VwGH Ro 2015/10/0051

VwGHRo 2015/10/005122.2.2017

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stöberl, den Senatspräsidenten Dr. Rigler, sowie die Hofräte Dr. Lukasser, Dr. Hofbauer und Dr. Fasching als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Uhlir, über die Revision der Salzburger Landesregierung gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Salzburg vom 29. Juli 2015, Zl. LVwG- 9/150/5-2015, LVwG-9/169/10-2015, LVwG-9/176/11-2015, betreffend Mindestsicherung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht:

Bürgermeister der Stadt Salzburg; mitbeteiligte Parteien: 1. A H,

2. M H, beide vertreten durch R P, alle in Salzburg), zu Recht erkannt:

Normen

32004L0038 Unionsbürger-RL Art37;
B-VG Art50 Abs2;
EURallg;
FürsorgeAbk BRD 1969 Jugendwohlfahrtspflege Anh1;
FürsorgeAbk BRD 1969 Jugendwohlfahrtspflege Art1 Z4;
FürsorgeAbk BRD 1969 Jugendwohlfahrtspflege Art13 Abs1;
FürsorgeAbk BRD 1969 Jugendwohlfahrtspflege Art13 Abs2;
FürsorgeAbk BRD 1969 Jugendwohlfahrtspflege Art2 Abs1;
FürsorgeAbk BRD 1969 Jugendwohlfahrtspflege Art2;
FürsorgeAbk BRD 1969 Jugendwohlfahrtspflege;
MSG Slbg 2010 §1;
MSG Slbg 2010 §4 Abs1;
MSG Slbg 2010 §4 Abs2 Z2;
MSG Slbg 2010 §4;
MSG Slbg 2010 §44 Z2;
MSG Slbg 2010 §8 Abs1;
MSG Slbg 2010 §8;
MSG Slbg 2010;
SHG Slbg 1975 §55;
SHG Slbg 1975 §57 Abs1;
SHG Slbg 1975 §6 Abs2 Z1;
SHG Slbg 1975 §6;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;

 

Spruch:

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde der aus der Erstmitbeteiligten, ihrem Lebensgefährten R.P. sowie dem Zweitmitbeteiligten und einem weiteren gemeinsamen minderjährigen Kind bestehenden Bedarfsgemeinschaft Bedarfsorientierte Mindestsicherung als Hilfe für den Lebensunterhalt und den Wohnbedarf in Form einer Geldleistung wie folgt zuerkannt: für den Monat März 2015 EUR 936,41, für den Monat Mai 2015 EUR 908,01 und für den Monat Juni 2015 EUR 1.179,72.

2 Begründend führte das Verwaltungsgericht - nach Darstellung des Verfahrensganges und der angewendeten Rechtsvorschriften - aus, die Erstmitbeteiligte sei deutsche Staatsangehörige und lebe mit ihrem Lebensgefährten, einem österreichischen Staatsbürger, sowie den beiden minderjährigen Söhnen, von denen einer - der am 27. September 2012 geborene Zweitmitbeteiligte - die deutsche Staatsangehörigkeit und einer die österreichische Staatsbürgerschaft besitze, im gemeinsamen Haushalt. Mit den in Beschwerde gezogenen Bescheiden vom 26. Februar, 27. April und 20. Mai 2015 habe die belangte Behörde lediglich dem Lebensgefährten und dem österreichischen Sohn der Erstmitbeteiligten Leistungen aus der Bedarfsorientierten Mindestsicherung zuerkannt, nicht hingegen den Mitbeteiligten, weil diese über kein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht verfügten.

