VwGH Ro 2016/03/0001

VwGHRo 2016/03/000126.2.2016

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Handstanger, Dr. Lehofer, Mag. Nedwed und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Revision des E G in W, vertreten durch Biedermann & Belihart Rechtsanwälte OG in 1010 Wien, Stubenring 14, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 3. September 2015, Zl. W195 2106912- 1/10E, betreffend Verhängung eines Hausverbots in einer Justizangelegenheit (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Vorsteherin des Bezirksgerichts Josefstadt),

Normen

BVwGG 2014 §21 Abs6;
GOG §16 Abs3 Z2;
GOG §16 Abs4;
MRK Art6 Abs1;
VwGG §46 Abs1;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2016:RO2016030001.J00

 

Spruch:

I. den Beschluss gefasst:

Dem Revisionswerber wird die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der mit Verfügung des Bundesverwaltungsgerichts vom 7. Dezember 2015 gesetzten Mängelbehebungsfrist für die Revision bewilligt.

II. zu Recht erkannt:

Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Sachverhalt und Revisionsverfahren:

1 Mit Bescheid vom 24. März 2015 verbot die Vorsteherin des Bezirksgerichtes Josefstadt dem Revisionswerber das Betreten des Gerichtsgebäudes des Bezirksgerichtes Josefstadt, sofern er nicht eine Ladung zu einem bestimmten Termin vorweise.

Begründend führte sie aus, der Revisionswerber komme regelmäßig zu den Amtstagen, begehre Rechtsauskünfte ohne konkreten Anlass, verlange Protokollierungen seiner Beschwerden und werde sofort ausfällig, wenn seinem Verlangen nicht unverzüglich nachgekommen werde. Das Auftreten des Revisionswerbers sei nur auf Konfrontation und Provokation ausgerichtet, er gehe von Zimmer zu Zimmer, beleidige Richter und Rechtspraktikanten und störe den Ablauf der Amtstage erheblich. Am 24. März 2015, 12:35 Uhr, sei er bei der Gerichtsvorsteherin vorstellig geworden, habe ausschließlich Beschimpfungen gegen Richter im Haus geäußert, die sich seiner Anliegen nicht annähmen, und er habe ein absolut inakzeptables Verhalten an den Tag gelegt, worauf das Hausverbot gegen ihn ausgesprochen worden sei.

Rechtlich folgerte die Vorsteherin des Bezirksgerichtes, die Verhängung des Hausverbots sei erforderlich gewesen, um weitere Störungen des Dienstberiebs hintanzuhalten und die sichere, ungestörte und ruhige Abwicklung des Amtstages zu gewährleisten. Art 6 Abs 1 EMRK stehe dem - aus näher angeführten Gründen - nicht entgegen.

2 Dagegen erhob der Revisionswerber Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht (BVwG), die mit dem angefochtenen Erkenntnis gemäß § 28 Abs 2 VwGVG iVm § 16 Abs 1 und Abs 3 Z 2 GOG als unbegründet abgewiesen wurde. Die Revision an den Verwaltungsgerichtshof erklärte das BVwG für zulässig.

3 Seiner Entscheidung legte das BVwG folgenden Sachverhalt zugrunde: Nachdem der Revisionswerber beim Amtstag am 17. März 2015 im Bezirksgericht Josefstadt bestimmte Amtshandlungen veranlasst hatte (Antrag auf Löschung von Klagsanmerkungen), wollte er offensichtlich noch weitere allgemeine Rechtsauskünfte von der Rechtspraktikantin erlangen, welche ihm diese, aus inhaltlichen und auch aus zeitlichen Gründen, abschlug. Eine formelle Beschwerde seitens des Revisionswerbers erfolgte deshalb "mangels" (erkennbar gemeint: wegen) Abwesenheit der Gerichtsvorsteherin und ihrer Stellvertreterin an diesem Tag nicht. Der Revisionswerber wurde jedoch zu verschiedenen Personen innerhalb des Gerichtes geschickt und äußerte sich dort lautstark und abfällig über den Gerichtsbetrieb, die Richterinnen, Richter und über das Personal. Beim Besuch des Amtstages am 24. März 2015 versuchte der Revisionswerber nochmals, sich bei der Gerichtsvorstehung zu beschweren; nach einer Amtshandlung, über die auch ein Protokoll mit einer Rechtspraktikantin aufgenommen wurde, traf der Revisionswerber die Gerichtsvorsteherin am Gang, es wurde nach einem "entsprechenden Wortwechsel" von dieser das Hausverbot ausgesprochen und er wurde aus dem Gerichtsgebäude verwiesen (vgl weiters die dislozierten Feststellungen des BVwG in der folgenden Rz 5 und 6 über das seit vielen Jahren andauernde Verhalten des Revisionswerbers und seine Äußerung, im Bezirksgericht "aufzuräumen").

