VwGH Ro 2015/13/0022

VwGHRo 2015/13/002231.5.2017

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fuchs und die Hofräte Dr. Nowakowski und MMag. Maislinger als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Karlovits, LL.M., über die Revision der S AG in W, vertreten durch die Wolf Theiss Rechtsanwälte GmbH & Co KG in 1010 Wien, Schubertring 6, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom 5. Mai 2014, Zl. RV/7102697/2011, betreffend Körperschaftsteuer für die Jahre 2005 bis 2007, den Beschluss gefasst:

Normen

BAO §278 Abs1;
BAO §279;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die revisionswerbende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. Ein solcher Beschluss ist nach § 34 Abs. 3 VwGG in jeder Lage des Verfahrens zu fassen.

3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden.

4 Streitpunkte der vorliegenden, vom Bundesfinanzgericht für zulässig erklärten Revision sind zunächst zwei Feststellungen aus einer mit Bericht vom 14. Juni 2010 abgeschlossenen Außenprüfung. Sie betreffen eine Rechnungsabgrenzung in Bezug auf ein von einer finnischen Gesellschaft an die revisionswerbende Aktiengesellschaft geleistetes Entgelt und die Zurechnung bestimmter von einer schweizerischen Tochtergesellschaft der Revisionswerberin erzielter Erträge an die Revisionswerberin.

5 Im Verfahren über die von der Revisionswerberin im Oktober 2010 erhobene Berufung gegen die nach Abschluss der Außenprüfung ergangenen Bescheide des Finanzamtes über Körperschaftsteuer für das Wirtschaftsjahr 2004/2005 (1. Oktober 2004 bis 30. September 2005) und die folgenden beiden Wirtschaftsjahre räumte der unabhängige Finanzsenat der Revisionswerberin mit Schreiben vom 17. April 2013 das Parteiengehör zu der mit Schreiben vom 29. September 2011 erfolgten Beantwortung eines an maltesische Behörden gerichteten Amtshilfeersuchens vom April 2010 ein. Danach hatte eine (an der Revisionswerberin damals zu mehr als 70% beteiligte) maltesische Gesellschaft im Jahr 2005 Lizenzzahlungen einer belgischen Gesellschaft vereinnahmt. Hiezu hielt der unabhängige Finanzsenat der Revisionswerberin vor, Grund der Zahlungen sei die Nutzung von Rechten der Revisionswerberin gewesen, sodass die Zahlungen der Revisionswerberin zugestanden seien und ihr Gewinn im Jahr 2005 entsprechend zu erhöhen sei. Diese Gewinnerhöhung wurde - nach einem weiteren Vorhalt des unabhängigen Finanzsenates und Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Bundesfinanzgericht am 18. März 2014 - im angefochtenen Erkenntnis in der Folge auch vorgenommen. Nur im Hinblick darauf, dass dieser Sachverhalt erst im Rechtsmittelverfahren aufgegriffen worden sei und der Revisionswerberin auch diesbezüglich ein Instanzenzug offenstehen solle, sprach das Bundesfinanzgericht aus, eine Revision sei nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.

6 Die Revisionswerberin erhob gegen das Erkenntnis zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, deren Behandlung der Verfassungsgerichtshof mit Beschluss vom 11. Juni 2015, E 671/2014- 11, ablehnte. Der Verfassungsgerichtshof legte u.a. dar, spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen seien "zur Beurteilung der aufgeworfenen Fragen, insbesondere der Frage, was unter der ‚Sache' im Sinne des § 279 BAO zu verstehen ist, insoweit vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 25.4.2013, 2012/15/0161) nicht anzustellen", und trat die Beschwerde antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

7 Den Schwerpunkt der daraufhin fristgerecht eingebrachten Revision bildet die Behauptung, das Bundesfinanzgericht habe mit der erstmaligen Einbeziehung der als Einkünfte der Revisionswerberin gewerteten Zahlungen der belgischen Gesellschaft an die maltesische Gesellschaft seine Kognitionsbefugnis überschritten. Gestützt wird dies auf Ausführungen zur Ermessensübung gemäß § 278 Abs. 1 BAO, zum Begriff der "Sache" in § 279 Abs. 1 erster Satz BAO, zur Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte nach Art. 130 Abs. 4 B-VG und zum Recht auf ein faires Verfahren nach Art. 47 GRC.

