VwGH Ro 2015/17/0020

VwGHRo 2015/17/002020.4.2016

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Holeschofsky und die Hofrätinnen Mag. Dr. Zehetner und Dr. Leonhartsberger als Richterinnen bzw Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag.a Kratschmayr, über die Revision der Bezirkshauptmannschaft W in W, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 21. April 2015, LVwG-410505/11 und LVwG-410506/2, betreffend Beschlagnahme nach dem Glücksspielgesetz (mitbeteiligte Parteien:

1. H G in W, 2. PGmbH in G, beide vertreten durch Dr. Fabian Alexander Maschke, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Dominikanerbastei 17/11), zu Recht erkannt:

Normen

GSpG 1989 §1 Abs1;
GSpG 1989 §2 Abs1 Z2;
GSpG 1989 §2 Abs1;
GSpG 1989 §2 Abs3;
GSpG 1989 §53 Abs1 Z1 lita;
GSpG 1989 §1 Abs1;
GSpG 1989 §2 Abs1 Z2;
GSpG 1989 §2 Abs1;
GSpG 1989 §2 Abs3;
GSpG 1989 §53 Abs1 Z1 lita;

 

Spruch:

Das angefochtene Erkenntnis wird hinsichtlich seines Spruchpunktes II. wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.

Begründung

1 Mit Bescheid der revisionswerbenden Behörde vom 12. Dezember 2014 wurde gegenüber den beiden mitbeteiligten Parteien die Beschlagnahme von drei Glücksspielgeräten gemäß § 53 Abs 1 Z 1 lit a Glücksspielgesetz (GSpG) angeordnet. Dabei handelte es sich um zwei Walzenspielgeräte (Gerätenummern 1 und 2) sowie ein Gerät der Typenbezeichnung "afric2go" (Gerätenummer 4).

2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 21. April 2015 des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich wurden die Beschwerden der mitbeteiligten Parteien hinsichtlich der Walzenspielgeräte (Gerätenummern 1 und 2) abgewiesen und der Beschlagnahmebescheid diesbezüglich bestätigt (Spruchpunkt I.). Der Beschwerde hinsichtlich des Geräts "afric2go" wurde stattgegeben und die Beschlagnahme dieses Geräts samt USB-Stick aufgehoben (Spruchpunkt II.).

Hinsichtlich des hier maßgeblichen Spruchpunktes II. stellte das Verwaltungsgericht begründend zunächst die Funktionsweise des beschlagnahmten Geräts "afric2go" dar. Es liege ein mehrstufiger Dienstleistungsautomat vor, welcher als Geldwechsler oder als Musikautomat verwendet werden könne. Die 121 gespeicherten Musiktitel würden in akzeptabler Qualität abgespielt werden, drei bis fünf Minuten dauern und könnten nicht unterbrochen oder abgebrochen werden. Durch Betätigung der grünen "Rückgabe/Wählen"- Taste könne die Stufe 1 (ein Lied) oder Stufe 2 (2 Lieder) gewählt werden. Mittels Münzeingabe oder Banknoteneinzugs müsse ein Guthaben auf dem Kreditdisplay hergestellt werden. Durch Drücken der roten "Musik kopieren/hören"-Taste könnten die Musiktitel auf einen USB-Stick geladen oder abgespielt werden. Der Benutzer habe eine Auswahlmöglichkeit, welchen der gespeicherten Musiktitel er kopieren bzw. abspielen wolle. Der Preis für ein Musikstück betrage je EUR 1,00. Mit dem Drücken der roten Taste werde gleichzeitig ein Zufallsgenerator aktiviert, der zu einem vom Spieler nicht beeinflussbaren Beleuchtungsumlauf führe. Dadurch könne ein Bonus bei Aufleuchten eines entsprechenden Zahlensymbolfeldes (2/4/6/8/20) erlangt werden, welcher dann im Anzeigedisplay ersichtlich sei. Durch Drücken einer beliebigen Taste werde dieser Bonus dem Kredit zugezählt und könne das Kreditguthaben durch Drücken der grünen Taste ausgeworfen werden.

Nach Ansicht des Verwaltungsgerichts stünden bei dem Gerät "afric2go" im Unterschied zum Gerät "Fun-Wechsler" die Musikauswahl und der Erwerb des Titels in digitaler Form im Vordergrund. Dies aufgrund der Qualität und der Anzahl der angebotenen Musiktitel, der Auswahlmöglichkeit von Musiktiteln und der Möglichkeit des Herunterladens auf einen USB-Stick. Der Musiktitel stelle eine adäquate Gegenleistung für den Einsatz von EUR 1,00 dar. Der wesentliche Unterschied zu den Geräten des Typs "Fun-Wechsler" liege darin, dass der Anwender vor Auslösen des zufälligen Beleuchtungsumlaufs (der Gewinnspielfunktion) ein Wertäquivalent erhalte und ein adäquater, vermögenswerter Austausch stattfinde. Es werde daher kein Einsatz für den zufallsabhängigen Beleuchtungsumlauf geleistet und eine Ausspielung gemäß § 2 Abs 1 GSpG liege nicht vor.

3 Ausschließlich gegen Spruchpunkt II. richtet sich die vorliegende Revision mit der Begründung, das Landesverwaltungsgericht habe das Vorliegen einer Ausspielung iSd § 2 Abs 1 GSpG am Gerät "afric2go" verkannt.

