Normen
EURallg
UStG 1994 Art25
UStG 1994 Art25 Abs2
UStG 1994 Art25 Abs3
UStG 1994 Art25 Abs3 lita
UStG 1994 Art25 Abs6
UStG 1994 Art3 Abs8
32006L0112 Mehrwertsteuersystem-RL Art141
32006L0112 Mehrwertsteuersystem-RL Art141 lita
32006L0112 Mehrwertsteuersystem-RL Art141 litc
62016CC0580 Firma Hans Bühler Schlussantrag
62016CJ0580 Firma Hans Bühler VORAB
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2021:RO2020150003.J00
Spruch:
Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
1 Bei der mitbeteiligten Partei, eine in der Schweiz ansässige Gesellschaft, die im Handel mit Rohöl und sonstigen Mineralölprodukten tätig ist und über eine österreichische Umsatzsteuer‑Identifikationsnummer (UID) verfügt, fand eine Außenprüfung statt. Der Prüfer stellte fest, die Mitbeteiligte habe in den Jahren 2011 bis 2013 Rohöl von einem italienischen Unternehmen erworben und dieses an ein slowenisches Unternehmen geliefert. Das Rohöl sei vom italienischen Lieferanten direkt an den slowenischen Abnehmer befördert bzw. versendet worden. Die Mitbeteiligte, die mit ihrer österreichischen UID aufgetreten sei, habe bei diesem Reihengeschäft die Dreiecksgeschäftsregelung iSd des Art. 25 UStG 1994 angewendet. Die Anwendung dieser Regelung sei aber nicht zulässig, weil die Mitbeteiligte über eine slowenische UID verfüge, was bedeute, dass sie im Bestimmungsmitgliedstaat der Waren zur Umsatzsteuer erfasst sei. Die Verwendung der österreichischen UID habe in Österreich (zusätzliche) innergemeinschaftliche Erwerbe iSd Art. 3 Abs. 8 zweiter Satz UStG 1994 bewirkt, die erst bei Nachweis der Erwerbsbesteuerung in Slowenien wegfielen und für die kein Recht auf Vorsteuerabzug bestehe.
2 Das Finanzamt folgte dem Prüfer, verfügte die Wiederaufnahme der Verfahren für die Jahre 2011 und 2012 und erließ entsprechende Umsatzsteuerbescheid für die Jahre 2011 bis 2013.
3 Die mitbeteiligte Partei erhob gegen die im Anschluss an die Außenprüfung ergangenen Wiederaufnahme- und Sachbescheide Beschwerde und legte ein Schreiben der slowenischen Finanzverwaltung vor, aus dem hervorgehe, dass diese die Anwendung der Vereinfachungsregelung für Dreiecksgeschäfte nicht beanstande, wenn das mittlere Unternehmen ‑ das in Slowenien innergemeinschaftliche Erwerbe bewirke und steuerbare Lieferungen an den letzten Abnehmer durchführe, die in der Regel auch steuerpflichtig seien ‑ in Slowenien zur Umsatzsteuer erfasst sei. Weiters legte die mitbeteiligte Partei die Umsatzsteuervoranmeldungen des slowenischen Abnehmers und Unterlagen vor, aus denen hervorgehe, dass die gegenständlichen Umsätze in Slowenien durch Anwendung der Dreiecksgeschäftsregelung ordnungsgemäß besteuert worden seien (Steuerfreiheit der innergemeinschaftlichen Erwerbe, Übergang der Steuerschuld für Lieferungen an den slowenischen Abnehmer).
