Normen
B-VG Art133 Abs4;
B-VG Art140 Abs5;
B-VG Art140 Abs6;
FlVfLG Tir 1996 §86d;
VwGG §25a Abs1;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §34 Abs1a;
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die revisionswerbende Partei hat der belangten Behörde Aufwendungen in der Höhe von EUR 553,20 binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 1. Mit Bescheid vom 4. September 2014 wies die belangte Behörde einen Antrag der revisionswerbenden Partei auf Feststellung, dass es sich bei der im Jahre 1961 aufgelösten Agrargemeinschaft W mit bestimmten, näher angeführten Grundstücken um eine "atypische Gemeindegutsagrargemeinschaft" gehandelt habe, gemäß §§ 33 und 73 lit. d Tiroler Flurverfassungslandesgesetz 1996 - TFLG 1996 als unbegründet ab.
2 Gegen diesen Bescheid erhob die revisionswerbende Partei Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Tirol. Darin wurde (auch) beantragt festzustellen, welche Erlöse seitens der Agrargemeinschaft N seit einschließlich 1. Jänner 1974 aus bestimmten zur früheren Agrargemeinschaft W gehörenden Grundstücken erzielt worden seien, in eventu der Agrargemeinschaft N diesbezüglich Rechnungslegung und Herausgabe aufzutragen.
3 2.1. Mit der angefochtenen Entscheidung vom 19. Februar 2015 wies das Verwaltungsgericht (unter Spruchpunkt A) und in Form eines Beschlusses) die Beschwerde, soweit sie allfällige Substanzerlöse der Agrargemeinschaft N betreffe, gemäß § 28 Abs. 1 iVm § 31 Abs. 1 VwGVG als unzulässig zurück. Weiters behob das Verwaltungsgericht (unter Spruchpunkt B)) den Bescheid der belangten Behörde vom 4. September 2014 "ersatzlos" und wies den verfahrenseinleitenden Antrag der revisionswerbenden Partei als unzulässig zurück.
4 Das Verwaltungsgericht sprach aus, dass gegen diese Entscheidung die Revision an den Verwaltungsgerichtshof zulässig sei.
5 2.2. Spruchpunkt A) seiner Entscheidung begründete das Verwaltungsgericht im Wesentlichen damit, dass sich die Sache des Beschwerdeverfahrens im Sinn des § 27 VwGVG nach dem Gegenstand, der durch den Spruch des vor dem Verwaltungsgericht bekämpften Bescheides entschieden worden sei, bestimme (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 4. September 2003, Zl. 2003/21/0082).
6 Mit dem hier bekämpften Bescheid sei ausschließlich über das Feststellungsbegehren entschieden worden, ob die aufgelöste Agrargemeinschaft W eine atypische Gemeindegutsagrargemeinschaft gewesen sei, sodass dem Verwaltungsgericht im vorliegenden Verfahren eine Entscheidung hinsichtlich allfälliger Substanzerlöse der Agrargemeinschaft N verwehrt sei. Mangels Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtes sei die Beschwerde daher insoweit als unzulässig zurückzuweisen.
7 Zur Begründung der unter Spruchpunkt B) getroffenen Entscheidung führte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen aus, § 73 lit. d TFLG 1996 biete in Hinblick auf dessen klaren Wortlaut keine Rechtsgrundlage für eine Entscheidung über den gegenständlichen Feststellungsantrag, ziele diese Norm doch eindeutig darauf ab, hinsichtlich bestehender Grundstücke deren Qualifikation als agrargemeinschaftliche Grundstücke im Sinn des § 33 Abs. 2 lit. c TFLG 1996 (Gemeindegut) oder als Gemeindevermögen im Sinn des § 33 Abs. 4 TFLG 1996 zu beurteilen.
8 Mangels ausdrücklicher Ermächtigung im Gesetz sei somit die Erlassung eines Feststellungsbescheides nur dann zulässig, wenn die bescheidmäßige Feststellung im öffentlichen Interesse oder im rechtlichen Interesse einer Partei gelegen sei (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 17. September 2009, Zl. 2009/07/0006). Ein rechtliches Interesse einer Partei sei aber nur dann gegeben, wenn dem Feststellungsbescheid im konkreten Fall die Eignung zukomme, ein Recht oder Rechtsverhältnis für die Zukunft klarzustellen und dadurch eine Rechtsgefährdung des Antragstellers zu beseitigen (Hinweis u.a. auf den hg. Beschluss vom 5. September 2008, Zl. 2005/12/0048).
9 Ein derartiges rechtliches Interesse der revisionswerbenden Partei komme allerdings mit Blick auf den seit der Novelle LGBl. Nr. 70/2014 in Kraft stehenden § 86d TFLG 1996 nicht in Betracht: Nach § 86d Abs. 1 TFLG 1996 seien vermögenswerte Ansprüche aus dem Mitgliedschaftsverhältnis und aufgrund des Mitgliedschaftsverhältnisses zwischen einer Agrargemeinschaft auf Gemeindegut im Sinn des § 33 Abs. 2 lit. c Z. 2 TFLG 1996, den Nutzungsberechtigten und der substanzberechtigten Gemeinde, die vor dem Ablauf des Tages der Kundmachung des Gesetzes LGBl. Nr. 70/2014 (30. Juni 2014) entstanden seien, grundsätzlich "wechselseitig abgegolten". Die in § 86d Abs. 1 lit. a bis c TFLG 1996 angeführten Ausnahmen von diesem Grundsatz kämen im vorliegenden Zusammenhang nicht in Betracht.
