Normen
EStG 1988 §23
UmgrStG 1991 §7 Abs1 Z1
UStG 1994 §2 Abs1
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2024:RA2023150111.L00
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Die Revisionswerberin, eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, die direkt (99 %) und indirekt (1 %) an sieben weiteren Gesellschaften mit beschränkter Haftung (im Folgenden: Besitzgesellschaften) beteiligt ist, stellte beim Finanzamt einen Antrag gemäß § 118 BAO und führte in sachverhaltsmäßiger Hinsicht aus, von fünf Besitzgesellschaften werde jeweils ein Einkaufszentrum betrieben und zwei Besitzgesellschaften stellten gegen Entgelt Parkplätze für die Einkaufszentren zur Verfügung. Die „Parkplatz‑Gesellschaften“ verrechneten das Entgelt für die Parkplätze an die im Besitz der Einkaufzentren befindlichen Gesellschaften und die „Einkaufszentren‑Gesellschaften“ vermieteten die Geschäftslokale an Dritte, wobei sie gegenüber den Mietern in eigenem Namen und auf eigene Rechnung aufträten. Keine Besitzgesellschaft verfüge über eigene Dienstnehmer, und die Aktivtätigkeiten der Gesellschaften würden im Rahmen eines Centermanagementvertrages von der X GmbH besorgt. Angefragt wurde, ob die Tätigkeiten der Revisionswerberin samt ihren sieben Besitzgesellschaften über die einer Vermögensverwaltung hinausgehe und die Gesellschaften somit über Betriebe verfügten, die eine steuerneutrale Umwandlung iSd Art. II UmgrStG ermöglichten.
2 Mit Bescheid vom 25. August 2015 beurteilte das Finanzamt den von der Revisionswerberin dargestellten Sachverhalt dahingehend, dass die Revisionswerberin samt ihren Besitzgesellschaften über keine Betriebe verfügten. Eine steuerneutrale Umwandlung gemäß Art. II UmgrStG sei daher nicht möglich.
3 Dagegen erhob die Revisionswerberin Beschwerde, in der sie unter anderem die Unterlassung einer Beschwerdevorentscheidung beantragte.
4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis, in dem eine Revision für nicht zulässig erklärt wurde, wies das Bundesfinanzgericht (BFG) die Beschwerde als unbegründet ab. Zur Begründung führte es ‑ nach Wiedergabe des zu beurteilenden Sachverhalts ‑ aus, unstrittig sei, dass die formalen Voraussetzungen für einen Auskunftsbescheid vorlägen. Streit bestehe ausschließlich darüber, ob die Gesellschaften die Betriebseigenschaft und somit die Voraussetzung für die Umwandlungen erfüllten.
5 Voraussetzung für die Verwirklichung des Umwandlungstatbestandes iSd § 7 Abs. 1 UmgrStG sei, dass am Umwandlungsstichtag ein Betrieb vorhanden sei. Die Definition des Betriebsbegriffs richte sich nach dem allgemeinen ‑ tätigkeitsbezogenen ‑ ertragsteuerlichen Betriebsbegriff. Der Betrieb müsse daher eine Zusammenfassung menschlicher Arbeitskraft und sachlicher Produktionsmittel in einer organisatorischen Einheit aufweisen. Selbständigkeit, Nachhaltigkeit, Gewinnabsicht und die Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr stellten gemäß § 23 EStG 1988 die Kennzeichen für einen Gewerbebetrieb dar. Nach der Rechtsprechung müsse der Umfang der Betätigung zudem den Rahmen der Vermögensverwaltung überschreiten. Dies sei der Fall, wenn das Tätigwerden des Steuerpflichtigen nach Art und Umfang deutlich jenes Maß überschreite, das üblicherweise mit der Verwaltung eigenen Vermögens verbunden sei.
6 Der Begriff des Gewerbebetriebes decke sich nicht mit dem Begriff des Unternehmens iSd § 1 Abs. 2 UGB „(Unternehmer ist, wer ein Unternehmen betreibt)“ oder der gewerblichen Tätigkeit iSd § 2 Abs. 1 UStG 1994 „(Gewerblich oder beruflich ist jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen)“.
7 Für die Beurteilung, ob ein Betrieb iSd UmgrStG vorliege, sei ausschließlich auf die Definition des Ertragsteuerrechts zurückzugreifen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes müsse ein lebender Betrieb, das sei ein in seinen wesentlichen Betriebsgrundlagen vollständiger Organismus des Wirtschaftslebens, übertragen werden. Welche Betriebsmittel zu den wesentlichen Grundlagen gehörten, richte sich nach den Umständen des Einzelfalls, den Besonderheiten des jeweiligen Betriebstypus. Einen tauglichen Maßstab für die vorzunehmende Wertung, ob ein Betrieb übertragen werde, gebe die Beschreibung der bisherigen in der Hauptsache ausgeübten Tätigkeit.