3 Das Verwaltungsgericht stellte fest, dass die Erstmitbeteiligte seit 27. April 2012 durchgehend in der Stadt Salzburg mit Hauptwohnsitz gemeldet sei. Sie sei vom 1. bis 30. September 2008, vom 21. November 2008 bis 7. Februar 2012, sodann vom 19. März 2012 bis 2. August 2012 und schließlich vom 1. Jänner 2014 bis 13. August 2014 bei diversen österreichischen Firmen als Arbeiterin bzw. Angestellte beschäftigt gewesen. Das letzte Beschäftigungsverhältnis sei nicht geeignet gewesen, der Erstmitbeteiligten die Arbeitnehmereigenschaft und somit ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht zu gewähren, zumal es sich lediglich um eine von vornherein befristete und geringfügige Beschäftigung im Ausmaß von lediglich vier Wochenstunden gehandelt habe, sodass von einer "tatsächlichen und echten Tätigkeit" im Sinne der Judikatur des EuGH nicht mehr gesprochen werden könne. Selbst wenn man davon ausginge, dass die Erstmitbeteiligte durch diese geringfügige Erwerbstätigkeit ihre Arbeitnehmereigenschaft wieder erlangt hätte, so wäre von ihr im Sinne des § 51 Abs. 2 Z 3 NAG zu verlangen gewesen, dass sie sich der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice zur Verfügung stelle, um sich ihre Erwerbstätigeneigenschaft für mindestens sechs weitere Monate zu erhalten. Dies könne aber gerade nicht festgestellt werden, weshalb der Erstmitbeteiligten auch aus diesem Grund kein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht zukomme.

4 Im entscheidungsrelevanten Zeitraum (März, Mai und Juni 2015) habe sich die Erstmitbeteiligte nicht mehr im Mutterschutz, sondern - bis 21. Mai 2015 - in Karenz (gegen Entfall des Arbeitsentgelts) gemäß § 15 Mutterschutzgesetz befunden. Bei der von der Erstmitbeteiligten konsumierten Karenz handle es sich nicht um einen vom EuGH im Urteil vom 19. Juni 2014, C-507/12 , angesprochenen Zeitraum des Mutterschutzes. Durch die Inanspruchnahme der Karenz habe die Mitbeteiligte somit ihre Arbeitnehmerbzw. Erwerbstätigeneigenschaft verloren.

5 Zusammenfassend stellte das Verwaltungsgericht fest, dass den Mitbeteiligten ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht nach § 4 Abs. 2 Z 2 Sbg. MSG "jedenfalls" nicht zukomme.

6 Der Anspruch der Mitbeteiligten auf Gewährung Bedarfsorientierter Mindestsicherung sei dessen ungeachtet aus Art. 2 Abs. 1 des Abkommens zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland über Fürsorge und Jugendwohlfahrtspflege, BGBl. Nr. 258/1969 (in der Folge: Abkommen), abzuleiten. Diese Bestimmung normiere, dass Staatsangehörigen der einen Vertragspartei (hier: Deutschland), die sich im Hoheitsgebiet der anderen Vertragspartei (hier: Österreich) aufhielten, Fürsorge und Jugendwohlfahrtspflege in der gleichen Weise, in gleichem Umfang und unter den gleichen Bedingungen wie den Staatsangehörigen des Aufenthaltsstaats gewährt werde. Art. 1 Z 4 des Abkommens definiere den Begriff "Fürsorge" als alle gesetzlich begründeten Geld-, Sach-, Beratungs-, Betreuungs- und sonstigen Hilfeleistungen aus öffentlichen Mitteln zur Deckung und Sicherung des Lebensbedarfes für Personen, die keine andere Voraussetzung als die der Hilfsbedürftigkeit zu erfüllen haben. Bei der Gewährung Bedarfsorientierter Mindestsicherung handle es sich um Fürsorge im Sinne des Abkommens, was auch daraus zu schließen sei, dass in dessen Anhang I das Sbg. Landesgesetz vom 17. November 1948, LGBl. Nr. 11/1949, über die vorläufige Regelung des Fürsorgewesens und der Jugendfürsorge im Lande Salzburg (in der Folge: Sbg. FürsorgeG) angeführt sei, wobei dieses Gesetz in weiterer Folge durch das Sbg. Sozialhilfegesetz (Sbg. SHG) ersetzt worden sei und im Bereich der "offenen Sozialhilfe" nunmehr an die Stelle dieses Gesetzes das Sbg. Mindestsicherungsgesetz (Sbg. MSG) getreten sei.

7 Insoweit die belangte Behörde argumentiere, dass das Abkommen aufgrund des EU-Beitritts Österreichs bzw. durch die "Freizügigkeitsrichtlinie" (nunmehr: Unionsbürgerrichtlinie) obsolet geworden sei, sei auszuführen, dass weder der EU-Beitritt noch die erwähnte Richtlinie das Abkommen ersetzt hätten, zumal Art. 351 AEUV normiere, dass die Rechte und Pflichten aus Übereinkünften, die vor dem 1. Jänner 1958, oder, im Falle später beigetretener Staaten, vor dem Zeitpunkt ihres Beitritts zwischen einem oder mehreren Mitgliedstaaten einerseits und einem oder mehreren Ländern andererseits geschlossen worden seien, durch die Verträge nicht berührt würden. Darüber hinaus sei auf Art. 37 der erwähnten Richtlinie zu verweisen, wonach Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedsstaaten, die für die in den Anwendungsbereich der Richtlinie fallenden Personen günstiger seien, unberührt blieben.

8 Die belangte Behörde habe gegen die Anwendung des Abkommens weiters vorgebracht, dass weder dieses Abkommen noch generell zwischenstaatliche Abkommen in § 4 Sbg. MSG angeführt wären, wohingegen im Anwendungsbereich des Sbg. SHG bei den persönlichen Anspruchsvoraussetzungen in dessen § 6 Abs. 2 Z 1 ausdrücklich auf Fremde, insoweit sich eine Gleichstellung aus Staatsverträgen ergebe, Bezug genommen werde. Dem sei zu entgegnen, dass es eine derartige Bezugnahme im Sbg. MSG nicht zwingend bedürfe, zumal das Abkommen von beiden Vertragsteilen ratifiziert worden sei und der Norminhalt des - für den gegenständlichen Sachverhalt relevanten - Art. 2 hinreichend konkret sei.

9 Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts gelte daher das Abkommen ungeachtet der "Freizügigkeitsrichtlinie" nach wie vor unmittelbar (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 19. März 2014, Zl. 2013/21/0085).

10 Entgegen der Rechtsansicht der belangten Behörde seien in der vorliegenden Bedarfsgemeinschaft nicht bloß der Lebensgefährte und der österreichische Sohn der Erstmitbeteiligten zu berücksichtigen, sondern eben auch die beiden Mitbeteiligten.

11 Die ordentliche Revision sei infolge Vorliegens einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, weil Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage der Anwendbarkeit des Abkommens im Regime der Bedarfsorientierten Mindestsicherung fehle.

12 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende - auf § 16 Salzburger Landesverwaltungsgerichtsgesetz gestützte - Amtsrevision. Die Mitbeteiligten erstatteten keine Revisionsbeantwortung.

13 Die Revision ist aus dem vom Verwaltungsgericht angeführten Grund zulässig.

14 Die maßgeblichen Bestimmungen des Salzburger Mindestsicherungsgesetzes, LGBl. Nr. 63/2010 in der Fassung LGBl. Nr. 10/2014 (Sbg. MSG), lauten (auszugsweise):

"Ziel und Aufgabe der Bedarfsorientierten Mindestsicherung

§ 1

...

(2) Die Bedarfsorientierte Mindestsicherung hat allen Personen, die sich im Land Salzburg aufhalten und zum dauernden Aufenthalt im Inland berechtigt sind, die Sicherung des Lebensunterhalts und des Wohnbedarfs sowie den Erhalt der bei Krankheit, Schwangerschaft und Entbindung erforderlichen Leistungen zu gewährleisten.

...

Persönliche Voraussetzungen

§ 4

(1) Anspruch auf Leistungen nach diesem Gesetz haben vorbehaltlich Abs 3 nur Personen, die ihren Hauptwohnsitz oder mangels eines solchen ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Land Salzburg haben und zu einem dauernden Aufenthalt im Inland berechtigt sind.

(2) Zum Personenkreis, die zu einem dauernden Aufenthalt im Inland berechtigt sind, gehören:

1. Österreichische Staatsbürgerinnen und Staatsbürger;

2. Personen, die über ein unionsrechtliches

Aufenthaltsrecht gemäß den §§ 65 und 65a FPG 2005 oder gemäß den

§§ 51 bis 54a und 57 NAG verfügen;

3. Personen, mit einem Aufenthaltstitel

...

4. ...

(3) Keinen Anspruch auf Leistungen nach diesem Gesetz haben insbesondere:

...

Einsatz der Arbeitskraft

§ 8

(1) Leistungen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung sind bei arbeitsfähigen Hilfesuchenden von der Bereitschaft abhängig zu machen, ihre Arbeitskraft im Rahmen ihrer Möglichkeiten einzusetzen und sich um eine entsprechende Erwerbstätigkeit zu bemühen. Dies umfasst auch die Bereitschaft zur Mitwirkung an der Begutachtung der Arbeitsfähigkeit sowie zur Teilnahme an Maßnahmen, die der Steigerung der Arbeitsfähigkeit oder der Vermittelbarkeit dienen.