4 Das Finanzamt wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung als unbegründet ab und merkte zu den von der mitbeteiligten Partei vorgelegten Unterlagen an: „Soweit sich aus einer Überprüfung dieser Umsatzsteuervoranmeldungen und Buchhaltungsunterlagen die ‑ aus slowenischer Sicht ‑ ordnungsgemäße Besteuerung dieser Sachverhalte als Dreiecksgeschäfte ergibt, wird dies im Hinblick darauf, dass Slowenien die Dreiecksgeschäftsregelung in diesem Fall grundsätzlich akzeptiert, für Österreich als Nachweis der Erwerbsbesteuerung im Bestimmungsland angesehen werden können. Die diesen Sachverhalten zuzuordnenden innergemeinschaftlichen Erwerbe gemäß Art. 3 Abs. 8 zweiter Satz UStG 1994 würden damit in Österreich in dem Voranmeldungszeitraum (ex nunc), in dem die Nachweise vorgelegt wurden, entfallen“.
5 Die mitbeteiligte Partei beantragte die Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht.
6 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Bundesfinanzgericht der Beschwerde Folge, hob die Bescheide über die Wiederaufnahme der Verfahren hinsichtlich Umsatzsteuer 2011 und 2012 ersatzlos auf und setzte die Umsatzsteuer 2013 mit 0 € fest.
7 Hinsichtlich der Wiederaufnahme erscheine die Tatsache, dass die Mitbeteiligte in Slowenien steuerlich erfasst sei, die als Wiederaufnahmegrund herangezogen worden sei, unmaßgeblich, weil dieses Wissen des Finanzamts vor Erlassung der angefochtenen Bescheide ‑ entgegen der Rechtsansicht des Finanzamts ‑ zu keinem anderen Bescheidergebnis geführt hätte.
8 Die in Art. 25 UStG 1994 normierte Regelung des Dreiecksgeschäfts stelle eine wesentliche Vereinfachung bei der Besteuerung des mittleren Unternehmers dar, der bei Vorliegen der geforderten Voraussetzungen weder im eigenen Mitgliedstaat noch im Staat des letzten Abnehmers weitere steuerliche Verpflichtungen zu erfüllen habe. Der innergemeinschaftliche Erwerb im Bestimmungsmitgliedstaat werde befreit und der fiktive Erwerb im Mitgliedstaat seiner UID‑Nummer (in der Regel Ansässigkeitsstaat) gelte als besteuert; für die im Bestimmungsmitgliedstaat getätigte Lieferung gehe die Steuerschuld auf den letzten Abnehmer über.
9 Soweit das Finanzamt den Standpunkt vertrete, die Inanspruchnahme der Vereinfachungsbestimmung sei nicht möglich, wenn der mittlere Unternehmer im Bestimmungsmitgliedstaat steuerlich erfasst sei, werde einerseits darauf verwiesen, dass sich Art. 25 UStG 1994 primär an den Staat des faktischen innergemeinschaftlichen Erwerbs richte. Auf Grund der Warenbewegung, die im ersten EU‑Staat (hier Italien) begonnen und im dritten EU‑Staat (hier Slowenien) geendet habe, habe im „Inland“ (vgl. Art. 25 Abs. 3 UStG 1994) kein innergemeinschaftlicher Erwerb stattgefunden. Diese Vorschrift könne daher wohl nur ausländische Unternehmer betreffen, die in Österreich (als Bestimmungsland) im Rahmen eines Dreiecksgeschäftes einen innergemeinschaftlichen Erwerb verwirklichten. Andererseits setze das Finanzamt den in Art. 141 lit. a der RL 2006/112/EG (Mehrwertsteuersystemrichtlinie) verwendeten Begriff der umsatzsteuerlichen Niederlassung mit jenem der steuerlichen Erfassung gleich. Diesbezüglich weise die mitbeteiligte Partei zu Recht darauf hin, dass nach Art. 11 Abs. 3 DV EU Nr. 282/2001 des Rates zur Festlegung von Durchführungsvorschriften zur Mehrwertsteuersystemrichtlinie allein aus der Tatsache, dass im Erwerbstaat eine UID-Nummer zugeteilt worden sei, nicht geschlossen werden könne, dass der Steuerpflichtige dort eine „feste Niederlassung“ habe. Sowohl Art. 141 lit. a der Mehrwertsteuersystemrichtlinie als auch Art. 25 Abs. 3 lit. a UStG 1994 stellten ausdrücklich auf Begriffe wie Niederlassung, Wohnsitz und Sitz (im Bestimmungsmitgliedsstaat des Erwerbes) und nicht auf eine bloße steuerliche Erfassung zur Umsatzsteuer ab.