4 Die mitbeteiligten Parteien brachten eine Revisionsbeantwortung ein, in der sie die Abweisung der Revision als unbegründet beantragten.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

5 Die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist im bekämpften Umfang (Spruchpunkt II. des angefochtenen Erkenntnisses) hinsichtlich der Frage des Vorliegens einer Ausspielung bei Verwendung des verfahrensgegenständlichen Geräts (mit der festgestellten Funktionsweise) zulässig.

6 Das Landesverwaltungsgericht hat die Funktionsweise des beschlagnahmten Geräts "afric2go" unwidersprochen dargestellt. Es ist daher davon auszugehen, dass das Gerät eine Gewinnchance bietet. Durch den Einwurf einer 1-Euro-Münze erwirbt man die Chance, bei Aufleuchten einer entsprechenden Zahl und anschließender Betätigung der "Rückgabe-Taste" einen Gewinn zu realisieren. Da das über einen Gewinn entscheidende Aufleuchten eines Zahlensymbols vom Gerät selbsttätig herbeigeführt wird, liegt ein Spiel vor, dessen Ausgang vom Spieler nicht beeinflusst werden kann.

7 Ob dabei Zusatzleistungen wie eine Geldwechselfunktion oder die Möglichkeit, ein Musikstück abzuspielen oder durch Download auf einen USB-Stick zu erwerben, geboten wird, ist für die Beurteilung, ob das Gerät eine vom Zufall abhängige Gewinnchance bietet, ohne Belang. Zu welchem (weiteren) Zweck das Gerät bestimmt ist oder benutzt wird, ist für die Beurteilung, ob ein Glücksspielgerät vorliegt, ebenso wenig relevant.

8 Wie in der hg Entscheidung vom 28. Juni 2011, 2011/17/0068, bereits festgehalten wurde, vermag die Feststellung, welches Musikstück vor dem Weiterspielen eines Benützers des Geräts zur allfälligen Realisierung eines Gewinns abgespielt wird (und ob es diesbezüglich eine Auswahlmöglichkeit des Spielers gibt oder nicht bzw ob überhaupt ein Musikstück gespielt wird), an dem Umstand, dass dem Spieler die Möglichkeit geboten wird, allenfalls für seinen Einsatz zufallsabhängig etwas zu gewinnen, nichts zu ändern.

9 Auch die Ansicht des Verwaltungsgerichts, dass der mögliche Erwerb eines Musiktitels für den geleisteten Einsatz eine adäquate Gegenleistung darstelle, ändert nichts an der Eigenschaft des vorliegenden Geräts als Glücksspielgerät (vgl VwGH vom 06. März 2014, 2013/17/0802, zur Wiedergabe eines Musikstücks). Abgesehen davon, dass die Beurteilung des Landesverwaltungsgerichts, der Anwender erhalte vor Auslösen der Gewinnspielfunktion ein Wertäquivalent in Form des Erwerbs eines Musiktitels, der Feststellung widerspricht, aufgrund des Drückens der roten "Musik kopieren/hören"-Taste komme es - neben der Wahl eines Musiktitels - gleichzeitig auch zur Aktivierung eines zufallsabhängigen Bonussystems am Gerät, ließe sich selbst unter Zugrundelegung der vom Landesverwaltungsgericht angenommenen Abfolge der Zusammenhang der vermögenswerten Leistung mit einem Glücksspiel nicht leugnen:

10 Für die Erfüllung des § 2 Abs 1 Z 2 GSpG ist lediglich Voraussetzung, dass im Zusammenhang mit der Teilnahme am Glücksspiel eine vermögenswerte Leistung erbracht wird. Der Einsatz von EUR 1,00 steht nach den Feststellungen des Landesverwaltungsgerichts in unmittelbarem Zusammenhang mit der Teilnahme am Glücksspiel, da gleichzeitig mit der Betätigung der "Musik kopieren/hören"-Taste der zufallsabhängige Beleuchtungsumlauf in Gang gesetzt wird, mit dem dieser Einsatz vervielfacht werden kann. Aber selbst ein zeitversetztes Starten der Gewinnspielfunktion könnte den Zusammenhang zwischen der Einsatzleistung und dem Gewinnspiel verfahrensgegenständlich nicht durchbrechen: Auch wenn für den Einsatz von EUR 1,00 zuerst ein Musikstück abgespielt oder abgespeichert würde und erst danach ein Zufallsgenerator das Gewinnspiel starten würde, stünde das derart verzögert in Gang gesetzte Glücksspiel noch in einem engen Zusammenhang mit der Einsatzleistung, weil die vermögenswerte Leistung des Anwenders eben nicht auf den Erwerb eines Musiktitels beschränkt ist, sondern auch die (nachfolgende) Gewinnchance umfasst.

11 Das beschlagnahmte Gerät "afric2go" mit der vom Landesverwaltungsgericht festgestellten Funktionsweise eröffnete daher dem Benützer nach Einsatzleistung eine Gewinnchance, weshalb es unter diesem Aspekt geeignet war, den Verdacht des Eingriffs in das Glücksspielmonopol des Bundes zu begründen. Ein bloßer Musikapparat (gleich einem Warenautomaten) liegt jedenfalls nicht vor.

12 Indem das Verwaltungsgericht diese Rechtslage verkannte, belastete es das angefochtene Erkenntnis mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit. Es war daher im angefochtenen Umfang gemäß § 42 Abs 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

Wien, am 20. April 2016

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte