erfüllen müsse, die sachlichen Voraussetzungen bei einem schon einmal bewilligten Bordell aber nicht erneut Gegenstand des Verfahrens seien, sondern ex lege als erfüllt gälten.
4 Im Jahr 2017 sei die Bewilligung aus dem Jahr 2012 rechtskräftig widerrufen und die Schließung verfügt worden. Das Bordell sei daher behördlich geschlossen gewesen, weswegen im Zeitpunkt der Antragstellung keine Bewilligung vorgelegen sei. Gemäß § 2 Abs. 2 S.LSG dürfe ein Bordell aber nur mit Bewilligung betrieben werden.
5 Die Übergangsbestimmung des § 39 Abs. 2 S.LSG könne für den gegenständlichen Bewilligungsantrag nicht mehr angewendet werden, da sich diese Bestimmung lediglich auf bewilligte Bordelle, also rechtmäßig betriebene Bordelle, die bisher zu keinen Missständen geführt hätten, beziehe. Im Jahr 2012 sei lediglich über einen Betreiberwechsel zu entscheiden gewesen.
6 Mit der Änderung des S.LSG durch die Novelle LGBl. Nr. 108/2003 seien die sachlichen Voraussetzungen für die Erteilung einer neuen Bordellbewilligung eingeführt worden. Um eine Schließung von damals bewilligten bzw. bei der Behörde angezeigten Bordellen, für welche die sachlichen Voraussetzungen nicht gegeben gewesen seien, zu vermeiden, seien die Übergangsbestimmungen eingeführt worden.
7 Dadurch habe das gegenständliche Bordell bis zur behördlichen Schließung im Jahr 2017 konsensgemäß weiterbetrieben werden können. Infolge des Widerrufes der Bewilligung habe zum Antragszeitpunkt (20. Juli 2020) für den gegenständlichen Standort keine aufrechte Bordellbewilligung bestanden, weswegen die Übergangsbestimmung des § 39 Abs. 2 S.LSG nicht zur Anwendung gelangt sei. Der Antrag sei daher „als Neubewilligung“ zu beurteilen gewesen. Es könne auch nicht die Intention des Gesetzgebers gewesen sein, jedes Bordell, welches im Jahr 2003 bestanden habe, bei nachträglichem Widerruf und behördlicher Schließung immer wieder ohne Prüfung der sachlichen Voraussetzungen neu bewilligen zu müssen. Die Intention des Gesetzgebers im Jahr 2003 sei es gewesen, dass bewilligte und „gut geführte“ Bordellbetriebe weiter betrieben werden konnten.
8 Die sachlichen Voraussetzungen des § 6 Z 3 lit. f, g und h S.LSG seien im vorliegenden Fall nicht erfüllt, da sich näher genannte Einrichtungen teilweise bzw. zur Gänze innerhalb eines Umkreises von 300 Metern um den beantragten Bordellstandort befänden. Entgegen dem Vorbringen der Revisionswerberin komme es nicht darauf an, dass das gegenständliche Bordell „derart versteckt“ liege, dass der Zweck dieser Bestimmung erfüllt sei, sondern darauf, ob sich eine der genannten Einrichtungen im tatsächlichen Umkreis von 300 Metern um den beantragten Bordellstandort befinde.
9 Die ordentliche Revision sei zulässig, weil es zur Übergangsbestimmung des § 39 Abs. 2 S.LSG keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gebe, insbesondere nicht zur Frage, ob es nach dem Widerruf einer Bordellbewilligung und der Schließung eines Bordells auch ohne sachliche Voraussetzungen jederzeit wieder weiter betrieben werden könne „und“ (gemeint: oder) eine Bordellbewilligung erteilt werden müsse.
10 Mit Beschluss vom 30. November 2021, E 2614/2021‑5, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der gegen dieses Erkenntnis erhobenen Beschwerde der Revisionswerberin ab und trat die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.
11 Gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts vom 31. Mai 2021 richtet sich die vorliegende Revision, welche das Verwaltungsgericht unter Anschluss der Verfahrensakten vorlegte. Eine Revisionsbeantwortung wurde nicht erstattet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
12 Das Salzburger Landessicherheitsgesetz ‑ S.LSG, LGBl. Nr. 57/2009 (WV) in der Fassung LGBl. Nr. 33/2019, lautet (auszugsweise):
„1. Abschnitt
Prostitution
Begriffsbestimmungen
...
Verbote; Bordellbewilligung
§ 2 ...
(2) Ein Bordell darf nur mit Bewilligung der Gemeinde betrieben werden.