10 Wenn alle in der Mehrwertsteuersystemrichtlinie bzw. in Art. 25 UStG 1994 normierten Voraussetzungen erfüllt seien, könne die Verwendung der UID‑Nummer eines anderen Mitgliedsstaates als die des Mitgliedsstaates der Ankunft der Gegenstände für den innergemeinschaftlichen Erwerb nicht dazu führen, dass dieser Erwerb in dem Mitgliedsstaat zu besteuern sei, der eine UID‑Nummer an den Zwischenhändler vergeben habe.
11 In ähnlicher Weise habe sich auch der EuGH im Urteil vom 19. April 2018, Hans Bühler KG, C‑580/16 , Rz. 37 ff, geäußert, in dem er ausführe, Art. 141 lit. c der Mehrwertsteuersystemrichtlinie sei im Licht der Art. 42 und 265 dieser Richtlinie zu sehen, welche die Voraussetzungen für die Anwendung der nach Art. 141 der Mehrwertsteuersystemrichtlinie vorgesehenen Vereinfachungsmaßnahme präzisierten und ergänzten. Insoweit sei festzustellen, dass sich Art. 265 der Mehrwertsteuersystemrichtlinie auf den Mitgliedstaat beziehe, der dem Erwerber die UID‑Nummer erteilt habe, unter der er seinen Erwerb getätigt habe. Demzufolge sei, wenn der Erwerber in mehreren Mitgliedstaaten für Mehrwertsteuerzwecke erfasst sei, nur die UID‑Nummer, unter der er den innergemeinschaftlichen Erwerb getätigt habe, für die Beurteilung heranzuziehen, ob die Voraussetzung des Art. 141 lit. c der Mehrsteuersystemrichtlinie erfüllt sei. Zum anderen gehe aus dem 38. Erwägungsgrund der Mehrsteuersystemrichtlinie hervor, dass für steuerbare Umsätze, einschließlich Reihengeschäfte, im Zusammenhang mit dem innergemeinschaftlichen Handelsverkehr, die während der Übergangszeit im inneren Anwendungsbereich der Steuer von Steuerpflichtigen bewirkt würden, die nicht im Gebiet des Mitgliedstaats des innergemeinschaftlichen Erwerbs der Gegenstände ansässig seien, Vereinfachungsmaßnahmen vorzusehen seien, die eine gleichartige Behandlung in allen Mitgliedstaaten gewährleisteten.
12 Sinngemäß gehe der EuGH weitgehend von der Maßgeblichkeit und Wahlfreiheit der verwendeten UID‑Nummern aus, sodass eine bloße umsatzsteuerliche Erfassung im Bestimmungsmitgliedstaat bei dem hier zu beurteilenden Dreiecksgeschäft der Mitbeteiligten nicht zum Schaden gereiche. Abgesehen davon sei die umsatzsteuerliche Erfassung ‑ wie bereits erwähnt ‑ nicht mit einer umsatzsteuerlichen Niederlassung im Sinne der Mehrsteuerrichtlinie gleichzusetzen. Somit bleibe es dem Unternehmer, der in mehreren Staaten über UID‑Nummern verfüge, bei jeder Lieferung überlassen, ob er von der Dreiecksgeschäftsregelung Gebrauch machen möchte.
13 Eine Revision erklärte das Bundesfinanzgericht für zulässig, weil zur Rechtsfrage, ob in Bezug auf den mittleren Unternehmer des Dreiecksgeschäfts „eine (zusätzliche) umsatzsteuerliche Erfassung im Bestimmungsmitgliedstaat für die Annahme eines Dreiecksgeschäftes schädlich ist“, keine gesicherte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vorliege.