8 Aufgrund des von der Revisionswerberin geschilderten Sachverhalts sei keine Zusammenfassung menschlicher Arbeitskraft und sachlicher Produktionsmittel in einer organisatorischen Einheit gegeben. Weder die Revisionswerberin noch die Besitzgesellschaften verfügten über eigene Mitarbeiter. Alle für den Betrieb der Einkaufszentren und für das Zur‑Verfügung‑Stellen von Kundenparkplätzen erforderlichen Leistungen besorge eine externe Gesellschaft, welche die dabei anfallenden Kosten an die Revisionswerberin und die Besitzgesellschaften weiterverrechne. Die Revisionswerberin halte die Gesellschaftsanteile an den Besitzgesellschaften und diese hielten Liegenschaften. Die Aktivitäten der Revisionswerberin und der Besitzgesellschaften gingen nach Art und Umfang nicht deutlich über eine vermögensverwaltende Tätigkeit hinaus.
9 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.
10 Nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
11 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
12 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
13 Die Revision bringt zu ihrer Zulässigkeit vor, im Bereich des Ertragsteuerrechts sei bislang nicht judiziert worden, ob eine besorgte Aktivleistung (anstatt der Erbringung durch Eigenpersonal) zur Betriebseigenschaft führe, wohingegen im Bereich der Umsatzsteuer judiziert worden sei, dass auch eine Gesellschaft, die sämtliche Leistungen (nur) besorgen lasse, Unternehmer iSd UStG 1994 sei (Hinweis auf VwGH 21.11.2018, Ro 2017/13/0022).
14 Mit diesem Vorbringen wird keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung iSd Art. 133 Abs. 4 B‑VG aufgezeigt, weil das angesprochene Erkenntnis vom 21. November 2018, Ro 2017/13/0022, zur Bestimmung des § 2 Abs. 1 UStG 1994 ergangen ist, während sich die Definition des Betriebes iSd § 7 Abs. 1 Z 1 UmgrStG nach dem allgemeinen ertragsteuerlichen Betriebsbegriff richtet, der sich ‑ worauf im angefochtenen Erkenntnis zutreffend hingewiesen wird ‑ nicht mit dem Unternehmensbegriff des § 2 Abs. 1 UStG 1994 deckt. Dies erhellt schon daraus, dass die Vermietung einer Immobilie als fortlaufende Duldungsleistung stets als unternehmerische Tätigkeit iSd § 2 Abs. 1 UStG 1994 gilt, während ein Gewerbebetrieb nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes erst vorliegt, wenn diese Betätigung über den Rahmen der Vermögensverwaltung hinausgeht; das ist dann der Fall, wenn die Tätigkeit nach Art und Umfang jenes Ausmaß überschreitet, das üblicherweise mit der Verwaltung eigenen Vermögens verbunden ist (vgl. Kauba in Doralt, EStG21, § 23 Tz 99, mwN). Die Beurteilung einer Verwaltungsmehrarbeit als gewerbliche Tätigkeit setzt ‑ wie der Verwaltungsgerichtshof bereits ausgesprochen hat ‑ voraus, dass sie für den Vermieter anfällt oder ihm zumindest zuzurechnen ist (vgl. VwGH 26.1.1994, 92/13/0144, zur Verwaltung eines Einkaufszentrums durch einen Dritten). Dass diese Voraussetzung im Revisionsfall erfüllt ist, wird ‑ insbesondere in Bezug auf die vermietenden Besitzgesellschaften ‑ im Vorbringen zur Zulässigkeit der Revision nicht nachvollziehbar dargelegt.
15 In den Gründen zur Zulässigkeit der Revision wird auch nicht dargelegt, aufgrund welcher Verwaltungsarbeiten das BFG vom Vorliegen eines Gewerbebetriebes hätte ausgehen müssen. Folglich wird auch mit der Rüge, das angefochtene Erkenntnis weiche von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, weil das BFG die Auffassung vertrete, die Tätigkeit der Revisionswerberin und der Betriebsgesellschaften gehe nicht über eine Vermögensverwaltung hinaus, keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung iSd Art. 133 Abs. 4 B‑VG aufgezeigt. Ein Verweis auf die sonstigen Ausführungen der Revision reicht für die Begründung der Zulässigkeit der Revision nicht aus (vgl. VwGH 16.6.2023, Ra 2021/15/0020, mwN).
16 Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 13. März 2024
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