Antrag auf Bordellbewilligung
§ 3 (1) Die Erteilung der Bordellbewilligung ist schriftlich zu beantragen. Der Antrag hat folgende Angaben zu enthalten:
...
Bordellbewilligung
§ 4 (1) Die Gemeinde hat eine Bordellbewilligung zu erteilen, wenn die persönlichen (§ 5) und sachlichen (§ 6) Voraussetzungen erfüllt sind. Vor der Erteilung der Bewilligung ist der nach dem beantragten Standort zuständigen Verwaltungsstrafbehörde (§ 34 Abs 2) Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.
(2) Die Bordellbewilligung ist zu befristen, mit Auflagen oder unter Bedingungen zu erteilen, soweit dies zur Wahrung der im § 6 angeführten öffentlichen Interessen erforderlich ist. In der Bewilligung sind auch die beim Betrieb des Bordells einzuhaltenden Anordnungen zu treffen. Jedenfalls ist anzuordnen, dass
1.die oder eine von den gemäß § 3 Abs 1 Z 3 namhaft gemachte(n) Person(en) verpflichtet ist (sind), während der Betriebszeiten des Bordells ständig anwesend zu sein;
2.Minderjährigen der Zutritt verboten ist und die verantwortliche Person den Zutritt bei jedem Zweifel über die Volljährigkeit einer Person zu untersagen hat;
3.der Bordellbetreiber verpflichtet ist, der Bezirksverwaltungsbehörde unverzüglich die Namen und Anschriften aller Personen bekannt zu geben, die in seinem Bordell die Prostitution ausüben.
(3) Jede wesentliche Änderung des Bordellbetriebes bedarf einer Bewilligung der Gemeinde. Für die Erteilung dieser Bewilligung gelten die Bestimmungen für die Erteilung der Bordellbewilligung sinngemäß.
...
Sachliche Voraussetzungen
§ 6 Die Bordellbewilligung kann nur erteilt werden, wenn alle nachstehenden Voraussetzungen erfüllt werden:
...
3.Im Umkreis von 300 m um den beantragten Standort befindet sich keine der folgenden Einrichtungen:
a)Schulen, Kindergärten;
b)Jugendzentren, Jugendtreffpunkte;
c)Heime für Kinder oder Jugendliche;
d)öffentliche Kinderspielplätze;
e)Sportstätten;
f)Gebäude, die religiösen Zwecken gewidmet sind;
g)Amtsgebäude;
h)Krankenanstalten, Erholungsheime;
i)Alten- und Pflegeheime;
j)Kasernen.
...
Widerruf und Erlöschen der Bewilligung, Schließung eines Bordells
§ 8 (1) Die Bewilligung ist zu widerrufen, wenn
1.auch nur eine der Voraussetzungen gemäß den §§ 5 oder 6 nicht mehr gegeben ist. Im § 6 Z 3 genannte, nachträglich entstandene Einrichtungen bilden jedoch keinen Widerrufsgrund;
2.beim Betrieb gegen die Bordellbewilligung verstoßen wird;
...
(2) Für den Fall, dass ein Bordell gemäß § 39 Abs 2 als bewilligt gilt, ist Abs 1 mit der Maßgabe anzuwenden, dass an die Stelle eines Verstoßes gegen die Bordellbewilligung (Abs 1 Z 2) ein Verstoß gegen die unmittelbar geltenden Anordnungen gemäß § 4 Abs 2 Z 1 bis 3 tritt.
(3) Die Schließung eines Bordells ist zu verfügen:
1.mit dem Widerruf der Bewilligung;
2.wenn ein Bordell ohne Bewilligung betrieben wird.
...
Inkrafttreten ab dem Gesetz LGBl Nr 108/2003 novellierter Bestimmungen und Übergangsbestimmungen dazu
§ 39 (1) Die §§ 1 bis 3a in der Fassung des Gesetzes LGBl Nr 108/2003 treten mit 28. November 2003 in Kraft.
(2) Bordelle, die bis 31. Dezember 2002 gemäß § 3 Abs 3 in der bisher geltenden Fassung der Behörde angezeigt und bis zu dem im Abs 1 bestimmten Zeitpunkt von dieser nicht untersagt worden sind oder eine bescheidmäßige Ausnahmebewilligung gemäß § 3 Abs 4 in der bisher geltenden Fassung erhalten haben, gelten als bewilligt im Sinn des 1. Abschnittes dieses Gesetzes. Für diese sind die Angaben gemäß § 1b Abs 1 Z 1, 3, 7 und 8 innerhalb einer Frist von zwei Monaten ab dem im Abs 1 bestimmten Zeitpunkt der Behörde bekannt zu geben. Die Anordnungen gemäß § 1c Abs 2 Z 1 bis 3 gelten in diesen Fällen unmittelbar.
(3) Betreiber von Bordellen, die nicht unter Abs 2 fallen, aber bis zu [dem] im Abs 1 bestimmten Zeitpunkt der Behörde angezeigt und von dieser nicht untersagt worden sind, haben die erforderliche Bewilligung innerhalb einer Frist von zwei Monaten ab dem im Abs 1 bestimmten Zeitpunkt zu beantragen. Im Fall einer rechtzeitigen zulässigen Antragstellung (§ 1b) können solche Bordelle bis zur rechtskräftigen Entscheidung auch ohne Bewilligung betrieben werden, es sei denn, für den Standort des Bordells gilt ein gemäß § 3 Abs 5 in der bisher geltenden Fassung oder § 2 in der neuen Fassung erlassenes Verbot. Bis zur rechtskräftigen Entscheidung kann der Betrieb des Bordells in Anwendung des § 3 Abs 5 in der bisher geltenden Fassung untersagt werden.
...“
13 In den Gesetzesmaterialien zur Novelle LGBl. Nr. 108/2003 des damaligen Landes-Polizeistrafgesetzes, LGBl. Nr. 58/1975 (im Folgenden: L‑PolG), mit welcher ein Bewilligungsvorbehalt für Bordelle eingeführt wurde, wird dazu und zur entsprechenden Übergangsbestimmung des (damals § 8 L‑PolG, seit der Wiederverlautbarung LGBl. Nr. 57/2009 ‑ inhaltlich unverändert ‑) § 39 S.LSG auszugsweise Folgendes ausgeführt (Blg LT 12. GP, RV 610):
„1. Allgemeines:
Der Gesetzesvorschlag zur Änderung des Landes-Polizeistrafgesetzes sieht ein Verbot der Ausübung der Prostitution in Wohnungen sowie als so genannter ‚Straßenstrich‘ vor und erlaubt lediglich die Prostitution in bewilligten Bordellen. Damit wird von der bestehenden Anzeigepflicht, der Ausübung der Prostitution in Wohnungen und der grundsätzlich nur nachträglichen Untersagungsmöglichkeit der Prostitutionsausübung abgegangen. ...
...
Zu Z 4 [§ 8 Landes-Polizeistrafgesetz]:
Teilweise bereits seit längerer Zeit rechtmäßig betriebene Bordelle, die bisher zu keinen Missständen geführt haben, sollen von Gesetzes wegen als bewilligte Bordelle weitergeführt werden können. Nach § 3 Abs 4 des geltenden Gesetzes konnten bestimmte allgemein zugängliche Bauten und Räumlichkeiten von den die Prostitution betreffenden Verboten ausgenommen werden. Solche Bescheide sollen auch als Bordellbewilligungen weiter gelten. Die Eigentümer der darunter fallenden Bordelle, die verantwortlichen Personen, die Betriebszeiten und die maximale Zahl der Personen, die der Prostitution im Betrieb nachgehen (werden), sind jedoch auch für diese Bordelle der Behörde (Bürgermeister) bekannt zu geben. Die Bestimmungen, die für bewilligte Bordelle gelten, sind auch auf diese Betriebe anzuwenden. Die Verpflichtungen, die sonst im Bewilligungsbescheid anzuordnen sind, gelten für sie ex lege. Diese Lösung greift in die Rechtsposition der Betroffenen nur geringfügig ein und erübrigt die Durchführung von Behördenverfahren.
Für andere Bordelle, die erst in jüngster Zeit angezeigt und bisher nicht untersagt worden sind, wird dem Betreiber die Möglichkeit eingeräumt, innerhalb einer Frist von zwei Monaten ab Inkrafttreten des Gesetzes eine Bordellbewilligung zu beantragen. Für die Dauer des fristgerecht beantragten, zulässigen Verfahrens kann das Bordell dann weiter betrieben werden, ohne dass eine Verwaltungsübertretung wegen Betreibens ohne Bewilligung vorliegen würde. Ausnahme: Es besteht ein gemäß § 3 Abs 5 erlassenes allgemeines Verbot, das weiter gilt (Abs 5). Außerdem würde ein gemäß § 2 erlassenes allgemeines Verbot den Weiterbetrieb unzulässig machen. Desgleichen könnte das Bordell nach geltendem Recht auch untersagt werden.“
14 Die Revision ist in Hinblick auf die in der Zulassungsbegründung des Verwaltungsgerichts sowie in der Revision angesprochene Auslegung der Übergangsbestimmung des § 39 Abs. 2 S.LSG zulässig.
15 Sie ist aber nicht begründet.
16 Die Revision bringt auf das Wesentliche zusammengefasst vor, für den gegenständlichen Antrag gelange die Übergangsbestimmung des § 39 Abs. 2 S.LSG zur Anwendung, sodass die sachlichen Voraussetzungen des § 6 Abs. 3 S.LSG für die Bewilligung nicht geprüft hätten werden dürfen. Die Behörde habe mit Bescheid vom 7. März 2012 anlässlich des Betreiberwechsels die Bordellbewilligung zunächst für erloschen erklärt und diese unter einem der neuen Betreiberin erteilt, wobei sie davon ausgegangen sei, dass die sachlichen Voraussetzungen bei einem einmal bewilligten Bordell ex lege erfüllt seien und daher nicht geprüft werden dürften. Ebenso wäre bei der Entscheidung über den gegenständlichen Antrag vorzugehen gewesen. Die Übergangsbestimmung des § 39 Abs. 2 S.LSG sei auch deshalb auf den gegenständlichen Antrag anwendbar, weil sie keine zeitliche Beschränkung ihres Anwendungsbereiches enthalte, weswegen das Vorliegen einer bestehenden Bewilligung für das gegenständliche „Altbordell“, welches vor dem 31. Dezember 2002 der Behörde angezeigt und bis zum 28. November 2003 nicht untersagt worden sei, nicht vorausgesetzt werden dürfe.
17 Dieses Vorbringen ist nicht zielführend:
18 Im Revisionsfall ist ausschließlich strittig, ob die Übergangsbestimmung des § 39 Abs. 2 S.LSG zur Anwendung gelangt. Die Revision, welche die Anwendbarkeit dieser Bestimmung bejaht, folgert daraus, dass die sachlichen Voraussetzungen des § 6 S.LSG für die Bewilligungserteilung nicht zur Anwendung kämen.
19 Durch die Novelle LGBl. Nr. 108/2003 erfolgte eine Systemänderung hinsichtlich von Bordellen von einer bloßen Anzeigepflicht mit Untersagungsmöglichkeit zu einer Bewilligungspflicht (vgl. die oben wiedergegebenen Gesetzesmaterialien sowie VwGH 24.1.2008, 2004/09/0194). Diese Änderungen traten mit 28. November 2003 in Kraft (vgl. § 8 Abs. 1 L‑PolG in der Fassung LGBl. Nr. 108/2003; nunmehr § 39 Abs. 1 S.LSG; vgl. VwGH 1.7.2010, 2008/09/0098).
20 Nach der nunmehrigen Rechtslage dürfen Bordelle nur mit Bewilligung der Gemeinde betrieben werden (§ 2 Abs. 2 S.LSG), wobei eine Bordellbewilligung auf Antrag bei Vorliegen der persönlichen und sachlichen Voraussetzungen zu erteilen ist (vgl. §§ 3 bis 6 S.LSG). Diese Rechtslage gilt für alle Anträge auf Bordellbewilligung, die ab Inkrafttreten dieser Bestimmungen, somit ab 28. November 2003 gestellt wurden.
21 Ergänzend sah die Novelle LGBl. Nr. 108/2003 Übergangsbestimmungen für bestehende Bordelle vor, welche nach dem Zeitpunkt der Anzeige des Bordells an die Behörde differenzieren. Für jene Bordelle, die bis 31. Dezember 2002 der Behörde angezeigt und von dieser bis 28. November 2003 nicht untersagt worden waren, wurde eine gesetzliche Bewilligungsfiktion geschaffen: Solche Bordelle „gelten als bewilligt im Sinn des 1. Abschnittes dieses Gesetzes“ (§ 8 Abs. 2 erster Satz L‑PolG in der Fassung LGBl. Nr. 108/2003; nunmehr § 39 Abs. 2 erster Satz S.LSG). Für solche Bordelle gelten bestimmte Inhalte der neuen Rechtslage (Anwesenheits- und Meldepflichten sowie das Zutrittsverbot für Minderjährige) von Gesetzes wegen (vgl. § 8 Abs. 2 letzter Satz L‑PolG in der Fassung LGBl. Nr. 108/2003; nunmehr § 39 Abs. 2 letzter Satz S.LSG). Für Bordelle, die von 1. Jänner bis 28. November 2003 der Behörde angezeigt und von dieser nicht untersagt worden waren, galt lediglich eine zweimonatige Bewilligungsfiktion, sofern innerhalb dieser Frist eine Bordellbewilligung beantragt wurde (§ 8 Abs. 3 L‑PolG in der Fassung LGBl. Nr. 108/2003; nunmehr § 39 Abs. 3 S.LSG; vgl. VwGH 24.1.2008, 2004/09/0194).