14 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die ordentliche Revision des Finanzamts.
15 Die mitbeteilige Partei hat eine Revisionsbeantwortung erstattet, in der keine Kosten angesprochen werden.
16 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
17 Artikel 3 Abs. 8 UStG 1994 in der Stammfassung, BGBl. Nr. 663/1994, lautet:
„Der innergemeinschaftliche Erwerb wird in dem Gebiet des Mitgliedstaates bewirkt, in dem sich der Gegenstand am Ende der Beförderung oder Versendung befindet. Verwendet der Erwerber gegenüber dem Lieferer eine ihm von einem anderen Mitgliedstaat erteilte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer, so gilt der Erwerb solange in dem Gebiet dieses Mitgliedstaates als bewirkt, bis der Erwerber nachweist, daß der Erwerb durch den im ersten Satz bezeichneten Mitgliedstaat besteuert worden ist. Im Falle des Nachweises gilt § 16 sinngemäß.“
18 Artikel 25 UStG 1994 in der für die Jahr 2011 und 2012 anwendbaren Fassung (BGBl. I Nr. 34/2010) lautet (samt Überschrift):
„Dreiecksgeschäft
Begriff
Art. 25. (1) Ein Dreiecksgeschäft liegt vor, wenn drei Unternehmer in drei verschiedenen Mitgliedstaaten über denselben Gegenstand Umsatzgeschäfte abschließen, dieser Gegenstand unmittelbar vom ersten Lieferer an den letzten Abnehmer gelangt und die in Abs. 3 genannten Voraussetzungen erfüllt werden. Das gilt auch, wenn der letzte Abnehmer eine juristische Person ist, die nicht Unternehmer ist oder den Gegenstand nicht für ihr Unternehmen erwirbt.
Ort des innergemeinschaftlichen Erwerbs beim Dreiecksgeschäft
(2) Der innergemeinschaftliche Erwerb im Sinne des Art. 3 Abs. 8 zweiter Satz gilt als besteuert, wenn der Unternehmer (Erwerber) nachweist, daß ein Dreiecksgeschäft vorliegt und daß er seiner Erklärungspflicht gemäß Abs. 6 nachgekommen ist. Kommt der Unternehmer seiner Erklärungspflicht nicht nach, fällt die Steuerfreiheit rückwirkend weg.
Steuerbefreiung beim innergemeinschaftlichen Erwerb von Gegenständen
(3) Der innergemeinschaftliche Erwerb ist unter folgenden Voraussetzungen von der Umsatzsteuer befreit:
a) Der Unternehmer (Erwerber) hat keinen Wohnsitz oder Sitz im Inland, wird jedoch im Gemeinschaftsgebiet zur Umsatzsteuer erfaßt;
b) der Erwerb erfolgt für Zwecke einer anschließenden Lieferung des Unternehmers (Erwerbers) im Inland an einen Unternehmer oder eine juristische Person, der bzw. die für Zwecke der Umsatzsteuer im Inland erfaßt ist;
c) die erworbenen Gegenstände stammen aus einem anderen Mitgliedstaat als jenem, in dem der Unternehmer (Erwerber) zur Umsatzsteuer erfaßt wird;
d) die Verfügungsmacht über die erworbenen Gegenstände wird unmittelbar vom ersten Unternehmer oder ersten Abnehmer dem letzten Abnehmer (Empfänger) verschafft;
e) die Steuer wird gemäß Abs. 5 vom Empfänger geschuldet.
Rechnungsausstellung durch den Erwerber
(4) Die Rechnung muß bei Anwendung der Befreiung des Abs. 3 zusätzlich folgende Angaben enthalten:
- einen ausdrücklichen Hinweis auf das Vorliegen eines innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäftes und die Steuerschuldnerschaft des letzten Abnehmers,
- die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer, unter der der Unternehmer (Erwerber) den innergemeinschaftlichen Erwerb und die nachfolgende Lieferung der Gegenstände bewirkt hat, und
- die Umsatzsteuer‑Identifikationsnummer des Empfängers der Lieferung
Steuerschuldner
(5) Bei einem Dreiecksgeschäft wird die Steuer vom Empfänger der steuerpflichtigen Lieferung geschuldet, wenn die vom Erwerber ausgestellte Rechnung dem Abs. 4 entspricht.