8 Diese Ausführungen werfen keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung auf. Die Revisionswerberin macht im Ergebnis geltend, jedes Hervorkommen zusätzlicher Einkünfte im Beschwerdeverfahren stehe einer Sachentscheidung durch das Bundesfinanzgericht entgegen und verpflichte zur Aufhebung und Zurückverweisung an die Abgabenbehörde gemäß § 278 Abs. 1 erster Satz BAO. Mit der gleichzeitigen Behauptung einer Überschreitung der "Sache" ist dies nicht vereinbar, weil dies auch einer solchen Kassation entgegenstünde. Eine Überschreitung der "Sache" liegt aber offenkundig nicht vor. "Sache" des Verfahrens vor dem Bundesfinanzgericht waren nicht die schon dem Finanzamt bekannten Einkünfte oder sonstigen "Sachverhalte", sondern Festsetzungen der Körperschaftsteuer jeweils für ein Jahr. Hiezu genügt ein Hinweis auf das schon vom Verfassungsgerichtshof zitierte Erkenntnis und die zahlreichen weiteren Judikaturnachweise bei Ritz, BAO5, § 279 Tz 10 ff. Wenn das Bundesfinanzgericht in diesem Sinn jeweils in der Sache entschieden und die Sache nicht an die Abgabenbehörde zurückverwiesen hat, so lag darin auch kein Abweichen von Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, mit der Amtsbeschwerden gegen Kassationen gemäß § 66 Abs. 2 AVG abgewiesen wurden. Im vorliegenden Fall einer umfangreichen Außenprüfung kann nicht davon die Rede sein, dass "es wegen des Unterbleibens eines Ermittlungsverfahrens in erster Instanz zu einer Verlagerung nahezu des gesamten Verfahrens" vor die Kontrollinstanz käme "und die Einrichtung von zwei Entscheidungsinstanzen damit zur bloßen Formsache würde", wie es in dem von der Revisionswerberin dazu zitierten asylrechtlichen Erkenntnis vom 21. November 2002, 2002/20/0315, hieß. Die Einbeziehung der im Beschwerdeverfahren hervorgekommenen weiteren Einkünfte in eine Sachentscheidung des Bundesfinanzgerichtes erweckt weder aus dem Blickwinkel dieser Judikatur noch unter den übrigen in der Revision geltend gemachten Gesichtspunkten Bedenken und begründet daher - entgegen der Meinung des Bundesfinanzgerichtes - auch nicht die Zulässigkeit der Revision unter dem Gesichtspunkt eines sonst fehlenden Instanzenzuges (vgl. in diesem Zusammenhang auch die Aufhebung eines auf den "Rechtsschutzgedanken" und die "Wahrung des gesetzlich vorgesehenen Instanzenzuges" gestützten Aufhebungsbeschlusses des Bundesfinanzgerichtes mit dem Erkenntnis vom 26. Jänner 2017, Ra 2015/15/0063).