..."

15 Gemäß § 44 Z. 2 Sbg. MSG dient dieses Gesetz der Umsetzung ua. der Richtline 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, ABl. Nr. L 304 ("Unionsbürgerrichtlinie"). Art. 37 dieser Richtlinie lautet:

"Artikel 37

Günstigere innerstaatliche Rechtsvorschriften

Diese Richtlinie lässt Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten, die für die in den Anwendungsbereich dieser Richtlinie fallenden Personen günstiger sind, unberührt."

16 § 6 des Salzburger Sozialhilfegesetzes, LGBl. Nr. 19/1975 idF LGBl. Nr. 47/2015 (Sbg. SHG), lautet auszugsweise:

"Anspruch

§ 6

(1) Ein Hilfesuchender, der sich im Lande Salzburg aufhält, hat Anspruch auf Hilfe zur Sicherung des Lebensbedarfes, wenn er den Lebensbedarf für sich oder die mit ihm in Familiengemeinschaft lebenden unterhaltsberechtigten Angehörigen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln beschaffen kann und ihn auch nicht von anderen Personen oder Einrichtungen erhält.

(1a) ...

(2) ... Leistungen nach diesem Gesetz stehen grundsätzlich

nur österreichischen Staatsbürgern zu. Unter der Voraussetzung, dass sie sich gemäß § 31 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 - FPG, BGBl I Nr 100, rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, sind österreichischen Staatsbürgern gleichgestellt:

1. Fremde, insoweit sich eine Gleichstellung aus

Staatsverträgen ergibt;

2. ...

3. ...

4. Fremde, die über einen Aufenthaltstitel mit

unbefristetem Niederlassungsrecht gemäß den §§ 45, 48 oder 81 Abs 2 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes - NAG, BGBl I Nr 100/2005, verfügen.

..."

17 Die maßgeblichen Bestimmungen des Abkommens zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland über Fürsorge und Jugendwohlfahrtspflege; BGBl. Nr. 258/1969 ("Abkommen"), lauten:

"TEIL I

ALLGEMEINE BESTIMMUNGEN

Artikel 1

In diesem Abkommen bedeuten die Ausdrücke

1. ‚Österreich'

die Republik Österreich,

‚Bundesrepublik'

die Bundesrepublik Deutschland;

...

  1. 4. ‚Fürsorge'

    alle gesetzlich begründeten Geld-, Sach-, Beratungs-, Betreuungs- und sonstigen Hilfeleistungen aus öffentlichen Mitteln zur Deckung und Sicherung des Lebensbedarfes für Personen, die keine andere Voraussetzung als die der Hilfsbedürftigkeit zu erfüllen haben;

  1. 5. ,Jugendwohlfahrtspflege' ...
  2. 6. ‚Rechtsvorschriften'

    die Gesetze, Verordnungen und Satzungen, welche die in den Punkten 4 und 5 umschriebenen Rechtsgebiete regeln und im Hoheitsgebiet oder im jeweiligen Teil des Hoheitsgebietes einer Vertragspartei in Kraft sind;

    ...

    TEIL II

    GEWÄHRUNG VON FÜRSORGE UND JUGENDWOHLFAHRTSPFLEGE

    Artikel 2

(1) Staatsangehörigen der einen Vertragspartei, die sich im Hoheitsgebiet der anderen Vertragspartei aufhalten, wird Fürsorge und Jugendwohlfahrtspflege in gleicher Weise, in gleichem Umfang und unter den gleichen Bedingungen wie den Staatsangehörigen des Aufenthaltsstaates gewährt.

(2) ...

...

TEIL IV

RÜCKKEHR, RÜCKSCHAFFUNG

Artikel 8

(1) Der Aufenthaltsstaat darf einem Staatsangehörigen der anderen Vertragspartei nicht allein aus dem Grunde der Hilfsbedürftigkeit den weiteren Aufenthalt versagen oder ihn rückschaffen, es sei denn, daß er sich noch nicht ein Jahr ununterbrochen erlaubt in seinem Hoheitsgebiet aufhält. Sprechen Gründe der Menschlichkeit gegen eine solche Maßnahme, so hat sie ohne Rücksicht auf die Dauer der Anwesenheit im Aufenthaltsstaat zu unterbleiben.

(2) Die Vorschriften dieses Abkommens stehen in keiner Weise dem Recht zur Ausweisung aus einem anderen als dem im vorstehenden Absatz erwähnten Grunde entgegen.

...

Artikel 9

...

(3) Bei der Berechnung der Aufenthaltsdauer nach

Artikel 8 Absatz 1 werden Zeiträume, in denen der Lebensunterhalt ganz oder teilweise aus Mitteln der Fürsorge des Aufenthaltsstaates gewährt worden ist, nicht berücksichtigt.

Artikel 13

(1) Dem Abkommen ist ein Verzeichnis der im Zeitpunkt seiner Unterzeichnung geltenden gesetzlichen Rechtsvorschriften als Anhang I beigefügt. Treten gesetzliche Rechtsvorschriften, die in Anhang I angeführt sind, außer Kraft oder werden gesetzliche Rechtsvorschriften erlassen, die in Anhang I angeführt wären, wenn sie beim Inkrafttreten des Abkommens bereits in Kraft gewesen wären, so hat die Vertragspartei, um deren Rechtsvorschriften es sich handelt, dies der anderen Vertragspartei unter Bezugnahme auf Anhang I mitzuteilen.

(2) Änderungen und Ergänzungen der Rechtsvorschriften einer Vertragspartei, die sich aus zwischenstaatlichen Abkommen oder aus einer von einer Europäischen Gemeinschaft erlassenen Vorschrift ergeben, sind im Verhältnis zwischen den beiden Vertragsparteien nur zu berücksichtigen, wenn diese es vereinbaren.

...

Artikel 16

Das diesem Abkommen beiliegende Schlußprotokoll ist

Bestandteil des Abkommens.

Anhang I

Liste

der die Rechtsgebiete der Fürsorge und der Jugendwohlfahrtspflege regelnden gesetzlichen Rechtsvorschriften der beiden Vertragsparteien

1. In Österreich:

...

in Salzburg das Gesetz vom 17. November 1948, LGBl. Nr. 11/1949, über die

vorläufige Regelung des Fürsorgewesens und der Jugendfürsorge im Lande Salzburg, in der Fassung des Gesetzes vom 26. April 1950, LGBl. Nr. 57;

...

SCHLUSSPROTOKOLL

zum Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland über Fürsorge und Jugendwohlfahrtspflege

A. Bei Unterzeichnung des Abkommens über Fürsorge und Jugendwohlfahrtspflege stellen die Bevollmächtigten der beiden Vertragsparteien übereinstimmend folgendes fest:

1. Vergünstigungen aus diesem Abkommen sollen Personen

nicht zugute kommen, die das Hoheitsgebiet der anderen Vertragsparteien aufsuchen, um diese Vergünstigungen in Anspruch zu nehmen. ...

...

6. Gründe der Menschlichkeit, die einer Rückschaffung gemäß

Artikel 8 Absatz 1 entgegenstehen, liegen insbesondere dann vor, wenn hiedurch enge Bindungen im Aufenthaltsstaat, vor allem eine Familiengemeinschaft, getrennt würden.

..."

18 Die vorliegende Amtsrevision "richtet sich gegen die Annahme des Landesverwaltungsgerichts, dass unter Heranziehung des

Fürsorgeabkommens ... deutsche Staatsangehörige in gleicher Weise,

in gleichem Umfang und unter den gleichen Bedingungen wie österreichische Staatsangehörige Anspruch auf Leistungen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung hätten, und zwar gerade auch dann, wenn ihnen ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht nicht zukommt." Die Frage des Aufenthaltsrechts der Mitbeteiligten in Österreich sei nach unionsrechtlichen Vorschriften zu beurteilen. Nach den - unstrittigen - Feststellungen des Verwaltungsgerichts komme den Mitbeteiligten ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht nach § 4 Abs. 2 Z. 2 Sbg. MSG iVm §§ 51 ff NAG nicht zu. Die Mitbeteiligten hätten deshalb keinen Anspruch auf Gewährung der Bedarfsorientierten Mindestsicherung.

Im Einzelnen bringt die Revision gegen die Anwendbarkeit des Abkommens vor,

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