4 Rechtlich begründete das BVwG sein Erkenntnis damit, dass die aufgrund des § 16 Abs 1 GOG erlassene Hausordnung des Bezirksgerichtes Josefstadt in ihrem Punkt 3. die Möglichkeit vorsehe, aus besonderem Anlass über die allgemeinen Sicherheitsvorkehrungen hinausgehende Maßnahmen anzuordnen, und zwar unter anderem das Verbot des Zugangs bestimmter Personen in das Gerichtsgebäude bzw die Verweisung von bestimmten Personen aus dem Gerichtsgebäude. § 16 Abs 4 GOG stelle sicher, dass diesen Personen ungeachtet dessen eine Rechtsverfolgung oder - verteidigung möglich bleibt.

5 Seitens des Revisionswerbers werde nicht in Abrede gestellt, dass er regelmäßig seit Jahren, zumindest seit einem Prozess im Jahr 2004, an den Amtstagen das Bezirksgericht Josefstadt aufsuche, um (allgemeine und konkrete) Rechtsauskünfte zu begehren. Sowohl den Verwaltungsakten, insbesondere dem bekämpften Bescheid sowie einem Amtsvermerk einer Richterin des Bezirksgerichtes Josefstadt, als auch den Ausführungen der vor dem BVwG einvernommenen Zeugin und der Gerichtsvorsteherin des Bezirksgerichtes Josefstadt sei zu entnehmen, dass die vom Revisionswerber gestellten Anfragen des öfteren auf keinen konkreten Anlässen beruhten. Entgegen der Ansicht des Revisionswerbers sei der Amtstag für solche Anfragen aber nicht vorgesehen. Abgesehen davon habe der Revisionswerber den Ablauf des Amtstages gestört, indem er Richterinnen und Richter des Gerichtes sowie dort tätige Rechtspraktikanten und - praktikantinnen beleidigt und beschimpft bzw er sich lautstark über die Richterinnen und Richter in abfälliger Weise geäußert habe. Gerichtsbedienstete des Bezirksgerichtes Josefstadt hätten sich oftmals mit provokanten Äußerungen des Revisionswerbers konfrontiert gesehen, zuletzt im Zuge des Amtstages am 24. März 2015.

6 Das BVwG habe keine Veranlassung anzunehmen, dass die langjährige und erfahrene Vorsteherin des Bezirksgerichtes, die auch Strafprozesse führe und somit geschult sei, ein differenziertes soziales Umfeld wahrzunehmen, nicht umsichtig und souverän mit der Situation am 24. März 2015 umgegangen sei; die Verhängung des Hausverbots und der Verweis aus dem Gerichtsgebäude als gerade noch vertretbare Maßnahme zur Sicherstellung eines reibungsfreien und den Sicherheitsanforderungen gebotenen Amtstags habe der Revisionswerber durch sein unkorrektes, weil lautstarkes und beleidigendes Verhalten ausgelöst und dies letztlich auch zu vertreten. Da der Revisionswerber aber offensichtlich schon öfters über Jahre an Amtstagen ein derartiges Verhalten an den Tag gelegt habe, könne nicht ausgeschlossen werden, dass dieses Verhalten auch künftig gegeben sein werde und diene die mittels Bescheides ausgesprochene Maßnahme der Aufrechterhaltung des Dienstbetriebs beim Bezirksgericht Josefstadt. Dies manifestiere sich auch in den von der Zeugin dargelegten Äußerungen des Revisionswerbers, er werde im Bezirksgericht Josefstadt "aufräumen" bzw er habe dort bereits "aufgeräumt". Aus Sicht des BVwG habe der Revisionswerber mehrmals ein Verhalten an den Tag gelegt, welches in einer Gesamtbetrachtung die Anordnung des Zugangsverbots in das Gebäude des Bezirksgerichtes Josefstadt als gerechtfertigt erscheinen lasse. Dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Sicherheit der Gerichtsbediensteten und ein ungestörter Arbeitsablauf zu gewährleisten seien, welche durch ein wiederkehrendes "Aufräumen" im Bezirksgericht Josefstadt seitens des Revisionswerbers nicht gegeben seien. Seiner Beschwerde komme daher keine Berechtigung zu.