Pflichten des Erwerbers
(6) Zur Erfüllung seiner Erklärungspflicht im Sinne des Abs. 2 hat der Unternehmer in der Zusammenfassenden Meldung folgende Angaben zu machen:
- die Umsatzsteuer‑Identifikationsnummer im Inland, unter der er den innergemeinschaftlichen Erwerb und die nachfolgende Lieferung der Gegenstände bewirkt hat;
- die Umsatzsteuer‑Identifikationsnummer des Empfängers der vom Unternehmer bewirkten nachfolgenden Lieferung, die diesem im Bestimmungsmitgliedstaat der versandten oder beförderten Gegenstände erteilt worden ist;
- für jeden einzelnen dieser Empfänger die Summe der Entgelte der auf diese Weise vom Unternehmer im Bestimmungsmitgliedstaat der versandten oder beförderten Gegenstände bewirkten Lieferungen. Diese Beträge sind für das Kalendervierteljahr anzugeben, in dem die Steuerschuld entstanden ist.
Pflichten des Empfängers
(7) Bei der Berechnung der Steuer gemäß § 20 ist dem ermittelten Betrag der nach Abs. 5 geschuldete Betrag hinzuzurechnen.“
19 Mit Wirkung ab 1. Jänner 2013 wurde Absatz 4 dieser Bestimmung dahin geändert, dass dieser (in der Fassung https://www.ris.bka.gv.at/eli/bgbl/I/2012/112 ) nunmehr lautet:
„Rechnungsausstellung durch den Erwerber
(4) Die Rechnungsausstellung richtet sich nach den Vorschriften des Mitgliedstaates, von dem aus der Erwerber sein Unternehmen betreibt. Wird die Lieferung von der Betriebsstätte des Erwerbers ausgeführt, ist das Recht des Mitgliedstaates maßgebend, in dem sich die Betriebsstätte befindet. Rechnet der Leistungsempfänger, auf den die Steuerschuld übergeht, mittels Gutschrift ab, richtet sich die Rechnungsausstellung nach den Vorschriften des Mitgliedstaates, in dem die Lieferung ausgeführt wird.
Sind für die Rechnungsausstellung die Vorschriften dieses Bundesgesetzes maßgebend, muss die Rechnung zusätzlich folgende Angaben enthalten:
- einen ausdrücklichen Hinweis auf das Vorliegen eines innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäftes und die Steuerschuldnerschaft des letzten Abnehmers,
- die Umsatzsteuer‑Identifikationsnummer, unter der der Unternehmer (Erwerber) den innergemeinschaftlichen Erwerb und die nachfolgende Lieferung der Gegenstände bewirkt hat, und
- die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Empfängers der Lieferung.“
20 Artikel 25 UStG 1994 findet seine Grundlage in Art. 141 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (Mehrwertsteuersystemrichtlinie):
„Artikel 141
Jeder Mitgliedstaat trifft besondere Maßnahmen, damit ein innergemeinschaftlicher Erwerb von Gegenständen, der nach Artikel 40 als in seinem Gebiet bewirkt gilt, nicht mit der Mehrwertsteuer belastet wird, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:
a) der Erwerb von Gegenständen wird von einem Steuerpflichtigen bewirkt, der nicht in diesem Mitgliedstaat niedergelassen ist, aber in einem anderen Mitgliedstaat für Mehrwertsteuerzwecke erfasst ist;
b) der Erwerb von Gegenständen erfolgt für die Zwecke einer anschließenden Lieferung dieser Gegenstände durch den unter Buchstabe a genannten Steuerpflichtigen in diesem Mitgliedstaat;
c) die auf diese Weise von dem Steuerpflichtigen im Sinne von Buchstabe a erworbenen Gegenstände werden von einem anderen Mitgliedstaat aus als dem, in dem der Steuerpflichtige für Mehrwertsteuerzwecke erfasst ist, unmittelbar an die Person versandt oder befördert, an die er die anschließende Lieferung bewirkt;
d) Empfänger der anschließenden Lieferung ist ein anderer Steuerpflichtiger oder eine nichtsteuerpflichtige juristische Person, der bzw. die in dem betreffenden Mitgliedstaat für Mehrwertsteuerzwecke erfasst ist;
e) der Empfänger der Lieferung im Sinne des Buchstabend ist gemäß Artikel 197 als Schuldner der Steuer für die Lieferung bestimmt worden, die von dem Steuerpflichtigen bewirkt wird, der nicht in dem Mitgliedstaat ansässig ist, in dem die Steuer geschuldet wird.“
21 Die mitbeteiligte Partei, eine in der Schweiz ansässige Steuerpflichtige, die über eine österreichische und über eine slowenische UID‑Nummer verfügt, hat im Streitzeitraum Rohöl von einem italienischen Unternehmen erworben und dieses an ein slowenisches Unternehmen weiterverkauft. Das Rohöl wurde direkt vom italienischen Lieferanten an den slowenischen Abnehmer befördert bzw. versendet. Die Mitbeteiligte ist gegenüber dem italienischen Lieferanten und dem slowenischen Abnehmer mit der österreichischen UID‑Nummer aufgetreten und hat die Dreiecksgeschäftsregelung iSd Art. 25 UStG 1994 angewendet.
22 Strittig ist, ob die umsatzsteuerliche Registrierung der mitbeteiligten Partei (Zwischenhändler als mittlerer Unternehmer im Dreiecksgeschäft) in Slowenien (Bestimmungsland) in Form der Vergabe einer slowenischen UID‑Nummer für die Anwendung der Dreiecksgeschäftsregelung schädlich ist.
23 Der mit „Dreiecksgeschäft“ überschriebene Art. 25 UStG 1994 findet seine Grundlage in Art. 141 der Mehrwertsteuersystemrichtlinie.
24 Aus Art. 141 lit. a Mehrwertsteuersystemrichtlinie ergibt sich hinsichtlich der Voraussetzungen eines „Dreiecksgeschäfts“, dass der erste Erwerber (der Zwischenhändler) „nicht in diesem Mitgliedstaat [gemeint: Bestimmungsland] niedergelassen ist, aber in einem anderen Mitgliedstaat für Mehrwertsteuerzwecke erfasst ist“.
25 Diese Bestimmung unterscheidet also zwischen „niedergelassen“ und „für Mehrwertsteuerzwecke erfasst“. Der Steuerpflichtige ist in einem Mitgliedstaat niedergelassen, wenn sich dort der Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit befindet.