9 Die Revisionswerberin bekämpft die Zurechnung dieser Einkünfte allerdings auch inhaltlich und beruft sich dazu auf neue Behauptungen und auf Unterlagen, die dem Bundesfinanzgericht nicht vorgelegt wurden. Ins Treffen geführt wird nun vor allem, ein bestimmtes Patent sei der (Rechtsvorgängerin der) Revisionswerberin von der maltesischen Gesellschaft "lediglich treuhändig" überlassen worden und der Revisionswerberin daher "nicht wirtschaftlich zuzurechnen" gewesen. Zugleich wird das nach Erlassung des angefochtenen Erkenntnisses eingeholte Rechtsgutachten einer Universitätsprofessorin vorgelegt, wonach ein Börsezulassungsprospekt die Patente "nur" wirtschaftlich der Revisionswerberin zugeordnet habe und diese "wirtschaftliche Zuordnung korrekt" gewesen sei. Das jetzige Vorbringen weicht von der Reaktion der Revisionswerberin auf die Vorhalte des unabhängigen Finanzsenates und vom Vorbringen in der Verhandlung jedenfalls deutlich ab und ist schon deshalb iS des § 41 erster Satz VwGG nicht geeignet, Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung aufzuzeigen.

10 In der Revision wird dazu weiters vorgetragen, das Bundesfinanzgericht habe die Lizenzzahlungen des Kalenderjahres 2005 dem Wirtschaftsjahr 2004/2005 (1. Oktober 2004 bis 30. September 2005) zugeordnet, ohne darauf Bedacht zu nehmen, dass dieses nicht mit dem Kalenderjahr 2005 identisch gewesen sei und es auch nicht auf den Zufluss der Beträge, sondern auf die zugrunde liegenden Ansprüche angekommen wäre. Dazu wurde und wird aber nicht vorgebracht, inwieweit sich die Zahlungen auf Ansprüche anderer Wirtschaftsjahre bezogen hätten. Fragen der zeitlichen Zuordnung dieser über die maltesische Gesellschaft bezogenen Einkünfte liegen auch außerhalb der geltend gemachten Revisionspunkte.

11 In verfahrensrechtlicher Hinsicht wird im Zusammenhang mit diesen Einkünften noch behauptet, schon in der Berufung sei an einer bestimmten Stelle die Einvernahme zweier näher genannter Personen "zum Beweis dafür" beantragt worden, "dass die Revisionswerberin nicht sämtliche Patente für die Herstellung von (...) besitzt". Der bezeichnete Beweisantrag war jedoch nicht zu diesem, sondern zu einem anderen, infolge Stattgebung durch das Bundesfinanzgericht nicht mehr strittigen Thema gestellt worden. Wahr ist, dass in der Beantwortung des Vorhalts vom 17. April 2013 ohne Angabe eines bestimmten Beweisthemas die Einvernahme eines erst 2012 bestellten Vorstandsmitgliedes der Revisionswerberin beantragt wurde. Die Revisionswerberin rügt, dieser Antrag sei "nicht einmal erledigt" worden, räumt aber ein, dass dieses Vorstandsmitglied an der Verhandlung teilnahm und in ihr zu Wort kam, und bringt selbst vor, es habe "den Sachverhalt" zu diesem Themenbereich "de facto nicht" gekannt.

12 In Bezug auf die strittige Rechnungsabgrenzung verweist die Revision gegenüber der Annahme eines Veräußerungsvorganges durch das Bundesfinanzgericht auf Judikatur zu Bestandverträgen, ohne zu den Besonderheiten, auf die das Bundesfinanzgericht seine auch in diesem Punkt ausführlich begründete Entscheidung gestützt hat, konkret Stellung zu nehmen. Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung werden damit ebenso wenig aufgeworfen wie mit der Behauptung einer unschlüssigen Beweiswürdigung bei der Zurechnung von Einkünften (Lizenzerträgen) der schweizerischen Tochtergesellschaft. Auf die Argumente des Bundesfinanzgerichtes wird auch in diesem Zusammenhang nicht näher eingegangen.

13 Die Revision hängt damit nicht von Rechtsfragen ab, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Sie war daher zurückzuweisen.

14 Der Ausspruch über den Aufwandersatz für die vom Finanzamt erstattete Revisionsbeantwortung stützt sich auf die §§ 47 ff, insbesondere auf § 51 VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 31. Mai 2017

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