22 Die (befristete) Bewilligungsfiktion des § 8 Abs. 2 und 3 L‑PolG in der Fassung LGBl. Nr. 108/2003 (nunmehr § 39 Abs. 2 und 3 S.LSG) galt freilich nur für Bordelle, welche am 28. November 2003 bestanden hatten und die Voraussetzungen dieser Übergangsbestimmungen erfüllten. Solchen Bordellen, die behördlich noch nicht bewilligt worden waren, sollte ein (im Fall des Abs. 3: befristeter) Weiterbetrieb unter der neuen, eine Bewilligungspflicht vorsehenden Rechtslage ermöglicht werden (vgl. die oben wiedergegebenen Gesetzesmaterialien). Diese Ermächtigung zum Weiterbetrieb endet aber jedenfalls dann, wenn die (gesetzlich fingierte) Bewilligung nach den Bestimmungen der Novelle LGBl. Nr. 108/2003 widerrufen wird. Es gibt keinen Hinweis darauf, dass durch die Novelle LGBl. Nr. 108/2003 bestehenden Bordellen ein zeitlich unbegrenzter Betrieb ermöglicht werden sollte, ohne dass diese Bewilligung je widerrufen werden könnte, oder dass nach einem Widerruf die Übergangsbestimmung des § 39 Abs. 2 S.LSG auf einen neuen Antrag auf Bordellbewilligung (weiterhin) zur Anwendung gelangen sollte.
23 Im Revisionsfall ist unstrittig, dass die Revisionswerberin im Jahr 2012 die Bewilligung zum Betrieb des gegenständlichen Bordells beantragte und ihr diese Bewilligung mit Bescheid der belangten Behörde vom 7. März 2012 erteilt wurde. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 26. April 2017 wurde diese Bewilligung jedoch widerrufen und die Schließung des Bordells verfügt. Der dagegen erhobenen Beschwerde der Revisionswerberin wurde mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichts vom 11. September 2017 keine Folge gegeben, weswegen der Widerruf der Bewilligung und die Schließung des Bordells rechtskräftig wurden. Unstrittig ist auch, dass die Revisionswerberin am 27. Juli 2020, also mehr als zweieinhalb Jahre nach Widerruf der vorherigen Bewilligung und der Schließung des Bordells, einen (neuen) Antrag auf Bewilligung eines Bordells am selben Standort stellte.
24 Durch den rechtskräftigen Widerruf der mit Bescheid vom 7. März 2012 erteilten Bordellbewilligung ist diese Bewilligung aber erloschen. Entgegen der Auffassung der Revision entfaltet daher auch die in Spruchunkt II. dieses Bescheides enthaltene „Feststellung“, dass gemäß § 6 S.LSG die sachlichen Voraussetzungen für die Erteilung einer Bordellbewilligung erfüllt seien, seit Rechtskraft des Widerrufes keine Rechtswirkungen mehr.
25 Das Verwaltungsgericht hat daher den gegenständlichen, im Jahr 2020 gestellten Antrag auf Bewilligung eines Bordells am selben Standort zu Recht als Antrag auf Bewilligung eines neuen Bordells gewertet, auf welchen die Übergangsbestimmung des § 39 Abs. 2 S.LSG nicht zur Anwendung gelangt. Für die Erteilung der Bewilligung bedurfte es demnach gemäß § 4 Abs. 1 S.LSG der Erfüllung der persönlichen (§ 5) und sachlichen (§ 6) Voraussetzungen.
26 Das Verwaltungsgericht begründete die Abweisung des Antrages damit, dass sich im Umkreis von 300 Metern um den beantragten Standort (vgl. dazu VwGH 23.4.2009, 2007/09/0159) näher genannte Einrichtungen iSd. § 6 Abs. 3 S.LSG befänden. Dass diese Beurteilung unzutreffend wäre, behauptet die Revision nicht. Eine Rechtswidrigkeit kann auch der Verwaltungsgerichtshof nicht erkennen.
27 Die Revision war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
28 Von der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abgesehen werden.
Wien, am 14. November 2022
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