26 Die in Art. 141 lit. c Mehrwertsteuersystemrichtlinie festgehaltene Voraussetzung, wonach die Gegenstände „von einem anderen Mitgliedstaat aus als dem, in dem der Steuerpflichtige [Zwischenhändler] für Mehrwertsteuerzwecke erfasst ist,“ befördert oder versendet werden, hat der EuGH dahingehend interpretiert, dass diese Voraussetzung auf einen anderen Mitgliedstaat als denjenigen abstellt, in dem der Zwischenhändler „für den konkreten Erwerb, den er bewirkt, für Mehrwertsteuerzwecke erfasst ist.“ (EuGH 19.4.2018, Hans Bühler KG, C‑580/16 , Rn 35). Daraus leitete der EuGH ab, dass es für die Anwendung der Vereinfachungsregelung für Dreiecksgeschäfte nicht schädlich ist, wenn der Zwischenhändler auch (zusätzlich) über eine UID‑Nummer des Mitgliedstaates verfügt, von dem aus die Lieferung erfolgt. Maßgeblich sei vielmehr allein jene UID‑Nummer, die der Zwischenhändler „für den konkreten Erwerb verwendet“. Hierzu führt der EuGH in Rn 38 aus:
„Demzufolge ist, wenn ein Erwerber [Zwischenhändler] in mehreren Mitgliedstaaten für Mehrwertsteuerzwecke erfasst ist, nur die Mehrwertsteuer‑Identifikationsnummer, unter der er den innergemeinschaftlichen Erwerb getätigt hat, für die Beurteilung heranzuziehen, ob die Voraussetzung des Art. 141 Buchst. c der Mehrwertsteuerrichtlinie erfüllt ist.“
27 Der EuGH geht also davon aus, dass bei einem Zwischenhändler, der in mehreren Mitgliedstaaten für Mehrwertsteuerzwecke erfasst ist, also von mehreren Mitgliedstaaten jeweils eine UID‑Nummer erhalten hat, in Bezug auf die Voraussetzung des Art. 141 lit. c Mehrwertsteuersystemrichtlinie nur die UID‑Nummer, unter der er den innergemeinschaftlichen Erwerb getätigt hat, maßgeblich ist.
28 Art. 141 lit. a Mehrwertsteuersystemrichtlinie verlangt, dass der Zwischenhändler in einem anderen Mitgliedstaat als dem Bestimmungsland für Mehrwertsteuerzwecke erfasst ist, stellt aber nicht darauf ab, dass ausschließlich in einem anderen Mitgliedstaat diese steuerliche Erfassung erfolgt ist. Da es nach der zitierten Rechtsprechung des EuGH der Anwendung der in Art. 141 Mehrwertsteuersystemrichtlinie vorgesehenen Vereinfachungsmaßnahme für Dreiecksgeschäfte nicht entgegen steht, wenn der Zwischenhändler von mehreren Mitgliedstaaten jeweils eine UID‑Nummer zugeteilt erhalten hat, kann auch in Bezug auf die Voraussetzung des Art. 141 lit. a Mehrwertsteuersystemrichtlinie nur entscheidend sein, unter welcher von mehreren UID‑Nummern der Zwischenhändler den konkreten Erwerb tätigt.
29 Diese Sichtweise entspricht den Zielen der in Rede stehenden Vereinfachungsmaßnahme. Zu einem sollen nämlich die Steuereinnahmen in jenen Mitgliedstaat verlagert werden, in dem der Endverbrauch der gelieferten Gegenstände erfolgt; zum anderen soll in Bezug auf innergemeinschaftliche Erwerbe für alle Unternehmer, die nicht im Gebiet des Mitgliedstaats des innergemeinschaftlichen Erwerbs ansässig sind, eine gleichartige Behandlung in allen Mitgliedstaaten gewährleisten werden (EuGH 19.4.2018, Hans Bühler KG, C‑580/16 , Rn 39 f). Insbesondere soll vermieden werden, dass sich der Zwischenhändler im Rahmen einer Umsatzfolge, wie sie in Art. 141 Mehrwertsteuersystemrichtlinie beschrieben ist (also im Rahmen eines Dreiecksgeschäfts) im Bestimmungsmitgliedstaat mehrwertsteuerlich registrieren lassen und eine Steuererklärung abgeben muss. Wie auch der Generalanwalt in den Schlussanträgen zur Rechtssache Hans Bühler KG in Rn 57 zum Ausdruck bringt, soll also der Zwischenhändler im Bestimmungsland von der Verpflichtung zur Registrierung und von der Verpflichtung zur Einreichung einer Steuererklärung entbunden sein, insoweit er dort (nur) innergemeinschaftliche Erwerbe tätigt, an die sich im Sinne der Dreiecksgeschäftsregelung eine innerstaatliche Lieferung anschließt.
30 Die Interpretation, wonach die Voraussetzung des Art. 141 lit. a Mehrwertsteuersystemrichtlinie auf die beim konkreten Erwerb vom Zwischenhändler verwendete UID‑Nummer abstellt, steht nicht im Widerspruch zum Ziel der Verlagerung der Steuereinnahmen in den Mitgliedstaat des Endverbrauchs. So ist auch im Revisionsfall unstrittig die steuerliche Erfassung vollständig beim Erwerber in Slowenien erfolgt.
31 Diese Interpretation entspricht auch dem Ziel, dass dem Zwischenhändler aus den Umsätzen (einschließlich der innergemeinschaftlichen Erwerbe) des Dreiecksgeschäfts nicht die Verpflichtung erwächst, sich im Erwerbsstaat mehrwertsteuerlich registrieren zu lassen oder gar eine Steuererklärung abzugeben.
32 Die Umsetzung der in der Mehrwertsteuersystemrichtlinie vorgesehen Vereinfachungsmaßnahme für Dreiecksgeschäfte ist in Österreich mit Art. 25 UStG 1994 erfolgt. Aus Art. 25 Abs. 2 UStG ergibt sich, dass der innergemeinschaftliche Erwerb im Sinne des Art. 3 Abs. 8 zweiter Satz UStG 1994 des Zwischenhändlers als besteuert gilt. In Anwendung dieser Bestimmung ist das Bundesfinanzgericht zum Ergebnis gelangt, dass keine Umsatzsteuerpflicht der mitbeteiligten Partei besteht.
33 Gemäß Art. 25 UStG 1994 ergeben sich die Voraussetzungen eines Dreiecksgeschäftes aus dessen Abs. 3. Der genannte Abs. 3 des Art. 25 UStG 1994 regelt die Steuerbefreiung für den im Bestimmungsland eintretenden innergemeinschaftlichen Erwerb des Zwischenhändlers aus der Sicht von Österreich als Bestimmungsland. Art. 25 Abs. 3 lit. a UStG 1994 nennt somit als Voraussetzung, dass der Zwischenhändler keinen Wohnsitz oder Sitz im Bestimmungsland hat, jedoch im Gemeinschaftsgebiet zur Umsatzsteuer erfasst ist. Der Zwischenhändler darf demnach nicht im Bestimmungsland ansässig sein (vgl. Ruppe/Achatz, UStG5, Art. 25 BMR Tz 10). Vor dem unionsrechtlichen Hintergrund ist von der weiteren Voraussetzung auszugehen, dass der ‑ im Gemeinschaftsgebiet zur Umsatzsteuer erfasste ‑ Zwischenhändler im Rahmen des Dreiecksgeschäfts eine UID‑Nummer verwendet, und zwar eine solche, die ihm von einem anderen Mitgliedstaat als dem Bestimmungsland erteilt worden ist. In diesem Sinn wird in Art. 25 Abs. 6 UStG 1994 auf die UID‑Nummer des Zwischenhändlers Bezug genommen „unter der er den innergemeinschaftlichen Erwerb und die nachfolgende Lieferung der Gegenstände bewirkt hat“.
34 Im Revisionsfall ist unstrittig, dass die Mitbeteiligte im Bestimmungsland Slowenien nicht ansässig war. Sie hat im gegenständlichen Zusammenhang nicht die von Slowenien erteilte UID‑Nummer verwendet, sondern die österreichische UID. Damit stößt es auf keine vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifenden Bedenken, dass das Bundesfinanzgericht die Bescheide über die Wiederaufnahme der Umsatzsteuerverfahren 2011 und 2012, die mit dem „Bekanntwerden des Vorliegens einer UID‑Nr. [der mitbeteiligten Partei] im Bestimmungsland Slowenien“ begründet wurde, aufgehoben hat und auch in Bezug auf die Umsatzsteuer für das Jahr 2013 von der Erfüllung der Voraussetzungen für die Steuerbefreiung des Art. 25 Abs. 2 UStG 1994 ausgegangen ist.
35 Die Revision erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Wien, am 15. Dezember 2021
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