7 Zur Zulassung der Revision führte das BVwG aus, die Entscheidung hänge von der Lösung einer Rechtsfrage ab, der grundsätzliche Bedeutung zukomme, und zwar, ob das in § 16 Abs 3 Z 4 GOG vorgesehene Verbot des Zugangs bestimmter Personen in das Gerichtsgebäude auf unbestimmte Dauer oder zeitlich beschränkt anzuordnen sei. Dazu fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.

8 Gegen dieses Erkenntnis erhob der Revisionswerber mit Schriftsatz vom 1. Dezember 2015 ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof, die er beim BVwG einbrachte. Das BVwG erteilte ihm mit Verfügung vom 7. Dezember 2015 der Auftrag, näher umschriebene Mängel der Revision binnen zwei Wochen zu beheben. Dieser Verbesserungsauftrag wurde dem Rechtsvertreter des Revisionswerbers am 9. Dezember 2015 zugestellt. Am 23. Dezember 2015, um 16:32:58 Uhr, wurde die verbesserte Revision beim BVwG im elektronischen Rechtsverkehr einbracht.

9 Im Folgenden legte das BVwG die Revision samt Akten (ohne vorherige Durchführung eines Vorverfahrens) dem Verwaltungsgerichtshof mit dem Hinweis darauf vor, dass die Einbringung des verbesserten Schriftsatzes im elektronischen Rechtsverkehr außerhalb der in § 20 der Geschäftsordnung des BVwG kundgemachten Amtsstunden erfolgt und daher verspätet sei. Die Versäumung der gesetzten Frist gelte gemäß § 30a Abs 2 VwGG als Zurückziehung der Revision. Auch die nicht vollständige Erfüllung des Mängelbehebungsauftrags gelte als Versäumung der Frist. Das VwGG beinhalte keine Rechtsgrundlage für das BVwG, das Verfahren formal zu beenden.

10 Mit hg Verfügung vom 8. Jänner 2016 wurde dem Revisionswerber die Möglichkeit gegeben, zu der behaupteten Verspätung Stellung zu nehmen.

11 Mit Schriftsatz vom 13. Jänner 2016 hielt der Revisionswerber der vorgehaltenen Verspätung entgegen, gemäß § 21 Abs 7 BVwGG würden Schriftsätze, die im Wege des elektronischen Rechtsverkehrs eingebracht werden, als bei der Bundesbehörde oder dem BVwG eingebracht gelten, wenn ihre Daten zur Gänze bei der Bundesrechenzentrum GmbH eingelangt seien. Sei vorgesehen, dass die Schriftsätze über eine Übermittlungsstelle zu leiten seien und seien sie auf diesem Weg bei der Bundesrechenzentrum GmbH tatsächlich zur Gänze eingelangt, so würden sie als bei der Bundesbehörde oder beim BVwG mit demjenigen Zeitpunkt als eingebracht gelten, an dem die Übermittlungsstelle dem Einbringer rückgemeldet habe, dass sie die Daten des Schriftsatzes zur Weiterleitung an die Bundesrechenzentrum GmbH übernommen habe. Eine Einschränkungsmöglichkeit, wie sie in § 20 der Geschäftsordnung des BVwG vorgenommen werde, sei dem Gesetz nicht zu entnehmen. Auch die korrespondierende Vorschrift des § 75 VwGG sehe keine derartige Beschränkung vor. Zwar sei die Revision im Wege des BVwG einzubringen, gerichtet sei sie jedoch an den Verwaltungsgerichtshof und somit mit Übermittlung der Daten an das Bundesrechenzentrum bei diesem als eingebracht anzusehen. Eine Einschränkung der Einbringungsfrist zur Übermittlung von Schriftsätzen an den Verwaltungsgerichtshof durch die Geschäftsordnung des BVwG widerspreche sowohl der gesetzlichen Bestimmung des VwGG wie auch der Bestimmung des BVwGG. Die Übermittlung des Mängelbehebungsschriftsatzes sei daher als nicht verspätet anzusehen.

