VwGH Ra 2023/09/0048

VwGHRa 2023/09/004817.8.2023

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel sowie die Hofräte Dr. Doblinger und Mag. Feiel als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, über die außerordentliche Revision der X KG in Y, vertreten durch CHG Czernich Haidlen Gast & Partner Rechtsanwälte GmbH in 6020 Innsbruck, Bozner Platz 4, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Tirol vom 24. Jänner 2023, Zl. LVwG‑2023/49/0200‑1, betreffend Vergütung für Verdienstentgang nach dem Epidemiegesetz 1950 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel), den Beschluss gefasst:

Normen

B-VG Art133 Abs4
EpidemieG 1950 §24
EpidemieG 1950 §32 Abs1 Z7
VwGG §34 Abs1
VwRallg

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2023:RA2023090048.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Die revisionswerbende Partei, eine Kommanditgesellschaft, betreibt im örtlichen Zuständigkeitsbereich der Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel (vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde) einen Dienstleistungs‑ und Handelsbetrieb in Form einer Schischule und eines Sportgeschäfts.

2 Mit Antrag vom 28. April 2020 begehrte die revisionswerbende Partei Vergütung des Verdienstentganges gemäß § 32 Epidemiegesetz 1950 (EpiG) als Unternehmerin im Zeitraum März und April 2020.

3 Mit dem im Beschwerdeverfahren ergangenen angefochtenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht Tirol (Verwaltungsgericht) diesen Antrag gemäß § 32 EpiG ab. Die Revision an den Verwaltungsgerichtshof erklärte es für nicht zulässig.

4 Rechtlich begründete das Verwaltungsgericht dies zusammengefasst nach Darstellung der Rechtslage im Zusammenhang mit verschiedenen Verordnungen der Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel, des Landeshauptmannes von Tirol und des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz dahingehend, dass in dem von der revisionswerbenden Partei geltend gemachten Zeitraum eine Vielzahl von Gesetzen und Verordnungen bestanden hätten, wobei sich letztere zum Teil auf das EpiG und zum Teil auf das COVID‑19‑MG gestützt hätten. Soweit Maßnahmen aufgrund des letztgenannten Gesetzes gesetzt worden wären, käme das EpiG aufgrund des § 4 Abs. 2 COVID‑19‑MG nicht zur Anwendung. Während des Geltungszeitraumes der Verordnungen der Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel sei auch eine solche des Bundesministers gestützt auf das COVID‑19‑MG in Geltung gestanden, die den Betrieb der Schischule und des Sportgeschäfts der revisionswerbenden Partei eingeschränkt hätten. Aufgrund des § 4 Abs. 2 COVID‑19‑MG käme das EpiG und seine Vergütungsbestimmungen daher nicht zur Anwendung; Entschädigungsansprüche gemäß § 32 Abs. 1 Z 5 EpiG würden ausscheiden, da im verfahrensgegenständlichen Zeitraum sowohl für den Dienstleistungs‑ als auch für den Handelsbetrieb der revisionswerbenden Partei keine auf § 20 EpiG gestützte Maßnahme in Kraft gewesen sei. Ebenso seien Vergütungsansprüche nach § 32 Abs. 1 Z 7 leg. cit. ausgeschlossen. Zwar lägen im bezughabenden Zeitraum auf § 24 EpiG gestützte Verordnungen der Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel vor; aus näheren Gründen liege jedoch im Hinblick auf die Betriebe der revisionswerbenden Partei keine Kausalität und keine unmittelbare Einschränkung der Befugnis zur Erwerbstätigkeit durch diese Verordnungen hinsichtlich des behaupteten Verdienstentganges vor.

5 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende außerordentliche Revision. Der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz erstattete in dem vom Verwaltungsgerichtshof durchgeführten Vorverfahren entsprechend § 36 Abs. 2 VwGG eine Revisionsbeantwortung.

6 Die Zulässigkeit der Revision wird zusammengefasst u.a. im Fehlen von Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu den Voraussetzungen für einen Vergütungsanspruch nach § 32 Abs. 1 Z 7 EpiG gesehen, habe der Verwaltungsgerichtshof die Unmittelbarkeit zwischen dem Verdienstentgang und der beschränkenden Maßnahme, die das Verwaltungsgericht hinsichtlich der Verkehrsbeschränkung gemäß § 24 EpiG fordere, doch bislang nur im Zusammenhang mit einer Betriebsbeschränkung oder -schließung nach § 20 EpiG und dem Entschädigungstatbestand des § 32 Abs. 1 Z 5 EpiG judiziert. Zudem stelle (auch die Rechtsprechung zu) § 4 Abs. 2 COVID‑19‑MG nur auf Betriebsschließungen oder -beschränkungen im Sinn des § 20 EpiG ab. Eine solche liege hier auch deshalb nicht vor, weil Skipisten, auf welchen die Dienstleistungen des Schischulbetriebs durch Skilehrer erbracht würden, vom Betretungsverbot der Verordnung BGBl. II Nr. 96/2020 nicht umfasst gewesen seien.

7 Die Revision erweist sich als unzulässig:

8 Gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichts ist die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

9 Bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist der Verwaltungsgerichtshof an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes nach § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden (§ 34 Abs. 1a VwGG). Er hat die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

10 Ob eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vorliegt, ist im Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes zu beurteilen. Wurde die zu lösende Rechtsfrage daher in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ‑ auch nach Entscheidung des Verwaltungsgerichtes oder selbst nach Einbringung der Revision ‑ bereits geklärt, ist eine Revision wegen fehlender Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht (mehr) zulässig (vgl. etwa VwGH 3.4.2023, Ro 2023/02/0005, mwN).

11 Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 19. Juni 2023, Ra 2023/09/0023, auf dessen Entscheidungsgründe gemäß § 43 Abs. 2 iVm Abs. 9 VwGG verwiesen wird, erkannt, dass juristischen Personen kein eigener Verdienstentgang gemäß § 32 Abs. 1 Z 7 EpiG im Zusammenhang mit Verkehrsbeschränkungen gemäß § 24 EpiG zusteht.

12 Die von der revisionswerbenden Partei in der Zulässigkeitsbegründung ihrer Revision formulierten Rechtsfragen wurden daher vom Verwaltungsgerichtshof bereits beantwortet. Das Verwaltungsgericht ist von dieser Rechtsprechung im Hinblick auf das Nichtbestehen eines Anspruches der revisionswerbenden Partei auf Gewährung von Verdienstentgang gemäß § 32 Abs. 1 Z 7 EpiG nicht abgewichen.

13 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B‑VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 17. August 2023

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