10 Mangels rechtlichen Interesses der revisionswerbenden Partei an der von ihr begehrten Feststellung sei der verfahrenseinleitende Antrag - unter Behebung des Bescheides der belangten Behörde - als unzulässig zurückzuweisen.
11 Die Zulassung der Revision begründete das Verwaltungsgericht damit, dass "zwar die Rechtsfrage, unter welchen Voraussetzungen ein Feststellungsantrag zulässig ist, in Übereinstimmung mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung gelöst" worden sei. Allerdings fehle eine solche Rechtsprechung zur Frage, ob -in Hinblick auf den durch die Novelle LGBl. Nr. 70/2014 geschaffenen § 86d TFLG 1996 - vorliegend ein rechtliches Interesse an der von der revisionswerbenden Partei begehrten Feststellung bestehe.
12 3. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).
13 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. Nach § 34 Abs. 3 VwGG ist ein Beschluss nach § 34 Abs. 1 VwGG in jeder Lage des Verfahrens zu fassen.
14 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden.
15 4. Um den Begründungserfordernissen für den Ausspruch der Zulässigkeit einer Revision durch das Verwaltungsgericht nach § 25a Abs. 1 zweiter Satz VwGG zu genügen, ist es erforderlich darzulegen, welche konkret auf die vorliegende Revisionssache bezogene grundsätzliche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof (erstmals) zu lösen habe (vgl. die Judikaturnachweise bei Eder/Martschin/Schmid, Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte2, E 1 und 3 zu § 25a VwGG).
16 Auch in der ordentlichen Revision hat der Revisionswerber von sich aus die unter dem Gesichtspunkt einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung maßgeblichen Gründe der Zulässigkeit der Revision darzulegen, sofern er der Ansicht ist, dass die Begründung des Verwaltungsgerichtes für die Zulässigkeit der Revision nicht ausreicht oder er andere Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung für relevant erachtet (vgl. etwa die Rechtsprechungsnachweise bei Eder/Martschin/Schmid a.a.O., E 320 zu § 34 VwGG).
17 5. Die vorliegende Revision richtet sich nach den in ihr geltend gemachten Revisionspunkten (Verletzung im Recht auf meritorische Erledigung der Sachanträge hinsichtlich eines Rechts auf Feststellung, dass bestimmte zur Agrargemeinschaft W gehörende Grundstücke "atypische Gemeindegutsagrargemeinschaften" gewesen seien) nicht gegen Spruchpunkt A) der angefochtenen Entscheidung.
18 6. Hinsichtlich des angefochtenen Spruchpunktes B) der Entscheidung des Verwaltungsgerichtes liegt allerdings - entgegen der vom Verwaltungsgericht in der Zulassungsentscheidung vertretenen Rechtsauffassung - eine grundsätzliche Rechtsfrage nicht vor:
19 Das Verwaltungsgericht hat seiner Begründung dieses Spruchpunktes die hg. Rechtsprechung zur Zulässigkeit von Feststellungsanträgen - abgesehen von Fällen, in denen das Gesetz solche Anträge ausdrücklich vorsieht - vor dem Hintergrund des seit Erlassung des LGBl. Nr. 70/2014 geltenden § 86d TFLG 1996 auf nicht zu beanstandende Weise zugrunde gelegt. Die vorgenommene Anwendung dieser Rechtsprechung im Zusammenhang mit den insoweit eindeutigen Bestimmungen des § 86d Abs. 1 TFLG 1996 (vgl. dazu die Rechtsprechungsnachweise bei Eder/Martschin/Schmid a. a.O., E 286 zu § 34 VwGG) wirft eine grundsätzliche Rechtsfrage iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht auf.
20 Dem ergänzenden (Zulässigkeits‑)Vorbringen der revisionswerbenden Partei - dass nämlich zur Rechtsfrage, ob "durch bloße Berichtigung einer Parteienbezeichnung eine Eigentumsübertragung stattfinden" habe können, "iVm Agrargemeinschaften keine Judikatur der Höchstgerichte" existiere -
mangelt im Übrigen jeder Bezug zur Begründung der unter Spruchpunkt B) des angefochtenen Erkenntnisses ausgesprochenen Antragszurückweisung, weshalb damit eine grundsätzliche Rechtsfrage im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG von vornherein nicht dargelegt werden kann.
21 7. An dem unter Punkt 6. (Rz 19) Gesagten vermag auch nichts zu ändern, dass der Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 13. Oktober 2016, Zl. G 219/2015-28, § 86d TFLG 1996 als verfassungswidrig aufgehoben hat, hat der Verfassungsgerichtshof doch zugleich gemäß Art. 140 Abs. 5 und Abs. 6 B-VG ausgesprochen, dass diese Aufhebung erst mit Ablauf des 31. Dezember 2017 in Kraft tritt und frühere gesetzliche Bestimmungen nicht wieder in Kraft treten.
22 Damit ist allerdings § 86d TFLG 1996 bis zu diesem Zeitpunkt weiterhin anzuwenden; der vorliegende Fall stellt - mangels Anfechtung beim Verfassungsgerichtshof - keinen Anlassfall dar (vgl. dazu etwa Mayer/Muzak, B-VG5, Anm. V.1. zu Art. 140).
23 8. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.
24 Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff, insbesondere § 51 VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 27. Juli 2017
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