Im Übrigen beantragte der Revisionswerber, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, zumal die verspätete Einbringung aufgrund eines unvorhergesehenen bzw unabwendbaren Ereignisses (Verbindungsprobleme im Web-ERV) erfolgt sei. Dem Wiedereinsetzungsantrag wurde eine eidesstattliche Erklärung einer namentlich genannten Kanzleimitarbeiterin des Rechtsvertreters des Revisionswerbers angeschlossen, mit der diese erklärte, "dass die Übermittlung der Verbesserung der Revision mittels Web-ERV erst am 23.12.2015 um 16:32 Uhr (habe) erfolgen (können), da (...) aufgrund von Schwierigkeiten mit der Verbindung zum Bundesrechenzentrum keine frühere Übermittlung möglich" gewesen sei.

12 In der Sache bringt die Revision vor, das BVwG hätte bei rechtsrichtiger Auslegung der Hausordnung des Bezirksgerichtes Josefstadt das Hausverbot auf eine bestimmte Dauer, etwa zwölf Monate, beschränken müssen, zumal der Ausspruch eines beschränkten Hausverbots geeignet erscheine, dem Revisionswerber klar zu machen, dass sein Verhalten in einem Gerichtsgebäude nicht geduldet werden könne. Ein unbefristetes Hausverbot sei im Hinblick auf Art 6 Abs 1 EMRK nicht auszusprechen gewesen, zumal das Grundrecht auf freien Zugang jedes Bürgers zu Gericht nur in Ausnahmefällen beschränkt werden dürfe.

 

II. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Zur Frage der Rechtzeitigkeit der Mängelbehebung bzw zur Berechtigung des Wiedereinsetzungsantrags

13 Der Wiedereinsetzungsantrag ist berechtigt. 14 Vorweg reicht es zur Frage der Verspätung der am letzten

Tag der Mängelbehebungsfrist nach Ablauf der Amtsstunden beim BVwG im elektronischen Rechtsverkehr eingebrachten (verbesserten) Revision auf den hg Beschluss vom 17. November 2015, Ra 2014/01/0198, zu verweisen. In dieser Entscheidung hat sich der Verwaltungsgerichtshof auch mit den rechtlichen Argumenten befasst, die vom nunmehrigen Revisionswerber vorgebracht werden, und er hat sie - mit näherer Begründung, auf die gemäß § 43 Abs 2 und 9 VwGG verwiesen wird - für nicht stichhaltig befunden.

15 Gemäß § 20 Abs 6 der Geschäftsordnung des Bundesverwaltungsgerichts gilt die gegenständliche Revision daher erst mit Beginn der Amtsstunden des nächsten Arbeitstages als eingebracht. Die Mängelbehebung erfolgte ausgehend davon verspätet, weshalb die Revision als zurückgezogen gilt (§ 30a Abs 2 VwGG).

16 Gemäß § 46 Abs 1 VwGG ist einer Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

17 Im vorliegenden Fall wird unter Bedachtnahme auf das vorgelegte Bescheinigungsmittel, gegen dessen inhaltliche Richtigkeit keine Bedenken bestehen, als bescheinigt festgestellt, dass die Kanzleimitarbeiterin des Rechtsvertreters des Revisionswerbers am 23. Dezember 2015 die verbesserte Revision erst um 16:32 Uhr im elektronischen Rechtsverkehr übermitteln konnte, weil aufgrund von Schwierigkeiten mit der Verbindung zum Bundesrechenzentrum an diesem Tag eine frühere Übermittlung (bis zum Ablauf der Amtsstunden des BVwG um 15 Uhr) nicht möglich war.

18 Rechtsanwälte sind gemäß § 21 Abs 6 BVwGG nach Maßgabe der technischen Möglichkeiten zur Teilnahme am elektronischen Rechtsverkehr verpflichtet. Verfügt der Rechtsanwalt - wie im vorliegenden Fall - zwar an sich über die Möglichkeit, am elektronischen Rechtsverkehr teilzunehmen, wird er jedoch an der Übermittlung einer elektronischen Eingabe durch eine vorübergehende technische Störung der Verbindung gehindert, so ändert dies an seiner Verpflichtung nach § 21 Abs 6 BVwGG grundsätzlich nichts; es handelt sich dabei aber um ein unabwendbares und in der Regel auch unvorhergesehenes Ereignis, das die Wiedereinsetzung rechtfertigen kann.

19 Fallbezogen lässt sich aufgrund der geringfügigen Verspätung (die Amtsstunden, innerhalb derer die Eingabe fristwahrend übermittelt werden hätten können, endeten um 15 Uhr; die tatsächliche Übermittlung erfolgte etwa 1,5 Stunden später) auch nicht erkennen, dass dem Rechtsvertreter des Revisionswerbers ein Organisationsverschulden in Bezug auf die Behebung der Verbindungsstörung vorzuwerfen wäre. Es liegen auch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass dem Rechtsvertreter des Revisionswerbers die technischen Probleme, die seine Kanzleiangestellte an der rechtzeitigen Übermittlung der elektronischen Eingabe gehindert hatten, vor Erhalt des Verspätungsvorhalts durch den Verwaltungsgerichtshof bekannt geworden wären.

20 Dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand war

daher stattzugeben.

Zur Entscheidung in der Sache

21 Die maßgeblichen Bestimmungen des Gerichtsorganisationsgesetzes, RGBl Nr 217/1896 idF

BGBl I Nr 35/2012 (GOG), lauten auszugsweise:

"Hausordnung

§ 16. (1) Die jeweilige Dienststellenleitung hat in Ausübung ihres Hausrechts für die dem Betrieb des Gerichts bzw. der Staatsanwaltschaft gewidmeten Teile des Gebäudes eine Hausordnung zu erlassen.

(2) Die Hausordnung hat jedenfalls einen Hinweis auf das Waffenverbot gemäß § 1 und auf die Zulässigkeit von Sicherheitskontrollen nach den Bestimmungen der §§ 3 ff zu enthalten.

(3) Weiters ist in die Hausordnung aufzunehmen, dass aus besonderem Anlass weitergehende Sicherheitsmaßnahmen angeordnet werden können, wie insbesondere

  1. 1. (...)
  2. 2. Verbote des Zugangs bestimmter Personen in das Gebäude des Gerichts bzw. der Staatsanwaltschaft oder Verfügungen, dass bestimmte Personen dieses zu verlassen haben (Hausverbote), und

    3. (...)

(4) Ist der Zugang einer Person zum Gebäude des Gerichts bzw. der Staatsanwaltschaft zur Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung unbedingt erforderlich und besteht ein Hausverbot (Abs. 3 Z 2) gegen diese Person, so ist diese Person während ihres Aufenthalts im Gebäude des Gerichts bzw. der Staatsanwaltschaft von einem oder mehreren Kontrollorganen (§ 3 Abs. 1) oder einem oder mehreren Organen der Sicherheitsbehörden zu begleiten."

22 In den Gesetzesmaterialien zur Novelle des GOG durch BGBl I Nr 35/2012 (1685 BlgNR 24. GP , 31) heißt es auszugsweise:

"Wiederholte Bedrohungen und Angriffe gegen Organe der Gerichtsbarkeit stellen hohe Anforderungen an die Gewährleistung von Sicherheit in den Gebäuden der Gerichte und Staatsanwaltschaften. Es soll nun ein möglichst vollständiges und ausgewogenes Instrumentarium an allgemein und individuell setzbaren Maßnahmen zur Gewährleistung von Sicherheit in Gebäuden der Gerichte und Staatsanwaltschaften geschaffen werden, ohne dass Rechtsverfolgung und -verteidigung beeinträchtigt würden. Hiezu dienen die Verankerung der Vorgaben für eine Hausordnung im GOG und Klarstellungen zur Ausübung des Hausrechts in Gebäuden der Gerichte und Staatsanwaltschaften."

23 Die - nach den Feststellungen des BVwG an der Amtstafel des Bezirksgerichtes und im Internet kundgemachte - Hausordnung des Bezirksgerichtes Josefstadt sieht unter anderem folgende Regelung vor:

"Hausordnung

Um ein möglichst hohes Sicherheitsniveau für alle innerhalb des Gerichtsgebäudes befindlichen Personen gewährleisten zu können, sind bei Betreten des Amtsgebäudes folgende Vorschriften zu beachten:

  1. 1.) (...)
  2. 2.) (...)
  3. 3.) Aus besonderem Anlass können über die allgemeinen Sicherheitsvorkehrungen hinausgehende Maßnahmen angeordnet werden. Diese Maßnahmen können u.a. sein:

    a.) Verbot des Zuganges bestimmter Personen in das Gerichtsgebäude bzw. Verfügung der Verweisung von bestimmten Personen aus dem Gerichtsgebäude;

    b.) (...)

    c.) (...)

    4. (...)

    Diese Sicherheitsvorschriften sind von allen das Amtsgebäude betretenden Personen zu beachten!"

    24 Die Revision ist zulässig, weil es zur Auslegung der angeführten Rechtsvorschriften, insbesondere auch zu der vom BVwG in der Zulassungsbegründung aufgeworfenen Rechtsfrage, noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gibt und insoweit Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG vorliegen.

    25 Die Revision ist aber nicht begründet.

    26 § 16 Abs 3 Z 2 GOG ermöglicht es, in die Hausordnung (unter anderem) eines Gerichtes aufzunehmen, dass aus besonderem Anlass Sicherheitsmaßnahmen wie etwa das Verbot des Zugangs bestimmter Personen in das Gebäude des Gerichtes, angeordnet werden können bzw Verfügungen getroffen werden können, dass bestimmte Personen das Gerichtsgebäude zu verlassen haben (Hausverbote). Eine solche Regelung findet sich auch in der im vorliegenden Fall maßgeblichen Hausordnung des Bezirksgerichtes Josefstadt, auf die sich der in Rede stehende Bescheid der Vorsteherin des Bezirksgerichtes, mit dem über den Revisionswerber ein Hausverbot verhängt worden ist, stützen konnte.

    27 Da es sich bei einem Hausverbot nach den oben angeführten Vorschriften um eine "Sicherheitsmaßnahme" handelt, die aus "besonderem Anlass" getroffen werden kann, setzt dessen Verhängung konkrete Sicherheitsbedenken voraus, die nicht nur allgemeiner Natur sind, sondern sich aus besonderem Anlass ergeben und denen mit dem Hausverbot in verhältnismäßiger Art und Weise begegnet werden kann. Wird ein Hausverbot gegen eine bestimmte Person aus diesen Gründen verhängt, so ist ihr Zugang zum Gerichtsgebäude zwar eingeschränkt, aber nicht gänzlich unmöglich gemacht, sieht § 16 Abs 4 GOG doch vor, dass der Zugang einer mit einem Hausverbot belegten Person weiterhin ermöglicht werden muss, wenn dies zur Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung unbedingt erforderlich ist. Schon deshalb steht der Verhängung eines Hausverbots Art 6 Abs 1 EMRK, der in seinem Anwendungsbereich das Recht auf effektiven Zugang zu einem Gericht gewährleistet und in Österreich im Verfassungsrang steht, nicht entgegen.

    28 Das BVwG hat im vorliegenden Fall (gerade noch erkennbar) festgestellt, dass der Revisionswerber seit dem Jahr 2004 wiederholt und öfters - auch ohne sachlich begründeten Anlass - den Amtstag am Bezirksgericht Josefstadt aufgesucht und dort Richterinnen und Richter sowie andere Gerichtsbedienstete lautstark beschimpft und beleidigt hat. Dabei hat er unter anderem auch geäußert, er werde im Bezirksgericht Josefstadt "aufräumen" bzw er habe dort bereits "aufgeräumt". Dieses aggressive und drohende Verhalten des Revisionswerbers war geeignet, Sicherheitsbedenken im Sinne des zuvor Gesagten zu erwecken, die ein Hausverbot rechtfertigen konnten.

    29 Die Revision zieht die Berechtigung des Hausverbots an sich auch nicht in Zweifel, sondern wendet sich nur dagegen, dass das Verbot nicht befristet ausgesprochen worden ist. Dem ist entgegen zu halten, dass weder das GOG noch die auf dessen Grundlage erlassene Hausordnung eine Befristung zwingend vorschreiben, sondern sich das Erfordernis einer solchen lediglich daraus ergeben könnte, dass das Hausverbot den Zugang zum Gerichtsgebäude nur im erforderlichen Ausmaß einschränken und keine unverhältnismäßige Erschwerung des Zugangs des Revisionswerbers zum notwendigen gerichtlichen Rechtsschutz bewirken darf. Es wurde aber zum einen schon gezeigt, dass dieser Rechtsschutz trotz des Hausverbots unter Bedachtnahme auf § 16 Abs 4 GOG weiterhin gewährleistet ist. Zum anderen spricht fallbezogen gegen eine Befristung, dass angesichts des festgestellten bisherigen Verhaltens des Revisionswerbers kein Zeitpunkt festgelegt werden kann, zu dem mit einer Änderung dieses Verhaltens zu rechnen wäre. Auch die Revision vermag nicht darzulegen, aus welchen Gründen etwa nach Ablauf eines Zeitraumes von vorgeschlagenen zwölf Monaten die Sicherheitsbedenken, welche zur Erlassung des Hausverbots geführt haben, ausgeräumt sein sollen.

    30 Da somit schon der Inhalt der Revision erkennen lässt, dass die vom Revisionswerber behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war die Revision gemäß § 35 Abs 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

    Wien, am 26. Februar 2016

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